Und zum Schluss war es dann doch wieder Rom. Als Kardinal Marx seinen Brief und seine Begründung zum angebotenen Amtsverzicht vorstellte, war der Fokus ganz auf ihm, auf seiner Motivation und Begründung. Mit der Ablehnung des Verzichtes und der Art dieser Ablehnung ist nun Rom wieder ganz im Mittelpunkt. Genauer: Papst Franziskus. Die ganze Sache bekommt die Tonlage Franziskus.
Das Ganze ist sehr schnell gegangen. Drei Wochen nachdem der Kardinal mit seinem Brief bei ihm war hatte Marx schon eine Antwort, das sind nicht unbedingt vatikanische Normalzustände. Das bedeutet, dass das Original-Fraziskus war, da sind nicht alle möglichen Dikasterien mit befasst gewesen. Das ist eine Überzeugungs-Entscheidung des Papstes.
Tonlage Franziskus
Er stärkt den Kardinal in dem, was dieser in seiner Bitte eingeschlossen hatte: die Katastrophe der sexualisierten Gewalt, die Notwendigkeit von Verantwortung, vor allem aber in der Frage nach Reform in der Kirche.
Leider kommt – was an einigen Stellen auch moniert worden ist – die Opferperspektive gar nicht vor, der Brief des Papstes bleibt in der Innenperspektive, der Frage des Gewissens und des Glaubens. Der Papst hat nicht die Absicht, konkret zu werden und genaue Schritte oder Notwendigkeiten zu benennen.
In einer ersten Reaktion auf den Papstbrief hat Kardinal Marx angemerkt: „einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein“. Jetzt stellt sich also die Frage, was das bedeutet soll. Rücktritts-Angebot und Papst-Antwort, wenn sie nicht nur Episode bleiben sollen, müssen ja Folgen haben.
Es darf nicht nur Episode bleiben
Der Kardinal spricht von „neuen Wegen“ in der Verkündigung des Evangeliums und von der „Erneuerung der Kirche“. Da hat er sich selber in die Pflicht genommen. So etwas – wenn es synodal gedacht ist – kann nicht nur in Generalvikariaten und in Sitzungen passieren, so etwas muss von „unten“ her wachsen. Mein Vorschlag wäre, im Zugehen auf den synodalen Weg der Weltkirche, der ja in den Bistümern beginnt, mit allen Pfarreien, Gemeinschaften und Verbänden ins Gespräch zu kommen. Direkt. Und zwar zuerst als Hör-Dienst. Der Bischof möge ein Dauer-Reisender in seinem Bistum sein.
Dann ist die Offenheit des Ganzen zu respektieren. Der Papst in seinem Brief macht das ja vor: niemand kommt unverändert aus einer Krise hervor, aber wie genau, das bleibt offen. Er spricht davon, dass wir „zulassen“ müssen; Kirche muss Kontrolle abgeben und die Dauerversuchung, alles irgendwie dann doch in Griff zu behalten. Und so versteht er auch ‚Reform‘, als sich aussetzten, nicht als Machen, nicht als Machtgestus.
Kontrolle abgeben
Noch etwas können wir aus dem Brief entnehmen: die geistliche Grundierung. Der Papst spricht von Sünde. In Ich-Form und Wir-Form. Wir alle sind Teil einer Kirche, welche die Katastrophe des Missbrauchs möglich gemacht hat. Wir müssen auf unsere Sünden-Geschichte schauen, vor Gott. Und um Vergebung bitten, die Opfer, aber auch Gott.
Und dann ist da immer auch die Frage nach der bischöflichen Verantwortung. Die hatte Kardinal Marx in seiner Rücktritts-Bitte ja anders formuliert als viele andere Bischöfe. Bisher wurde fast immer geschaut, ob da jemand was falsch gemacht hat oder nicht. Dass Bischöfe für das Ganze die Verantwortung tragen, galt theologisch als gesetzt. Nur wenn es schief geht, dann will es keiner gewesen sein. So geht Verantwortung nicht.
Verantwortung der Bischöfe
Der Papst schreibt: „Es stimmt, dass die geschichtlichen Vorkommnisse mit der Hermeneutik jener Zeit bewertet werden müssen, in der sie geschehen sind. Das befreit uns aber nicht von der Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen und diese Vorkommnisse anzunehmen als die Geschichte der „Sünde, die uns bedrängt“.“
Ich wünsche mir, dass die Bischöfe und andere Verantwortungsträger in der Kirch auch genau darüber sprechen. Wie sie einzeln und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Dass man keine Fehler gemacht hat ist nur das Minimum, aber Verantwortung ist viel mehr.
Das sind einige Gedanken zu dem, was der Kardinal gesagt hat: wir können nicht wieder zur Tagesordnung übergehen. Vor allem aber gilt, dass wir das nicht vorweg planen können. Hier wie beim Synodalen Weg wie auch bei allen Reform-Vorhaben der Kirche – wenn sie auf den Heiligen Geist setzen – gilt, dass der Ausgang offen ist. Oder in Worten aus dem Brief: wir müssen uns dem stellen, „wohin auch immer das führen wird“.
Eines ist klar. Kein Papst seit dem 2. WK hatte einen (sehr säkularen) MACHTanspruch, wie ihn Franziskus umsetzt.
Ich würde sagen: fast absolutistisch. Keiner war so nach den Pius-Päpsten.
Dieser Pontifex verbreitet immer mehr Furcht, zumindest geht es mir so.
Auch wenn es die Möglichkeit gebe, sich bei ihm, Franziskus, in den Beichstuhl zu setzen. Lieber renne ich davon, aus Angst.
Und bei der Kommunion würde ich persönlich bei Alternativen auch zu einem Kaplan gehen.
Woran lesen Sie das ab? Wieso Machtanspruch, und dann auch noch in Großbuchstaben? Und Furcht? Ihr Empfinden in Ehren, aber dem kann ich ganz und gar nicht folgen.
Also ich möchte Karl wirklich nicht zu nahe treten – aber einen solchen Schmarrn habe ich schon lange nicht mehr vernommen.
Also im Gegensatz zu Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hat Franziskus m.W. keinemr/m katholischen Parlamentsabgeordneten vorschreiben wollen, wie man abzustimmen hat.
Hierarchie, Lehramt, Tradition und Offenbarung stehen für Franziskus nicht zur Diskussion. Er fügt ihnen nur – anders als seine Vorgänger – eine spirituelle Legitimation hinzu. Er füllt das Papstamt, wie es vom I. Vatikanische Konzil kreiert wurde, voll aus, daran ändert auch sein Eintreten für Synodalität nichts. Der Papst ist der Hüter aller Reformen. Aber will er sie überhaupt? Oder reicht beten? – Ich habe im achten Jahr des Pontifikats mehr Zweifel als je zuvor.
@ Quadragesima,
vielleicht versteht der Papst etwas anderes unter Reformen als wir in Deutschland bzw Europa. Papst Franziskus ist mir ein Rätsel, das zu lösen zu versuchen ich inzwischen aufgegeben habe. Er sendet widersprüchliche Botschaften aus, die fast jeder im jeweils eigenen Sinn interpretieren kann.
Der synodale Weg in Deutschland wird wahrscheinlich im synodalen Prozess auf weltkirchlicher Ebene aufgehen. Ob das gut oder schlecht sein wird, werden wir in ein paar Jahren sehen.
@quadragesima
die meisten von uns Mitteleuropäern sprechen kein Spanisch. Im letzten Schuljahr hatte ich noch die Gelegenheit Wirtschaftspanisch zu lernen. Wir Absolventen der Wirtschaftsoberrealschule wurden schon im Unterricht darauf aufmerksam gemacht, dass es da im Spanischen so ein kleines Wort gibt – meist sehr höflich und freundlich eingesetzt mit einem liebenswürdigen Lächeln- es kann ALLES sofort verändern und in Frage stellen : mañana ! (morgen). Ich bitte auch die unhöfliche und herabsetzende Form nicht anzuwenden!
Ich weiß nun nicht ob Papst Franziskus dieses kleine Wort selbst öfters verwendet – kommt mir manchmal schon so vor als seien manche Texte zumindest so gemeint. ICh denke da auch an das nachsynodale Schreiben auf die Amazonas-Synode. Das findet sich immer wieder in päpstlichen schriftlichen Äußerungen. Wir hier wollen/können immer nur das sehen wie wir es gerne sehen wollten – es steht nun nicht gerade mañana darunter, aber anders als es mein Lehrer mir beigebracht hat kann ich manchen Text unseres Papstes nicht verstehen….morgen – vielleicht…wenn überhaupt…..
Am ersten Wort kann man oft Beziehungen messen.
Franziskus trat nach der Papstwahl auf den Balkon und sprach
BUONA SERA!
Und bald beginnt die “gute Nacht!” für alle Katholiken.
Aber es gibt dennoch ein Licht, das in dieser so finsteren bitteren Nacht brennt. Es kommt leider nicht von dieser Welt. Wohl vom heiligen Geist kommt es.
Das ist ein großer Trost. Der Papst, die Eminzenzen, Exzellenzen und die Politiker können das Licht des Glaubens, auch wenn sie sich sehr bemühen, nicht auslöschen.
Warum beginnt die “Nacht”?
Die Nacht…
Unsere Welt, samt Kirchenpolitik, ist aus den Fugen. Das muss nicht immer schlecht sein. Aber ich fühle in meinem Umfeld eine große Irritation, die hat fast einen Anflug von Apokalypse.
Das ist die Nacht. Die Kirche wird von der Welt aufgesaugt.
Ich denke, der Prozess geht über viel Jahre und Jahrzehnte. Am Ende wird dennoch das Licht des wahren Glaubens (vom Heiligen Geist) leuchten.
Ein neuer Morgen. Man sollte versuchen, inwendig Ruhe zu finden, wenn es rundherum in der Kirchenpolitik usw. kracht.
Mich irritiert manches im Kuschelkurs der hohen Kirchenfürsten. Ob der Herr es nicht anders meinte? Denn es steht zB geschrieben:
***
JESU VERSUCHUNG
(Mk 1,12-13; Lk 4,1-13)
41Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2Und da er
vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
5Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Ps 91,11-12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«
8Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.
Neulich war ich bei einer Blutspende des DRK: Gähnende Leere, auf Nachfrage die Erklärung: Beteiligung der Bürger liegt bei ca. 25 % des üblichen.
“Statt der angestrebten Reserven für fünf Tage reichten die Blutkonserven mittlerweile nur noch für jeweils einen Tag, sagte Pressesprecherin Kerstin Schweiger auf Anfrage von rbb|24.”
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2021/07/blutspenden-appell-drk-blutkonserven-knapp-berlin-rotes-kreuz.html
Man kann also jenseits der Kirche sinnvollen Notwendigkeiten genüge tun. So wie diese Lage jetzt aussieht ist damit natürlich JEDER Leser angesprochen!
12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe. Darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts! 13 Lasst uns ehrenhaft leben wie am Tag, ohne maßloses Essen und Trinken, ohne Unzucht und Ausschweifung, ohne Streit und Eifersucht! 14 Vielmehr zieht den Herrn Jesus Christus an und sorgt nicht so für euren Leib, dass die Begierden erwachen.
Römer 13
Da in der Diskussion wieder der Synodale Weg angesprochen wird, ist seine aktuelle Rezeption in America, the Jesuit Review (Colleen DulleJune 24, 2021) ermutigend:
Zitat: Father Hagenkord emphasized that the process, although not immune to political jockeying, is ultimately a work of spiritual discernment. “Yes, there are people with an agenda,” he said. “And you find them talking to microphones a lot. But the majority of the participants don’t have an agenda as such, other than moving forward, finding solutions together…and listening to the Spirit so that there will be a church, there will be the Lord’s church tomorrow as well.”
Sehr geehrter Pater,
ich habe eben die Nachricht auf katholisch.de gelesen. Alles Gute und gute Besserung!!!
Pater Hagenkord,
herzlich die besten Genesungswünsche und viel Kraft und Gottes Segen in diesen Wochen, die bestimmt schwer für Sie sind.
Derzeit sind viele heilige Namenstage. Mögen Ihnen diese Gemeinschaft helfen.