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Schlagwort: Flüchtlinge

Eine Bitte …

Veröffentlicht am 25. November 2019
Jesuiten Flüchtlingsdienst Ein Kardinalskreuz aus dem Holz eines Flüchtlingsbootes: Kard. Michael Czerny SJ

Liebe Leserinnen und Leser meines Blogs, bislang habe ich hier noch keinerlei Bitten um Unterstützung veröffentlicht. Das ist irgendwie nicht Teil des Blogs. In diesem Jahr möchte ich aber eine Ausnahme machen. Und zwar geht es um eine Institution des Jesuitenordens, den Jesuiten Flüchtlingsdienst. Ich mag jetzt hier nicht groß auftragen und die Worte des Papstes von der Globalisierung der Gleichgültigkeit auslegen, wenn Sie diesen Blog lesen wissen Sie eh, wovon ich spreche.

Jesuiten Flüchtlingsdienst

Die Mailings fluten in diesem Wochen den Posteingang. Aber wenn Sie noch eine Spende übrig haben sollten und es für eine internationale, kirchliche, kluge und langfristig denkende Institution einsetzen möchten, dann darf ich Ihnen den JRS ans Herz legen. Auf der Webseite oder per Info-Brief können Sie sich selber ein Bild machen.

Das sind Menschen, die vor Ort helfen, noch bevor Menschen auf die Flucht gehen. Die helfen, wenn Menschen unterwegs sind. Und die hier bei uns in Europa Menschen helfen, sie juristisch vertreten, besuchen und ihnen helfen.

Ok, trotzdem noch ein Zitat aus der Predigt des Papstes auf Lampedusa:

„Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern? Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“

Mit-Leiden, helfen

Stimmt. Wir weinen nicht. Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt, Zäune zu bauen, damit auch ja keiner zu uns kommen kann. Aber wir können helfen. Und wenn Sie helfen mögen, wären Ihnen viele Menschen sehr dankbar.

Es ist eine Hilfe zur Hilfe. Danke Ihnen dafür.

Hier finden Sie die nötige Hilfe für Ihre Hilfe

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter Flucht, Flüchtlinge, Hilfe, JRS, Migranten, SpendeSchreiben Sie einen Kommentar zu Eine Bitte …

Die Flüchtlingshelferin

Veröffentlicht am 27. September 201913. August 2019
Flüchtlinge in Manaus Flüchtlinge aus Venezuela: So leben sie, wenn ihnen nicht geholfen wird

Erst kamen sie aus Haiti, nach dem Erdbeben 2010 war das, und dann in Wellen danach. Flüchtlinge in Manaus, eine Stadt mitten im Urwald, und die Kirche versuchte ihr bestes, ihnen zu helfen. Und seit einiger Zeit kommen sie vom nördlichen Nachbarn, aus Venezuela. Weiße, Indigene, alle Kulturen. Es geht einfach nicht mehr, sagen sie.

Und Janaina Paira versucht zu helfen. Sie leitet das Projekt Flüchtlingshilfe bei der Caritas des Bistums Manaus, ihre große Herausforderung: mit den Mitteln die sie haben immer mehr Menschen zu helfen.

Flüchtlinge in Manaus

Janaina erklärt lange, sie hat die Zahlen parat, Grafiken, Entwicklungen und Projektideen. Da sind eine Menge Überlegungen hinein gegangen. Aber sie fährt uns auch durch ein wildes Lager, also dorthin, wo die Migranten aus dem Norden miteinander wohnen, ohne Hilfe. Dicke Plastikplanen und wackelige Gestelle am Busbahnhof von Manaus, so sieht das aus. Wir waren während der Regenzeit dort, eine fürchterliche Situation.

Wie macht man das, immer wieder Menschen die irgendwie zwischen Hoffnung und Verzweiflung leben zu helfen? Rechnen, sagt Janaina. Genau überlegen, und dann die Ressourcen dorthin bringen, wo sie Gutes tun. Im Augenblick ist das das Wohnprogramm, um die Flüchtlinge aus dem Teufelskreis keine Wohnung, keine Arbeit heraus zu bekommen. Und der Gesundheit ist das auch zuträglich, sagt sie.

Aus dem Teufelskreis heraus

Drei Monate sorgt die Caritas für Unterkunft, länger nicht. Für mehr ist einfach kein Geld da. Aber das hilft schon, sagt die gelernte Sozialarbeiterin. Wenn die Flüchtlinge erst mal von der Straße und vom Busbahnhof weg sind, dann sind sie auch weg aus der Illegalität, dann können sie arbeiten statt zu dealen oder andere Dinge zu tun. Das hilft vor allem Müttern und Kindern, die einen Großteil der Fliehenden ausmachen.

Sie führen in der Caritas genaue Listen, wie viele kommen, wie viele waren das im vergangenen Jahr, bis wann reicht das Budget. Projektanträger für die Hilfsorganisationen werden eingereicht, Kalkulationen erstellt. Rationalität hilft bei der Menschlichkeit. Die Caritas-Stelle in Manaus ist ein rationaler Ort. Und ein sehr menschlicher Ort. Janaina Paira hilft, wie sie helfen kann. Mehr geht halt nicht. Und damit das möglichst wirkungsvoll ist, wird halt gerechnet.

So geht das eben auch in Manaus, Menschlichkeit braucht halt auch seine Kalkulationen. Denn morgen kommen ja schon wieder neue Flüchtlinge aus dem Norden an.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter #SinodoAmazonico, Amazonien, Caritas, Flüchtlinge, Manaus, SynodeSchreiben Sie einen Kommentar zu Die Flüchtlingshelferin

Der vertriebene Vertriebene

Veröffentlicht am 17. September 201913. August 2019
fremd in Brasilien Neves, Kazike einer Gemeinschaft des Volkes der Warao in Manaus

Er spricht Spanisch, obwohl wir in Brasilien sind. Das alleine zeigt schon Fremdheit an. Neves ist fremd in Manaus, fremd in Brasilien. Er ist ein Vertriebener. „Im Augenblick träumen wir noch nicht einmal von der Rückkehr, den die Situation in Venezuela ist schlimm, schlimm, schlimm,“ sagt er. So klingt Perspektivlosigkeit.

Unter ihrem Land habe man Öl vermutet oder gefunden, so genau weiß er das nicht. In Venezuela sei das gewesen, weit im Norden von Manaus im Urwald Brasiliens, wo wir ihn treffen. Von dort vertrieben sei sein Volk zuerst in die Städte gegangen, und weil das furchtbar gewesen sei hätten sie sich nach Brasilien aufgemacht, um irgend eine Zukunft zu haben.

Fremd in Brasilien

Ich begegne Neves in einem Betonblock, so ziemlich das genaue Gegenteil dessen, wie wir uns ein Dorf indigener Völker vorstellen würden. Und so ist es auch. Das sei nur vorübergehend, bis man was am Stadtrand finde, wo auch Landwirtschaft betrieben werden könne, sagt er. Aber bis dahin wolle man doch alles an Kultur halten, was irgendwie gehe.

fremd in Brasilien
Die Wohnblöcke der Warao in Manaus

Neves ist der Kazike der Gemeinschaft hier. Das heißt, er ist der gewählte Leiter. „Häuptling“ hätte man das früher genannt, aber das weckt zu viele falsche Assoziationen. Neves hat so gar nichts von all dem, was an Bildern vor dem inneren Auge aufsteigt. Und er ist gewählt, alle zwei Jahre bestimmen sie ihren Kaziken.

Verteilung von Essen steht auf seinem Aufgabenzettel, er ist zuständig für Gerechtigkeit dabei. Und die Suche nach etwas Neuem.

Wir schlendern durch die Unterkunft, offene Türen, offene Fenster, das Leben spielt sich offen ab. Wie auch in den Dörfern. Hier in Manaus wirkt das völlig fehl am Platz, ich ertappe mich dabei, mir einen Vorhang vor die Fenster zu wünschen, so viel Vertraulichkeit ist für uns Europäer schwer auszuhalten.

Seine Wünsche sind erst mal anders. Als erstes natürlich Eigenversorgung, etwas Landwirtschaft, man will nicht von Hilfen und vom Betteln leben. Und dann Bildung. Bildung vor allem für die Kinder, dann aber auch für die Jugend und überhaupt. Das ist übrigens etwas, was ich immer wieder höre, Bildung ist für die Indigenen wohl diejenige Ressource, mit der sich sich am besten in der Welt um sie herum zur Wehr setzen können. Und so falsch ist das ja nicht.

Bildung und Land

Aber dann klagt der Kazike auch, über die Vorurteile. Die Warao in Manaus seien ja doppelt fremd, als Indigene wären sie den Vorurteilen der Weißen ausgesetzt, als Vertriebene der Angst, dass sie jetzt den armen Brasilianern die niedrig bezahlten Jobs wegnähmen.

Und da leben sie nun im Beton, in der Hoffnung auf etwas Land, in der Hoffnung auf Bildung, damit es überhaupt Hoffnung gibt.

Verzweifelt klingt Neves nicht. Aber auch nicht zuversichtlich. Vorsichtig, so würde ich es charakterisieren. Er weiß, was seine Leute brauchen. Für große Träume reicht es da nicht. Erst mal ans morgen denken. Und dann ans übermorgen. Und irgendwann – vielleicht – dann auch wieder an Venezuela.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter #SinodoAmazonico, Brasilien, Flüchtlinge, Indigene, Manaus, Migranten, Venezuela, VertriebenSchreiben Sie einen Kommentar zu Der vertriebene Vertriebene

„Alles andere ist zweitrangig“

Veröffentlicht am 14. Juli 201913. Juli 2019
Rosenkranzpolitik Rom: Kirche und Stadt, Kuppel und Turm, das ist alles nicht trennbar

„Ich persönlich vertraue mein und euer Leben dem unbefleckten Herzen Mariens an, das, da bin ich mir sicher, uns zum Sieg verhelfen wird.“ Ganz neue Töne waren das von jemandem, von dem man bislang nicht viel in Sachen Religion gehört hatte: Matteo Salvini im Wahlkampf vor der Europawahl war das. Er stand vor dem Dom in Mailand, mit dem Rosenkranz in der Hand. Rosenkranzpolitik zum Stimmenfang.

Und das darf er. Es hat ja aus der Kirche viele Stimmen gegeben, die sich heftig aufgeregt haben. Eine zynische Politik betreibe er, überhaupt nicht auf Lösungen aus sondern nur auf Streit um die eigene Polularität zu steigern, und jetzt soll der Rosenkranz helfen? Ja, Salvini darf das.

Rosenkranzpolitik

Auch hier habe ich mich ja schon mal in eine andere Richtung geäußert, damals ging es um das verpflichtende Kreuz in Bayern. Dreist hatte ich die Aktion genannt. Aber jetzt liegen die Dinge etwas anderes. Es ist die Person Salvini, die sich mit dem Rosenkranz schmückt, nicht eine Verordnung für alle öffentlichen Orte. Er mutet den Rosenkranz deswegen nicht allen zu, man braucht nur weggehen von Salvini und schon ist das außer Sicht. Bei den Amts-Kreuzen geht das nicht.

In gewisser Weise dürfen wir sogar dankbar sein. Nicht nur dass solche Aktionen und Christen dazu zwingen, über unsere Symbolik nachzudenken. Sondern auch die Tatsache, dass viele Katholiken ihm das durchgehen lassen sollte der Kirche zu denken geben. Sich beschweren ist das eine, aber es zeigt eben auch, dass wir nicht mehr die Herren unserer Symbole sind.

Nicht mehr Herren unserer Symbole

Auch von anderer Seite gibt es das, die Politisierung von Religion und Glaube. Nein, ich meine nicht die Helfer, ich meine nicht den Papst. Nehmen wir den berühmt gewordenen Kardinal Raymund Leo Burke. Der behauptet zum Beispiel, dass Gott gegen eine weltweite Regierung sei. Dass man das aus politischen Gründen auch so sehen kann, ist eine Sache. Er aber meint, das Naturrecht und damit „göttliche Autorität“ in Anspruch nehmen zu können.

Und auch hier: der darf das. Wenn er bereit ist, sich einem rationalen Argument über Naturrecht zu stellen, dann darf er das so sagen. Beide Argumente – so unterschiedlich sie auch sind – haben aber eines gemeinsam: sie ziehen die Spären von Glaube/Religion und Politik/Gesellschaft zusammen. Bei beiden wird es dann schräg wenn man dann hört, Kirche habe sich bei gewissen Themen rauszuhalten. Nein, hat sie nicht, denn gerade die Rosenkranzpolitik zeigt, dass die beiden Dinge zusammen gehören.

Kirche braucht sich nicht rauszuhalten

Ende Juni war in Lampedusa die Kapitänin der Sea Watch 3 festgenommen worden, nachdem sie unerlaubt in den Hafen eingelaufen war. Die Geschichte ging durch die Medien. Die rechtliche Seite ist mindestens komplex, Seerecht, nationales und internationales Recht hier auseinander zu halten ist nicht einfach.

Klar ist aber auch die christliche Sichtweise: „Ich glaube, dass Menschenleben auf jeden Fall gerettet werden müssen – egal auf welche Weise.“ Das sagte damals ungewohnt direkt Kardinal Pietro Parolin, der engste Mitarbeiter von Papst Franziskus, als Reaktion. Das Retten von Menschenleben müsse „der Polarstern sein, der uns leitet“, so der Kardinal weiter. „Alles andere ist zweitrangig.“

Papstbrief und Bekehrung

Wer den Rosenkranz schwingt, der muss sich solche Sätze anhören. Aber wer solche Sätze sagt, der muss auch zur Kenntnis nehmen, dass viele Gläubige das nicht so sehen und Christentum mit Nationalismus paaren. Dass sie sich Lebensschützer nennen, das aber auf Abtreibung beschränken. Solange vor den Kathedralen dieser Welt und sonstwo das Christliche für das Politische in Anspruch genommen wird, solange muss das Christliche sich fragen, wofür es steht.

Die Rosenkranzpolitik verweist letztlich auf eine leere Religion. Eine Religion zur Selbstbestätigung und zur Beruhigung, ein echtes Opium für das Volk. Eine Religion die nicht weh tut, die sich rückstandsfrei auf die jeweils eigene Kultur zurückführen lässt.

Papst Franziskus hat recht, wenn er in seinem Brief vor allem auf die „Bekehrung“ wert legt. Wir Katholiken müssen uns neu bewusst werden, was wir da eigentlich glauben und wofür wir deswegen stehen. Das kann man nicht einfach herbei behaupten, dass muss die Kirche schon gemeinsam tun. Wenn wir das nicht tun, dann bleibt beides – der Rosenkranzschwinger auf der einen und der Kardinal auf der anderen Seite – letztlich belanglos.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Rom, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flüchtlinge, Papst Franziskus, Politik, Populismus, Rosenkranz, Salvini, Symbole31 Kommentare zu „Alles andere ist zweitrangig“

Gleichgültigkeit? Menschenverachtung!

Veröffentlicht am 11. Juli 201911. Juli 2019
Migranten und Twitter Der Account von @Pontifex

Es war nur ein Tweet. Aber es ging um Migranten, also war es nicht nur ein Tweet. Am Montag hatte @Pontifex anlässlich der Messe für und mit Migranten und Flüchtlingen einen kurzen Text abgesetzt, der ganz auf der Linie dessen liegt, was er immer wieder und immer schon gesagt hat. Sprachübergreifend passte das einigen nicht in den Kram, Migranten und Twitter, das war eine explosive Mischung.

„’Es geht nicht nur um Migranten‘, in dem doppelten Sinne nämlich, dass Migranten in erster Linie Menschen sind und dass sie heute ein Symbol für alle sind, die von der globalisierten Gesellschaft als Abfall behandelt werden.“

Zum Abschluss des Tweets folgte noch der Link zu seiner Predigt.

Migranten und Twitter

An dieser Stelle brauche ich nicht im Einzelnen wiederholen, was sich dann abgespielt hat. Die Antworten waren erwartbar. Wenn auch dieses Mal besonders übel. Und ich spreche nicht nur von deutschsprachigen Antworten, gerade im Italienischen war das dieses Mal besonders heftig.

An dieser Stelle hatte ich über die Messe am vergangenen Montag schon was geschrieben, aber an dieser Stelle mag ich dann doch noch mal etwas nachsetzen. Ich bin kein Freund von Twitter und der Spontan-Ausgießung von Kurz-Meinungen, aber einmal mehr zeigt sich hier etwas an Hemmungslosigkeit, die mich erschreckt. Immer noch und immer wieder. Und das darf man nicht einfach so durchwinken.

Nicht einfach durchwinken

Zunächst gibt es da die schlicht menschenverachtenden Tweets, die ohne Rücksicht auf Menschlichkeit einfach meinen, Frust, Zorn, Ärger, Rassismus und dergleichen rauslassen zu müssen. Das kennen wir.

Aber es gibt eben auch die Tweets die meinen, der Papst solle sich gefälligst um Jesus und Gott und Glauben kümmern und die Migrationsfrage in Ruhe lassen, das ginge ihn nichts an. Wobei das hier sehr höflich formuliert ist, die Schimpfsprache mag ich hier nicht wiedergeben. Denken Sie sich einen üblen, richtig üblen Satz aus und dann nehmen Sie an, dass das noch harmlos ist, dann sind sie ungefähr bei dem Niveau.

Ein Rosenkranz macht noch keinen Christen

Ja, es ist Twitter. Nein, ich mag das nicht einfach so stehen lassen. Denn der Papst hat über Jesus gesprochen. Er hat darüber gesprochen, dass wir im Antlitz des Armen und Heimatlosen Jesus erkennen. Es reicht nicht, vor irgendeiner Kirche einen Rosenkranz zu schwenken, Christsein will mehr.

Dass wir uns dabei gegen Gossensprache wehren müssen, das merken wir jetzt. Gossensprache ist eine Form von Gewalt. Übler, dreckiger Gewalt. Das müssen wir als Christen erkennen. Wer sich für das Christliche einsetzt, dem wird Gewalt begegnen, auf der Straße, bei Twitter, sonstwo.

Es ist nicht das angebliche christliche Abendland, das hier in Gefahr ist. Nicht Kultur durch irgend eine herbeigefürchtete Religion, die alles überflute und so weiter. Nein, die Gefahr kommt aus dem Inneren, von denen die sich sonst gerne auch selber das Christliche auf die Fahne schreiben.

Gewalt – verbale und dann auch andere – wird Teil der Debatte. Damit müssen wir umgehen lernen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flüchtlinge, Gleichgültigkeit, Globalisierung, Migranten, Migration, Papst Franziskus, Twitter, wegwerfen14 Kommentare zu Gleichgültigkeit? Menschenverachtung!

Globalisierung der Gleichgültigkeit, revisited

Veröffentlicht am 8. Juli 20198. Juli 2019
Papst Franziskus feiert 2013 Messe auf Lampedusa

Im vergangenen Jahr war er in Bari, Papst Franziskus wollte dort ökumenisch an die vielen Ertrunkenen im Mittelmeer erinnern. Das war der fünfte Jahrestag seines Besuches auf Lampedusa. Heute, am sechsten Jahrestag, feiert er in Sankt Peter eine Messe für Flüchtlinge und Migranten und deren Helfer.

Das Ganze fällt in eine aufgeheizte Situation. Die Aufregung um Carola Rackete (in deutschsprachigen Medien) und die moralische Selbstgerechtigkeit des Nordens Europas, der Italien lange alleine gelassen hat mit dem Problem, der Zynusmus des Innenministers Salvini, der an Lösungen nicht interessiert einfach nur Zorn entfacht. Um das in Wählerstimmen umzusetzen.

Messe für Flüchtlinge und Migranten

Dazwischen geraten die, die fliehen, migrieren, vertrieben werden. Papst Franziskus mischt sich in die politische Debatte nicht ein, er macht es auch nicht moralisch oder gar Moralinsauer, sondern er feiert eine Messe. Wie er auf Lampedusa schon einen Kranz ins Meer geworfen hatte.

„Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern?“, hatte er 2013 auf Lampedusa gepredigt. „Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“

Die Fähigkeit zu weinen genommen

Menschlichkeit ist das Stickwort hier. Wo im kaum zu überbietenden Zynismus das Leid von Menschen benutzt wird, um Punkte zu machen, gerät Menschlichkeit unter die Räder. Ich habe aber auch den Verdacht, dass bei aller Aufregung um Frau Rackete die Flüchtlinge und Geretteten selber vergessen werden. Alle Konzentration und alle Kameras und alle politischen Kommentare auf sie, da können wir unsere eigene Hilfsbereitschaft feiern. Und die Flüchtlinge? Die dürfen kommen. Auch das ist zynisch.

Die Destruktiv-Katholiken haben die Messe des Papstes bereits als „Messe für und mit Menschenschmugglern“ betitelt. Auch innerhalb der Kirche scheint es Ecken und Winkel ohne Menschlichkeit zu geben. Menschlichkeit, so mag ich anfügen, die ja immerhin göttlich ist. Gott wurde nicht Moral, Gott wurde nicht Kultur, Gott wurde nicht Nation, Gott wurde Mensch.

Gott wurde nicht Moral

Einmal mehr sehen wir, wie recht Papst Franziskus hatte und hat, wir können noch nicht einmal mehr weinen. Wir reden über uns selber, sind stolz auf unsere Hilfsbereitschaft ohne Italien zu helfen, oder benutzen das Schicksal von Menschen um Wut zu schüren. Aber dass da Menschen sterben, das gerät schnell aus den Schlagzeilen.

Gut, dass der Papst Messe feiern. Gott lobt und Fürbitte hält und das Feiert, was im Zentrum unseres Glaubens ist: Die Selbsthingabe Gottes. Ohne Denken an konkrete Menschen geht das nicht. Heute nicht, 2013 nicht und wie zu fürchten ist am siebten Jahrestag im kommenden Jahr auch nicht.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Ökumene, Papstreise, Rom, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flüchtlinge, Globalisierung, Lampedusa, Messe, Mittelmeer, Papst Franziskus, Retter, SeaWatch131 Kommentare zu Globalisierung der Gleichgültigkeit, revisited

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing?

Veröffentlicht am 1. Mai 201930. April 2019
Papstspende für Flüchtlinge The Wall: Quelle Pixabay

Was macht der Papst eigentlich mit dem Geld, das er als Spenden bekommt? In der vergangenen Woche gab es eine Antwort, er gibt es Bedürftigen. Erstaunlich genug gab es dagegen aber Proteste: Das darf er nicht, wenn er das tut, dann gebe ich nichts mehr, nachzulesen auf den Social-Media-Seiten unter anderem bei Radio Vatikan. Warum? Weil es eine Papstspende für Flüchtlinge war, an der Südgrenze der USA, der Nordgrenze Mexikos.

Es geht um den so genannten Peterspfennig, gleich eine halbe Million Dollar gibt Papst Franziskus für Flüchtlinge und Migranten, die an dieser politisch umkämpften Grenze gestrandet sind. So stand es auf deren Webseite zu lesen.

Papstspende für Flüchtlinge

Die Kritik blieb nicht aus, lautstarke, heftige Kritik natürlich vor allem aus den USA. Die Kritik richtet sich vor allem daran, dass hier Menschen mit Geld von Spendern unterstützt würden, welche die Spender selber im eigenen Land nicht haben wollten. Das sei jedenfalls Politik der Regierung.

Dass sich der Widerstand gegen Papst Franziskus gerade auf dem Gebiet der Barmherzigkeit zeigt, ist nicht neu. Dass es in Sachen Einsatz für Flüchtlinge und Migranten ebenfalls viel Widerspruch gibt, auch nicht. Der Papst war seit den ersten Tagen seines Pontifikates hier sehr deutlich, es wurde eines seiner Markenzeichen. Und während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit hat er immer wieder darauf hingewiesen, dass Barmherzigkeit praktisch sein müsse. Menschen helfen.

Praktische Barmherzigkeit

Nun ist die Hilfe des Papstes aber nicht gegen eine Politik gerichtet. Sondern sie will denen helfen, die auf Grund von politischen Entscheidungen in ihren Heimatländern und den reichen Ländern im Norden zwischen die Fronten geraten sind. Und Mexiko hat nicht die Möglichkeiten, ihnen so zu helfen, wie es nötig wäre. Der Papst hilft nicht bei Migration, er hilft den Migranten.

Und: Für den Papst ist der Einsatz für die Flüchtlinge und Migranten eine genuin religiöse Sache, das Thema Barmherzigkeit hat zwar gesellschaftliche und politische Auswirkungen – wie könnte es auch anders sein – aber die Motivation kommt aus dem Glauben. Die Spende des Papstes kann uns vielleicht dabei helfen, das neu zu sehen. Glauben hat Auswirkungen. Gerade auch für Leute, welche politisch die Lage anders sehen als der Papst. Eine Papstspende für Flüchtlinge kann so gesehen auch uns helfen.

Abhängigkeiten

Und wie ist das mit der Kritik? Dahinter liegt leider unter anderem auch die Frage, ob der Papst frei ist in sein Entscheidungen, Spenden zu verwenden. Mit dieser Entscheidung zur Papstspende für Flüchtlinge hat Papst Franziskus deutlich gemacht, dass er unabhängig ist. Dass er sich nicht nach politischen Überzeugungen richtet, auch nicht wenn aus einer Region – in diesem Fall die USA – sehr viel Geld kommt.

Die Finanzierung von Kirche hier bei uns wird in der Zukunft eine große Rolle spielen, mehr als das im Augenblick mit den Abgaben von Kirchensteuer und Kirchenbeitrag der Fall ist. Wir sind froh über alles, was Gläubige solidarisch geben. Aber wir dürfen da nicht naiv sein: in Abhängigkeiten dürfen wir uns nicht geben. Das ist die Lehre aus der Geschichte für uns.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter Barmherzigkeit, Flüchtlinge, Papst Franziskus, Papstspende, Peterspfennig, Spende, Vatikan11 Kommentare zu Wes Brot ich ess, des Lied ich sing?

Darf man damit Werbung machen? Oder Politik?

Veröffentlicht am 11. Januar 20197. Januar 2019
Flucht und Schiff: Syrer auf einem Boot auf dem Weg nach Europa Flüchtlinge heute, Syrer auf dem Weg nach Europa. Foto: GGIA

Ein Schiff, voller Menschen, überquellend voll, Menschen überall, auf jeder Oberfläche, an der Seitenwand, im Wasser. Flüchtlinge und Schiff und Mittelmeer. Ein Foto. Erinnern Sie sich? Nein, ich meine nicht die Bilder aus diesen Jahren, ich meine ein Foto, das 1992 (!) viel Aufsehen erregt hat.

Die Firma Benetton hatte damals mit Skandalbildern Werbung gemacht. Besonders dieses Flüchtlingsschiff mit Menschen aus Albanien löste große Debatten aus, ob man das dürfe, ob das für Werbung zulässig sei, was ist mit der Würde der Menschen, und so weiter.

Flucht und Schiff, ein altes Motiv

Das Bild selber habe ich nicht rechtefrei gefunden, also hier per Link zum ZHK Zürich. Mittlerweile hängt das Foto in Museen.

Die 90er Jahre waren auch die Zeit, als mit Kampagnen wie „Das Boot ist voll“ gegen angeblichen Asylbetrug Stimmung gemacht wurde. Damals war auch viel von der „Festung Europa“ die Rede, Schengen wurde gerade eingerichtet und damit kamen auch die Außengrenzen in den Blick.

Lange ist das her. Aber wenn ich die Debatten von damals wiederlese, dann doch nicht zu lange. Wir haben wenig gelernt, scheint mir. Und wer glaubt, 2015 sei das Jahr mit der Krise gewesen, der schaue auf die überdrehten Debatten von 1992 zurück.

49 Flüchtlinge

Erst am vergangenen Sonntag musste Papst Franziskus öffentlich für 49 auf dem Mittelmeer auf Schiffen treibende Flüchtlinge das Wort ergreifen, weil sich die Regierungen nicht einigen können. Oder besser: weil sich damit schön Politik und Angst machen lässt.

Wie 1992 schon. Die Debatten darum, ob man mit so einem Foto Werbung machen darf, klingen im Rückblick geradezu harmlos. Die Frage heute ist, ob man damit Politik machen darf. Darf man, meinen einige. Dem ist zu widersprechen. Und zwar deutlich.

Lampedusa ist der symbolische Anti-Ort zum Foto von damals. Der Ort an dem der Papst die Frage in den Raum warf, wer eigentlich um die vielen Toten weine. Das ist viel menschlicher als Werbung mit ihnen zu machen. Oder Politik.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, VatikanSchlagwörter Benetton, Flüchtlinge, Fotografie, Mittelmeer, Politik, Werbung2 Kommentare zu Darf man damit Werbung machen? Oder Politik?

Der Kern des Politischen

Veröffentlicht am 12. Juli 201811. November 2018
Der Papst und der Politiker

Es ist Mode geworden, das Wort „Staatsversagen“ zu gebrauchen. Jede Menge Titel in Blättern und im Netz, viele Reden und auch hier in der Kommentarsektion meinen einige, dieses Versagen behaupten zu können. Es geht natürlich um 2015 und die Folgezeit, um den Umgang mit Flüchtlingen.

Wie bitte?, mag man meinen. Einer der reichsten und stabilsten Staaten in Europa spricht vom Versagen? Unser politisches System ist stabil, unsere Verwaltung, unsere Rechtsprechung. Aber bis hin zu Ministern meinen einige, von Versagen sprechen zu müssen?

Der Papst und der Politiker

Der Mythos vom Staatsversagen lautet, die Obrigkeit hätte uns vor den Flüchtlingen, die uns etwas wegnehmen, schützen müssen, dies dann aber nicht getan. Im Gegenteil, statt des Schutzes hätte sie, die Obrigkeit, diesen Schutz (= die Grenze) bewusst geschwächt.

Natürlich ist nicht immer alles was die Politik oder die Verwaltung macht richtig. Aber Messwert für das Funktionieren eines Gemeinwesens ist doch nicht und kann doch nicht die Abwesenheit von Problemen sein. Messwert ist nur, wie ein Gemeinwesen damit umgeht, wie es aus Fehlern lernt.

 

Was wir lernen

 

Deutschland erreicht vielleicht die selbst gesteckten Umweltziele nicht. Ist das Staatsversagen? Davon spricht keiner. Deutschland entgehen jährlich riesige Beträge, weil einige ganz Reiche ihr Geld verstecken. Staatsversagen? Keiner sagt das. Wir wollen die Ursachen von Flucht bekämpfen, kürzen aber den dafür vorgesehenen Haushaltsposten um eine Milliarde, ist das schon Staatsversagen?

Es geht bei denen, die mit dieser Vokabel um sich werfen, nur um die Flüchtlingsfrage.

Und an dieser Stelle möchte ich bezweifeln, dass es die Aufgabe der Politik ist, uns Probleme vom Hals zu halten. Uns zu schützen, ja, deswegen gibt es das Gewaltmonopol. Aber Politik ist mehr als das Draußen-Halten von Problemen.

 

„Their problems are our problems”

 

Kern des Politischen ist etwas anderes. Darf ich Papst Franziskus zitieren, der hat es in seiner Rede vor dem US-Kongress 2015 sehr deutlich ausgedrückt: „Their problems are our problems”. Wer sich nicht mit den eigenen Problemen zufrieden gibt, sondern Verantwortung für andere übernimmt, macht sich ihre Probleme zu eigen. Und er bekommt auch Probleme, die er sich gar nicht ausgesucht hat. Klimafragen, Hunger, Zugang zu Wasser, und natürlich die vielen mit Migration und Flucht verbundenen Fragen. Weiterlesen „Der Kern des Politischen“

Kategorien Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Flucht, Flüchtlinge, Gesellschaft, Migration, Papst Franziskus, Politik, Schutz, Staat65 Kommentare zu Der Kern des Politischen

Barmherziger Samariter, revisited

Veröffentlicht am 10. Juli 201811. November 2018
An den Straßen von heute An den Straßen von heute

Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. So lehrte Frère Roger. Man muss also kein Exeget sein, es lohnt sich die Bibel selber in die Hand zu nehmen und nicht auf die nächste Sonntagspredigt zu warten.

Das kann aber zum Abenteuer werden, wenn wir Bibellektüren begegnen, die so ganz und gar nicht das sind, was wir zu hören gewohnt sind.

An den Straßen von heute
An den Straßen von heute

Nehmen wir den barmherzigen Samariter, tausend Mal gehört, tausend Mal bepredigt. Intuitiv ist klar, was hier passiert.

Umso erstaunter war ich, als mir die Tage eine ganz andere Interpretation in die Hände fiel, ich gebe sie hier anonymisiert weiter [der Text ist Teil einer Email]:

Auch wurde wieder [bei einer Veranstaltung] das Gleichnis vom
„Barmherzigen Samariter“ missbraucht:
Die Hilfsverpflichtung auf Grund der Verpflichtung zur christlichen Nächstenliebe betrifft nur einzelne Christen und nur in Bezug auf die situationsbedingt ihnen räumlich Nächsten und ist immer freiwillig; auch der Samariter im Beispiel Jesu hat nur räumlich nah geholfen, räumlich nah Herberge bezahlt, er konnte dies finanziell und er hat die Nächstenliebe freiwillig getan. Er hat den Überfallenen nicht mit nach Hause genommen, seine ganze Familie ebenfalls nicht zu sich eingeladen, dem Herbergswirt nicht gesagt, er solle alle nächsten Überfallenen sicher zu ihm nach Haus transportieren lassen, er würde alles bezahlen, er würde für alle und alle Nachkommen bis an das Lebensende aufkommen und allen die Möglichkeit der ganzheitlichen Entwicklung (Definition? das verstehe ich nur im Zusammenhang der Entwicklung von Kindern zu Erwachsenen) gewähren, und er hat auch nicht andere gezwungen, alles zu bezahlen; das alles hat er nicht gesagt und auch nicht getan.

Nun mag ich das aber nicht als interessengeleitete Lektüre abtun. Wir sollen ja das vom Evangelium leben, was wir verstanden haben, und hier ist jemand, der etwas versteht, was vielleicht den Exegeten verwundert.

 

Weisen, die Bibel zu lesen

 

Man kann die Bibel ganz verschieden betrachten. Die Bibelwissenschaft kennt zum Beispiel die so genannte historisch-kritische Methode, also den Versuch, historische Zusammenhänge, literarische Vorbilder, sprachliche Prägungen und dergleichen zu entdecken. Man rekonstruiert den Text historisch und erkennt so Sinn und Aussage. Der Vorteil: auch 3.000 Jahre alte Texte aus dem Alten Testament behalten ihren Charakter als alte Texte, werden trotzdem nachvollziehbar.

Eine andere Methode: die kanonische Bibelauslegung. Einzelne Bibeltexte werden mit anderen Bibeltexten in Zusammenhang gesehen, das historische Umfeld spielt eine eher untergeordnete Rolle.

 

Was ich verstanden habe

 

Eine dritte Methode habe ich beim Studium im angelsächsischen Raum kennen gelernt, die „reader-response-theory“, die danach fragt, was für Wirkungen Texte beim Leser haben, welche Rezeptions-Prozesse bereits in der Struktur des Textes angelegt sind.

Das alles muss es nicht in Reinkultur geben, meistens bedient man sich aller Werkzeuge. Benedikt XVI. zum Beispiel kombinierte gerne die ersten beiden Methoden, bei Franziskus findet man gerne auch die dritte von mir genannte Methode.

Was die von mir zitierte Email tut, ist aber weniger Exegese, sondern Eisegese, wie die Fachleute das nennen, also etwas in einen Text hinein lesen.

 

In den Text hinein gelesen

 

Was erzählt das Evangelium denn? Lukas 10 berichtet von einer Frage an Jesus, nämlich „was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Wie sieht gelungenes Christsein aus, könnten wir heute fragen. Die Antwort Jesu ist ein Gebot (siehe: kanonische Bibelauslegung, Gebotstext aufschlagen und beides zusammen lesen). Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe gehören zusammen.

Dem Fragesteller fällt sehr richtig auf, dass der Knackpunkt „der Nächste“ ist. Was uns zur Debatte heute führt: um wen soll ich mich kümmern? Weiterlesen „Barmherziger Samariter, revisited“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Barmherzigkeit, Bibel, Christentum, Evangelium, Exegese, Flüchtlinge, Hilfe, Samariter, Wissenschaft20 Kommentare zu Barmherziger Samariter, revisited

„Vergebung, Herr!”

Veröffentlicht am 8. Juli 201811. November 2018
Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus

Auf den Tag fünf Jahre sind es her, dass Papst Franziskus mit seiner ersten Reise einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hat: Er war auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.

Er wollte Flüchtlinge treffen und er wollte diejenigen betrauern, die auf dem Meer umgekommen sind. 2013 war das, damals schauten die Länder nördlich der Alpen noch gerne weg, wenn Italien und Griechenland klagten, sie würden alleine gelassen. Lange vor 2015.

Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus
Papst Franziskus in Bari: Gebet am Grab des hl. Nikolaus

Der Papst wollte aber nicht nur das Flüchtlingsthema stark machen, er wollte Flüchtlinge selber treffen. Damit ist auch seine Perspektive klar ausgedrückt gewesen: Den Menschen ins Gesicht schauen, menschlich handeln und trauern.

Der Papst erklärt es nicht, er zeigt es nicht, er fuhr selber hin. Und er fuhr nach Lesbos, und er fuhr nach Mexiko an die Grenze zu den USA und er wäscht Flüchtlingen am Gründonnerstag die Füße.

Und gestern – Samstag – war der Papst in Bari, um dort am Meer noch einmal wie auf Lesbos schon ökumenisch zu beten und zu sprechen, es ging beim Treffen vor allem um die Christen im Nahen Osten.

 

Der Schrei, gegen den wir Mauern bauen wollen

 

„Frieden: Das ist der Schrei vieler Menschen, der Abels von heute, der zum Thron Gottes aufsteigt,“ dieser Satz stammt von gestern, aber der biblische Bezug ist für den Papst nicht neu: „Wo ist dein Bruder?“, diese Frage hatte der Papst schon auf Lampedusa gestellt und dann eindrücklich in Yad Vashem wiederholt.

Noch einmal aus der Predigt von Lampedusa: „Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern? Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“

Stimmt. Wir weinen nicht. Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt, Zäune zu bauen, damit auch ja keiner zu uns kommen kann. Und damit, die zu verhaften, die helfen wollen. Und dann behaupten wir auch noch, das sei christlich.

 

Ökumene gegen Gleichgültigkeit

 

Immer wieder macht der Papst genau diese Begegnungen – siehe Bari, siehe Lesbos – ökumenisch. Das verdeutlicht, dass hier nicht der Westen auf den Osten schaut, sondern der Osten – die orthodoxen und orientalischen Kirchen – dabei sind. Also die Kirchen aus den Gegenden, von wo die Flüchtlinge aufbrechen und wo die meisten von ihnen auch als Vertriebene bleiben.

Das ist ein Zeichen der Solidarität, wider die weltweite Gleichgültigkeit. Solidarität, weil das sich abgrenzen ja wieder stärker wird und offensichtlich keine Erklärung mehr braucht, das finden viele offensichtlich gut. Wider die Gleichgültigkeit, weil das Leiden offensichtlich recht erfolgreich ausgeblendet werden kann.

Und so bleibt das Schlussgebet des Papstes von 2013 auf Lampedusa immer noch gültig:

„Herr, wir (bitten) um Vergebung für die Gleichgültigkeit gegenüber so vielen Brüdern und Schwestern, wir bitten dich, Vater, um Vergebung für den, der sich damit abgefunden, der sich im eigenen Wohlstand eingeschlossen hat, der zur Betäubung des Herzens führt; wir bitten dich um Vergebung für alle, die mit ihren Entscheidungen auf weltweiter Ebene Situationen geschaffen haben, die zu solchen Dramen führen. Vergebung, Herr!”

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Sprechen von GottSchlagwörter Flüchtlinge, Flüchtlingskrise, Gebet, Gleichgültigkeit, Lampedusa, Mittelmeer, Not, Ökumene, Papst Franziskus, Solidarität23 Kommentare zu „Vergebung, Herr!”

Sprechen so als ob

Veröffentlicht am 7. Juli 201811. November 2018
P Czerny, der Vortragende, bei der Arbeit

Ein Mitbruder von mir hält einen Vortrag, in Berlin. Es geht um Flüchtlinge und darum, was der Vatikan und der Papst für eine Perspektive auf diese Frage hat.

Und es passiert, was passieren muss, er bekommt Rückmeldungen. Gute und kritische, soweit, so gut. Leider bekommt er aber auch die üblichen Rückmeldungen: Unterwerfung, realitätsfremd schließlich täten die nur so als ob sie in Gefahr wären und so weiter.

P Czerny, der Vortragende, bei der Arbeit

Weil der Mitbruder Kanadier ist zeigt er mir diese Rückmeldungen und fragt, was er antworten soll.

Nichts. Weil die Debatte bereits durch die Anfrage zu ist, kein Raum für Interesse, Bewegung, Austausch. Und bereits die Wortwahl schafft das. Neudeutsch: das „Framing“.

Bekannt wurde der Begriff jetzt vor allem durch das unsägliche Wort des „Asyltourismus“, das der bayerische Ministerpräsident meinte benutzen zu sollen und das so auffällig war, dass es bei Twitter zum Trend wurde. Es wurde benutzt, um die Debatte zu dominieren, noch bevor jemand anders etwas sagt. Und die Twitter-Blase verstärkte das Echo, selbst durch Kritik.

 

Framing

 

Auch das Wort von der „Rechtssicherheit“ ist auch so ein Framing, als ob wir in den vergangenen Jahren in einer Anarchie gelebt hätten.

Genau das macht auch einer der Emailschreiber: „Hier geht es um Unterwerfung unter den Mohammedanismus, den offensichtlich der Papst und seine Berater wollen.“ Die Worte „Unterwerfung“ und das Unwort „Mohemmedanismus“ lassen gar keine Debatte mehr zu, das Framing ist so stark dass jeder, der sich darauf einlässt, nur noch in Verteidigung steht. Das Land würde durch Flüchtlinge „geflutet“ ist auch so ein Beispiel. Die Zahlen zeigen etwas völlig anderes, aber Sinn von Framing ist unter anderem, ohne Verweis auf Realität Debatte zu prägen, färben und zu bestimmen. Weiterlesen „Sprechen so als ob“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Neulich im InternetSchlagwörter Flüchtlinge, Framing, Journalismus, Migranten. Politik, Sprache, Twitter1 Kommentar zu Sprechen so als ob

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