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Schlagwort: Internet

Die Kirche aus dem Kabel: 5 Thesen zu Internet und Glaube

Veröffentlicht am 6. Mai 20206. Mai 2020
Vernetzte Religion Neue Welt! Neuer Mensch? Neue Religion? Foto: Dongdaemun Design Plaza in Seoul

Wir streamen Gottesdienste und freuen uns, dass es so viele neue Initiativen gibt, die uns in Corona-Zeiten das Kirche-Sein ermöglicht. Vielleicht nur als Übergang, vielleicht mit ganz neuen Ideen, aber hier ist ein Schub zu erkennen. Vernetzte Religion bekommt auf einmal eine ganz neue Wucht.

Vernetzte Religion

Gut oder nicht gut? Wie immer ist das nicht eindeutig zu entscheiden. Klar ist aber, dass das alles nicht einfach eine Verlegung des Bisherigen ist. Das neue Medium prägt Religion und wird das zunehmend tun. Dazu habe ich so meine Gedanken, ich formuliere sie mal als These. Das mache ich nicht zum ersten Mal an dieser Stelle, aber auch unter Einbeziehung jüngerer Erfahrungen „aus diesen Zeiten“ würde ich sie halten und zur Diskussion stellen.

These 1, oder die Frank Schirrmacher These

Es gibt vor allem in den USA die Vorstellung, die Zunahme der Wichtigkeit des Internets führe gleichzeitig zu einer Abnahme der Wichtigkeit von Religion. Untersuchungen glauben, das auch belegen zu können. Die Begründung dahinter: Religion wird durch Wissen besiegt, Internet stellt Wissen unkontrolliert und unzensiert zur Verfügung, daraus folgt eben ein Mehr an Aufklärung. Hier interessiert mich die zweite Annahme: Internet stellt Wissen zur Verfügung. Das tut es nämlich nicht, jedenfalls nicht so einfach und deutlich.

Sie kennen das Phänomen: Sie buchen eine Reise, sind dann bei Amazon unterwegs und bekommen Bücher zum Reiseziel angeboten. Algorithmen bestimmen, was wir zu sehen bekommen.

Dazu kommt: In den USA gibt es bereits Software, die Nachrichten schreibt. Das geht schneller, als einen Redakteur dran zu setzen. Packen wir das eine mit dem anderen zusammen, dann gehört nicht viel Phantasie zur Vorstellung, dass in nicht allzu langer Ferne jeder von uns spezifische Nachrichten generiert bekommt. Sprachstil und Inhalt, je nach eigenen Präferenzen. Sie bekommen dann von der gleichen Seite zum gleichen Thema eine andere Meldung als ich geliefert, Frank Schirrmacher (verstorbener FAZ-Herausgeber) hat das in Buch und Interview ausgefaltet, deswegen habe ich die These nach ihm benannt.

Weswegen das wichtig ist: Die Orientierung nach der Algorithmen Dinge für uns aussuchen ist der Konsum. Und eben nicht die Aufklärung. Auf die Religion angewandt: Es entsteht im Netz eine marktgerechte und konsumorientierte Form von Religion und Religionsdiskurs.

These 2, oder die Blog-These

Seit 2011 betreibe ich meinen eigenen (diesen) Blog. Da versammeln sich in der Kommentar-Spalte alle möglichen Meinungen. Und wenn ich im Netz auf anderen Blogs herumlese, oder besser noch auf anderen sich mit Glauben und Kirche befassenden Seiten, dann zeigt sich ein Bild: Selten kommt es zu einer wirklich interessanten Debatte. Web 2.0 ist also noch weit weg, wirkliches Engagement wird nur von einer wirklich sehr kleinen Gruppe betrieben.

Eine kleine Begebenheit: Bezüglich der Friedensgebete für den Nahen Osten im Vatikan hatte ich das Beten der Sure durch einen Imam verteidigt. Daraufhin kamen die üblichen Muslim-ist-böse Kommentare. Ich habe einen Islamwissenschaftler gefragt, der das erklärt hat. Und darauf kam dann der Kommentar eines Users, die Zeit der akademischen Wissenschaft sei vorbei, sie werde abgelöst durch den Privatgelehrten (wörtliches Zitat), der sich seine Informationen selbst besorge und nicht im Elfenbeinturm lebe. Also: Keine wissenschaftlichen Standards mehr, keine peer-control, jeder darf sich seine Welt und sein Wissen zusammen basteln. In Bezug auf die Religion: Alle sind wir auf einmal Fachleute. Begründungen, Wissen, Argument, rigoroses Denken, intellektuelle und akademische Ausbildung, das alles wird weniger wichtig. Religion wird zu einer persönlichen Welt, widi-widi-wie sie mir gefällt. Und das ist schädlich.

These 3, oder die Freiheits-These

Früher haben Journalisten entschieden, was Nachricht ist und was nicht. Journalisten haben Kriterien, etwas kommt in die Sendung oder ins Blatt, etwas anderes nicht. Medien hatten früher die Hoheit über Themen, Selbstbefragung und Selbstauslegung der Religion in den Medien fand nach den Regeln der Journalisten statt. Das ist nicht mehr so.

Ein Beispiel: Als der Papstwechesel 2013 anstand, hatten die meisten Redaktionen in Deutschland das nicht für wirklich interessant gehalten. Die Menschen aber schon, das Internet hat das Interesse widergespiegelt und die Redaktionen mussten hinterher laufen.

Es gibt kein Leitmedium mehr, das die Menschen und ihr Interesse ignorieren kann, Religion ist interessant, egal ob es den Nerds bei diversen online-Medien passt oder nicht. Das schafft Freiräume für mehr Diskurs.

Sie sehen, nicht alle meine Thesen sind negativ.

These 4, der die Zoo-These

Es ist ein Zoo da draußen. Es gibt Kampagnen und reine Kampagnen-Webseiten zu Religion und vor allem Kirche im Internet, Pöbeleien, jegliche Form von Schmähungen. Es gibt die Erregung, die Lautstärke, die Irren und Wirren, all diejenigen, die uns nicht denken lassen wollen sondern irgendwelche Gefühle, vor allem Angst, ansteuern. Das gibt ihnen nämlich Macht.

Da gibt es Goodwin’s law auch in Bezug auf die Religion.

Da gibt es, was ich „Relevanzverwirrung” nenne, also das Durcheinander von Bedeutungen. Was bedeutet was für was?, da wird gerne mal ein Kurzschluss für einen Geistesblitz gehalten.

Da wird souverän von Inhalt auf Person umgestellt, man spielt den Mann, nicht den Ball, um aktuell zu sein.

Das macht etwas mit Religion, das lässt uns in der Wahrnehmung wie komische, wirre, merkwürdige und manchmal bösartige Diskurse erscheinen.

Das macht etwas mit Religion, vor allem der organisierten Religion, vor allem auch mit inner-religiösen / interkirchlichen Diskursen.

These 5, oder die neue-Heiden These

Es entstehen neue Religions-Cluster, Verbindungen, Gruppen, Interessen, die sich nicht an den traditionellen Vergemeinschaftsungsmustern und Hierarchien orientieren. Christen, die an Reinkarnation glauben oder an Astrologie, Neuerfindungen des Heidentums mit Druiden und so weiter. Neue Religionsformen entstehen, allerdings ohne „Realität”, also ohne Gemeinschaft, ohne die Schwierigkeiten des Alltags, ohne all das, was Religion ausmacht.

Online-Rituale wie etwa Postings für Verstorbene sind zwar bislang nur ein Randphänomen, nehmen aber zu und werden prägender. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, über das Netz einen „Tzetel” in der Westmauer, der so genannten Klagemauer, in Jerusalem zu hinterlegen. Oder in einem online-Hindutempel kann man Rituale per Kreditkarte ordern.

Das wird Auswirkungen auf die realen Religionen haben. Welche genau, das wissen wir noch nicht. Das testen und probieren wir noch, die Corona-Dynamik schiebt uns da mächtig an.

Die Druckerpresse Ende des 15. Jahrhunderts veränderte Religion, das Sprechen und das Nachdenken über Religion. Jeder konnte auf einmal eine Bibel in der Hand halten (wenn er oder sie das Geld dazu hatte), Wissen wurde in bis dahin unbekanntem Maß verbreitet.

Bildung, Bildung, Bildung

Genau dasselbe geschieht nun durch das Internet. Europa reagierte damals auf diese Verbreitung des Wissens mit der „Erfindung” der Schule, wie wir sie heute kennen. Dasselbe muss meiner bescheidenen Meinung nach heute geschehen.

Schlussthese: Die richtige Weise des Umgangs und damit der positiven Nutzung des Internets für Religion und darüber hinaus für Glauben lautet: Bildung, Bildung, Bildung.

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Zur Transparenz: Die Thesen sind eine Überarbeitung von Thesen, die ich hier 2014 das erste Mal vorgelegt habe.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kunst, Kultur und Können, Neulich im InternetSchlagwörter Corona, digital, Internet, Kultur, Messe, Netz, These4 Kommentare zu Die Kirche aus dem Kabel: 5 Thesen zu Internet und Glaube

Der digitale Kontinent ruft

Veröffentlicht am 4. Juli 201927. Juni 2019
Digitalisierung will gelernt sein Die Veranstaltung in Frankfurt, Hochschule Sankt Georgen (c) Medienmittwoch

Kirche kann noch viel lernen. Etwa in der schönen Welt des Digitalen. Ermutigungen gibt es ja genug, auch gute Beispiele. Aber bis die „Dickschiffe“ das gelernt haben, dauert das noch. Eines dieser Dickschiffe sind wir hier, der Vatikan, und wir tun uns schwer. Digitalisierung will gelernt sein.

Das Beste ist, von denen zu lernen, die gar nichts mit uns zu tun haben, die auf dem Gebiet aber schon Erfahrungen haben, und das dann übersetzen. Klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist aber gar nicht so einfach, weil es im Zweifelsfall immer an der Einstellung scheitert, das sei auf Kirche so nicht anwendbar.

Digitalisierung will gelernt sein

Neulich in Frankfurt: Ich war eingeladen zu einer Veranstaltung des Medienmittwoch. Es sollte um den Vatikan und die Social Media geben, und ich habe auch meinen Teil dazu gesagt. Im anschließenden Gespräch kam dann aber jemand von der Bahn AG dazu, der die Erfahrungen aus der DB Systel einbrachte. Thorsten Ziegler heißt er, angekündigt als jemand, der den kulturellen und organisatorischen Wandel seines Teilunternehmens gestaltet hat. Und genau davon hat er berichtet.

Nun gibt es ja immer wieder Versuche, von den Profis zu lernen. Einige habe ich auch schon besucht. Aber ein rein kapitalorientiertes Dienstleistungsunternehmen ist dann doch etwas anderes.

Umstellung hierarchischer Strukturen

Thorsten Ziegler etwa sprach davon, dass bei der Umstellung auch die hierarchischen Strukturen in ihrem Betrieb geändert worden seien. Das habe unter anderem die Abteilungsleiter betroffen, die nun nicht mehr von oben ernannt, sondern durch die Mitarbeiter bestimmt würden.

Das ist noch nicht ur-digital, aber zeigt die Wirkungen, welche eine Umstellung auf die schöne neue Welt des „digitalen Kontinents“ haben kann. Man muss da mal neu denken und neues probieren. Andere machen es vor.

Sender – Empfänger: die Kanzel

Schlimm ist es, wenn man die Digitalisierung nur als zusätzlichen „Kanal“ sieht, auf dem dann die gleichen Botschaften vertrieben werden. So geht das aber nicht mehr. Das Sender-Empfänger Modell holt heute keinen mehr hinter dem Ofen hervor, vor allem die nachwachsenden Generationen nicht.

Da braucht es Beteiligung, vom ersten Gedanken an. Deswegen ist dann die Frage nach der inneren Hierarchie auch relevant: ist ein Unternehmen und ist Kirche bereit, Strukturen aufzulösen, die für andere Realitäten vielleicht funktioniert haben?

Das Ganze war natürlich nur ein Schlaglich, das muss sich immer in der Praxis erweisen. Aber wir müssen weiter an den festen Strukturen rütteln, wollen wir der Präsenz im Internet eine Chance geben. Ideen gibt es genug. Erfahrungen auch. Beides aber zu übernehmen, das ist nicht immer einfach.

Drei Gedanken dazu, die nicht fürchterlich neu sind, die aber meiner Erfahrung nach immer noch nicht wirklich überall angekommen sind:

  • Inhalte mit denen entwickeln, für die sie bestimmt sind. Also nicht entscheiden wollen, was für andere interessant ist. Das kann man über Datenanalyse machen, aber auch ganz direkt durch Einbindung.
  • Gedruckte Texte nicht ins Netz! Predigten, Vorträge und so weiter habe da nur eine geringe Chance, gelesen zu werden (Asche auch auf mein eigenes Haupt). Der berühmte „content“ muss unter den Bedingungen des Netzes entstehen und nicht nachher einfach per upload publiziert werden.
  • Digitales verändert die Strukturen derer, die dort vertreten sein wollen. Wer dazu nicht bereit ist, kommt nicht weit.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Bahn AG, Digitale Welt, digitaler Kontinent, Digitalisierung, Internet, Medienmittwoch, Vatikan8 Kommentare zu Der digitale Kontinent ruft

Digitales Feuer: Kirche, Glaube und Marke

Veröffentlicht am 17. März 201917. März 2019
Marke Kirche: Gespräch bei #KIW19 Vor digitalem Feuer: Der Autor im Gespräch mit dem Journalisten Joachim Frank bei #KIW19 (c) #KIW

Zwei Kirchenjournalisten, hinter ihnen ein projiziertes Feuer, vor ihnen etwa hundert Medien-Profis, ebenfalls aus der Kirche. Das Thema sollte  Marke, Markenpflege und Kirchenreform sein, die Perspektive und Erfahrung des Vatikan war gefragt, deswegen war ich eingeladen, zu einem „Kamingespräch“, deswegen das Feuer. Aber wie das so ist, das Gespräch ging dann doch zielstrebig auf das Thema Krise und Missbrauch zu, anders geht es derzeit nicht. Die Marke Kirche hat es nicht leicht, allen Bemühungen zum Trotz liegt es nicht in der Hand der Medien-Macher, die Marke „Kirche“ zu definieren.

Der Konferenz #KIW19 habe ich also über die Vatikanmedien berichtet und meine Perspektive auf die Dinge. Ein voller Saal mit Praktikerinnen und Praktikern aus der deutschen Kirche und der Frage, wie das denn nun sei, mit Kirche als Marke, als Brand, als Identität, und wie man das pflegen kann und soll.

Marke Kirche

Bei der Rückfahrt sind mir dann einige Dinge noch einmal durch den Kopf gegangen. Zum einen sind da die beiden Begriffe Autorität und Authentizität. Beides sind Seiten derselben Medaille. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Soll heißen: Ich kann über Glauben, Auferstehung und Vergebung sprechen, das glaubt mir nur keiner, wenn es nicht gedeckt ist. Und zur Zeit ist sehr wenig in der Kirche gedeckt, jedenfalls mit dem Weitwinkelobjektiv gesehen, aufs Ganze geblickt. Die Vollversammlung der Bischofskonferenz ist so ein Beispiel: Man kann noch so oft über Erneuerung sprechen, wenn das nicht gedeckt ist von wahrnehmbaren und im Alltag ankommenden Tatsachen, bleiben das nur Worte. Und die schaffen keine Authentizität mehr.

Zweitens bin ich nachher noch mehr als vorher davon überzeugt, dass Missbrauch zum Markenkern Kirche gehört. Das ist hässlich. P Hans Zollner hat schon recht wenn er sagt, dass es gefährlich ist zu glauben, das Thema werde bald von der Bildfläche verschwinden. Das wird es nicht. Und wenn kein Bericht über Missbrauch auskommt, ohne die Kirche irgendwie zu erwähnen, dann steht fest, dass das zum Markenkern dazu gehört. Marke Kirche, das hat auch diese dunkle Seite.

Es wird nicht von der Bildfläche verschwinden

Bei der Rückfahrt habe ich lange überlegt, was das bedeutet. Wie wir da wieder heraus kommen. Der erste Schritt ist da der entscheidende: Sich eingestehen, dass das so ist. Hört sich erst mal selbstverständlich an, ist es aber ganz und gar nicht. Und ich will auch gar nicht behaupten, dass ich persönlich da weiter sei, weil ich das als Postulat so schreiben kann. Aber ich glaube schon, dass die Erkenntnis, dass diese Dimension der Kirche erst einmal bleiben wird, wesentlich und entscheidend ist.

Noch einmal, um über die Themen sprechen zu können, die uns am Herzen liegen, über Gerechtigkeit, Würde des Menschen, über Schöpfung und Dialog, und von den Kernthemen Sünde, Vergebung und Erlösung mal ganz zu schweigen, müssen wir uns dem auch als Marke stellen. Und als katholische Medienmacher. Das haben wir den Tätern und den Vertuschern zu verdanken. Das geht so bald nicht weg.

Ob das nun der Papst ist, ob das die Bischofskonferenzen sind, ob das Prozesse gegen Kardinäle, Bischöfe und Priester sind, spielt dabei keine Rolle. Wer sich anhören muss, dass man ja zu einer Verbrecherorganisation gehört, findet mit seinen Worten zum eigenen Glauben kein Gehör mehr.

Sprechen über Glauben findet kein Gehör

Schwierig ist dabei nur, dass Kirche ja auf anderem Gebiet sehr geschätzt wird, in Schulen etwa, bei Krankenhäusern, Jugendverbänden, und so weiter. Im Alltag, im Konkreten, da gibt es viel Gutes. Nur übersetzt sich das nicht ins Allgemeine. Und es ist eine Versuchung, jetzt auf diese guten Dinge hinzuweisen, um das andere weniger dramatisch zu machen.

Wie kommen wir da wieder raus? Indem wir die Dinge beim Namen nennen. Durch Ehrlichkeit. Durch Offenheit. Das ist brutal vor allem für all die Ehrenamtlichen, die Zeit schenken und sich dann doch mit den Verbrechen der anderen identifizieren lassen müssen. Deswegen ist es vor allem an ihnen, den vielen welche die Kirche tragen, die Ehrlichkeit und das Nennen-beim-Namen einzufordern. Kopf-in-den-Sand geht nicht. Hoffen dass es vorbei geht auch nicht.

Es war eine Rückfahrt in Moll, sozusagen. Die Marke Kirche ist beschädigt, weil in der Kirche Menschen Schaden erlitten haben. Und um zum Thema des Abends zurück zu kehren: Der Weg zur Markenpflege muss nun der sein, genau das ins Zentrum zu stellen. Kirche ist ehrlich, weil die Menschen in der Kirche ehrlich damit umgehen.

Und wenn Kamingespräche dabei helfen, dann war dieser eine Abend eine gute Erfahrung.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter #kiw19, Internet, Kommunikation, Konferenz, Marke, Medien, Reform, Vatikan15 Kommentare zu Digitales Feuer: Kirche, Glaube und Marke

Wissen was man nicht weiß

Veröffentlicht am 6. Januar 20195. Januar 2019
Wissen was man nicht weiß hilft gegen die Dummheit der Maschinen Das ist als Werbung gemeint: Schaufenster in Amsterdam

Eine neue Text-Gattung ist geboren. Ich weiß nicht ob es auch Ihnen aufgefallen ist, aber immer öfter lese ich direkt nach Anschlägen online Texte, die eine Unterscheidung im Titel haben. Etwa: „Anschläge von Bottrop: Was wir über den Täter wissen und was nicht“. „Datenleck im Bundestag: Was wir wissen“. Oder ähnlich. Wir lernen also zu wissen was man nicht weiß.

Das geht nun schon einige Zeit so, und immer öfter erscheinen diese Texte auch als Push-Meldung auf meinem Mobil-Fon, offensichtlich sitzen da Menschen in den Redaktionen, die solche Meldungen für wichtig halten.

Nichtwissen wird wichtig

Eigentlich sollte das ja normal sein. Ein Bericht über ein Unglück oder einen Anschlag sollte nur Informationen enthalten, die man wirklich belegen kann. Natürlich kann kaum ein Journalist die Zuckung zurückhalten, auch mal zu spekulieren, mehr oder weniger belegt, aber das gehört zum Geschäft. Dass man nun aber meint, ausdrücklich sagen zu müssen, was man nicht weiß, ist neu.

Es ist natürlich eine Reaktion auf all den Unfug, der im Netz seine Kreise zieht. Krude Verschwörungstheorien genauso wie Social-Bots die darauf programmiert sind, Unruhe zu schaffen. Und das auch hinbekommen, wie wir in den vergangenen Jahren gesehen haben. Die entweder Klickzahlen generieren und deswegen auf Erregung setzen, oder ganz bewusst gesteuert sind.

Nichtwissen wird also zu einer Tugend. Oder besser: Das Bewusstsein um das eigene Nichtwissen wird zur Tugend.

Sokrates auf Redaktionsbesuch

Zuerst ist es mir bewusst aufgefallen, als die Münchner Polizei und dann auch die Medien um die Ereignisse im Münchner Olympia Einkaufszentrum herum gegen die Hysterie antraten. Die Nachricht hatte ja ganz München wirr gemacht, weil niemand was wusste wurde spekuliert und herumgeraten, nicht wenige meinten auch Verschwörungen und dergleichen sofort rauspusten zu müssen. Das Nichtwissen hat geholfen, sich gegen diese Hysterie zu wehren.

Seit Platon es in seiner Apologie geschrieben hat, ist es der Stolz jedes Philosophen, sein Nichtwissen zu wissen. „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Das ist der erste Schritt zur Einsicht und zu mehr Wissen und Information. In diesem Sinne hat die neue Text-Gattung geradezu philosophischen Wert.

München 2016

Journalismus soll uns helfen, mit der Welt umzugehen. Basiert auf Fakten, auf Analysen und auf Interpretationen. Wobei wichtig ist festzustellen, dass die drei nicht identisch sind. Ein konstruktiver, dem Menschen helfender Journalismus muss sich hier neu aufstellen. Und genau das sehe ich in dieser neuen Text-Gattung. Sie kommt schnell, per Push-Mitteilung, und hilft bei der Orientierung im Dickicht all der Info-Schnipsel – richtig oder falsch – die auf uns einschießen. Eine sehr erfreuliche Entwicklung und eine gute Antwort auf all das Fake-Zeug im Netz.

Es braucht angesichts all der Journalismusmaschinen heute guten Journalismus, und der besteht eben auch darin, genau zu wissen, was man nicht weiß.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Fake News, Internet, Journalismus, Medien, Medienethik, Nichtwissen, Philosophie, Sokrates2 Kommentare zu Wissen was man nicht weiß

Raus aus der verbalen Gewalt

Veröffentlicht am 15. April 201815. April 2018

Die Zeit ist schnell über das jüngste Papstschreiben hinweggegangen, was eigentlich schade ist. Es liest sich wie eine Aktualisierung und Fortschreibung von Evangelii Gaudium, was immer noch die Programmschrift für die Reform der Kirche ist. Und deswegen nutze ich diesen Ort hier, um einige Aspekte noch mal aufzugreifen.

„Der Heilige verschwendet seine Energien nicht damit, über fremde Fehler zu klagen; er kann über die Schwächen seiner Brüder und Schwestern schweigen und vermeidet verbale Gewalt, die zerstört und misshandelt“ (GE 116): Wir Christen haben ein Problem. Wir sind seit einiger Zeit fixiert darauf, festzustellen, was der jeweils andere falsch macht.

Installation in der Oude Kerk, Amsterdam
Wer sind die anderen, in der Kirche, die ich gar nicht kenne? Wie verhalte ich mich denen gegenüber? Bild: Installation in der Oude Kerk, Amsterdam

Vor der Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. habe ich hier im Büro mal das Archiv durchgeblättert, was mir mein Vorgänger hinterlassen hat. Artikel in christlichen Zeitschriften – vor dem Internet – aus den 80er Jahren. Die Sprache von damals war nicht weit weg von der, die sich heute im Netz findet: ad personam, unterstellend, spekulativ, immer die schlimmste mögliche Lesart annehmend und dann gegen jemanden richtend. Und Urteile fällend.

So völlig neu ist das Phänomen also nicht, und es kommt auch nicht nur aus einer bestimmten Richtung.

Der Papst spricht in Gaudete et Exsultate von der verbalen Gewalt, die auch Christen benutzen. Verleumdung, üble Nachrede, ohne Respekt, alles schlimmer gemacht dadurch, dass die Sprache eine Härte hat, die man sich im „echten“ Leben nie trauen würde zu benutzen. Seine Analyse: hier wird „im wütenden Abladen von Rachegelüsten die eigene Unzufriedenheit“ kompensiert. Und wieder von der Analyse weg schaut er auf das Geistliche und setzt noch einen drauf: „Es ist auffällig, dass unter dem Vorwand, andere Gebote zu verteidigen, das achte Gebot – ‚Du sollst kein falsches Zeugnis geben‘  – zuweilen komplett übergangen und das Ansehen anderer gnadenlos zerstört wird.“ (GE 115)

 

„Nein zum Krieg unter uns“

 

In Evangelii Gaudium hieß das „Nein zum Krieg unter uns“, dort zitiert er auch das Johannesevangelium, in dem die Wirksamkeit des christlichen Zeugnisses an die gegenseitige Liebe geknüpft wird (EG 99). Hier fügte der Papst aber auch eine Erklärung an, die im neuen Schreiben fehlt: „Für diejenigen, die durch alte Spaltungen verletzt sind, ist es schwierig zu akzeptieren, dass wir sie zur Vergebung und zur Versöhnung aufrufen, weil sie meinen, dass wir ihren Schmerz nicht beachten oder uns anmaßen, sie in den Verlust ihrer Erinnerung und ihrer Ideale zu führen“ (EG 100). Weiterlesen „Raus aus der verbalen Gewalt“

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Gaudete et Exsultate, Internet, Kommunikation, Netz, Papst Franziskus, Webseiten3 Kommentare zu Raus aus der verbalen Gewalt

„Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“

Veröffentlicht am 27. März 201827. März 2018

Es waren mal wieder harte Worte, welche Papst Franziskus in seiner Predigt am Palmsonntag wählte. Und die mich in den letzten Tagen auch begleitet haben.

„Und so erhebt sich der Schrei dessen, der sich nicht scheut, „Kreuzige ihn!“ zu rufen. Es ist nicht ein spontaner Schrei, sondern ein aufgesetzter und inszenierter Schrei, der die Erniedrigung und die Verleumdung begleitet, die durch falsche Zeugenaussagen herbeigeführt werden.

Es ist der Schrei, der aus dem Übergang von der Tatsache zur Berichterstattung entsteht, er entsteht aus der Berichterstattung. Es ist die Stimme dessen, der die Realität manipuliert, eine Geschichte zu seinem Vorteil erfindet und kein Problem damit hat, andere „in den Dreck zu ziehen“, um selbst davonzukommen.

Dies ist eine [falsche] Berichterstattung. Der Schrei dessen, der kein Problem damit hat, die Mittel zu suchen, um sich selbst zu stärken und die dissonanten Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Es ist der Schrei, der aus dem „Frisieren“ und Schönfärben der Wirklichkeit entsteht, so dass sie schließlich das Antlitz Jesu entstellt und ihn zu einem „Missetäter“ macht. Es ist die Stimme dessen, der die eigene Position verteidigen will, indem er insbesondere denjenigen in Verruf bringt, der sich nicht verteidigen kann. Es ist der Schrei der in Szene gesetzten Selbstgefälligkeit, des Stolzes und des Hochmuts, der problemlos ausruft: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“.“

Ich gebe offen zu, dass auch mir sofort die Ereignisse in den vergangenen Wochen einfielen. Hier im Blog und auch auf anderen Webseiten – sogar englischer und spanischer Sprache – meinten viele, mich anbrüllen zu müssen. Ich bin selber ja auch nicht immer zimperlich, aber ich war schon verblüfft, wie viele von so genannten Berichten im Internet erregt meinten, urteilen zu müssen.

 

Richter-Katholiken?

 

Ein Segen sollen wir sein. Keine Beschimpfung
Ein Segen sollen wir sein. Keine Beschimpfung

Und auch jetzt gibt es natürlich die Richter-Katholiken, die nichts lieber tun, als die Worte des Papstes gegen ihn selber in Stellung zu bringen. Die nichts lieber tun als spalten, Aggression schüren, Menschen gegeneinander ausspielen. Und das selbstverständlich unter dem Anschein, für Kirche und Christus zu stehen.

Das lässt auch mich nicht kalt. Auch ich spüre dann in mir die Aggression und möchte am liebsten zurück brüllen. Die Aggression ist ansteckend. Aber dann hätte ich schon verloren, wenn ich dem nachgeben würde. Dann würde ich den Aggressoren überassen, zu bestimmen, wie die Debatte auszusehen hat. Oder in biblischer Sprache: „Wer zum Schwert greift …“.

Nur kommt mir dabei immer die Frage des Papstes in Evangelii Gaudium in den Sinn: „Wen wollen wir mit diesem Verhalten evangelisieren?“ (EG 100). Was für ein Zeugnis über Christsein gibt das ab, wenn die inszenierten Gegnerschaften laut im Internet ausgetragen werden? Wenn wir gar nicht genug davon bekommen können, mit dem Finger auf andere zu zeigen?

 

Reflexion

 

Deswegen schlage ich für die Kar-Tage eine andere Lesart der Papstworte vor, nicht gegen irgendjemanden gerichtet, nicht als Waffe, nicht als Urteil. Sondern als Reflexion:

Was spricht er da in mir an?
Wen würde ich gerne verurteilen?
Wo ist meine Stimme im Ruf „kreuzige ihn“?
Auf welche Rufe höre ich gerne und ohne nachzufragen?

Einmal nicht mit dem Finger gleich auf andere Zeigen. Das wäre doch mal was, mindestens für die Kar-Tage. Ich nehme es mir jedenfalls vor.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Kirche und MedienSchlagwörter Blog, Internet, Kirche, Medien, Papst Franziskus8 Kommentare zu „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“

Ekklesiologie des Internets

Veröffentlicht am 9. Juni 20179. Juni 2017

Demnächst werden wir hier im Vatikan die verschieden Medien zusammen legen und dabei auch gleich unsere Verfahren ändern. Dazu gehört zum Beispiel eine gemeinsame Linie im Umgang mit sozialen Medien. Bisher hat jede Institution und jede Redaktion das nach eigener Einschätzung gemacht, nun wollen wir gemeinsam vorgehen.

Eine Linie zum Beispiel ist die, dass der Vatikan nicht das Pfarramt der Welt ist. Anfragen zum Beispiel auf der Facebookseite bei uns sollen – so sie nicht Vatikanthemen sondern Konkretes angehen – an örtliche Kirchen weitervermittelt werden. Die Kirche sei eine, weltweit, aber sie bestehe eben als lokalen Kirchen und dort spiele sich das echte Leben ab.

Tut es das? Das Internet kennt ja keine Grenzen und ob ich nun auf einer österreichischen Webseite oder einer deutschen eine Frage stelle, sollte eigentlich egal sein. Leute erwarten Antworten von demjenigen, dem sie die Frage stellen.

 

Eine Zentrale, die lokal denkt

 

Auf der anderen Seite hat der Gedanke ja etwas für sich, nicht alles durch das Interesse am Papst an den Vatikan zu ziehen, sondern lokal zu denken. Eine Zentrale, die sich dem Lokalen verschrieben hat: Globalität in Lokalität, wenn es uns gelingt, das wirklich umzusetzen, dann hat das eine Chance, zu einer Ekklesiologie, also einer Theologie von Kirche, im Zeitalter des Internets zu werden.

Kirchen bei Second Life hat es schon gegeben, wenn ich mich richtig erinnere betrieben etwa vom Erzbistum Freiburg. Das ist aber mit dem Ding wieder untergegangen. Im Netz gibt es auch viele Initiativen und Meinungsseiten, die über alles Mögliche urteilen, auch wenn man die Umstände vielleicht gar nicht kennt. Genau das nicht zu tun, sondern die lokalen Kirchen (Bistümer oder Orden oder Initiativen oder anderes Kirchliches) einzubinden, das hat eine Chance, modern und global zu sein, ohne die Konkretheit zu verlieren. Weiterlesen „Ekklesiologie des Internets“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Kirche und Medien, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Ekklesiologie, Global, Globalisierung, Internet, Ortskirche3 Kommentare zu Ekklesiologie des Internets

Wo bleibt deine Barmherzigkeit?

Veröffentlicht am 4. Februar 20174. Februar 2017

Jetzt haben wir es auch im Bild: Der Widerstand gegen Papst Franziskus wird im Augenblick in Rom plakatiert, an der Piazza del Risorgimento etwa, direkt am Vatikan. Der Text fragt – in römischem Dialekt – nach der Barmherzigkeit des Papstes angesichts seiner strengen Maßnahmen, was etwa die Leitung der Malteser und der Franziskaner von der Unbefleckten Empfängnis angeht. Außerdem ignoriere er Kardinäle – den Brief der Vier – und habe Priester entlassen. Wo also ist die Barmherzigkeit, die er predige, sagt das Plakat unter einem griesgrämig blickenden Franziskus.

Das Plakat in Rom
Das Plakat in Rom

Das Plakat bleibt anonym. Soweit, so schlecht. Aber man kann sich vorstellen, woher es kommt. Es sind diejenigen, welche auf Einhaltung von Regeln achten, wenn der Papst das aber tut, ihn auf Barmherzigkeit hinweisen. Und wenn der Papst barmherzig ist, dann wollen sie die Regeln. Je nach eigener Problemlage.

Bei den genannten Franziskanern – einer kleinen Kongregation, nicht zu verwechseln mit dem großen Orden – geht es zum Beispiel unter anderem um das Feiern der Messe im Ordo von 1963, in den Augen der Traditionalisten können die also gar nichts falsch gemacht haben und der Papst hat automatisch unrecht. Man fragt gar nicht nach den Gründen, es muss um den Ritus gehen, fertig.

 

Ab jetzt: #Plakatkleber

 

Beim Malteserorden fragt man nicht nach Ursache und Wirkung, da aber einer ihrer Helden – Kardinal Raymond Burke – beteiligt ist (wie auch beim Brief der Vier), ist die Sache klar, der Papst ist der böse.

Und dann das Totschlagargument: Wo ist deine Barmherzigkeit?

Kann sie vielleicht darin liegen, dass der Papst Beteiligte schützt, die über die öffentlichen Kombattanten hinaus gehen? Dass der Papst den Namen von zu Unrecht abgesetzten schützt? In den Augen der Plakatkleber kann das nicht sein, weil es nicht sein darf.

Das Gegenargument könnte lauten: Warum lässt der Papst bei einigen Verletzungen von Regeln und der unwandelbaren Lehre der Kirche die Zügel schleifen, bei anderen aber nicht?

Die Antwort: Barmherzigkeit bedeutet nicht, dass jeder machen kann, was er will. Die Fälle, die da ineinander gerührt werden, sind sehr verschieden und haben nichts miteinander zu tun, außer dass der Papst der Handelnde ist. Barmherzigkeit ist aber nicht einklagbar, um sich selber jeglicher Rechenschaftspflicht zu entledigen. Barmherzigkeit kann sich eben auch auf die beziehen, welche die Plakatkleber nicht im Blick haben. Barmherzigkeit hebt Verantwortung nicht auf, die ich für mein und jeder für sein Handeln hat. Und auch nicht die des Papstes in der Ausübung seines Amtes, auch wenn es den Plakatklebern nicht passt.

Interessant ist vielleicht auch, dass ein Plakat zeigt, dass man die Öffentlichkeit außerhalb der Filterblasen des Internets sucht. Mal sehen, wie das ausgeht. Man gibt sich volkstümlich durch den Dialekt, mal sehen, ob das auch wirklich von irgendwelchen Gruppen getragen wird.

Und: das nächste Mal bitte mit Namen.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Rom, VatikanSchlagwörter Barmherzigkeit, Internet, Papst Franziskus, Traditionalisten, Widerstand62 Kommentare zu Wo bleibt deine Barmherzigkeit?

Der Tiger im Busch

Veröffentlicht am 3. Dezember 2016

Wir waren mal Jäger. Also nicht wir persönlich, sondern als Mensch. Wir haben gejagt, um uns ernähren zu können. Und das war gefährlich, denn andere meist vierbeinige Wesen sind auf dieselbe Idee gekommen. Da wir aber schwächer und langsamer sind als die meisten anderen Jäger, haben wir uns anders angepasst, durch Werkzeuge etwa. Was uns geblieben ist, sind die Fähigkeiten, Gefahren schnell zu erkennen. War ja auch lebensnotwendig.

Ein Geräusch im Gebüsch? Könnte ein Tiger sein oder sowas, also schnell weg. So in etwa. Damit das auch wirklich funktioniert und wir den Hinweis aus dem eigenen Körper vielleicht wegen großen Hungers ignorieren, haben wir uns einen Trick einfallen lassen. Gefahren werden schlicht vergrößert wahrgenommen. Das soll sicherstellen, dass wir wenn wir mal abgelenkt sind die Gefahrensignale garantiert nicht ignorieren.

Früher hat man geglaubt, dass dafür ein Teil des Hirns zuständig sei, der „Mandelkern“ genannt wurde, heute weiß man, dass die Amygdala zumindest nicht alleine für Angst zuständig ist. Wir kommen dem ganzen also nur langsam auf die Spur. Andere Menschen, die sich mit der Frage der Bedeutung von Angst bei der Wahrnehmung befassen, nennen es einfach einen Instinkt, so etwa der Statistiker Hans Rosling.

Wie dem auch sei, wir reagieren stärker auf etwas, was uns Angst macht, als auf etwas, was potentiell positiv ist. Einfach weil das, wovor wir Angst haben, uns fressen könnte. Das führt aber dazu, dass wir Angstmachendes viel stärker wahrnehmen oder dessen Bedeutung und Rolle in der Welt viel stärker einordnen.

Ganze Zeitungskonzerne haben darauf ihre Verkaufsstrategie ausgerichtet, Hollywood fährt damit ganz gut und Politiker haben das nicht erst jetzt mit Trump entdeckt, das ist viel älter.

 

Gefährlich aber nicht wichtig

 

Dabei gilt es aber eine Regel zu beachten, die der schon zitierte Hans Rosling anbringt: Haie sind gefährlich, aber nicht wichtig. Soll heißen: wovor wir Angst haben ist tatsächlich nicht harmlos, umbringen tut uns aber nicht der Hai (auch wenn das viel Aufmerksamkeit in den Medien bekommt), sondern das Rauchen und der Autounfall. Oder die Erderwärmung. Oder der Krebs.

Der Tiger – um im Bild meiner Überschrift zu bleiben – lauert also woanders im Busch, als wir das vermuten. Und so die Angst bewusst geschürt wird, lenkt sie von wirklich drohenden Gefahren ab.

Warum ich das schreibe? Weil ich mich gerade durch jede Menge Beträge und Bücher zum Thema Hass und Internet bewege. Nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, aber notwendig. Ein wichtiges Instrument der Kommunikation ist vergiftet, jedenfalls zum Teil, da muss man doch was tun können.

Viel Angst gibt es da, mir scheint das jedenfalls so zu sein und deswegen interessiert mich das Thema besonders. Ängste, so sagt der Soziologe Heinz Bude, lassen sich aber nicht überzeugen, dass sie unbegründet seien. Sie lassen sich nur „binden und zerstreuen“. Man muss sich also unterhalten und nicht weglaufen.

OK, manchmal ist ein Tiger eben ein Tiger, das kommt in unseren Breiten aber eher selten vor. Ein wenig mehr Ruhe und Gelassenheit würden schon helfen, den vielen falschen Tigern die Klauen zu ziehen.

 

Kategorien Allgemein, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Angst, Hass im Netz, Internet, Kommunikation im Netz27 Kommentare zu Der Tiger im Busch

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Veröffentlicht am 6. August 2016
Die erste Webseite im WWW
Die erste Webseite im WWW

Das WWW wird 25 Jahre alt. Wie bitte, gab es das nicht irgendwie schon immer?

Die Ästhetik ist wunderbar, da wird man doch glatt etwas nostalgisch, dieses Grün auf Schwarz. Meinen ersten Rechner habe ich auch vor 25 Jahren gekauft, der konnte schon Ockerfarbe!

Das mit dem Netzt musste ich mir damals erklären lassen, Emails, Bookmarks, Browser, Netscape (wir erinnern uns), und so weiter.

Seitdem hat es einiges an Beschleunigung gegeben und man muss kein Prophet sein, um zu meinen, dass das noch zunehmen wird und dass man auf die doch schlichten Web-Sachen aus 2016 mal lächelnd herab blicken wird, wie wir das gerade mit dem Jahr 1991 tun.

Aber da wir uns ja ihr in den weiten Räumen des Netzes bewegen, soll dem WWW ein herzlicher Geburtstagsgruß gelten. Ad multos annos!

 

Kategorien Allgemein, Neulich im InternetSchlagwörter Geburtstag, Internet5 Kommentare zu [RETURN] for more

„Auffächerung der Religionen“

Veröffentlicht am 7. Januar 2016

Über 100.000 Menschen haben das Video bei uns auf Facebook gesehen, über 30.000 haben es auch angesehen, und das sind die Zahlen von heute früh, 8 Uhr. Und das sind nur unsere eigenen Zahlen, dazu kommt YouTube, dazu kommen die anderen Sprachen Englisch, Italienisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Hebräisch, Portugiesisch … . Gestern um 17 Uhr ist es online gegangen, die ersten Gebetsaufrufe des Papstes, die per Video, vom Papst selber, verbreitet werden. Bislang haben diese Intentionen eher ein Schattendasein geführt, was die mediale Aufmerksamkeit angeht.

Vier Religionen im Dialog: aus dem Video
Vier Religionen im Dialog: aus dem Video

Zunächst: Es gibt viel „Danke, Papst Franziskus“ unter den Kommentaren. Dies sei der Weg des Dialoges, und so weiter. Da hat der Papst mit seinem Text und haben die Macher des Videos mit ihren Bildern genau den richtigen Ton getroffen, meinen viele. „Riesen Respekt“.

Es gibt aber auch Bedenken. Ein Kommentator spricht von der „feinen Linie zwischen Indifferenz und Synkretismus“ und vermutet eine „Welteinheitsreligion“ ohne Jesus Christus. Immer wieder wird Joh 14:6 („Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“) zitiert. Der „einzige Dreh- und Angelpunkt ist Jesus Christus“, „Wie kann der Papst diese Wahrheit öffentlich vor der ganzen Welt mit Füßen treten?“

Andere lehnen das Video aus ganz anderen Gründen ab: „Ich habe das Video in einer Gruppe „Bibelkunde“ geteilt. Es kamen nur Beschimpfungen. Der Papst sei der Antichrist aus der Offenbarung, man dürfe niemanden anderes Vater nennen, wir seien nicht alle Kinder Gottes usw. usf. Es wird ein langer Weg, dieser ökumenische Weg.”

 

„Riesen Respekt“

 

Deswegen ist das ja ein Gebetsanliegen und keine dogmatische Konstitution.

Drei Dinge fallen mir dazu auf. Erstens das Ziel des Videos. Der Papst betreibt hier nicht die Vision einer Religion für alle, er bespielt auch nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner. Er geht um den Dialog, der Frieden und Gerechtigkeit hervor bringt. Dialog hat einen Grund, nämlich die Verschiedenheit der Glaubensüberzeugungen, und ein Ziel, nämlich Frieden und Gerechtigkeit.

Zweitens zeigt das Video nicht, dass alle Religionen irgendwie gleich sind. Es zeigt dagegen den Respekt, den wir für eine Begegnung mit anderen Gläubigen haben sollen. Weil wir Brüder und Schwestern sind, nicht weil es um Wahrheit geht, um die Frage geht es hier erst mal gar nicht. Die vier Menschen, die man sieht, stehen für ihren Glauben und das braucht erst einmal den Respekt.

Drittens fällt sofort auf, dass der Christ – offensichtlich ein katholischer Priester, dargestellt übrigens vom ehemaligen Pressesprecher Kardinal Jorge Mario Bergoglios aus Buenos Aires, Guillermo Marco, der im interreligiösen Dialog sehr aktiv ist – nicht „ich glaube an Gott“ sagt, sondern „ich glaube an Jesus Christus“. Weiterlesen „„Auffächerung der Religionen““

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Neulich im Internet, Ökumene, Rom, VatikanSchlagwörter Christus, Dialog, Facebook, Franziskus, Glauben, Internet, interreligiös, Papst, Respekt, Video40 Kommentare zu „Auffächerung der Religionen“

Kulturell übers Hoverboard gestolpert

Veröffentlicht am 5. Januar 20164. Januar 2016

Ein Priester surft nach Abschluss der Messe, vor dem Schlusssegen, auf einem Hoverboard durch die Kirche und singt ein Weihnachtslied. Jemand filmt das und der Priester wird eines dieser Internet-Hypes, schnell ein Star, ebenso schnell vergessen. Aber nicht ganz, denn sein Bischof fand das nicht so witzig wie die ganzen Facebooker und Instagrammer, er suspendierte den Priester.

Hoverboard und Weihnachtslied. Quelle: YouTube
Hoverboard und Weihnachtslied. Quelle: YouTube

Aufschrei im Netz, wie kann der nur! Wie borniert muss man sein, um einem Priester, der so was tut, zu suspendieren! „Hoverboard priest condemned by Church“, danke BBC für diese ziemlich schlichte Einsicht.

Soweit die Kurzversion der Geschichte. Es gibt auch Stimmen, welche die verordnete Ruhepause für den Pater verteidigen, die sind aber in der Minderzeit. Durch die Medien geht diese scheinbar wunderbare human-interest story mit eindeutiger Rollenzuschreibung.

Meine eigene Frage ist eine ganz andere: Wie kommen wir eigentlich dazu, von hier aus über mehrere tausend Kilometer und zig Kulturgrenzen hinweg urteilen zu wollen? Wie arrogant muss man eigentlich sein, um ein Urteil über einen Mann und die Umstände zu fällen, und zwar ein internet-kompatibles Soforturteil, ohne die Geschichte zu kennen? Ohne die Gemeinde zu kennen? Ohne den Bischof zu kennen? Ohne die Kultur zu kennen? Ohne die Sprache zu kennen? Ohne die kulturelle Bedeutung von Bildern zu kennen? An dieser Stelle beende ich die Liste, sie wäre aber zu verlängern.

 

Kulturelle Arroganz

 

Mich hat das geärgert. Sehr. Auch die Aktionen von „pro und kontra“. Natürlich hat jeder eine Meinung dazu, zumindest eine erste innere Reaktion, die sich in den Mantel der Meinung hüllt.

Dahinter liegt ein Problem. Ich würde das mal als das wirkliche Thema der vergangenen Synode bezeichnet und als das kommende Thema der weltweiten Kirche: Die Balance von Lokalität und Universalität bei medialer Gleichzeitigkeit.

Ich brauche die Universalität, um Distanz zu meiner eigenen Kultur bekommen zu können. Dagegen sind alle Fragen immer lokal, ich kann nicht von einer Univertsalität für alle gültige Anwendungen herunter deklinieren. Beides braucht eine neue Balance. Verschärft wird das, von der medialen Gleichzeitigkeit. Ich weiß in Sekundenbruchteilen, was der Bischof auf den Philippinen entschieden hat, genauso wie ich sofort das Video des Hoverboard-Priesters sehen kann. Das überspielt die lokalen Differenzen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Grenzen und gaukelt eine falsche Universalität vor. Das unterwirft in diesem Fall alles dem Unterhaltungs-Paradigma.

Darin eine neue Balance zu finden, das ist die neue Herausforderung für eine Kirche, die beides sein will, lokal und universal.

Ein erster Schritt wäre, mit den Sofort-Urteilen aufzuhören. Die beleidigen Intellekt und Kultur. Und wenn wir uns vorstellen, dass mit demselben Unwissen über uns geurteilt würde, was würden wir dann sagen?

Diese Balance ist eine der wirklich großen Herausforderungen für die Kirche. Und die Schnell-Urteiler tragen nichts zum Finden dieser Balance bei. Absolut gar nichts.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Neulich im InternetSchlagwörter Balance, Einheit, Hoverboard, Internet, Kirche, Lokalität, Medien, Meinung, Priester, Universalität, Youtube23 Kommentare zu Kulturell übers Hoverboard gestolpert

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