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Kategorie: Sprechen von Gott

Endlich frei! Aber ist das eine gute Nachricht?

Veröffentlicht am 23. Januar 202122. Januar 2021
Kern von Religion Mit Jesus das Kreuz tagen. Oder trägt Jesus mein Kreuz? Fenster in der Jesuiten-Kapelle in Pullach bei München

Religion bleibt weltweit bedeutend. In Deutschland nehmen aber die Kirchenaustritte zu. Das sind zwei Schlussfolgerungen aus einer internationalen Studie, aber was bedeutet das? Man kann das geographisch sehen: Während international Religion wichtig bleibt, nimmt sie bei uns ab. Das stimmt aber auch nicht so ganz, denn auch bei uns gibt es immer wieder Aufrufe, den Kern von Religion nicht zu verschleudern. Ganz egal ist das also auch hier nicht.

Die Frage nach dem Kern und der Bedeutung von Religion hier bei uns ist ja auch durch die Situation aufgegeben, hören wir also auf die Stimmen, die uns mahnen. Bei einer habe ich das ja hier schon gemacht, da gibt es aber noch viel mehr.

Kern von Religion

Da wäre zum Beispiel Peter Sloterdijk, Philosoph. Der sieht in einem Interview in der Augsburger Allgemeinen Religion endlich frei:

„Es gibt eigentlich nichts mehr, was die Religion für sich alleine hat, … . Das heißt aber, die Religion ist frei geworden: Sie braucht zu nichts mehr gut zu sein, sie muss nicht mehr funktionieren, sie hat keinen gesellschaftlichen Funktionsauftrag, der nicht auch anders wahrgenommen werden könnte. Und diese erhabene Sinnlosigkeit und Undienlichkeit des religiösen Empfindens ist der Grund ihrer Freiheit.”

Das ist ein starkes Stück: wir als Gemeinschaft der Glaubenden spielen keine Rolle, haben keine Funktion mehr in der weiteren Gesellschaft. Das bedeutet natürlich Relevanzverlust, aber dafür bekommt Religion Freiheit. Im Umkehrschluss wäre es falsch, diese Freiheit wieder aufzugeben, nur um weiterhin für die Gesellschaft wichtig zu sein. Abgesehen davon, dass uns die Entwicklung zeigt, dass das auch gar nicht mehr gehen wird.

Frei von Sozialarbeit?

Den Finger auf unsere innerkirchlichen Debatte legt Sloterdijk mit der Zustimmung zur These, dass Religion nur dann zu ihrem Kern komme, wenn sie sich frei mache von Sozialarbeit. Für ihn ist das interessanterweise eine Kontroll- und Machtfrage. Religion siedle dort, wo Selbstgefühl in Mitgefühl übergehe, aber eben nicht weiter.

Da trifft Sloderdijk auf das, was ich an dieser Stelle schob über den Text des Journalisten Ulrich Greiner geschrieben habe. Seine als Kritik formulierte Analyse sagt, dass sich Kirche statt ihren Auftrag zu erfüllen zu einem Teil der Zivilgesellschaft werden wolle.

Angestiftet durch Relevanzverlust

Nun hören wir noch einmal in die innerkirchlichen Debatten hinein, angestiftet vom andauernden und nicht aufzuhaltenden Relevanzverlust. Wir – Kirchen – seien nicht mehr sprachfähig. Wie litten unter Selbstverzwergung, weil wir uns nicht äußerten. Die wirklich großen Themen der Welt greife radikal nur noch der Papst an – Umwelt und soziale Fragen – während hier bei uns die Suche nach Ausgewogenheit gelte.

Das passt nun so gar nicht zu den Aussagen, die sich an Kirche reiben und den echten Kern des Glaubens einfordern. Das Heilige, die Sünde, die Erlösung.

Sünde und Erlösung

Einen dritten Text aus der Fülle der Weihnachtsbetrachtungen darf ich an dieser Stelle anführen, aus dem Standard. Der bricht die Debatte schön herunter: wir würden zu wenig über die zentralen Themen Sünde und Erlösung sprechen. Der Glaube an den Dreifaltigen Gott habe Folgen, die Folge der Umkehr, aber das erschöpft sich nicht in guten Taten.

Wichtig hier auch der Hinweis, dass allein das Machen unserer Hausaufgaben – Missbrauch – allein Kirche nicht wieder attraktiv werden lässt. Es braucht Verkündigung. Der Journalist schrieb zu Weihnachten provokant sogar von Mission, aber der Begriff ist eher verbrannt.

Um nicht banal zu werden: natürlich reicht es nicht, nun einfache Begriffe oder vorgestrige Konzepte wieder aufzurufen. Wir müssen heute antworten, das ist die Aufgabe.

Erst einmal die Frage zulassen

Aber der Kern hat ja was: sprechen wir außer auf den Kanzeln noch von Sünde und Erlösung, wenn es um unseren Glauben geht? Spielt das eine Rolle?

Vielleicht haben wir ja noch gar keine fertige Antwort. Vielleicht sind diese Texte uns ja eine Hilfe, erst einmal die Frage zuzulassen, ob da nicht was dran sei? So weiter geht es jedenfalls nicht, ein Wiedererstarkten der Bedeutung von Kirche in der Gesellschaft ist ausgeschlossen. Und so können uns die Texte helfen bei der Unsicherheit, die eben auch zum Glauben dazu gehört, wie Papst Franziskus es wunderbar formuliert hat:

„Ein Glaube, der uns nicht in eine Krise führt, ist ein Glaube in der Krise; ein Glaube, der uns nicht wachsen lässt, ist ein Glaube, der wachsen muss; ein Glaube, der nicht Fragen aufwirft, ist ein Glaube, über den wir uns Fragen stellen müssen; ein Glaube, der uns nicht belebt, ist ein Glaube, der belebt werden muss; ein Glaube, der uns nicht erschüttert, ist ein Glaube, der erschüttert werden muss.“

 

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Im Chor der Rechtschaffenen?

Veröffentlicht am 13. Dezember 202013. Dezember 2020
Der Kern des Glaubens Der Blick nach oben: Trinität und Maria

Wenn das Christliche über das Christliche hinaus langt, dann erntet es gemischte Reaktionen. Erst neulich beklagte eine große deutsche Zeitung, dass Kirchen „das Profane“ predigen und „im Chor der Rechtschaffenen“ singen. Austauschbarkeit sei die Folge.

Der Kern des Glaubens sei aber das Heilige, die Hinwendung zu Gott, vor allem die liturgische. Immer wieder hören wir diese Kritik: statt sich um ihren Auftrag zu erfüllen werde Kirche zu einem Teil der Zivilgesellschaft.

Der Kern des Glaubens

Bis zu einem gewissen Punkt kann ich das nachvollziehen und sehe die Kritik als wertvoll an, weil sie auf Schwachpunkte hinweist. Aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt, und der kommt in diesem Text auch vor. Denn das „Eigentliche“ des Glaubens ist nicht dem Diesseits entgegen gesetzt, wie der Journalist schreibt. Es ist kein Widerspruch. Die Anbetung des Heiligen ist kein Rückzug aus der Welt. Und wenn sie das wird, dann verpasst sie Gott.

Diesem als Widerspruch formulierten Gedanken begegnet man leider immer wieder. Schmerzhaft ist das vor allem, wenn christlich engagierte Menschen das Geistliche als Ablenkung oder als weniger wichtig oder als „konservativ“ oder dergleichen abtun.

Als Christinnen und Christen gehört aber beides in unseren Glauben. Das eine ohne das andere wird leer, das andere ohne das eine Austauschbar. Rückzug ist keine Option. Denn in Gott zeigt sich nicht die Verneinung, sondern die Bejahung der Welt und des Menschen. Das Christliche muss über das Christliche selbst hinaus langen, das ist die Dynamik des Festes, auf das wir zugehen. In diesem Sinne Ihnen noch gesegnete Adventstage.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Anbetung, Christentum, Diesseits, Engagement, Gesellschaft, Glaube18 Kommentare zu Im Chor der Rechtschaffenen?

Du wirst noch Größeres sehen!

Veröffentlicht am 29. September 202029. September 2020
Der spirituelle Komparativ „Es sind die Dinge, die ihr nicht kennt, die euer Leben verändern“: Ein Plakat in Rom

Es ist der Satz, den Natanaël von Jesus zu hören bekommt. Der spirituelle Komparativ, Größeres sehen. Der Satz steht am Ende einer ganzen Kaskade von Berufungen. Johannes-Jünger sprechen Jesus an, dann erzählen die es andern weiter, und die dann wieder anderen. Das sitz ihm Kleinen die Kirchengeschichte, die Nachricht von Jesus wird weiter gegeben, und darin erklingt der Ruf des Herrn an jede und jeden.

Der spirituelle Komparativ „du wirst noch Größeres als dieses sehen“ erinnert uns daran, dass das aber nicht statisch bleibt, sondern eine Dynamik enthält. Größeres! Unsere Erfahrungen mit Gott und Glauben haben uns an einen gewissen Punkt gebracht, aber das ist nicht alles, scheint die Schriftstelle uns zu sagen.

Der spirituelle Komparativ

Dieser Satz Jesu klingt wie ein Versprechen, aber er ist auch mehr.

Das Plakat in Rom, das als Bild für diesen Beitrag dient, gibt einen Hinweis: das Größere ist nicht etwa bekannt. Es gibt kein kapitalistisches Verständnis von „immer mehr vom Selben“. Es gibt kein olympisches „höher, schneller, weiter“, dessen was wir kennen. Sondern das Größere ist im Kern unbekannt.

Unbekannt

Uns geht es wie den Aposteln. Wir wissen, wie wir hierhin gekommen sind. Aber was ist da das Größere? Die Kirche anhand der Kriterien, wie wir sie kennen? Und uns besser vorstellen?

Aber wie es dem Apostel gegangen ist, so wird es auch uns gehen: das Größere, das uns versprochen ist, ist noch unbekannt.

Der Papst spricht immer wieder vom Gott der Überraschungen, und genau das ist gemeint. Wer glaubt, zu wissen und sich auf diese seine Überzeugung zurück zieht, den nennt der Papst „in sich selber eingeschlossen“. Das sind diejenigen, die das Größere aus dem Reservoir des Bekannten hervorgehen sehen. Also letztlich aus dem Kontrollierbaren, weil wir es kennen. Gott durchbricht das durch Überraschungen, also durch ein Aufbrechen dieser Sicherheiten, die in unseren Plänen nicht vorkommen.

Nicht aus dem Reservoir des Kontrollierbaren

Die Beton-Form dieses Selbst-Einschlusses sind die Regeln und Normen, die einen gegen derlei Überraschungen absichern und im Fall eines Eintritts verteidigen sollen: „Die Norm gibt (…) die Sicherheit, sich überlegen zu fühlen, eine genaue Orientierung zu besitzen. Darin findet er seine Kraft, nicht im sanften Hauch des Geistes“, wie der Papst sagt.

Das Größere, auf das wir zugehen und zuglauben, lässt sich aber nicht einhegen. Es sind die unbekannten Dinge – so sagt das Plakat – die unser Leben ändern werden.

Ich lese dieses Jesus-Versprechen durchaus als etwas uns „Gefährdendes“. Das gehört dazu. Mein Plädoyer: keine Angst! Das kann man nicht dekretieren, aber wir können uns um innere Offenheit bemühen. Wenn wir denn wollen. Und wenn wir uns an die Seite von Natanaël stellen.

 

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Synodaler Weg: Zum Beginn des Tages eine Frage

Veröffentlicht am 4. September 20204. September 2020
Ein Impuls für alle Schrift und Kreuz: Nürnberg, St Sebald

Im Anfang schuf Gott das Fragezeichen. So begann vor Jahren der Servitenpater Ermes Ronchi die Exerzitien für Papst Franziskus. Und so beginnen heute die Impulse bei den fünf Veranstaltungen des einen synodalen Weges, ein Impuls für alle. Und weil der Weg ja für alle da ist, nicht nur für die im Raum versammelten, mag ich den Impuls auch hier anbieten.

Also: Im Anfang schuf Gott das Fragezeichen. Fragen sind wichtig. Fragen – und nur Fragen – führen zu Neuem. Ein durchschnittliches vierjähriges Kind stellt angeblich über 400 Fragen am Tag, so wollen es Pädagogen in einer Studie gezählt haben. Alle Eltern mögen an dieser Stelle nicken oder seufzen.

Ein Impuls für alle

Fragen sind die Art, wie wir uns auf die Welt zu bewegen. Wir sind Fragende, Suchende. Und bleiben es auch, wenn wir uns nicht zu schnell mit dem, was ist, zufrieden geben.

Deswegen ist die Frage auch ein beliebtes Mittel Jesu, die Menschen um ihn herum auf den Weg zu Gott zu führen. Die Aussage, er lehre nur in Gleichnissen, ist so nicht ganz korrekt, so scheint es, ein Bibelwissenschaftler will 307 Fragen gezählt haben, die Jesus im Laufe der Evangelien stellt.

„Für wen haltet ihr mich?“, „Frau, warum weinst du?“, „Liebst du mich?“ oder auch „Wie viele Brote habt ihr?“

307 Fragen Jesu

Eine dieser Fragen habe ich deswegen an den Beginn des Tages gestellt:

Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und zwei seiner Jünger; und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wirst du bleiben? Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen’s und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde.

Joh 1:35-39 (Lutherübersetzung 2017)

„Was sucht ihr?“ Die Frage kann nur hören, wer nicht betäubt ist von dem, was ist. Vom Erreichten. Vom Erfolg. Vom Status.

Fragen befreien von der Selbstbeschränkung. Wir haben doch genug. Wir sind doch schon. Wir haben doch schon. Aber auch von der Selbstbeschränkung im Kleinmachen: Wir können doch nicht. Das geht doch nicht.

Deswegen zum Impuls, vor all den Debatten, einige von der Frage Jesu abgeleitete Fragen an alle Teilnehmenden und in den Gemeinden Mitmachenden:

Was sucht ihr?

Was fehlt dir?

Was suchst du?

Was ist in deiner Berufung, in deinem Christsein lebendig? Was will da weiter werden, wachsen?

Was suchst du hier, heute, bei diesem Treffen?

Und lassen wir uns von Christus fragen: „Was soll ich dir tun?“, „Was soll ich für euch tun?“

Allen Beteiligten einen geistvollen Tag!

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Synodaler Weg und Corona: Wir müssen reden

Veröffentlicht am 1. September 202029. August 2020
Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen Dieses Mal nicht in Frankfurt, sondern an 5 Orten: der synodale Weg. Foto: Januar vor der ersten Vollversammlung

Es geht auch um Corona. In der kommenden Woche treffen sich die Regionalkonferenzen des synodalen Wegs, und das erste Thema wird „Die Corona-Pandemie – Herausforderungen für den synodalen Weg“ sein. Das ist gut so, die Erschütterungen durch die Pandemie sind massiv, darüber müssen wir reden. Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen.

Die Debatte soll durch ein Impulspapier angeregt werden, das im Internet zu lesen ist. Die Seite katholisch.de fand das aber wohl nicht wirklich interessant, das einzige, was gemeldet wurde, ist dass es um Digitalisierung gehe.

Der synodale Weg kann Corona nicht übergehen

Ist das alles? Kann das alles sein? Nein, es geht um mehr. Die Herder-Korrespondenz macht es in der aktuellen Ausgabe vor, hier wird die Frage nach Gott und nach unserem Gottesbild gestellt, nichts weniger als das. Ich muss gestehen, dass mir das in dem Impuls-Papier fehlt. Natürlich hat das die Aufgabe, Corona auf den synodalen Weg hin zu reflektieren, aber ist das nicht etwas eng gedacht?

Mir fehlt die Erschütterung. Die Unsicherheit und die Sprachlosigkeit angesichts einer Pandemie, welche das Leben von so vielen Menschen schwer beeinträchtigt hat und noch beeinträchtigen wird. Die Erschütterung ist spürbar, sie macht sich Luft in Protesten, in Sorgen, in Angst.

Unruhe!

Das betrifft auch die Kirche. Angesichts einer Pleitewelle und den sozialen Erschütterungen bei uns, vom Rest der Welt ganz zu schweigen, nur von Digitalisierung und Kirchenreform zu sprechen, reicht mir nicht aus.

Corona hat uns unruhig gemacht. Unsere normalen religiösen Antworten passen nicht mehr. Und das gilt auch für die Reform-Debatten. Das meint nicht die reine Emotion, die Betroffenheit, wie wir es im Pastoral-Deutsch gerne nennen. Die Erschütterungen gehen tiefer. Wie tief und mit welchen Auswirkungen, das müssen wir noch ergründen, und genau dazu helfen solche Formate wie die Regionalkonferenzen.

Corona ist mehr als die Bestätigung des einmal eingeschlagenen Wegs. Corona stellt Fragen an uns, an unsere Weise Kirche zu sein, an unsere innerkirchlichen Gespräche und Debatten. Ich hoffe, dass das am Freitag in den Regionalkonferenzen Thema wird. Corona sagt uns “Weiter so” reicht nicht aus.

 

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Christen der Zukunft

Veröffentlicht am 27. August 20202. August 2020
Das unmittelbare Gottesverhältnis Nikolaikirche, Berlin

„Das Erste und Wesentliche, was auch die Frömmigkeit von morgen bestimmen muss, ist das persönliche unmittelbare Gottesverhältnis.“ Ein Satz Karl Rahners aus seinem Artikel über die Zukunft des gelebten christlichen Glaubens, den Mystiker. Alle Reform, alle Veränderung, alle Tradition wird bestimmt durch den Blick auf Gott, direkt, unverstellt.

Das ist gar nicht so selbstverständlich, wie es zunächst klingt. Wir reden viel zu sehr über Sekundäres. Über Kirche, über Struktur, über Entscheidungen. Das ist nicht unwichtig, aber eben sekundär. Folgen wir Rahner, dann muss sich alles über die Frage nach Gott und das persönliche Gottesverhältnis bestimmen.

Das unmittelbare Gottesverhältnis

Nehmen wir den synodalen Weg: wie schwer ist es hier, aus den etablierten Debatten und Text-Diskussionen heraus zu kommen! Es soll ein geistlicher Weg sein, wurde und wird immer wieder betont. Aber es bleibt ein Ringen, diese Dimension tatsächlich unterzubringen. Damit will ich niemanden die Absicht oder Spiritualität absprechen, überhaupt nicht. Aber die Dynamiken der Debatte haben eben bei uns eine lange Tradition und damit eine eigene Kraft.

Um so wichtiger ist es, die Mahnung Rahners, der Fromme von morgen werde ein „Mystiker sein, einer der etwas „erfahren“ hat, oder er werde nicht mehr sein, ernst zu nehmen. Der Glaube ist nicht mehr selbstverständlich. Der Glaube ist nichts selbstverständliches, überpersonales mehr, das sich im soziologischen „Milieu“ manifestiert. Für Glauben ist jeder und jede selber verantwortlich.

Ein geistlicher Weg

Rahner verlegt aber in seinen Gedanken das Christliche nicht ausschließlich in eine rein geistig missverstandene Mystik, jeder und jede für sich mit Gott und so. Es geht ihm genauso um das Handeln, die „Welttat“, wie es in seiner manchmal uns eigenartig vorkommenden Sprache lautet. Um ein redliches uns verantwortetes Leben vor Gott und den Nächsten.

Dass diese beiden Dimensionen, das Gottesverhältnis und das Handeln, keineswegs veraltet sind, zeigen auch die Diskussionen um die Kirche und den Glauben heute: „Das Tun des Guten und die Bereitschaft, an geeigneter Stelle auch seine geistlichen Quellgründe offenzulegen, dürfte die wirksamste Antwort auf die Glaubenskrise sein.“

Neue Aszese

Und dann ist da noch die dritte Dimension des „Frommen von morgen“, des gelebten Glaubens: die „Neue Aszese“. Nun ist das ein Wort, dass fast ins Vergessen gerutscht ist. Früher war sie – so Rahner – die „geduldig getane Hinnahme der Kärglichkeit und Mühsal des Lebens“.

Das ist nicht mehr unsere Welt. Und das liegt auch daran, dass die Welt sich geändert hat, das ist kein Vorwurf an die Menschen heute. Wir leben nicht mehr in einer Welt, in der uns alles vorgegeben ist, sondern wir machen unsere Welt. Im Guten wie im Schlechten.

Selbstbeschränkung ist gefragt

Aszese heute bedeutet also eine Selbstbeschränkung mit Blick auf all die Macht der Welt gegenüber. Rahner wusste noch nicht, wie dramatisch die Macht der Menschen – einiger Menschen – die Welt in Sachen Umweltzerstörung prägen würde, aber ich kann an dieser Stelle nicht anders, als zum Beispiel genau daran zu denken.

Hier ist Aszese kein duldendes Hinnehmen mehr, sondern eine bewusste, frei gesetzte und im Glauben verantwortete Haltung der Welt gegenüber. Und zwar eine Beschränkung. Eine „solche neue Aszese gehört zur christlichen Frömmigkeit von morgen“, so Rahner.

Viele Frömmigkeiten

Drei Blicke vom Ende des Konzils her auf das gelebte Christsein der Zukunft, also auch auf uns. Zur Abrundung betont Karl Rahner noch einen weiteren Punkt: „Es wird in der Zukunft viele Stile christlicher Frömmigkeit geben. Das  gilt einfach auch deshalb, weil der Mensch, trotz der Massengesellschaft, schon im Weltlichen viel mehr und viel unterschiedlichere Lebensweisen als früher entwickeln kann“.

Auch das etwas, was bei Papst Franziskus und vielen anderen vorkommt, wenn wir von Verschiedenheit in Einheit sprechen. Und wahrscheinlich wird das die größte der Herausforderungen sein: sich nicht gegenseitig die „Frömmigkeit“ – um Rahners Wort zu benutzen – abzusprechen, sondern die Vielgestaltigkeit zu akzeptieren.

Das gelebte Christsein von morgen ist kein einheitliches. Wenn es in der persönlichen und direkten Gottesbegegnung gründet, kann es das auch gar nicht. Und doch gilt, dass das gut so ist. Nur einfach ist es nicht.

 

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… wird ein Mystiker sein

Veröffentlicht am 24. August 20202. August 2020
Christsein und Kirche-Sein Nikolaikirche, Berlin

Wer sich mit Kirche befasst, kann das halbe Zitat aus dem Titel automatisch füllen. Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein. so wird der Theologe Karl Rahner SJ zitiert. Die Art, Christsein und Kirche-Sein zu leben, bekommt durch dieses Zitat einen Vektor, eine Richtung. Und sie bekommt eine Kategorie, an der beide messbar sein werden, so scheint uns das Zitat zu sagen.

Nun ist das Wort „Mystiker“ ja besetzt. Wir vermuten zu wissen, was gemeint ist und vermuten auch, dass wir alle ungefähr dieselbe Vorstellung haben. Und deswegen gehen wir mit diesem Zitat etwas fahrlässig um.

Christsein und Kirche-Sein

Mystik, das hat den Klang des Individuellen, der direkten Verbindung mit Gott, ohne Lehr-Sätze. Eine auf persönliche Gotteserfahrung und nur auf diese bauender Glaube scheint anzuklingen.

Spätestens ein Zitat von Papst Franziskus kann daran etwas rütteln: „Heute (..) spüren wir die Herausforderung, die „Mystik“ zu entdecken und weiterzugeben, die darin liegt, zusammen zu leben, uns unter die anderen zu mischen, einander zu begegnen, uns in den Armen zu halten, uns anzulehnen, teilzuhaben an dieser etwas chaotischen Menge, die sich in eine wahre Erfahrung von Geschwisterlichkeit verwandeln kann, in eine solidarische Karawane, in eine heilige Wallfahrt.“ (EG 87)

Chaotische Menge, solidarische Karawane

Mystik ist hier etwas anderes als das vermutete Individuelle, ganz Persönliche. Und doch nimmt es in Anspruch, Mystik zu sein. Und der Papst führt das auch weiter, in seinem Schreiben „Gaudete et Exsultate“: „(aus der Gemeinschaft) erwachsen auch echte mystische und in Gemeinschaft gelebte Erfahrungen“ (GE 142). Da ist Mystik eben nicht aufs Persönliche und Gott-direkte reduziert, sondern öffnet sich für andere Glaubende.

Helfen uns Rahner und sein Zitat also überhaupt weiter? Das tun sie, meine ich. Vor allem dann, wann man sich genauer anschaut, was Rahner mit seinem Ausdruck gemeint hat. Und dazu schlage ich vor, den Artikel von 1966 noch einmal zu lesen, in dem das vorkommt. Erschienen ist er in der Zeitschrift Geist und Leben unter dem Titel „Frömmigkeit heute und morgen“.

„Frömmigkeit heute und morgen“

Und da sind wir schon bei der ersten Auffälligkeit. Rahner sagt gar nicht „der Christ von morgen …“, in dem Artikel sagt er „der Fromme von morgen …“. Das vollständige Zitat lautet: „Der Fromme von morgen wird ein „Mystiker” sein, einer der etwas „erfahren” hat, oder er wird nicht mehr sein.”

Das Erste, was auffällt: es geht darum, wie Christsein morgen gelebt werden kann. Was Rahner da „der Fromme” nennt, oder weiter gefasst die „Frömmigkeit”, um die es geht, meint ja nichts anderes als den gelebten Glauben. Und das Zweite: es geht tatsächlich um Erfahrung des Glaubens, um Gotteserfahrung, da passt das zum Thema Mystik wie oben beschrieben, aber auch wie vom Papst formuliert.

Gelebter Glaube

Der Artikel macht auf mit dem Bezug zum Zweiten Vatikanischen Konzil, das bei Erscheinen des Artikels erst zehn Monate in der Vergangenheit lag. Der Ankerpunkt der Überlegungen ist also die Frage nach Erneuerung von Glaube und Kirche. Nicht nach Struktur, sondern nach dem Kern. Es könne kein Zweifel bestehen daran, dass die Kirche in Unruhe sei, beginnt der Text.

Wobei sich schon in seinen Überlegungen von damals unsere Probleme heute abzeichnen: wir seien uns über die Unruhe einig, „selbst wenn viele vielleicht nur darüber besorgt sind, dass andere „keine Ruhe geben”, wieder andere aber gerade wünschen, daß diese Unruhe größer sei, als sie ist.” Es gibt also verschiedene Formen der Unruhe.

Ausgangslage: Unruhe

Das Wort „Unruhe” wiederum lädt einmal mehr dazu ein, den Papst zu Rate zu ziehen, denn für Franziskus ist diese Unruhe ja etwas prinzipiell Gutes. Auch für Karl Rahner SJ ist der Ausgangspunkt ein guter, denn ohne das Konzil und die dadurch ausgelöste Unruhe wäre es ja nicht besser gewesen.

„Wer (die Unruhe) dem Konzil zum Vorwurf machen wollte, muss sich ernstlich fragen, ob er wünschen kann, dass die Kirche diese Kenntnisnahme ihrer wahren Situation noch ein paar Jahrzehnte – länger hätte es gewiß nicht gehen können – hinausgeschoben hätte und dann erst, aber noch viel radikaler als jetzt, in die „Krise” geraten wäre, die jetzt tatsächlich gegeben ist.“ Das ist Rahner-Sprech und kommt sprachlich fremd daher, passt inhaltlich aber auch noch heute. Das Prophetische dieses Artikels gilt auch jetzt, denn die ausgelöste(n) Unruhe(n) sind ja noch nicht vorbei.

Die Krise von heute

Hier, bei der Unruhe, setzt Rahner mit seinen Überlegungen an, „die Frage, die wir stellen, heißt also: Wie sieht die nachkonziliare Frömmigkeit von morgen aus?“ Sie braucht eine schöpferische Unruhe, greift Rahner noch mal den Ausgangspunkt auf.

Wichtig: Frömmigkeit oder auch modern gesprochen ‚Spiritualität‘ (ein Wort, was in dem Artikel bei Rahner nur ein mal vorkommt und das auch in Anführungszeichen, ein Zeichen der Veränderung unserer Sprache): das gibt es nicht im Singular. Oder als Einheitlichkeit. Es gibt nicht DIE Frömmigkeit, ein Maß an dem alles zu messen wäre. Da ist Rahner eindeutig.

Das Erbe und das Neue

Bevor er auf einzelne Dimensionen dieser Frömmigkeit eingeht, betont er die Balance zwischen Erbe und Neuem. Beides ist ihm wichtig und er warnt geradezu davor, das eine gegen das andere auszuspielen. Schmunzelnd darf ich Rahner noch mal zitieren: „Identität innerhalb des geschichtlichen Wandels zwischen alter und neuer Frömmigkeit besagt zunächst einmal eine Selbigkeit durch Bewahrung eines geschichtlichen Erbes in seiner Faktizität.“ Schmunzelnd deswegen, weil das nun wirklich eine Sprache ist, die ihr Alter verrät.

Es geht um ein „lebendiges Verhältnis zur Vergangenheit“, wie er verständlicher sagt. Das klingt selbstverständlich, war es aber in der wilden Phase direkt nach dem Konzil ebensowenig wie heute, die einen reklamieren das Neue für sich, die anderen die Tradition, beides ist verkürzt und verkürzend.

Gewohnheiten des Glaubens

Und noch ein wichtiger Punkt, bevor Rahner auf die einzelnen Dimensionen der Spiritualität von morgen eingeht: er nennt es die „inkarnatorische Kraft der christlichen Frömmigkeit“. Das Ausbilden von Gewohnheiten, von Institutionellem, von Form und Gestalt. „Man findet komplizierteste Yoga-Techniken sinnvoll und betrachtet alte christliche meditative Gebetsweisen, wie z. B. den Rosenkranz, als unmodern. Warum eigentlich?“

Es geht dabei nicht um das Festhalten an Formen, die nicht mehr die unseren sind. „All dieses Institutionelle der christlichen Frömmigkeit unterliegt vielfältigem Wandel. Gott sei Dank, dass es diesen Wandel gibt,“ so Rahner. Aber dabei dürfen wir eben nicht die Vorstellung von Gewohnheiten und Formen an sich über Bord gehen lassen.

Das ist die Basis. Danach geht es Rahner um drei Punkte, die ich in einem kommenden Post genauer anschauen möchte: um das persönliche und unmittelbare Gottesverhältnis – was ja das Wort Mystik legitimiert – es geht ihm um das Handeln als Teil des gelebten Glaubens und um eine „Neue Aszese“, wie er es nennt.

Aber schon in den vorausgeschickten Gedanken wird klar, in welche Richtung seine Mystik geht.

 

 

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„Eine Haltung treuen Bewahrens genügt nicht“

Veröffentlicht am 6. August 20206. August 2020
jetzt wird der synodale Weg konkret Ein kurzer Blick nach Rom, bevor es in Deutschland weiter geht Foto (c) Bartkoviak

Es ist wieder Dialogzeit. Oder besser: Vorlaufzeit für die nächste Veranstaltung des synodalen Weges der Kirche in Deutschland. Es gibt ja keine Vollversammlung, sondern leider Dank Corona eingeschobene Regional-Versammlungen, also „Fünf Orte – Ein Weg”. Über die Corona-Krise hinweg war es etwas ruhiger geworden um den Synodalen Weg, aber die Anliegen sind nicht verschwunden. Im Gegenteil. Und jetzt wird der synodale Weg konkret. Auch über die Hindernisse hinweg, siehe Dokument zur Leitung von Pfarreien. Aber dazu ein andern Mal mehr an dieser Stelle.

Die Erwartung ist jedenfalls, dass die Grundanliegen weiter behandelt werden, auch wenn es bei diesen Regionalversammlungen noch keine Texte geben wird. Aber ohne jegliches Ergebnis werden diese Versammlungen sicherlich nicht bleiben. Dafür haben die Gruppen auch schon zu viel Vorarbeit geleistet.

Jetzt wird der synodale Weg konkret

Ich erlaube mir dazu kurz einen Blick nach Rom zu werfen. Nein, nicht auf Papst Franziskus und seinen Brief, das habe ich ja zur Genüge getan. Aber auch andere Päpste können uns ja helfen, zum Beispiel der „Lieblingspapst“ von Franziskus, Papst Paul VI.

In seiner ersten Enzyklika, seinem für sein Pontifikat programmatischen Text, lassen sich auch heute noch viele Dinge finden, die uns helfen können. Eben auch der im Titel zitierte Satz: „Eine Haltung treuen Bewahrens genügt nicht“. [Die Enzyklika trägt als Datum den 6. August, sie feiert also Geburtstag].

Paul VI. und der Dialog

Das Konzil war damals, zum Zeitpunkt der Enzyklika, noch im vollen Gange, deshalb beschränkt er seine Gedanken zur Reform in einer Bestärkung der Konzilsidee, ausdrücklich auch des Gedankens des ‚aggiornamento‘, das in der deutschen Übersetzung im italienischen Original auftaucht (Nr. 52).

Aber er warnt auch: zum einen vor der Vorstellung der „kleinen Herde“, einer kleinen aber dafür ‚wahren‘ Kirche der Guten und Glaubenden. Und zum zweiten vor einer Struktur der Kirche, die nur den eigenen Ideen entspringe. Das nennt er „künstliche Erneuerungen“ (Nr. 49).

„Künstliche Erneuerungen“

Aber das ist doch alles eher allgemein in die Kirche gesprochen. Im dritten Teil der Enzyklika – welcher die Hälfte des gesamten Textes ausmacht – findet sich noch viel mehr. Denn der steht unter der Überschrift „Dialog“.

Der ist nicht einfach nur eine Anleitung zum Gespräch. Wenn Papst Paul von ‚Dialog‘ spricht, meint er natürlich den Dialog über den Glauben. Er ordnet ihn in die Verkündigung ein oder der Verkündigung zu, dem Auftrag der Kirche. Und hier fällt dann auch das Zitat mit dem Bewahren. Verkündigung des Evangeliums, Feier und Weitergabe des Glaubens, mündet also in Dialog, in Gespräch.

Für Papst Paul waren das die Dialoge mit Atheisten, die Ökumene, die „Menschheit als solche“, wie er schreibt. Kurz: „Dialog mit der Welt, in der [die Kirche] nun einmal lebt“. Aber die Prinzipien gelten auch für unseren innerkirchlichen Dialog.

„Klarheit, Sanftmut, Klugheit, Vertrauen“

„Klarheit, Sanftmut, Klugheit, Vertrauen“ sind die vier Prinzipien, die er anführt. Klingt ein wenig altbacken, aber wenn man sich das genauer anschaut, steckt da viel drin. Klarheit erklärt sich von selber, auch wenn es sicherlich hilfreich ist, immer wieder mal darauf hinzuweisen. Sanftmut weist auf die Haltung Jesu hin. Klugheit ist nicht gleich Intelligenz, sondern eher die Tugend des Maßhaltens und des Einschätzen von Konsequenzen. Und Vertrauen, nun ja, ohne das geht gar nichts.

Ohne Vertrauen geht nichts

„Im Dialog entdeckt man, wie verschieden die Wege sind, die zum Lichte des Glaubens führen, und wie es möglich ist, sie alle auf dasselbe Ziel hinzulenken. Auch wenn sie voneinander abweichen, können sie doch zur Ergänzung beitragen, weil sie unsere Überlegungen auf ungewohnte Bahnen lenken und sie zwingen, ihre Forschungen zu vertiefen und ihre Ausdrücke neu zu gestalten. Die Dialektik dieses Denkens und dieser Geduld läßt uns auch in den Meinungen der anderen Wahrheitselemente entdecken“ (Nr 86). Wie gesagt, das ist auf Verkündigung/Dialog hin geschrieben, ich finde es aber auch als Inspiration für uns sehr passend.

„Ja, vielfältig sind die Formen des Dialogs, der zum Heile führt. Er folgt den Bedürfnissen der Erfahrung, wählt die geeigneten Mittel, bindet sich nicht an nichtssagende Apriorismen, legt sich nicht auf starre Ausdrücke fest, wenn diese die Kraft verloren haben sollten, den Menschen etwas zu sagen und sie zu bewegen“ (Nr. 88).

Dialog folgt den Bedürfnissen der Erfahrung

Viel Inspiration auch für die Kirche auf dem synodalen Weg. Meint vielleicht auch Paul VI.: „Bei genauer Betrachtung scheint es, dass die Hauptarbeit erst noch zu leisten ist. Die Arbeit beginnt heute und hört nie auf.“ (Nr. 121)

Prophetische Worte.

 

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Verschleierte Wirklichkeit

Veröffentlicht am 14. Juni 202013. Juni 2020
Die Realität ist in Wirklichkeit ganz anders Kirche und Welt, das ist so eine Sache. Wien, Stephansdom

„Die Realität ist in Wirklichkeit ganz anders“: Ein Satz meines ersten Geschichtsprofessors, der bei uns Studierenden regelmäßig für Gelächter gesorgt hat. Lachen über den Witz, aber auch Lachen über uns selbst.

Der Satz ist aber weise. Weil er den Finger darauf legt, dass wir unsere eigenen Realitäten haben, die von Tatsachen nicht immer gedeckt sind. Und damit meine ich noch gar nicht diejenigen, die George Soros oder Bill Gates hinter allem vermuten, die von einer angeblichen Weltregierung raunen, oder die hinter allen kirchlichen Debatten eine Zerstörung der Kirche vermuten. Damit meine ich erst einmal uns alle.

Die Realität ist in Wirklichkeit ganz anders

Der Philosoph Immanuel Kant warnt uns, dass die Wahrnehmung uns täuschen kann, erst durch die Vernunft gelangen wir Richtung Wirklichkeit. Also erst wenn wir lernen, uns selbst zu hinterfragen. Kurz formuliert: Denken hilft.

Aber wir tun das Gegenteil. Die Normalität verliert, stattdessen begegnen mir immer mehr Sonderwelten. Jeder und jede hat zu allem was gelesen und baut sich die eigene Weltsicht zusammen. Jedenfalls begegnet mir das immer mehr in den öffentlichen Debatten, auch und gerade in der Kirche. Die Wirklichkeit kommt uns abhanden.

Es regieren die Sonderwelten

Was daran ärgerlich ist, ist vor allem die Unangreifbarkeit. Dass man sich Meinungen bildet ist ja geschenkt, und dass man dabei Fehler macht auch. Das macht jeder und jede. Aber dass man auch angesichts von widersprechenden Argumenten oder Zahlen lieber dabei bleibt statt sich zu korrigieren – und das als Lernen positiv wahrzunehmen – das ist zunehmend ärgerlich. Und es nervt.

Papst Franziskus nannte das mal „Formen von Verschleierung von Wirklichkeit“ (Evangelii Gaudium 231). Heraus kommen die ganzen „-ismen“, die er da auch gleich mal aufzählt. Psychologisch mag das aller erklärbar sein, aber ab einem gewissen Punkt mag ich nicht mehr erklären oder verstehen oder verständnisvoll sein. Sondern will widersprechen. Oder selber mal was lernen. Was nicht immer ganz einfach ist.

Es nervt

Die Schrift sagt uns: „Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus bekennt als im Fleisch gekommen, ist aus Gott“ (1 Joh 4:2). Das ist die Stelle, die auch der Papst zum Thema Wirklichkeit zitiert. Der Kern des Christlichen, der Geist, liegt eben nicht in Überzeugungen und Weltbildern. In Sätzen und Büchern. In Bekenntnissen und Interpretationen. Sondern in der Wirklichkeit.

In den Worten eines Bischofs: „Gott liebt uns durch die Wirklichkeit kann ich da nur drüber schreiben. Diese Wirklichkeit anzunehmen und trotzdem nüchtern zu bleiben und sehen, wo wir jetzt gemeinsame Schritte finden können, ist eine große Herausforderung, der wir uns jetzt deutlich zu stellen haben.“

Fliehen ist feige. Sich Scheuklappen aufsetzen verkennt sie. Sich ihr stellen ist anstrengend. Aber der Geist will uns genau dahin führen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Fake News, Glauben, Papst Franziskus, Realismus, Tatsachen, Verschwörungstheorie5 Kommentare zu Verschleierte Wirklichkeit

In Memoriam Klaus Berger

Veröffentlicht am 10. Juni 2020
ein großer Sprecher von Gott Klaus Berger 2017 bei einem Vortrag an der Universität Gregoriana in Rom

Und wieder geht ein großer Sprecher von Gott. Klaus Berger, Exeget, Frager, Schreiber, Sprecher, starb am vergangenen Montag. Unbequem war er und immer eine Bereicherung. Nie um ein Wort verlegen, gerne auch blumig und kantig, so hat er sich jahrelang zu Jesus und Kirche und Theologie geäußert. Gemeinsam mit seiner Frau hat er eine eigene Übersetzung des NT heraus gebracht, in eigener Reihenfolge der Texte und samt der Apokryphen. Da war keine Scheu in ihm, die ihn vor solch einem Werk zurück gehalten hätte.

In den vergangenen Jahren hatte ich mehrfach das Vergnügen, in kleinerem Kreis mit ihm zu tun zu haben. Ein anstrengendes Vergnügen war es, man konnte sich wunderbar an ihm reiben und irgendwie hatte ich auch immer das Gefühl, dass das auch seine Absicht war. Nicht abschauen, nicht ablesen, sondern selber denken.

Ein großer Sprecher von Gott

Dazu verwirrte er gerne. Mit Worten zum Beispiel: „Es herrscht ein bestimmtes Jesusbild vor, dass immer noch den Schlafzimmern des 20. Jahrhunderts entstammt”, so in einem Interview in Rom. Der Jesus, von dem er sprach, war einer, der „wirklich Neues [bringt], was häufig ja verschüttet ist, nicht zuletzt durch die dogmatischen Handbücher, durch die Katechismen und durch die Praxis der Kirchen.“ Und das Neue machte er sichtbar, in dem er das Alte aufrüttelte und durchschüttelte.

Hagenkord: Was würden Sie denn sagen, wie man sich Jesus nähern kann?

Berger: „Indem man anhand von Texten gnadenlos fragt: Wie soll ich das verstehen? Es geht zunächst um das Verstehen eines Fremden, der fremd geworden ist und in anderen Jahrhunderten wahrscheinlich nicht weniger fremd war (..). Es geht um die Begegnung mit einem, der fremd ist und diese Begegnung macht einen schon heiß, wenn man kurz davor ist, etwas davon mit zu bekommen. Es ist wie beim Topfschlagen (…), Theologen können helfen aber die Menschen müssen den entscheidenden Schlag selber machen. Wirkliche Begegnung mit Gott.“

Hagenkord: Bleibt uns der Jesus aber nicht doch auch nach allem Erklären und dann Nachfragen letztlich fremd?

Berger: „Ich finde, dass man jeden Tag gespannt sein darf, was man an genau diesem Tag aus dem Text herausfindet. Das ist bei manchen Texten manchmal ohne Ergebnis, dass man nichts findet, aber meistens ist es doch so, dass man weiter geführt wird, wirklich weiter geführt wird, so dass Jesus nicht fremd bleibt, sondern neue Eigenschaften von sich zeigt. Genau wie meine Frau auch. Meine Frau liebe ich in vergleichbarer Weise, dass ich gespannt bin, was ich heute an ihr entdecken kann.“

Hagenkord: Ruhe und beruhigt sein ist das Gegenteil von Bibellektüre?

Berger: „Ja. Man muss bereit sein, sich überraschen zu lassen und bereit sein, die liebsten Überzeugungen aufzugeben.“

Kirchlich, bildreich, liturgisch

Dabei war Berger immer auch kirchlich. Verwirrend kirchlich, eine Zeit lang wurde eifrigst spekuliert, ob er nun katholisch oder evangelisch sei, Klarheit und kirchliche Eindeutigkeit im Rahmen der Konvention war seine Sache nicht. Und liturgisch war er, da lag seine Bindung an den Orden der Zisterzienser, die ihm wichtig war und die ihn geprägt hat.

Er war ein Mann der Sprache, nicht nur der überlieferten. Seine eigene war bildreich. Ob er nun biblische Theologie mit Geflügelsalat verglich oder in ruhigen aber bestimmten Tönen über die Theologie schimpfte, die Jesus verharmlose. Nicht zuletzt deswegen war es stimmig, dass er sich zuletzt ausführlich dem bildreichsten Buch des Neuen Testamentes gewidmet hat, der Offenbarung des Johannes. „Die Kirche des Wortes lebt in der Welt der Bilder“, so Berger.

Ein großer Sprecher von Gott war er. Und sein unbequemes sprachlich anstrengendes Aufrütteln wird uns fehlen.

 

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Titel, Esel und das leere Grab

Veröffentlicht am 18. April 202015. April 2020
Ostern zu Coronazeiten Ist diese Architektur Auferstehungssymbolik? Oder Machtsymbolik?

Was für eine Auferstehung war das jetzt? Ich meine dieses Jahr, dieses Osterfest, unter diesen Umständen? Ostern zu Coronazeiten ist ja ein anderes Ostern als sonst. Und dieser Jesus, der als Auferstandener Menschen begegnet, begegnet uns anders als sonst.

Mehr noch als sonst ist mir an diesem Fest aufgefallen, wie stark der Gegensatz zwischen Allmacht und Demut ist. Der Tot kann Christus nicht halten, aber trotzdem kommt er nicht wieder in Macht und Glorie, sondern zuerst unerkannt – obwohl seine Jüngerinnen und Jünger ihn doch kennen müssten – und werbend. Nicht Überwältigend.

Ostern zu Coronazeiten

Das ist ein Bruch, der schon das gesamte Leben Jesu über erzählt wurde, angefangen von Betlehem. Aber nirgendwo wird der Gegensatz so krass wie zum Osterfest. Die Allmacht die stärker ist als alle Negation des Lebens agiert nicht in größerer Stärke. Sondern bleibt dem treu, wie sie sich zuvor gezeigt hat und was Jesus gelehrt hat: Barmherzigkeit. Gemeinschaft. Verkündigung.

Mir ist das besonders aufgefallen, weil es vor dem Fest eine kleine Debatte gab, auf den üblichen Debattenplattformen. Vor Ostern noch, wenige Tage vor dem Evangelium des Einzugs Jesu in Jerusalem auf einem Esel, kam es zu einem der üblichen Bergoglio-Skandälchen.

Da war im Annuario, also im Namen und Positionen in der katholischen Kirche angebenden dicken roten Jahrbuch auf der wichtigen ersten Seite auf einmal „Jorge Mario Bergoglio“ zu lesen. Nicht mehr die Titel, die wie Banner vor der Person hergetragen wurden und einer nach dem anderen Amt und theologische Macht verkündeten. Sondern der Name der Person. Da stand nicht mehr „Stellvertreter Christi“ und so weiter, sondern der bürgerliche Name des Inhabers des Amtes ganz oben.

Kein Titel, sondern der Name

Was umgehend von den üblichen Verdächtigen zur „theologischen Barbarei“ erklärt und dadurch zum „Skandälchen“ geadelt wurde.

Die Sache mit dem Esel und Jesus spielt dabei eine Rolle. Ist doch der Esel das vierbeinige Symbol dafür, eben nicht mit klirrenden Waffen in eine Stadt einzuziehen, nicht mit darstellerischem Pomp. Nicht mit Banner-Titeln. Er gehört zu Till Eulenspiegel mehr als zum Fürsten. Was Napoleon genau wusste, der sich einem Esel bei der Überquerung des Großen Sankt Bernhard anvertraute, sich dann aber von J.L. David auf einem schwarzen Kraft strotzenden Hengst malen ließ.

Symbole der Auferstehung

Die Symbole der Macht verschwinden immer mehr in der Selbstdarstellung des Papstes. Was auch während der Osterliturgien mehr als nur deutlich wurde, finde ich. Da ist immer noch viel dran, wo wir aus der Ferne Hofstaat sehen, aber der Papst setzt da seinen Weg konsequent fort.

Zurück zum Osterfest: da ist ja auch eine Menge Symbolik. Und auch Symbolik der Macht, schauen wir alleine auf unsere Kirchen. Gebaut als Verehrung einer Wirklichkeit, die größer ist als all unsere, wirken sie manchmal dann doch wie die Verherrlichung derer, die sie gebaut haben. Jedenfalls uns heute.

Die Auferstehungs-Sprache

Auch die Sprache die wir nutzen, wenn wir vom Auferstandenen sprechen, ist symbolisch aufgeladen. Schon in der Bibel selber ist es so.

Ostern sagt uns aber auch – und sagt uns in diesem Jahr in einer ganz besonderen Färbung – dass wir uns von dieser Symbolik nicht verwirren lassen dürfen. Auch wenn es schwer fällt, auch wenn es überfordert, aber der Gott der Macht begegnet eben nicht in Macht-Gesten, sondern im Unbekannten, überhaupt in Begegnungen.

Zeit, den Auferstandenen neu zu entdecken.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Auferstehung, Corona, Glaube, Kirche, Macht, Symbolik11 Kommentare zu Titel, Esel und das leere Grab

Plage, Sünde und das Kreuz: Wie Gott handelt

Veröffentlicht am 10. April 202010. April 2020
Gott wirkt Gesundheit Symbol unseres Glaubens: Kreuze im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg

Mit Krankheiten war es mal einfacher: Moses richtet in der Wüste eine Schlange auf, eine bronzene mitten im Lager. Und die Menschen, getroffen von einer Plage, wurden gesund, sobald sie diese Schlange anschauten. Gott wirkt Gesundheit. Diese Schlange hat es bis heute ins Logo der Ärzte und Apotheker geschafft, in Verschmelzung mit dem Stab des Äskulap.

Immer wieder meckert Israel und wendet sich gegen Gott, auf dem Zug durch die Wüste muss Mose immer wieder einschreiten, oder Gott selbst ist es, der straft. Unter anderem mit einer Plage. Die von Gott befohlene Schlange wird zur Hilfe gegen eine von Gott geschickte Plage. Die Plage bleibt, nur gibt Gott auch die Rettung dazu.

Gott wirkt Gesundheit

Es ist nicht das einzige Mal, dass der Abfall des Volkes von Gott mit Krankheit bestraft wird. Die Bibel kennt da noch mehrere Erzählungen. Aber die Schlage im Lager Israels ist deswegen so spannend, weil sie es bis in unsere christliche Theologie geschafft hat. Die Textstelle aus dem Buch Numeri hat es in die Leseordnung zum Fest Kreuzerhöhung geschafft.

Die im biblischen Bericht durchscheinende naive Vorstellung von Krankheit als Strafe ist leider so weit weg nicht. Corona zeigt uns, dass diese Vorstellungswelt bis heute wirkt, und das in allen Religionen. Auch in der Kirche gibt es solche Stimmen, die angesichts der Angst und Sorge lieber von Sünde und Umkehr reden. „Die Coronavirus-Pandemie ist wie alle Krankheiten und der Tod selbst eine Folge der Erbsünde“, sagt Erzbischof Carlo Viganò. Nicht die erste wirre Aussage aus seinem Mund.

Straf-Pädagogik Gottes?

Kardinal Raymond Burke geht noch weiter: „Es steht außer Frage, dass große Übel wie die Pest eine Auswirkung der Erbsünde und unserer tatsächlichen Sünden sind. Gott muss in Seiner Gerechtigkeit die Unordnung, die die Sünde in unser Leben und in unsere Welt bringt, reparieren. In der Tat erfüllt Er die Anforderungen der Gerechtigkeit durch Seine überreiche Barmherzigkeit.“ Barmherzigkeit?

Nun ist auch das Neue Testament voller Verweise darauf, dass jemand wegen seiner Sünden krank wird oder nach deren Vergebung geheilt. Deswegen meint auch der deutsche Kardinal Paul Josef Cordes, eine Verbindung der Corona-Pandemie mit Sünde und Gott könne nicht ausgeschlossen werden. 

„Gott will das Gute!”

Und Cordes wendet sich ausdrücklich gegen eine Aussage seines Kardinals-Kollegen Angelo Scola, dieser würde „Gott das Strafen verbieten“, so Cordes über Scola.

Was hat Scola denn angeblich so schlimmes gesagt? Dies hier:

„Gott will das Gute! So sehr will er das Gute, dass er unser Übel, unsere Sünde, auf sich genommen und ans Kreuz genagelt hat. Er benutzt sie nicht als ein Element der Rache. Die Vorstellung von einer göttlichen Bestrafung gehört nicht zur christlichen Vision – auch nicht in so einer dramatischen Situation, wie wir sie gerade erleben. Natürlich ist das ein komplexes Thema, aber Gott greift nicht zur Bestrafung, um uns zu bekehren!“

Und hier sind wir beim Kern: dass die Geschichte von der Schlange auf dem Stab zum Fest Kreuzerhöhung gelesen wird, hat ja seinen Sinn. Denn Jesus hat eben nicht Plage gebracht, Sodom vernichtet, er hat nicht mit Macht gehandelt um Umkehr zu erzwingen.

Keine Macht, kein Zwang

Sondern er ist ans Kreuz gegangen. Das genaue Gegenteil von Macht. Er ist für uns von Gott zur Sünde gemacht geworden, formuliert es auf seine ganz eigene prägnante Art der Apostel Paulus (2 Kor 5).

Die Schlange am Stab weist also nicht auf den Tun-Ergehens-Zusammenhang hin, auf das quasi-erzieherische Strafen Gottes, sondern auf das Kreuz. Auf die bedingungslose Liebe Gottes.

Wir müssen aufpassen, wie wir in diesen Zeiten über Gott und Gottes Handeln sprechen, sagt Erzbischof Vincenzo Paglia (das letzte Zitat eines Bischofs in diesem Text, versprochen). Und sein Beispiel ist einleuchtend: Weil die Pandemie gerade auch diejenigen treffe, die eh schon am Rande seien, die Armen und Schwachen, wäre das zynisch, so von Gott zu denken.

Gott gibt sich am Kreuz zu erkennen

Wenn wir gerade heute an Gott denken, dann so, wie Gott selber sich zu Erkennen gegeben hat. Über das Kreuz. Das lässt die uns so sperrig erscheinenden Stellen der Bibel nicht verschwinden, auch das Sprechen über Sünde bleibt. Aber die Perspektive wird eine andere.

Und: das Kreuz erlaubt etwas nicht, was es leider in der Geschichte der Kirche bis heute – siehe oben – immer wieder gegeben hat, nämlich in seinem Namen Macht ausüben. Menschen zu zwingen, indem man dieses oder jenes zur Ursache erklärt. So geht Kreuz nicht. So geht Erlösung nicht.

So geht Erlösung

Heute, am Karfreitag, lesen wir vom Tode Jesu am Kreuz. Hier ist das Heilshandeln Gottes fokussiert. Nicht in einer Straf-Pädagogik, die letztlich vom Kreuz doch nur ablenken will. Wer angesichts menschlicher Not von Strafe und nötiger Bekehrung spricht, will letztlich das Kreuz nicht wahrhaben.

Sagt uns deswegen das Kreuz etwas über unsere Not? Ja. Gott zeigt sich uns in der Hingabe. Es gibt eben keine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben hingibt für andere, heißt es im Johannesevangelium. Das macht Gott in uns möglich. Und das Kreuz erinnert uns daran, dass Gott selbst diesen Weg zuerst gegangen ist: „Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat“ (Joh 3).

Ich wünsche Ihnen gesegnete Kar-Tage, auch und gerade weil sie in diesem Jahr so ungewöhnlich sind. Vielleicht wird ja etwas sichtbar, was sonst eher verdeckt bleibt.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Barmherzigkeit, Corona, Glaube, Jesus, Karfreitag, Kirche, Kreuz, Kreuzigung, Ostern33 Kommentare zu Plage, Sünde und das Kreuz: Wie Gott handelt

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