Sind wir alle gleich? Eine von Kardinal Woelki zum Abschluss der Vollversammlung des synodalen Weges aufgeworfene Frage, die viel Unruhe erzeugt hat. Im Saal war in den letzten Januartagen viel von „Augenhöhe“ die Rede. Gibt es die? Sind beim synodalen Weg alle gleich? Und wie und wo übersetzt sich Gleichheit in Gleichberechtigung?
Ja und nein, so lautet die erste Antwort. Ja, weil wir alle grundsätzlich als Geschöpfe Gottes gleich sind. Nein, weil es realitätsfremd wäre, die Autoritätsunterschiede im Raum zu negieren. Weswegen die Satzung ja zum Beispiel vorsieht, dass jede Abstimmung auch zwei Drittel der Bischöfe braucht, weil es letztlich ja die sind, die das umsetzen müssen. So sieht es die Verfasstheit der Kirche vor.
Sind beim synodalen Weg alle gleich?
Es sind drei Worte, die durch die Debatte schwirren: Gleichheit, Gemeinsamkeit, Gleichberechtigung. Die sind nicht dasselbe, aber die bilden die Pole des Problems. Weil wir katholische Kirche sind, kommt das diese Debatte natürlich ohne Polemiken nicht aus. Da ist der Kirchenrechtler, welcher den synodalen Weg als „Partizipations-Avatar“ bezeichnet. Hier sollen wahre Hierarchie-Verhältnisse vertuscht werden, so verstehe ich ihn.
Da ist auch der Journalist, der einen „Geist des Miteinanders“ als „Konsensbefehl“ versteht. Mit völlig anderer Intention tut er dasselbe wie der Kirchenrechtler, er sieht den synodalen Weg als Mogelpackung. Kirche sei nun Mal Hierarchie, alles andere sei zu demaskierendes Gerede, so lese ich das.
Gleichheit, Gemeinsamkeit, Gleichberechtigung
Zustimmen möchte ich in dem Punkt, dass man Macht und Autorität nicht verdecken darf. Es gibt eine Struktur der Kirche, die mehr ist als nur eine Struktur. Die ist auch nicht willkürlich zu verändern. Um so schlimmer wäre es so zu tun, als ob es sie nicht gäbe. Aber genau hierin sehe ich eben die Chance des synodalen Weges. Die meisten Menschen, die dabei sind, wollen – meiner Wahrnehmung nach – gar nicht ihre eigene Kirche bauen, wie es uns von Kritikern vorgehalten wird. Auch geht es nicht um nette Worte, die um „Augenhöhe“ oder „Dialog“ kreisen, aber nichts erreichen.
Wenn wir in der Kirche vom Überwinden von Blockaden sprechen, dann ist das auch nicht – wie der Journalist polemisch behauptet – eine Anbindung an das persönliche Wohlgefühl. Sondern das will praktische Konsequenzen haben. Und hier sind die Alternativen falsch. Es gibt zu überwindende Blockaden und Augenhöhen, die eben nicht so tun, als ob es die Hierarchie der Autoritäten nicht gäbe.
Falsche Alternativen
Beispiel gefällig? Die Schweiz etwa kennt die Vernehmlassung, die ich hier schon einmal angeführt habe. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, um Akzeptanz, Partizipation, Verwirklichungschancen und Fachwissen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens. Das muss jetzt nicht unbedingt ein Modell sein für uns und die Kirche, soll aber zeigen, dass es mögliche Wege über unsere Erfahrungen hier hinaus gibt. Man muss nur kreativ sein.
Die Warnung gilt, wir dürfen Hierarchien nicht verdecken. Aber vielleicht entdecken wir im Gehen dieses Weges auch noch die Mittel, wie so etwas heute umzusetzen ist.
Meine Priesterweihe fand in Sankt Peter in Köln statt, der damalige Pfarrer dort, P Friedhelm Mennekes SJ, hat uns in der Vorbereitung eine Lektion mit auf den Weg gegeben, die ich seitdem nicht vergessen habe: Für eine Vertikale braucht es eine klare Horizontale. Soll heißen: damit der Priester am Altar in seiner Rolle und Funktion klar erkennbar ist, braucht es um ihn herum die Horizontale, die Gleichheit. Vielleicht ist das ja schon mal ein Gedanke: Eine Entscheidung, die dann mal auf der Basis der gemeinsamen Debatten und Diskussionen von den Zuständigen getroffen und umgesetzt wird, ist anders als eine Entscheidung, die auf getrennten Wegen entsteht. Da geht es nicht um Wohlbefinden und auch nicht um die Auflösung oder Vertuschung von Hierarchie, sondern letztlich um deren Klärung.