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Monat: November 2018

Man spricht Italienisch: der Vatikan und die vielen Kulturen

Veröffentlicht am 30. November 201829. November 2018
Man spricht Italienisch: Die Piazza del Popolo, einer der schönsten Plätze der Welt Italien wie es italienischer nicht geht: Piazza del Popolo, im Norden der Altstadt

Es gehört schon fast zum guten Ton unter Journalisten hier in Rom: Man klagt gerne, dass alles immer nur auf Italienisch passiert. Texte, Vorstellungen, Dokumente, auch wenn sie für die ganze Kirche gedacht sind, gibt es gerne einmal nur in einer einzigen Sprache. Und das auch noch in einer, die kaum auf dem Planeten gesprochen wird: Man spricht Italienisch.

Bislang zum Beispiel gibt es das Schlussdokument zur Bischofssynode in noch keiner offiziellen Übersetzung. Wie sollen junge Menschen oder auch andere aus der Seelsorge sich Inspiration holen, wenn sie den Text nicht verstehen?

Nur Italienisch

Auch ich gehöre gerne zu den Leuten, die immer wieder darauf hinweisen, wenn das Italienische übermächtig oder zu selbstverständlich zu werden droht. Wenn eine interne Hausmitteilung von „unserem Land“ spricht und Italien meint. Wenn bei einer Papstreise einige Sprachen nicht vertreten sind, Italienisch aber gleich zwei Leute schicken darf. Und so weiter.

Aber am Ende des Tages bin ich dann doch ein Fan des Italienischen hier im Vatikan. Und wie ich glaube aus guten Gründen.

Italienisch ist für die meisten von uns eine gelernte Sprache. Niemand auf dem Planeten – außer den Italienern – spricht Italienisch als Muttersprache. Also müssen alle, die in den Vatikan kommen, sie lernen. Natürlich sind die meisten hier Muttersprachler, die Verwalter, Journalisten, Techniker, und ich kann mir kaum vorstellen, wie grausam das manchmal für sie klingen muss. Aber das muttersprachliche Italienisch bleibt Minderheit, eben weil es keine Weltsprache ist.

Es ist halt nicht nicht die sonst dominante angelsächsische oder besser noch US-amerikanische Sprache und Kultur, die hier Wort und Vorstellung bestimmt. Und das ist gut so. Natürlich ist es immer noch die europäische Vorstellungswelt, aber das ist mir lieber als das Englische. Und das sage ich als bekennender Anglophiler.

Internationalismus und Italienisch

Es ist ein Internationalismus, der sich nicht der dominanten Macht anpasst. Der die Eigenheiten pflegt und eine Alternative bietet. Die Sprache ist außerdem noch ziemlich nah am Lateinischen, so dass die die Kirche prägenden Traditionen anschlussfähig sind.

Natürlich hat das auch Schwierigkeiten. Und die sind vor allem praktischer Natur. Nehmen wir noch einmal die Bischofssynode: Das Vorbereitungsdokument gab es am Tag der Vorstellung nur auf Italienisch. Und auch das Schlussdokument musste von den Teilnehmenden auf Italienisch abgestimmt werden, es war keine Zeit für Übersetzungen.

Aber das sind lösbare Probleme. Mit guten Übersetzerdiensten – die wir in diesem Jahr hatten – und in Zukunft mit guter Software ist das alles überwindbar, wenn denn die Muttersprachler des Italienischen sich etwas mehr Mühe geben würden. Italienisch ist die verbindende Sprache hier im Vatikan, nicht mehr Latein, und zumindest im Augenblick auch nicht Englisch.

Und das sollte auch so bleiben. Man spricht Italienisch.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Rom, VatikanSchlagwörter Europa, Internationalität, Italienisch, katholisch, Sprache, Tradition, Übersetzung6 Kommentare zu Man spricht Italienisch: der Vatikan und die vielen Kulturen

An-Blicke

Veröffentlicht am 26. November 201826. November 2018
Blick auf den Menschen: Zwei Gemälde in der Neuen Pinakothek München Neue Pinakothek München: Übereinander gehängte Blicke auf den Menschen

Es sind zwei verschiedene Blicke auf den Menschen, zwei Blicke im Augenblick wo Tod und Leben aufeinander treffen. Zwei Gemälde in der Neuen Pinakothek in München, direkt übereinander. Mit Museen und Kunst habe ich es ja immer wieder, auch hier im Blog. Oder hier.

Aber zurück in die Pinakothek: Beide Bilder dort zeigen den Tod einer jungen Frau. Beide Bilder zeigen auch jeweils einen Mann, der schaut. Es sind aber zwei völlig verschiedene Blicke. Einmal ist es Jesus, der auf die gerade erweckte junge Tochter des Jairus schaut, einmal ist es ein Anatom, der auf eine Leiche blickt.

Blick auf den Menschen

Es ist interessant, dass beide – Anatom und Jesu – fast dieselbe Kopfhaltung haben. Und dass beide junge Frauen sich sogar ein wenig ähnlich sehen. Dabei könnte die Situation nicht unterschiedlicher sein.

Der Anatom ist dunkel, das Mädchen hell, auch wenn er noch lebt und sie tot ist. Es ist der Moment, das Ende, bei aller Zartheit wie die junge Frau gemalt ist ist da kein Leben mehr drin. Der Blick gilt also dem Körper der Frau allein, nicht dem Menschen. Denn der ist ja tot.

Bei Jesus ist es anders, er hat die junge Frau gerade aufgerichtet, sie schaut noch etwas benommen drein während die Menschenmenge um sie herum einen auffälligen Kontrast bildet. Der Blick Jesu gilt nicht dem Körper, er gilt dem Leben. Es ist eine Geschichte darüber, dass für Gott der Tod nicht das Ende ist, dass die Liebe Gottes nicht endet, wenn das Leben hier endet, sondern weiter geht.

Blick auf die unbekleidete junge Frau

Dass die beiden Bilder in der Pinakothek übereinander gehängt sind, ist eine Einladung zur Meditation über unsere eigene Blicke auf den Menschen. Sind wir Anatom, sehen wir Leben und Tod, oder können wir darüber hinaus blicken und mit dem Herrn das Leben auch nach dem Tod ansehen?

Tod ist unerbittlich, der Anatom mit seinem Blick zeigt uns das sehr deutlich. Man sieht diese Unerbittlichkeit auch im verwirrten Blick der Menschen um die Tochter des Jairus, für Jesus ist der Tod zwar ein Hindernis, aber das Leben ist größer. Die verstörte Überraschung der Umstehenden zeigt, wie fest sie mit der Unerbittlichkeit gerechnet hatten.

Der Anatom spricht auch in der Vergangenheitsform. Der Körper vor ihm war ein Mädchen. Mit Jesus hingegen blicken wir in die Zukunft, der Tod ist nicht das Ende, er verwandelt uns nicht in Vergangenheit, die Zukunft bleibt, die Hoffnung bleibt, das Leben bleibt.

Autoritäten

Was wir auch sehen ist Autorität. Eine medizinische, wissenschaftliche Autorität, deren Aufgabe es ist, mit Realitäten umzugehen. Die über diese Realität aber nicht hinaus geht, wie könnte sie auch. Aber dann gibt es auch die Autorität Jesu, die anders ist. Wo Jesus spricht, weicht der Tod. Das sprechen sehen wir nicht auf dem Bild, aber das Ergebnis – das sich aufrichtende Mädchen- zeigt uns die Wirkung. Und die Betrachter des Bildes kennen die Geschichte des „Talita kum!“.

Das ist aber noch nicht alles. Die Meditation der beiden unterschiedlichen Blicke ist das eine, es gibt da aber noch einen anderen Blick, der beide Bilder vereint. Der uns, der wir beide Bilder ansehen, vereint. Beide Bilder sind Beispiele des dezidiert männlichen Blicks auf junge Frauen. Beide Bilder sind auch dazu da, unbekleidete junge Frauen zu zeigen, machen wir uns nichts vor. Ganz egal ob es ein frommes Bild ist und der Herr einen Heiligenscheint trägt, oder ob es ein wissenschaftlich/moderner Blick des Anatomen ist, der Sachlichkeit ausstrahlt: Unser Blick, vor allem der männliche Blick, gilt den unbekleideten Frauen. Das könnnen wir heute nicht mehr unbelastet tun, und das nicht nur wegen #MeToo.

Auch das ist Teil der Meditation der beiden Bilder: was für einen Blick haben wir, habe ich? Ganz gleich, ob es der halb sachliche, halb traurige Blick des Anatomen ist oder ob es Jesus ist, der gemalte An-Blick ist nicht unschuldig. Der Mann im Bild kontrolliert die Situation, ist Subjekt, die unbekleidete Frau wird von den Ereignissen – und Männern – kontrolliert, ist Objekt.

Die Blicke sind nicht unschuldig

Unsere Blicke heut brauchen „Läuterung und der Reifung“. Das gilt für Kunst genauso wie für Glauben. Das Zitat von der  „Läuterung und der Reifung“ stammt aus Evangelii Gaudium, aus dem Teil über die Inkulturation (EG 69). Den Glauben und in diesem Fall die Darstellung von Glauben, das Erzählen des Glaubens anhand biblischer Geschichten braucht diese Läuterung. Die muss persönlich sein und betrifft Bereiche in unserem Leben, wo das vielleicht nicht angenehm ist, weil es tief sitzende Muster trifft.

Solche Bilder würde man heute so nicht mehr malen. Aber es gibt sie weiter, sie sind Teil unserer Kultur. Sie jetzt anzuschauen zeigt uns auch, wie sehr sich unsere Blicke gewandelt haben. Oder sie zeigen uns, wie sehr sie sich noch wandeln müssen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und KönnenSchlagwörter #MeToo, Blick, Kultur, Kunst, Mensch3 Kommentare zu An-Blicke

Ein etwas anderer Weg zur Arbeit

Veröffentlicht am 23. November 201822. November 2018
Arbeiten in Vatikan und Petersdom: Blick von oben in Sankt Peter hinein Unser Blick nach Sankt Peter hinein: immer wieder atemraubend

Es ist gleichzeitig beeindruckend und merkwürdig. Und das Doppelgefühl geht auch nach neun Jahren hier im Vatikan nicht weg. Ich spreche von meinem Weg zur Arbeit, wenn es um live-Übertragungen aus dem Vatikan geht. Wir – Vatican News und Vatican Media – übertragen ja Papstmessen, Papstreisen und dergleichen mehr. Und das bedeutet arbeiten im Petersdom.

Der Ort dieser Übertragungen ist ein ganz besonderer ort dort im Petersdom. Oder besser: der Ort ist ziemlich banal, eine Holz-Box neben anderen Holz-Boxen wie es sie unzählig in Hörfunk-Studios kennt. Nur der Weg dahin ist ein ganz besonderer.

Es beginnt bei den Schweizergardisten am Eingang rechts von Sankt Peter, der so genannten Porta Sant’Anna. Wir gehen die Straße leicht bergan, rechts die Druckerei und dahinter der Supermarkt, links der alte Wehrturm der aussieht wie der Geldspeicher von Dagobert Duck und in dem tatsächlich die Vatikanbank IOR untergrbacht ist. Wer als Tourist am Tor vorbei geht, kann diese Straße durch das Tor sehen, mehr aber leider nicht.

Darüber erhebt sich der so genannte Apostolische Palast, vier Stockwerke voller Büros, Repräsentations- und Audienzräume und ganz oben das Appartamento, die päpstlichen Wohnräume, welche Papst Franziskus nur zum Arbeiten, nicht aber zum wohnen, nutzt.

Vatikanbank links, Supermarkt rechts

Am Ende er Straße geht es auf den Innenhof der Vatikanischen Museen, man kann durch die Fenster die Fresken und Kunstwerke sehen. Der Hof selber ist unspektakulär: ein Parkplatz. Links an der Feuerwehr vorbei – ja, auch der Vatikan hat eine „Betriebsfeuerwehr“ – geht es hinein in den apostolischen Palast, rauf in den ersten Stock (der in Wirklichkeit der zweite ist, aber das hängt davon ab, wo man hineinkommt. Für Päpste und Regierungschefs ist es tatsächlich der erste Stock).

Diese „prima Loggia“ führt uns dann Richtung Sankt Peter. Zuerst ist da die Sala Ducale, ein Empfangsraum der nur noch wenig genutzt wird. Da hängt oben im Durchgang ein schwerer Stoffvorhang dem man erst auf den zweiten oder dritten Blick ansieht, dass er aus Marmor ist. Dann die Sala Regia, wo die großen Empfänge stattfinden. Da schaut man auch auf die Tür, die in die Sixtinische Kapelle führt und die bei Papstwahlen vor allen Kameras geschlossen und versiegelt wird. Ab und zu steht sie offen, wenn drinnen kein Touristen-Betrieb ist, und dann gehört die Sistina für einige stille Momente uns.

Dann gehört die Sistina uns

An der anderen Seite der Sistinia liegt die Paolina, als ob es nicht genug Kapellen gäbe. Wieder eine Kapelle direkt am Petersdom in der Größe einer Dorfkirche. Auch hier war Michelangelo am Werk, mit einer Bekehrung des Paulus und einer Kreuzigung Petri, zwei beeindruckende Fresken.

Aber auch die lassen wie beiseite und durch einen Links- und einen Rechtsschwenk gelangen wir in die Segensaula, Aula della Benedizione. Die ist einfach zu lokalisieren: wenn Sie vom Petersplatz aus in die Peterskirche hinein gehen, geht es zuerst durch eine Vorhalle. Deren Decke bildet den Boden der Segenshalle, sie wurde früher für Papstaudienzen genutzt und erstreckt sich die ganze Breite der Fassade entlang, bis auf einen Raum am Ende.

Arbeiten im Petersdom

Moment mal, geht von da nicht der Balkon ab, auf dem der Papst urbi et orbi segnet? Genau. An diesem Balkon geht es jedes Mal vorbei. Ich gehe diesen Weg nun seit neun Jahren, hunderte von Malen, aber immer wieder ist es ein besonderer Moment. Noch beeindruckender aber ist das gegenüber liegende Fenster, das nach innen geht, also in die Peterskirche hinein, siehe Foto. Mein persönlicher Lieblingsblick im ganzen Vatikan, da könnte ich stundenlang hinaus schauen.

Aus dieser riesigen Halle geht es dann in den abschließenden Raum, eine Sperrholzrampe herunter und damit nach all dem Marmor und all der Tradition in die profane Arbeitswelt. Dort sind unsere Übertragungskabinen. Der Raum ist so hoch, dass für zwei Stockwerke Platz ist, ein Gerüst trennt ihn in zwei Etagen. Aber auch dieser Raum hat sein Fenster, es ist das Fenster ganz links, wenn Sie auf die Fassade der Peterskirche schauen. Das Fenster über dem Torbogen.

Natürlich wehren wir uns mit Händen und Füßen, wenn mal wieder jemand auf die Idee kommt, das zu verlegen. Es ist einfach zu schön, ab und zu dorthin zu gehen und den Vatikan auf sich wirken zu lassen. Und es ist und bleibt ein Privileg.

Das Ziel des Wegs: Die Übertragungskabine
Das Ziel des Wegs: Die Übertragungskabine
Kategorien Allgemein, Geschichte, Kirche und Medien, Rom, VatikanSchlagwörter Arbeit, Petersdom, Radio Vatikan, Vatican News, Vatikan, Vatikanbank8 Kommentare zu Ein etwas anderer Weg zur Arbeit

Ich kauf mir was … Spirituelles

Veröffentlicht am 20. November 201820. November 2018
Meditation konsumieren: Ein Meditierender Mann sucht Stille in urbaner Umgebung Wie finde ich Stille in der Unruhe der Welt? Foto: Louwrents

Alles kann man kaufen. Selbst die Erfahrung von Meditation. Angeblich. Jedenfalls gibt es ein Produkt, dass genau das behauptet. Ich musste hellauf lachen, als ich die Werbung dafür in meiner Facebook-Timeline sah. Man kann hier Meditation konsumieren. Sozusagen.

Also, es ist ein Kopfband mit Sensoren, die meine Hirnaktivitäten messen und das in akustische Signale umsetzt. Wenn ich ruhig bin, höre ich säuselnden Wind. Wenn ich unruhig bin, ruhigen Wind. Das ist also schlicht ein Feedback, was mein Hirn während der Meditation alles so macht.

Und dann kommt der Clou: Das soll helfen, zu kontrollieren. Meditation wird verstanden als Ruheübung, als Kontrollübung. Und damit als Teil der Selbstkontrolle, Selbstoptimierung. Und damit wird es Stress.

In nur drei Minuten

Das Gegenteil wird versprochen: Tiefere Konzentration werde möglich, die Lebensqualität verbessert. In nur drei Minuten täglich sei das machbar.

Wenn Sie mögen schauen Sie selbst.

Man ist sich aber auch nicht zu schade, von „Belohnung“ zu sprechen. Und davon, den Fortschritt zu messen. Spätestens hier steige ich als jemand, der selber meditiert, aus. Wer Erfahrungen mit Meditation hat, der weiß, dass man geistlichem Tun nicht mit „messen“ und „Fortschritt“ und schon gar nicht mit Selbstoptimierung beikommen kann.

Zum ersten glaube ich, dass unruhige Zeiten während des Meditierens nicht schlecht sind. Das sind innere Regungen, die sich melden, wenn es keine Aktivität gibt, die sie wegdrücken. Die sind Teil von mir, die will ich gar nicht kontrollieren. Das gehört zur Meditation dazu.

Meditation konsumieren

Stille und Ruhe sind schön und gut und hilfreich, sogar notwendig in der Unruhe des Lebens. Ohne Stille kann ich gar nicht hören. Aber wenn ich dann Still bin und wenn ich dann etwas höre, dann muss ich auch zuhören und nicht das Gehörte kontrollieren wollen.

Meditation ist zuallererst eine Freiheitserfahrung, Ruhe und Stille können genau dasselbe sein, Freiheit. Sie ausgerechnet über Kontrollmechanismen erreichen zu wollen finde ich ein wenig ulkig. Und es ist ein Zeichen, dass sich eben auch das Geistliche gegen den Konsum wehren muss. Einen Konsum, der hier überdeutlich sichtbar wird.

Man kann eben doch nicht alles kaufen.

 

Kategorien Allgemein, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Konsum, Kontrolle, Meditation, Spiritualität26 Kommentare zu Ich kauf mir was … Spirituelles

Glauben im Paradox

Veröffentlicht am 17. November 201817. November 2018
Eine Entscheidung musste her Ignatius von Loyola - Bild in der Jesuitenkommunität in Jerusalem

Man kann christlichen Glauben nicht verstehen, wenn man nichts mit Paradoxen anfangen kann. Wir Christen leben einen paradoxen Glauben. Dass Leben durch den Tod kommt, dass Tod nicht das Ende ist, das ist wohl das zentralste Paradox, denn Tod bedeutet ja schlicht Ende vom Leben, nicht mehr leben.

Der „gerechtfertigte“ Sünder des Paulus ist auch so eine paradoxe Figur, auch die Seligpreisungen leben ja davon.

Eine der poetischeren Formulierungen des christlichen Glaubens-Paradoxons zitiert der Papst gerne, es ist der Satz des Dichters Hölderlin: „Non coerceri a maximo, conteneri tamen a minimo divinum est – nicht eingegrenzt sein vom Größten und dennoch umschlossen sein vom Kleinsten, das ist göttlich.“ Es ist das Motto über dem Hyperion-Roman und Hölderlin sagt, das sei die Grabschrift des Loyola, also die Schrift auf dem Grabstein des Ignatius von Loyola.

Papst Franziskus und Hölderlin

Wer nach Rom ans Grab des Ignatius von Loyola kommt, wird den Satz aber vergeblich suchen. Was aber nicht heißt, dass der Hölderlin-Satz nicht doch etwas von diesem Heiligen eingefangen hat. Was zweitens auch nicht heißt, dass der Jesuit Papst Franziskus nicht auch diese Hölderlin-Tradition aufgreift, etwa 2015, in der Predigt zum Konsistorium. Oder auch am Donnerstag in einer Ansprache.

Der Papst greift als Jesuit ja gerne auf geistliche Traditionen aus dem Orden oder um den Orden herum zurück, auch sind zentrale Gedanken und Anliegen ganz klar von seiner jesuitischen Herkunft geprägt. Aber natürlich ist der Hölderlin-Satz älter als Ignatius. Den paradoxen Zusammenhang von klein und groß hat uns schon Augustinus mit auf den theologischen Weg gegeben: Deus in minimis maximus, im Kleinsten zeigt sich Gottes Größe.

Nun ist das nicht logisch-dogmatisch zu verstehen. Ein Paradox ist ja das genaue Gegenteil von Klärung. Aber es hilft uns, unser Denken etwas aus der Verankerung zu schütteln.

Das Denken aus der Verankerung schütteln

Umschlossen vom Kleinsten: es gibt nichts, wo Gott nicht ganz enthalten wäre. Und umgekehrt: das Größte grenzt Gott nicht ein. Da kingt etwas der Satz an, dass über Gott Größeres nicht gedacht werden kann. Wir machen uns unwillkürlich Bilder von Gott, das geht ganz automatisch, weil wir unsere Welt anhand unserer Erfahrungen abbilden. Auch sprachlich. Und Gott wird gerne anhand von Macht beschrieben, auf Kirchenfenstern, in Glaubensaussagen, im Denken. Da ist das Kleinste hilfreich. Es nimmt uns die Hierarchie aus dem Denken heraus. Der allmächtige Gott, der Schöpfer, ist in allem enthalten.

Andersherum mit dem Größten: wir denken unsere Welt und begreifen. Wir haben Bilder vom Universum, auch wenn es schwer fällt, diese Unendlichkeit zu begreifen. Der Philosoph Hegel nennt es die „schlechte Unendlichkeit“, es geht immer weiter. Das Größte ist also immer etwas größer als das, was bisher das Größte war. Gott ist aber nicht eingegrenzt von diesem Größten, Gott bekommt keinen Ort zugewiesen, sondern weist umgekehrt der Welt ihren Ort zu, indem er sich der „Größe“ entzieht.

Die „schlechte Unendlichkeit“

Und dann die Kombination von beidem: beide Sätze für sich sind schon schwer, Hölderlin dreht in der poetischen Formulierung aber noch einmal an der Schraube des Paradoxen.

Was das mit Papst Franziskus und Ignatius zu tun hat: die Entgrenzung des Denkens und Glaubens. Wer dem eigenen Denken und Beten und Glauben Grenzen setzt, verfehlt Gott. Gott ist immer größer und immer kleiner als wir wissen, ahnen, glauben und sagen können. Das entzieht sich dem Begriff und unserem Sprechen, deswegen auch auch unserem Glauben, wenn wir keine Mystiker sind. Aber wir können uns danach ausstrecken.

Den großen Horizont im Blick, also Schöpfung und Erlösung durch Gott, und gleichzeitig sich um die Kleinen, Armen, Weggeworfenen kümmern. Das wäre die pragmatische Umformulierung des Spruchs, und so nutzt ihn Papst Franziskus. Aber es geht auch geistlicher, indem man sich nicht zufrieden gibt mit dem eigenen Glauben. Paradoxe bedeuten ja auch, dass die Logik und damit die Herrschaft über die Welt in Frage steht.

Paradoxe tun dem Glauben gut. Weil sie ihn nicht in Regeln und Sätzen aufgehen lassen, weil man sich ausstrecken muss, da das Ziel jenseits des Logischen liegt.

Und anderers ist christlicher Glaube nicht zu verstehen.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Dichter, Friedrich Hölderlin, Glauben, Ignatius, Loyola, Papst Franziskus, Paradox11 Kommentare zu Glauben im Paradox

Destruktiv-Medien: Immer schön positiv bleiben

Veröffentlicht am 14. November 201817. November 2018
Vorsicht mit Wetter-Metaphern, aber dieses Foto war einfach zu verlockend Vorsicht mit Wetter-Metaphern, aber dieses Foto war einfach zu verlockend

Es hat mich einen Monat lang in den Fingern gezuckt. Einen Text zu schreiben über die Berichterstattung zur Synode und genereller über kirchliche Konfliktthemen. Wir haben das auch oft diskutiert, wie Leute, die ausschließlich destruktive Absichten haben, so viel Aufmerksamkeit und Wichtigkeit bekommen können. Der Stil guten Journalismus wird verdorben, und weil „normale“ Journalisten sich die Themen vorgeben lassen, haben die auf einmal viel Macht und machen großen Lärm.

Und dann habe ich doch nicht geschrieben. Oder besser: ich habe geschrieben, mindestens sechs, sieben Artikel, nur um sie abends dann wieder zu löschen. Die waren schon hier im System, bevor ich dann auf den Knopf gedrückt habe. Nein, nicht. Nein, nicht heute.

Und es ist ja schon eine Frage: wie können wir über das passieren, was in der Kirche passiert und die nötige Offenheit und die nötige Neugierde bewahren? Wie können wir uns wehren gegen diejenigen, die ein Narrativ schon mitbringen in das dann alles nur noch eingefügt wird? Die mit viel Geld hantieren? Die mit ihrem Lärm dann auch andere in ihren Bann ziehen?

Bei den Pressekonferenzen und Briefings während der Synode zum Beispiel wurden von Vertretern dieses Narrativs heraus nur zwei Typen von Fragen gestellt: Erstens warum nicht über Humanae Vitae gesprochen worden sei, die Wertung schon im Kopf, und zweitens waren es Verfahrensfragen, wer wann wie wo was entscheidet. Und Verfahrensfragen sind immer Machtfragen. Die wollten Machtgeschichten schreiben, nicht Jugend-Synoden Geschichten.

Die Wertung schon im Kopf

Das pendelte in meinem Kopf dann immer zwischen Amüsement, Zorn und Hilflosigkeit: Wie reagiert man darauf? Immer mehr Debatten auch in der Kirche werden von derlei Kommunikation beherrscht, da ist kaum Interesse, kaum Neugierde, da werden Ereignisse und vor allem Personen – auch der Autor dieser Zeilen – gerne einfach in die vorgefertigten Narrative eingefügt. Gut und Böse, für und gegen. Da werden journalistische Standards auch mal einfach über Bord gewischt, schließlich geht es ja um eine angeblich gute Sache.

Was zum Kern des Problems führt: hier heiligt der Zweck die Mittel. Dieses teuflische Prinzip steckt hinter all der Diffamierung, Verkürzung, Umschreibung. Hinter den „gehaltenen Augen“, wie es die Schrift nennt.

Nicht mitmachen

Und auch zum ersten Schritt zur Lösung, bzw zur richtigen Reaktion. Nicht mitmachen. Nicht auf derselben Ebene mitspielen. Nicht auch den Zweck die Mittel heiligen lassen. Ja, das ist nicht angenehm, aber in diesem Fall kommt aus der Schwäche die Kraft. Nicht aus der Stärke.

Wie Sie merken: Ich spreche nicht von „konservativ“ und „progressiv“, das wird dem nicht gerecht. Hier geht es um destruktiv, um negativ.

Dagegen mein eigener Plan: positiv bleiben. Das hier, was ich hier schreibe, ist schon grenzwertig aber man muss schon die Dinge beim Namen nennen. Aber in den Stücken zum Thema mag ich lieber positiv bleiben, nicht negativ auf negatives reagieren. Das trägt nur zur vergifteten Debatte bei.

Auch ich bin ein Freund der Polemik, des offenen Kreuzens der Klingen. Das darf auch alles sein. Das darf aber nicht alles sein. Und selbst wenn es mal vorkommt: positiv wirken kann es selten. Das habe ich bei meinen eigenen polemischen Stücken hier im Blog sehr deutlich bemerkt.

… die nur Skandal suchen

Anfang September, als der erste der unsäglichen Briefe des ex-Nuntius Viganò durch die Öffentlichkeit gereicht wurde, sagte der Papst in seiner Morgenpredigt: „Mit Menschen, die keinen guten Willen haben, mit Menschen, die nur Skandal suchen, die nur Spaltung suchen, die nur Zerstörung suchen, auch in Familien, da braucht es Stille und Schweigen.“

Das ist diese Kraft die aus der Schwäche kommt. Nicht aus dem Versuch, die Debatte zu dominieren. Das ist die Kraft, die positiv bleibt.

 

Kategorien Allgemein, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Berichterstattung, destruktiv, katholisch, kirchliche Medien, konservativ, Medien19 Kommentare zu Destruktiv-Medien: Immer schön positiv bleiben

Alles ist neu

Veröffentlicht am 11. November 201811. November 2018
Pater Bernd Hagenkord im Studio mit dem lieblings-Arbeitsgerät, dem Mikro Der Schreiber dieser Zeilen, Pater Bernd Hagenkord SJ

Es ist so offensichtlich, dass ich eigentlich schon gar nicht mehr darüber schreiben muss. Wie Sie sehen, ist alles anders. Layout und auch Technik des Blogs dahinter hatten nach nun sieben Jahren eine Aufbesserung verdient, außerdem musste ich ja auch die Umbenennung hin zu Vatican News mitmachen. Jetzt trägt der Blog – oder ist es das Blog? – meinen Namen, plus die Zugehörigkeit zu meinem Job.

Ergo: es ist anders geworden. Gefällt Ihnen das? Für Rückmeldungen bin ich dankbar.

Eine Verpackung ist ja immer mehr als ’nur’ eine Verpackung, sie ist immer auch Teil der Kommunikation, die hier stattfindet.

Bislang sind knapp 1.400 Artikel hier erschienen, dazu gab es über 19.000 freigeschaltete Kommentare. Es macht mir offensichtlich Spaß.

An dieser Stelle mag ich auch noch einmal ganz herzlich denen danken, die diesen Blog überhaupt möglich machen: dem Verein der Freunde von Radio Vatikan e.V., und hier ganz besonders und ausdrücklich dem Vorstand. Der sich sicherlich freut, wenn Sie mal bei denen vorbei schauen oder mit einer Spende aushelfen.

Anonyme Kommentare?

Es ist offensichtlich, dass sich hier was geändert hat. Ich habe aber nicht alles geändert. So habe ich zum Beispiel darüber nachgedacht, nur noch Kommentare zuzulassen, die mit Namen gekennzeichnet sind. Auch wenn die Richtigkeit nicht überprüft werden kann, wäre das ein Zeichen gewesen. Aber ich habe mich dann dagegen entschieden. Und zwar aus dem Grund, dass ein anonymer Kommentar auch als anonymer Kommentar sichtbar sein muss. Sie als Leserinnen und Leser können sich dann ja Ihren Teil denken.

An dieser Stelle möchte ich das noch einmal gesagt haben, weil das mit den Kommentaren hier nicht immer nur einfach ist. Danke an alle, die sich an den Debatten beteiligen, kritisch, nachdenklich, mit Erfahrung und Lektüre.

Nur eine Frage habe ich nach wie vor: ist es nun der Blog oder das Blog?

Willkommen weiterhin hier im Blog.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Kirche und Medien, Neulich im Internet, VatikanSchlagwörter anonym, Blog, Hagenkord, Kommentare, Pater Hagenkord, Radio Vatikan, relaunch, Vatican News30 Kommentare zu Alles ist neu

… nicht nur Glas

Veröffentlicht am 8. November 201812. November 2018
Die große Synagoge hier in Rom Die große Synagoge hier in Rom

Die „Katastrophe vor der Katastrophe“: an diesem Freitag vor genau 80 Jahren fanden die ersten Pogrome gegen Juden statt, die in die Shoah führen sollten. Öffentlich. Von Nachbarn an Nachbarn. Von den Nazis reichsweit organisiert, um Menschen gegen Menschen aufzuhetzen, um Gewalt „normal“ zu machen, um sich Hass als politische Haltung dienstbar zu machen.

Verharmlosend wurde lange von der „Kristallnacht“ gesprochen. Ein Begriff, der mir bei uns, in der deutschen Sprache, zu recht kaum noch begegnet, über den ich aber in einer Papstrede gestolpert bin.

Der Papst sprach korrekterweise von der „so genannten“ Kristallnacht, weil der Begriff eingeführt ist, auch in anderen Sprachen. Er machte aber durch das „so genannt“ deutlich, dass der Name nicht korrekt ist. Und er beschrieb dann in einem Treffen mit Rabbinern, warum der Gedenktag an diesem Freitag so wichtig ist: Ohne lebendige Erinnerung gibt es keine Zukunft.

Mir kam dann eine Übersetzung der Ansprache auf den Schreibtisch, und da fehlte auf einmal das „so genannt“. Da stand nur das deutsche Wort „Kristallnacht“. Und ich bin durch die Redaktionen gezogen um zu erklären, warum das nicht geht. Und habe mich gefragt, warum das so ist und warum ich das erklären muss.

 

Tag des Übergangs

 

Wir wissen um unsere Geschichte und darum, dass dies ein Augenblick der Übergang war von Diskriminierung zu Vernichtung, dass es nicht nur Glass – also Fenster – waren, die zu Bruch gingen, sondern Menschen, dass Identität und Zugehörigkeit zerstört wurden, dass das Aufhetzen von Menschen gegen Menschen normal gemacht werden sollte. All das ist mit diesem Tag verbunden.

Aber warum sollten andere Sprachen und Kulturen das wissen? Es ist schon schwer genug, den kommenden Generationen, die niemanden kennen der das noch erleben musste, das zu erzählen. Das Wissen nimmt ab, damit auch das Verständnis darum.

 

Warum soll das andere Kulturen interessieren?

 

Warum sollten nun andere Kulturen, die unsere historischen Erfahrungen nicht teilen, um unsere Sensibilität wissen? Wir tun das ja auch nicht, wenn es um deren Geschichte geht.

Auch bei anderen Sprachen und Kulturen darauf zu bestehen, das Wort „Kristallnacht“ mit einer Markierung zu versehen, ist kein Kotau vor politischer Korrektheit. Es geht um historische Wahrheiten und darum, der Verharmlosung Widerstand zu leisten. Und wenn wir hier alle in Rom unter einem Dach zusammen arbeiten, dann ist es an diesem Tag halt mein Job, das zu probieren.

 

Sie sind wieder da

 

Rassistische Stereotype sind wieder in demokratischen Debatten zu finden, mehr oder weniger gut verschleiert. Nicht nur in den USA, auch bei uns in Europa findet sich das wieder. Ich erinnere an das unselige „Vogelschiss“-Zitat des Vorsitzenden einer im Bundestag vertretenen Partei. Das ist mutwillige Verharmlosung.

Die Novemberpogrome erzählen davon, wie das angeheizt und in rohe Macht umgesetzt Menschen zerstört. Und das Wort „Kristallnacht“ berichtet von dieser Verschleierung.

Die Novemberpogrome das zu nennen, was sie wirklich waren, ist deswegen auch ein Dienst an der Zukunft. Auch für die Menschen, deren Geschichte gar nichts mit Europa zu tun hat. Denn es war nicht bloß Glas, was damals zu Bruch ging.

Wehret den Anfängen!

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, RomSchlagwörter Antisemitismus, Demokratie, Gedenktag, interkulturelle, Juden, Politik, Synagoge, Vernichtung, Würde11 Kommentare zu … nicht nur Glas

… was Gott sich von der Kirche erwartet

Veröffentlicht am 6. November 201812. November 2018
Pressekonferenz bei der Synode im Oktober Pressekonferenz bei der Synode im Oktober

Das Volk Gottes ist unfehlbar „in credendo“, als im Akt des Glaubens. Ein wunderbarer Ausgangspunkt wenn es darum geht zu überlegen, wohin es mit der Entscheidungsfindung in der Kirche weiter geht. Jedenfalls hatte Papst Franziskus sich das 2015 so gedacht, als er über die Synodalität sprach.

Das Thema ist uns geblieben. Und ich hatte ja gesagt, dass ich an dieser Stelle noch ein wenig nach-denken mag.

Die Bischofssynode im Oktober hat zwar über Jugend und Berufung gesprochen, das Thema „Synodalität“ lief aber immer mit. Da entwickelt sich gerade etwas, und mein Eindruck ist, dass das noch nicht fertig ist.

Synode ist aber keine Parlamentarisierung der Kirche, keine Verlagerung von Autorität auf ein Kollektiv. Eine Unterscheidung dessen, was Gott von seiner Kirche will, ist ja auch schlecht in parlamentarischen Mehrheiten zu bekommen.

Einmal ganz einfach gefragt: Wenn auf dem Weg der von ihm gewünschten Dezentralisierung der Kirche die Synode also kein Entscheidungsgremium sein kann, was dann?

 

Gestuftes aufeinander Hören

 

Dreistufiges Hören aufeinander nennt er es in der oben genannten Rede: zuerst im Volk Gottes, dann unter den Hirten, zuletzt der Papst selber. Der Sinn der Übung ist die Verkündigung, das Ganze ist kein Selbstzweck. „Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung, und es wäre unangemessen, an einen Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfänger ihres Handelns wäre“, zitiert er sein eigenes Schreiben Evangelii Gaudium (Nr. 120). Es geht also nicht um ein perfektes Funktionieren, sondern um ein tätiges Verkünden, und dazu hat der Herr die Kirche beauftragt.

Noch einmal: das ist keine pragmatische Lösung, um die zunehmend globalisierte Kirche besser leiten zu können. Das ist zuerst einmal eine theologische Frage, eine Frage der Art und Weise, wie der Auftrag Jesu heute umgesetzt werden kann.

 

Strukturierende Klammer

 

Zurück zur Synode: Sie wird in den Worten des Papstes also zu einer Art Klammer, welche das Hören innerhalb der Kirche ermöglicht und strukturiert. Nicht die einzige Klammer, der Papst ist sehr klar, dass es auch andere Wege und Möglichkeiten gibt, die zu nutzen sind oder sogar weiterzuentwickeln. Vielleicht gibt es ja in den antiken Kirchenordnungen, die ja sehr viel synodaler waren, noch etwas zu lernen, fragt er. Weiterlesen „… was Gott sich von der Kirche erwartet“

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Rom, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Jugend, Kirche, Konzil, Synodalität, Synode, Vatikan4 Kommentare zu … was Gott sich von der Kirche erwartet

Von Gleichheit und Distanz

Veröffentlicht am 4. November 201811. November 2018
Distanz und Nähe, Ansehen und angesehen werden. Foto von Thomas Struth im Haus der Kunst, München Distanz und Nähe, Ansehen und angesehen werden. Foto von Thomas Struth im Haus der Kunst, München

Eine Marginalie. Wenn ich darf. Und Sie mir ein wenig Aufmerksamkeit schenken.

Wen duzen Sie? Und wen nicht? Gerade habe ich einen Artikel gelesen, der für das Abschleifen des „Sie“ zu Gunsten des „Du“ geworben hat. „Sie“ sei nicht mehr zeitgemäß, das „Du“ setze den Menschen in seiner Individualität in Beziehung zum Sprecher, nicht Distanz und soziale Konvention. So mache es schließlich die englische Sprache aus.

 

Ich bin Fan des Siezens

 

Darf ich widersprechen? Ich bin ein Fan des „Sie“. Ein erklärter Fan. Weil es Gleichheit ausdrückt ohne jemandem zu Nahe zu rücken. Menschen, die sich gegenseitig siezen drücken damit Respekt, Distanz, aber auch Gleichgeit aus. Da steht keiner über dem Anderen, wie das beim „Euchzen“ noch der Fall war.

Distanz und Nähe, Ansehen und angesehen werden. Foto von Thomas Struth im Haus der Kunst, München
Distanz und Nähe, Ansehen und angesehen werden. Foto von Thomas Struth im Haus der Kunst, München

Wenn ich aber duze, dann rücke ich jemandem auf die Pelle. Dann gibt es eine Vertrautheit (im besten Fall) oder wird eine Vertrautheit behauptet oder aufgedrängt (im schlechten Fall). Wohlgemerkt, ich spreche hier nicht über skandinavische Sprachen, die das anders handhaben. Ich spreche über unsere.

 

Zeitgemäß? Oh ja

 

Siezen ist zeitgemäß. Wie der Artikel gegen die eigene Intention auch zugibt. So müssten Journalisten Politiker etwa siezen, um die Distanz wahren zu können. A-ha. Genau. Bei Machtgefällen und Unabhängigkeit braucht es das also. Einen sprachlichen Ausdruck von Distanz und Gleichheit. Weder unterwürfig noch vertraulich.

Das mag ich aber sonst auch gerne. Ich werde ungerne angeduzt von Leuten, die ich nicht kenne. Wenn ich bei Freunden zu Gast bin geht das ohne Probleme, aber wenn sich mir jemand vorstellt, dann möchte ich selber entscheiden dürfen, ob ich Distanz abbaue oder nicht. Das mag ich mir nicht aufdrängen lassen.

 

Nur noch bei Shakespeare

 

Zweites Argument: „Sie“ sei eine Form der Anrede, die höflich sei und deswegen nicht mehr gebraucht werde. Soso. Höflichkeit braucht es nicht. Das ist Teil des Problems. Künstliche Distanz braucht keiner, das stimmt schon, aber was ist mit echter Distanz? Die ist Teil des Lebens, die gibt Perspektive, die Distanz erlaubt überhaupt erst Nähe. Wenn es die nicht mehr gibt, dann verschwindet auch die Nähe und die Vertrautheit als das Besondere. Dann wird das banal.

Deswegen bin ich auch fürs Siezen. Wie übrigens die englische Sprache, die im Artikel angeführt wird, auch: das „you“ entspricht eben nicht dem „du“, sondern dem „sie“. Jedenfalls kommt es daher.

Auf Englisch wird fast nur noch im Vaterunser geduzt: „Our Father, who art in heaven, hallowed be thy name …“ ist kein archaisches Ansiezen, sondern die alte Duzform, die außerhalb von Shakespeare-Stücken kaum noch vorkommt.

Gott duze ich gerne und immer. Das muss aber nicht gleich bei allen Geschöpfen auch so sein.

Nur so als Idee. Als Marginalie.

 

Kategorien Allgemein, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Anrede, Distanz, Duzen, Gleichheit, Höflichkeit, Siezen10 Kommentare zu Von Gleichheit und Distanz

So einfach ist das. Und so schwer

Veröffentlicht am 3. November 201811. November 2018
Unterhaltungen bei der Synode Unterhaltungen bei der Synode

Es muss an der Basis beginnen. Wer ist Gott? Wie ist das mit dem Bösen? Und so weiter. Wenn wir über en Glauben sprechen, über Religion und Kirche, dominieren leider meistens diejenigen die Debatte, die über Moral sprechen. Oder es wird die „Hierarchie der Wahrheiten“ umgedreht und wir reden über Nachgeordnetes, als ob es das Wichtigste und vor allem das Entscheidende wäre.

Unterhaltungen bei der Synode
Unterhaltungen bei der Synode

Ja, der Teufel liegt im Detail und Gott auch, das stimmt und auch in den Kleinigkeiten und gerade in ihnen erkennen wir manchmal das Große.

Nur muss alles an der Basis beginnen. Bei der Synode – und auch dieses Stück hier nimmt seinen Ausgang bei der vergangenen Bischofssynode – gab es oft die Debatte, wie denn der Glauben an die kommenden Generationen weitergegeben werden könnte. Denn wenn das nicht gelingt, sind alle anderen Fragen irrelevant.

Die Ecksteine unseres Glaubens, die Basis, auf die müssten wir uns konzentrieren.

Auf die vier Fragen nach Gott und uns, wie es ein Synodenteilnehmer formulierte.

  • Wer ist Gott?
  • Wenn Gott gut ist, warum gibt es das Böse?
  • Wenn Gott gut ist und es das Böse gibt, was tut Gott dann dagegen?
  • Wenn Gott gut ist und es das Böse gibt und Gott etwas dagegen tut, wie können wir Teil davon werden?

Ziemlich überzeugend, das. Die Antwort auf Frage Eins ist natürlich „die Liebe“. Auch die Schöpfung ist auf diese Liebe zurück zu führen, auch die Gesetze, alles was wir von Gott sagen und sprechen, wie Benedikt XVI. es in Deus Caritas Est ausgefaltet hat.

 

Die Liebe Gottes und das Drama der Sünde

 

Frage Zwei: Das Drama der Sünde. Hier müssen wir über uns Menschen reden und über das, was in der Menschheit und in unserem Leben alles falsch gelaufen ist. Wo Schwäche ist, wo Sünde, wo Versagen. Und was das für Folgen hatte und hat. Das Ganze ist natürlich komplexer als ich das hier in einigen Zeilen sagen kann. Aber zur Basis unseres Glaubens gehört eben auch der Kontrast, den wir zu der Liebe Gottes bilden.

Frage drei: Die Geschichte der Erlösung. Jesus und die Liebe, die in die Schöpfung kommt.

 

Erlösung. Und dann wir

 

Und Frage vier: Jüngerinnen und Jünger dieses Jesus Christus werden und sein und bleiben, Kirche werden und sein und bleiben.

Das erfindet nicht das Rad neu, aber es hilft vielleicht, das eigene Sprechen von Kirche und Glauben auf einen tragenden Grund zu stellen und sich nicht in Quisquilien zu verlieren. Die mögen wichtig sein, aber sie begründen keinen Glauben. Und schon gar nicht führen sie dazu, dass Menschen fragen, an was dir da eigentlich glauben.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Bischofssynode, Christus, Erlösung, Glauben, Gott, Jesus, Kirche, LiebeSchreiben Sie einen Kommentar zu So einfach ist das. Und so schwer

Einmal Religion mit Gott, bitte

Veröffentlicht am 1. November 201811. November 2018
Rückblick Synode: Hier bei einer PK-Vorbereitung. Die jungen Menschen wissen, was sie wollen Rückblick Synode: Hier bei einer PK-Vorbereitung. Die jungen Menschen wissen, was sie wollen

Morgens früh mache ich gerne Sport. Weil danach, im Laufe des Tages, keine Zeit mehr ist und ich 1.000 Ausreden habe. Außerdem ist um 6 Uhr Zeit, in Ruhe Radio zu hören um zu wissen, was so alles los ist. Gerne höre ich dann auch noch die Morgenandacht. Sie merken, um diese Uhrzeit ist der Deutschlandfunk mein Sender.

Rückblick Synode: Hier bei einer PK-Vorbereitung. Die jungen Menschen wissen, was sie wollen
Rückblick Synode: Hier bei einer PK-Vorbereitung. Die jungen Menschen wissen, was sie wollen

Und neulich musste ich mich ärgern. So richtig ärgern. Es gab eine Andacht – ich sage nicht wann und wer – die über den Perspektivwechsel auf die Dinge sprach und darüber, dass man dadurch das, was einem selber wichtig ist, ganz neu in den Blick bekommt. Also ein Leib- und Magenthema auch von mir.

Nur wurde das als Andacht angekündigt, aber diese christlichen Gedanken kamen völlig ohne die Worte „Gott“ und „Jesus“ aus. Die 10 Gebote wurden genannt, aber nur die zwischenmenschlichen, die ersten, wo von Gott die Rede ist, nicht.

Es wurde nicht klar, warum diese Person sich für Flüchtling einsetzt. Oder besser: als Motivationen wurde „Bürgersinn“ und „Mitmenschlichkeit“ genannt. Alles ehrenvoll.

 

Es hört keiner mehr zu

 

Aber wenn das alles ist, was Christinnen und Christen vorzubringen haben, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn uns keiner mehr zuhört.

Selbstverkleinung ist das. Wir sollen Zeugnis ablegen für den Grund unserer Hoffnung.

Die Zivilreligion, die sich einpasst, die nimmt uns keiner mehr ab. Und junge Menschen. „Wofür steht ihr eigentlich?“ höre ich sagen. In einer Welt voller Optionen und Möglichkeiten muss die Sache mit Gott klar sein. Wer so tut, als ob irgendwie Gott keine Rolle bei uns spielt und dass Religion ja sozialverträglich und gut sei, der wird junge Menschen nicht erreichen. Die brauchen sowas nicht.

 

Jugend braucht sowas nicht

 

In Rom haben ältere Herren getagt, gemeinsam mit wenigen jungen Menschen und einigen Fachleuten. Also nichts Repräsentatives, was die Welt junger Menschen heute angeht. Trotzdem habe ich niemanden gehört, der „weniger über Gott sprechen“ als Option genannt hätte.

Mein Morgenandacht ist natürlich nur ein Schlaglicht. Aber es markiert ein Extrem im Christentum, das leider Mehrheitsfähig wird. Eine Zivilreligion, welche die Gesellschaft besser machen will, die aber keine Ecken und Kanten mehr hat.
Auch Christen sollen und wollen die Welt besser machen. Aber aus einem gelebten Glauben heraus, für sich und mit anderen. Wenn wir darauf verzichten, dann verzichtet die kommende Generation auf uns. Und ich kann es ihr noch nicht einmal verdenken.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Ökumene, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Bischofssynode, Gebote, Gott, Jesus, Jugend, Religion, Verkünden, Zeugen, Zivilreligion3 Kommentare zu Einmal Religion mit Gott, bitte

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