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PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

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Monat: Oktober 2015

Annika und der ältere Bruder

Veröffentlicht am 28. Oktober 201524. Oktober 2015

In der Kirche hätten viele das „Problem des älteren Bruders“ heißt es in letzter Zeit immer häufiger. Der Vater über grenzenlose Barmherzigkeit aus, aber derjenige, der verzichtet hat und sich immer bemüht hat, sich an die Regeln zu halten, der treu und loyal war, der zieht den Kürzeren. Das ist die Situation der Erzählung vom verlorenen Sohn oder besser vom barmherzigen Vater, wenn wir uns eine Situation vorstellen, in der wir in so einer „älteren Bruder“ (oder Schwester) Situation handeln müssen, ging allen von uns so: das ist doch ungerecht.

Hauswand, München, im Sommer diesen Jahres
Hauswand, München, im Sommer diesen Jahres

In der vergangenen Zeit habe ich mal wieder viel über die Dynamik des Papstes geschrieben, welche er in die Kirche trägt. Die ist nicht immer schön anzusehen, die drückt sich auch in Konflikten aus und in Widerständen, in Auseinandersetzungen und so weiter. Das ist nicht glatt und wie im Film, das ist echtes Leben. Erst jetzt erkennen wir langsam, was diese „kreative Pastoral“ ist, die gefordert wird, nicht immer klinisch rein und schon gar nicht durch eine einzelne Entscheidung einführbar.

Das trifft auf eine Stimmung zumindest in unserer Gesellschaft, die das Individuelle betont und positiv besetzt – den verlorenen Sohn – und das sich Halten an Konventionen, Treue und Loyalität – den älteren Bruder – eher schlecht. Annika ist langweilig, Pippi Langstrumpf dagegen kreativ und lebendig und es ist gut, dass sie aus Annika immer mehr Pippi macht. Aber was im Film witzig ist, es es vielleicht nicht immer im echten Leben.

Da helfen auch die eher als Vertröstung verstandenen Abschlussworte des Vaters nicht, man habe ja schließlich alles geerbt, es geht nicht um Erbe, es geht um Zuneigung und Anerkennung.

 

Eine Frage der Zuneigung, nicht des Erbes

 

Kreativität überfordert meist. Ich will niemandem, der Einwände hat gegen das, was der Papst predigt, Überforderung unterstellen, das würde herablassend, wertend und psychologisierend sein. Aber als eine Möglichkeit unter vielen möchte ich es doch genannt wissen.

Der ältere Bruder ist nicht gescheitert. Der jüngere war individuell, hat sich gelöst, seinen Weg gesucht. Und er ist damit gescheitert. Dieses kleine Detail dürfen wir nicht vergessen, der liegt in der Gosse, hungernd. Mit einem solchen Scheitern auf ganzer Linie umzugehen, überfordert uns menschlich. Bis zu einem gewissen Punkt haben wir unglaubliche Reserven an Menschlichkeit, siehe Flüchtlinge bei uns, da wird geholfen, aufgenommen, versorgt, zugehört. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo das alles zu viel wird, weil es unsere Welt aus den Fugen bringt. Das ist der Punkt des großen Bruders.

Die Anerkennung und Zuwendung, die der Vater gewährt, bringt ihn durcheinander. Er war loyal und hat sich dadurch eigentlich nicht nur das Erbe, sondern auch die Zuwendung des Vaters verdient. Aber die bekommt der andere.

In uns steckt halt immer auch ein gutes Stück Annika. Nicht aus Über-Ich, weil die Eltern so sind, sondern weil wir selber so sind. Dem müssen wir ins Gesicht schauen. Hart formuliert: Kann ich mich darüber freuen, dass der andere etwas bekommt, das ich für mich erwartet habe? Persönlich oder als Gemeinschaft? Können wir ertragen, dass all die wichtigen Themen, die wir seit Jahren und Jahrzehnten debattieren, auf dem Feld bleiben, während die Party gerade woanders steigt?

Der ältere Bruder gehört zu uns, ihn zu entdecken und zu umarmen gehört zur Dynamik, welche der Papst in uns anzetteln will. Wir sind halt manchmal überfordert. Es geht uns aber besser, das zu wissen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Gleichnis, Jesus, Kirche, Kreativität, Pastoral, verlorene Sohn28 Kommentare zu Annika und der ältere Bruder

Die große Verwirrung

Veröffentlicht am 25. Oktober 2015

Was war das nun? Die Synode ist zu Ende, alle hatten das Schlussdokument betreffend etwas anderes erwartet, der Schreiber dieser Zeilen eingeschlossen. Die Kommentatoren weltweit wissen nicht recht, was sie vom Ergebnis der Synode halten sollen. „Triumph der Konservativen“ und „Triumph für Franziskus“ liest sich beides, bei den Leuten, die es nicht lassen können, in diesen Kategorien zu denken. Auf Deutsch heißt es entweder, die Kirche habe nichts Wirklichkeitstaugliches zur Familie zu sagen, Kirche könne sich nicht zu Reformen durchringen oder Streit ohne Fortschritt. Die große Verwirrung.

Bei mir drängt sich allmählich ein anderer Gedanke nach vorne, nämlich der, dass wir im synodalen Prozess ein Stück „Projekt Franziskus“ gesehen haben. Nichts weniger.

Abschlussrede des Papstes bei der Synode
Abschlussrede des Papstes bei der Synode

Der Papst will Zeit, nicht Raum, genau das haben wir hier. Wenn die Kolleginnen und Kollegen sagen, dass die Synode nix zu sagen habe, dann liegt das genau daran: Prozess, nicht Festlegung.

Die „Umkehr der Kirche“, von der der Papst in Evangelii Gaudium sprach, liegt deswegen nicht in neuen Positionen, an denen man das messen könnte. Sie liegt in der Dynamik, die angestoßen wird, so dass die Kirche sich wieder auf den Weg macht und nicht stecken bleibt.

Das Ganz ist natürlich mühsam, ist natürlich voller Haken und Ösen, aber so ist das Leben eben – die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee, um noch einmal den Papst zu zitieren. Wer genaueres lesen will, dem empfehle ich dringend die Schlussansprache des Papstes, das ist ein Stück für die Geschichtsbücher, auch wenn es gar nicht so daher kommt.

So und genau so sieht das „Projekt Franziskus“ aus.

Jetzt werde ich mich erst einmal von der Synode entfernen, aber irgendwann muss ich diesen Gedanken noch einmal ausführlicher aufgreifen.

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Kirche und Medien, Rom, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Dynamik, Franziskus, Wirklichkeit77 Kommentare zu Die große Verwirrung

Unruhe machen, auch in der Synode

Veröffentlicht am 24. Oktober 201522. Oktober 2015

Franziskus hat viel Unruhe in Vatikan und Weltkirche gebracht, seine Kirche, die herausgeht, die sich bewegt, die an die Ränder geht steht für ein dynamisches Christentum, das gleichzeitig vieles von dem, was ist, in Frage stellt.

Anfangsgebet der Synode mit Papst Franziskus
Anfangsgebet der Synode

Die Synode ist eine Weise, darauf zu reagieren. Hier sind nun Vertreter der Weltkirche, die sich bewegen soll und wird. Und die bringen all die Erfahrungen und Perspektiven mit, die das „Projekt Franziskus“ so interessant aber auch so schwierig machen.

Es geht um gemeinsamen Grund und Boden. Und dann auch wieder nicht, denn eine weitere Schwierigkeit kommt hinzu: Papst Franziskus will gar keine Positionen besetzen, er will Prozesse beginnen, „die Zeit ist wichtiger als der Raum“ nennt er das. Dieses Zitat sollte ich langsam etwas vorsichtiger benutzen, sonst leiert es sich aus, aber es ist wirklich eine der zentralen Achsen, um die sich alles bewegt.

Also selbst wenn die Synode sich auf eine gemeinsame Haltung einigt, die vor allem nach Innen und auf sich selbst gerichtet ist, selbst dann ist das nur der erste Schritt. Papst Franziskus hat viel Unruhe in die Kirche gebracht. Und aus meinem Pressebalkon aus sieht das sehr gut aus.

 

Werben, nicht fordern

 

Nicht immer glatt, nicht immer sind alle einverstanden, es gibt Widerstände und Leute, die das für den falschen Weg halten. Leider kommt es in der Debatte auch immer wieder zu Übertreibungen. Zulassung einiger wird zur freien Zulassung, theologische Bedenken werden zur Blockade, da wird einiges schwieriger gemacht, als es in Wirklichkeit ist. Aber das ist Teil dessen, wie wir Menschen miteinander umgehen. Das macht auch vor Bischöfen nicht halt.

„Für etwas werben” ist die richtige Verhaltensform in einer solchen Debatte. Und davon habe ich sehr viel gesehen. Fordern ist die falsche. Apodiktisch feststellen ist destruktiv, und damit auch nicht weiterführend. In all dem hat die Kirche noch viel, sehr viel zu lernen. Angefangen von der Bischofssynode als Institution.

Die Unruhe, die der Papst in Vatikan und Weltkirche gebracht hat, zeigt sich darin, dass die angestoßenen Prozesse nicht glatt ablaufen, weil sie eben mit konkreten Menschen und Kulturen zu tun haben. Das mag man beklagen, das mag man zu langsam finden, aber das ist vor allem eins: es ist echt.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Franziskus, Papst, Reform, Unruhe, Weltkirche16 Kommentare zu Unruhe machen, auch in der Synode

Pastorale Konsequenzen

Veröffentlicht am 22. Oktober 2015

Die Kirche muss pastoral handeln, in konkreten Situationen und nicht abstrakten Begriffen. Das ist eine der Richtungen, die bei der im Augenblick ablaufenden Synode immer wieder debattiert wird. Das gibt es in der Spielart der Dezentralisierung, Entscheidungen etwa zur Zulassung zu den Sakramenten sollten lokal getroffen werden. Das gibt es in der Spielart des “Forum Internum”, also vor allem der Beichte: Hier sei der Ort, zu unterscheiden, ob ein Sakramentenzugang möglich sei.

Es geht auf jeden Fall um pastorale Unterscheidungen. Seitdem Kardinal Kasper vor mittlerweile eineinhalb Jahren seinen berühmten Vortrag vor dem Konsistorium gehalten hat, ist das einer von vielen möglichen Wegen, aus der vertrackten Debatte um gescheiterter Ehen und den Zugang zu den Sakramenten wieder heraus zu kommen. Seitdem wird debattiert und polemisiert, und auch wenn Kardinal Kaspers Name damit verbunden ist, ist er längst nicht der einzige, der darüber spricht.

Seit Monaten wird diese Frage nun geknetet und reflektiert, mir selber sind da auch einige Überlegungen gekommen. Machen wir ein Beispiel: Ein Mann heiratet, bekommt Kinder, lässt dann aber seine Frau mit den Kindern sitzen. Diese muss, um den Kindern einen Vater zu geben und selber überleben zu können, eine neue Partnerschaft eingehen. Nun darf sie aber nicht zu den Sakramenten, er aber schon, weil er nicht wieder geheiratet hat.

 

Wie sage ich „Nein“?

 

Die entscheidende Frage, und auch die entscheidende pastorale Frage lautet nun: Wie sage ich „Nein“? „Ja“ sagen fällt einfach, dafür gibt es immer pastorale Gründe. Aber eine Unterscheidung und Prüfung hat ja nur dann einen Sinn, wenn es auch die Alternative eines „Nein“ gibt.

Nun – bleiben wir hypothetisch – hat aber eine der beiden Parteien einen Bruder im Kirchenvorstand oder der Stadtverwaltung, der entscheidende Pfarrer muss also Rücksichten nehmen, er entscheidet nicht im luftleeren Raum. Will er sich seine Situation vor Ort nicht ruinieren, dann fließt das alles in die Entscheidung ein. Aus einzelnen pastoralen Entscheidungen können als schnell Zwickmühlen entstehen, die weit mehr Faktoren in die Unterscheidung einbeziehen, als den Ideengebern lieb ist. Weiterlesen “Pastorale Konsequenzen”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Rom, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Ehe, Kasper, Kirchenrecht, Pastoral, Vorschlag46 Kommentare zu Pastorale Konsequenzen

Unglückspropheten

Veröffentlicht am 21. Oktober 2015

Kardinal Donald Wuerl hat vorgelegt, die deutschsprachige Gruppe hat nachgelegt: In einem Interview mit dem Magazin „America“ betonte der Erzbischof von Washington DC, dass er nicht erkennen kann, wo und wie die Synode manipuliert worden sein soll. Immer wieder war ja von Bloggern dieser Vorwurf erhoben worden. Auch im Pressesaal haben wir das einige Male gehört, da allerdings von Leuten, denen weniger daran gelegen war, eine Frage zu stellen, sondern ein Statement abzugeben. Eine interessante Aufgabe wird sein, wie man in Zukunft Journalist sein will, wenn immer mehr Zeit von Rechthabern eingenommen wird. Aber ich schweife ab.

Also, der Kardinal hat vorgelegt: keine Manipulation. „Nun gibt es einige Bischöfe, die finden, wir sollten über all das am besten überhaupt nicht diskutieren. Das sind die, die während der letzten Synode dauernd Interviews gaben und behaupteten, dass es Intrigen und Manipulation gebe. Das fällt, denke ich, auf sie zurück.“ Er frage sich, „ob einigen dieser Leute einfach dieser Papst nicht passt“. Es gebe immer jemanden, „der unglücklich ist über das, was in der Kirche vorgeht“. Aber am Ende werde die Wahrheit gewinnen: all die Schwarzseher – meine Worte – die vermuten, dass hier Lehre geändert würde, eine Verschwörung gegen die Katholizität der Kirche, Manipulation durch den Papst und all das, das sieht Wuerl nicht. Immerhin hat sogar ein Kommentar in der New York Times, wenn auch kein wirklich erleuchteter, diese Vorwürfe erhoben. „Liberale” Zeitungen scheinen sich allgemein einen unzufriedenen Schimpfer zuzulegen, das ist wohl Mode. Aber ich schweife schon wieder ab.

Wuerls Unzufriedenheit über die Munkler und Unglückspropheten ist jedenfalls deutlich zu bemerken. Und ihm scheint es auch besser zu gehen, jetzt wo er das mal öffentlich gesagt hat, jedenfalls schien er mir aufgeräumt.

 

Nachgelegt

 

Und dann legt der Germanicus, die deutschsprachige Arbeitsgruppe, nach. Die Mitglieder kritisieren mit deutlichen Worten direkt zu Beginn ihres Abschlussberichtes Synodenväter, allerdings ohne Namen oder genaue Umstände zu nennen. Es seien in Interviews „Bilder und Vergleiche“ gebraucht worden, die „nicht nur undifferenziert und falsch“ seien, sondern „verletzend“. Einstimmig ist dieser Text verabschiedet worden, darf man dazu sagen.

„Mit großer Betroffenheit und Trauer“ habe man die Äußerungen einzelner Synodenväter „zu Personen, Inhalt und Verlauf“ der Synode zur Kenntnis genommen, heißt es in dem auf deutsch in der Aula verlesenen Papier. Man distanziere sich entschieden, das Vorgehen widerspreche „dem Geist des Zusammengehens, dem Geist der Synode und ihren elementaren Regeln“. Weiterlesen “Unglückspropheten”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter America, Bischofssynode, Franziskus, Kritik, Methode, Papst, Synode, Synodenväter, Wuerl9 Kommentare zu Unglückspropheten

Die Situation des Einzelnen vor Gott anerkennen

Veröffentlicht am 19. Oktober 201518. Oktober 2015

Die Synode ging an diesem Freitag zum letzten Mal in Kleingruppen. Eigentlich war das erst für den Samstag geplant, aber die Synode hatte gut und schnell gearbeitet, es konnte früher begonnen werden.

Überspitzt formuliert geht es in diesen Tagen um die Frage, wie Barmherzigkeit und Wahrheit konkret zusammen passen, wie das praktisch aussehen kann, pastoral zu sein und aus sich selbst heraus zu gehen. Angeschnitten wurden die Themen bereits vor einer Woche, bei den ersten Beiträgen zum dritten Teil des Arbeitsdokumentes.

Eines der dabei immer wieder genannten Themen war das der Begleitung und Vorbereitung; von Ehen wie auch von ganzen Familien, ebenso von Seelsorgern und Priestern. Ein Synodenvater verwies dazu auf Evangelii Gaudium von Papst Franziskus, in dem dieser ausführlich auf diese Frage eingeht.

Das Kapitel „Die persönliche Begleitung der Wachstumsprozesse“ stelle ich an dieser Stelle noch einmal ein, denn es ist mehr als nur ein praktisches Instrument, darin steckt ein Grundgedanke von Seelsorge und darüber hinaus vom christlichen Umgang miteinander. Beim Thema Familie und bei anderen Themen:

 

Kaffeepause bei der Synode - der Papst im Gespräch
Kaffeepause bei der Synode – der Papst im Gespräch

Aus Evangelii Gaudium

169. In einer Zivilisation, die an der Anonymität leidet und paradoxerweise zugleich, schamlos krank an einer ungesunden Neugier, darauf versessen ist, Details aus dem Leben der anderen zu erfahren, braucht die Kirche den Blick der Nähe, um den anderen anzuschauen, gerührt zu werden und vor ihm Halt zu machen, so oft es nötig ist. In dieser Welt können die geweihten Diener und die übrigen in der Seelsorge Tätigen den Wohlgeruch der Nähe und Gegenwart Jesu und seines persönlichen Blicks wahrnehmbar machen. Die Kirche wird ihre Glieder – Priester, Ordensleute und Laien – in diese „Kunst der Begleitung” einführen müssen, damit alle stets lernen, vor dem heiligen Boden des anderen sich die Sandalen von den Füßen zu streifen (vgl. Ex 3,5). Wir müssen unserem Wandel den heilsamen Rhythmus der Zuwendung geben, mit einem achtungsvollen Blick voll des Mitleids, der aber zugleich heilt, befreit und zum Reifen im christlichen Leben ermuntert.

 

„Wort finden, die uns aus der bequemen Position des Zuschauers herausholen“

 

170. Auch wenn das offensichtlich scheint, muss die geistliche Begleitung mehr und mehr zu Gott hinführen, denn in ihm können wir die wahre Freiheit erlangen. Einige halten sich für frei, wenn sie abseits von Gott eigene Wege gehen. Aber sie merken nicht, dass sie dabei existentiell verwaisen, dass sie ohne Schutz sind, ohne ein Heim, in das sie immer zurückkehren können. Sie hören auf, Pilger zu sein, und werden zu Umherirrenden, die immer um sich selbst kreisen, ohne je an ein Ziel zu gelangen. Weiterlesen “Die Situation des Einzelnen vor Gott anerkennen”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Begleitung, Bischofssynode, Evangelii Gaudium, Familie, Franziskus, Papst, Pilgerschaft, Seelsorge15 Kommentare zu Die Situation des Einzelnen vor Gott anerkennen

Synodalität ist die Zukunft der Kirche

Veröffentlicht am 18. Oktober 201526. Oktober 2019
Der Papst und seine Synode Da ist sie wieder, die Bischofssynode. Hier die Abschlusssitzung von 2015

Wenn Papst Franziskus das Kirchenrecht zitiert, dann muss schon etwas Besonderes passieren. Und besonders war sie auch, die Rede des Papstes beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Bischofssynode. Er stieg ein mit der Unfehlbarkeit „in credendo“, also im Akt des Glaubens, und im Gespür des Volkes Gottes für den Weg, den Gott mit seiner Kirche gehen will. Einfach formuliert: Dem Volk Gottes ist nicht nur einfach etwas vorzusetzen, es hat seinen eigenen Beitrag zu leisten.

Das zum Beginn einer Betrachtung über Sinn und Zukunft der Bischofssynode, das hatte Format. Die Gedanken des Papstes haben zwei Richtungen, eine eher kurzfristige, auf die laufende Synode gerichtete, und eine längerfristige. Die kurzfristige Dimension ist sofort aufgefallen und ist auch von den Medien sofort aufgegriffen worden: „Papst macht Synode klar, dass er das letzte Wort haben wird“. Aber es ging nicht nur um diese Synodenversammlung, sondern um den gesamten synodalen Prozess zum Thema Familie: Der Papst und seine Synode.

Der Papst und seine Synode

Schauen wir bei der Abschlussrede der letzten Synodenversammlung am 18. Oktober 2014 nach, dann finden sich fast identische Formulierungen zur Autorität des Papstes. Macht in der Kirche ist ein Dienst: Diesen Gedanken hatte er damals mit Bezug auf Papst Benedikt XVI. sehr deutlich herausgestellt. Gleich im Anschluss daran sprach er über sein eigenes Amt: „Der Papst ist in diesem Sinn nicht der oberste Herr sondern vielmehr der oberste Diener, der Diener der Diener Gottes; er ist der Garant des Gehorsams, der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, mit dem Evangelium Christi und der Tradition der Kirche. Jede persönliche Willkür beiseite lassend ist er dem Willen Christi gemäß der „oberste Hirte und Lehrer alle Gläubigen” (CIC 749), dazu hat er „die volle ordentliche Autorität, die oberste, volle, unmittelbare und universale in der Kirche” (CIC 331-334).“ Die Rede in diesem Jahr liest sich wie eine Auslegung dieses einen Absatzes, eine Erweiterung auf alle Ebenen der Kirche. Und es wäre zu wenig, wenn man sie nur kurzfristig auf diese Synode bezogen verstehen würde.

Der Papst nimmt Anlauf

Trotzdem möchte ich noch diesen Gedanken zu Ende führen, denn die Wirklichkeit ist ja wichtiger als die Idee, wie der Papst sagt, es muss also alles in seinen Umständen verstanden werden. Natürlich ist das auch ein Signal an die Synodenväter, offen zu reden, aber nicht zu glauben dass das die Autorität des Papstes verkleinern würde. Die Ergebnisse der Debatte werden ihm, dem „obersten Hirten und Lehrer aller Gläubigen“ (zitiert im vergangenen Jahr wie in diesem Jahr) vorgelegt, es liegt dann an ihm, daraus etwas zu machen. Das liest sich wie ein Anlauf zu den Entscheidungen, die er zu treffen gedenkt.

Aber viel wichtiger scheint mir die längerfristige Dimension der Gedanken des Papstes zu sein.

Schauen wir genau hin, was der Papst nicht gesagt hat. Er will keine Parlamentarisierung der Synode, sie soll kein Entscheidungsgremium der Weltkirche werden. Er verlagert nicht Autorität auf ein Kollektivgremium. Zu Beginn der Synode hatte er ja noch einmal sehr deutlich gesagt, dass die Beratungen kein Parlament sind, ja nicht sein können, weil es um die Unterscheidung des Willens Gottes gehe, nicht um Kompromisse.
Gemeinsam hören, beraten, sich verändern lassen, auf dem Weg sein, um die wörtliche Übersetzung des griechischen Wortes Synodos zu verwenden.

Auch der Verweis auf die Chancen für die Ökumene, welche in einer Weiterentwicklung der Synodalität liegen und die der Papst zum Schluss nennt, weisen deutlich darauf hin, dass diese zweite, längerfristige oder grundsätzlichere Dimension wichtig ist.

Synode ist kein Selbstzweck

Einmal ganz einfach gefragt: Wenn auf dem Weg der von ihm gewünschten Dezentralisierung der Kirche die Synode also kein Entscheidungsgremium sein kann, was dann?

Dreistufiges Hören aufeinander nennt er es in seiner Rede: zuerst im Volk Gottes, dann unter den Hirten, zuletzt der Papst selber. Der Sinn der Übung ist die Verkündigung, das Ganze ist kein Selbstzweck. „Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung, und es wäre unangemessen, an einen Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfänger ihres Handelns wäre“, zitiert er sein eigenes Schreiben Evangelii Gaudium (Nr. 120). Es geht also nicht um ein perfektes Funktionieren, sondern um ein tätiges Verkünden, und dazu hat der Herr die Kirche beauftragt.

Zurück zur Synode: Sie wird in den Worten des Papstes also zu einer Art Klammer, welche das Hören innerhalb der Kirche ermöglicht und strukturiert. Nicht die einzige Klammer, der Papst ist sehr klar, dass es auch andere Wege und Möglichkeiten gibt, die zu nutzen sind oder sogar weiterzuentwickeln. Vielleicht gibt es ja in den antiken Kirchenordnungen, die ja sehr viel synodaler waren, noch etwas zu lernen, fragt er.

Aber auch wenn es nicht die einzige Klammer ist, so ist es doch eine wichtige, weil sie auch den Papst einschließt und weil es hier um die Universalität der Kirche geht.

Cum Petro et sub Petro

Synodenmitglieder sind nicht Repräsentanten wie Mitglieder eines Parlamentes es sind, der Glaube kann nicht repräsentiert, sondern nur bezeugt werden. Es geht also um die Beratung und um die „Unterscheidung des Willens und Weges Gottes“. Das ist der Sinn der Synode. Das sind nicht meine Gedanken, sie stammen aus der Rede von Kardinal Christoph Schönborn aus der gleichen Feierstunde. Der Kardinal fasst zusammen, worum es dem Papst geht.

Zusammen gedacht mit der Frage einer „heilsamen Dezentralisierung“ der Kirche und einer „Bekehrung des Papsttums“ – zwei Gedanken aus Evangelii Gaudium, die er in seiner Ansprache wörtlich zitiert – könnte man nun meinen, dass die Synode etwas von der Autorität des Papstamtes übernimmt und dadurch eine eigene Autorität bei der Leitung bekommt.

Weit gefehlt. Genau das wäre das Parlament, dass der Papst nicht will.

Aber was will er dann? Er macht das Papstamt nicht etwas schwächer, im Gegenteil: „ Die Tatsache, dass die Synode immer cum Petro et sub Petro handelt, also nicht nur mit dem Papst, sondern auch unter dem Papst, ist keine Beschränkung ihrer Freiheit, sondern eine Garantie der Einheit. Tatsächlich ist der Papst dank dem Willen des Herrn „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ (Lumen Gentium 23, vgl. 1. Vat. Konzil Pastor Aeternus).“ Schon lange hat kein Papst mehr das Konzilsdokument Pastor Aeternus aus dem Ersten Vatikanischen Konzil zitiert, das Dokument in dem der so genannte Jurisdiktionsprimat, die oberste Autorität der Päpste in der Kirche, und die päpstliche Unfehlbarkeit festgelegt werden. Papst Franziskus hat es im vergangenen Jahr zitiert und in diesem Jahr wieder.

Die beiden Unfehlbarkeiten

Aber er zitiert auch ausgiebig das Zweite Vatikanische Konzil in seinen Kirchendokumenten, Lumen Gentium und Gaudium et Spes. Er bindet das sozusagen zusammen: Die Unfehlbarkeit in Lehrfragen einerseits und die Unfehlbarkeit des Volkes Gottes in credendo andererseits, die gehören zusammen.

Unfehlbarkeit des Volkes Gottes schwächt nicht die Autorität des Amtes, soll das heißen.

Noch ein Wort zur Frage von Autorität in der Kirche allgemein. Wenn ein Bischof mit goldenem Kreuz, finanziell abgesicherter Zukunft, gutem Anzug – der Uniform der Bürgerlichkeit – und großer Wohnung davon sprechen würde, dass er der Geringste in der Gemeinde sei, klänge das zynisch. Das Ärgernis der Bischofshauses von Limburg liegt ja weniger in den Kosten als vielmehr darin, dass das ein Bischof für sich hat bauen lassen, ein großes Stück Kuchen für sich während überall woanders gespart werden muss.

Aus dem Mund von Papst Franziskus klingt das aber keineswegs zynisch, denn erlebt vor, wie er sich Bischöfe wünscht, eben nicht mit der „Psychologie von Prinzen“, um noch einmal Evangelii Gaudium zu zitieren.

Franziskus kann also über päpstliche Autorität sprechen und sie sogar noch einmal klar und deutlich formulieren, ohne dass das selbsterhöhend wirken würde.

Dazu tritt dann die Synode, ohne von dieser Autorität etwas weg zu nehmen. Der Synode gibt der Papst in seiner Rede gar keine neue Autorität. Wenn es also nicht um die Autorität der Synode geht, worum geht es dann? Um die Methode und die Einordnung in die Kirche. Das klingt schwach, aber ist ganz und gar im Ton Franziskus’.

Die Methode hat der Papst ja schon verändert, durch die Fragebögen zum Beispiel und die Betonung der Kleingruppen, aber auch hier sei die Synode noch „auf halber Strecke“, wie er sagt. Da ist also noch mehr drin. Und wichtig ist diese Synode wegen des zweiten Punktes, der Einordnung in das Leben der Kirche. Aufeinander hören, sich voneinander verändern lassen, auf den Willen Gottes hören, darum geht es. Letztlich ist das viel wichtiger als die Frage, wer was zu sagen oder nicht zu sagen hat, denn hier – im Entdecken des Willens Gottes – lebt die Kirche.

Methodisch können solche Mittel wie der Fragebogen, der ja auch sehr viel Verwirrung geschaffen hat, also noch verbessert werden. Aber die eingeschlagene Richtung ist klar: Wenn wir nachlesen, was die Kirche über das Volk Gottes lehrt – siehe Konzil – dann muss das auch in der Synode ganz praktisch seinen Wiederhall finden.

Der eine hört auf den anderen, ganz konkret

Ganz praktisch, in der Methode: Das ist O-Ton Franziskus. Der Papst ist ja immer ganz konkret.

Ein letzter Gedanke: Wozu er (noch) nichts gesagt hat ist ein weiteres Thema, das während dieser Synode wie schon bei der letzten mitgelaufen ist, nämlich die Frage von Lokalität und Universalität der Kirche. Und das auch noch unter den Bedingungen der modernen Informationsgesellschaft.

Was der Papst in seiner Ansprache geliefert hat ist eine Weiterentwicklung der Gedanken vom vergangenen Jahr, er geht in Richtung einer Neuausrichtung der Synoden wie auch der anderen Instrumente. Nicht um Autorität dorthin zu verlagern, sondern um das echte Leben der Kirche, den Willen Gottes, dort zu finden: „Das gläubige Gottesvolk, das Kollegium der Bischöfe, der Bischof von Rom: der eine hört auf den anderen, und gemeinsam hören sie auf den Heiligen Geist, den Geist der Wahrheit (Joh 14,17), um das zu erkennen, was Er seinen Kirchen sagt (Apg 2,7).“

Das ist kein pastorales Gerede, das macht er mit seiner Synode auch ganz praktisch, ganz konkret, so die Synodenväter das mitgehen. Er ändert die Methode, er legt seine Vision von Synode vor. Aber auf diesem Weg gibt es noch viel zu tun, über die Synode hinaus. Noch einmal der Papst: „In einer synodalen Kirche ist die Bischofssynode nur der sichtbarste Ausdruck der Dynamik einer Gemeinschaft, die alle kirchlichen Entscheidungen anregt.“

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Autorität, Bischofssynode, Franziskus, Konzil, Papst, Pastor Aeternus, Synodalität, Synode, Unfehlbarkeit, Vatikan, Volk Gottes20 Kommentare zu Synodalität ist die Zukunft der Kirche

Mein Synodentag

Veröffentlicht am 15. Oktober 201530. Oktober 2015

Morgens, früh, sehr früh. Aufstehen. In den Tagen der Synode bin ich früher auf den Beinen als sonst, das Jesuitenhaus in dem ich wohne ist voller Synoden-Gäste, wenn man in Ruhe frühstücken will – und das ist ein Muss für mich – dann muss das sehr früh sein. Kaffee ohne Thema, ohne Fragen, ohne Debatte. Außerdem will ich vorher noch die Zeitung lesen und meine Notizen für den Tag durchgehen. Da ist das Radio doch geruhsamer als Arbeitsort.

8.30 Uhr: Ankommen in der Synodenaula. Unten, im Foyer, trifft sich alles. Bischöfe und Kardinäle, Helfer und Auditoren. Eine gute Kontaktbörse, man fragt die Stimmung ab, informiert sich über die Arbeit, scherzt und macht Small-Talk. Manchmal aber erwische ich auch eine wirklich gute – wenn auch kurze – Unterhaltung. Und da man sich hier schon länger täglich sieht, kennt man sich auch besser.

8:50 Uhr: Ich mache mich auf nach oben, zwei Stockwerke rauf, zu meinem Platz. Zuvor noch ein Griff in mein Postfach – jeder Synodenteilnehmer hat ein Postfach – in dem immer eine Presseschau liegt. Der Vatikan stellt zusammen, was alles über Synode und Vatikan und sonstigen wichtigen Ereignissen veröffentlich wurde und stellt und das zur Verfügung. Meistens ziehe ich das dann aber abends mit schlechtem Gewissen aus der Tasche, „schon wieder nicht gelesen.“

 

Die Lobby ist der wichtigste Ort

 

9:00 Uhr: Gebet in der Aula. Vor der Sitzung wird gebetet, nicht kurz ein Vaterunser, sondern ein Teil des Stundengebetes. Dazu stehen wir Presse-Menschen hinten oben im Saal, unsere Plätze sind noch vom Chor der Sixtinischen Kapelle besetzt. Natürlich nicht vom ganzen Chor, aber von einigen Sängern, die das Gebet vortragen. Meistens sind auch andere Kollegen dabei, für die das die einzige Gelegenheit ist, während der Sitzung in die Aula zu kommen und zu filmen. TV braucht Bilder.

Dann beginnt die Sitzung. Wir gehen in unseren Pressebalkon, die Kollegen werden herausgebeten, die Blöcke werden gezückt, die Computer aufgeklappt. Kardinal Baldisseri, der Sekretär der Bischofssynode, erklärt das Programm für den Tag und einer der vier Präsidenten, die jeweils für einen Tag leiten, beginnt mit der Moderation.

Wir bekommen stapelweise Papier, die Beiträge der Synodalen zum mit- und gegenlesen. Einige lesen ab – sehr angenehm für uns – einige fassen ihre längeren Statements zusammen – da ist dann eifriges Blättern gefragt. Schnell verwandelt sich der Sitzplatz mit Rechner, Papier, Stiften, Blöcke und dergleichen in ein Abbild meines Schreibtisches im Radio: irgendwie ist da immer zu viel drauf.

Bischöfe betrachten die Fotoauswahl der Synode
“Ich und der Papst – das Foto muss doch irgendwo sein…”

10:30 Uhr: Kaffeepause. Siehe Ankommen in der Aula, ein wichtiger Kontaktort. Die Kollegen von Radio Vatikan streichen umher und sehen zu, wen sie interviewen können. Die Schlange vor dem Kaffee ist lang, die Kleinigkeiten zum Essen sind schnell weg.

Im Foyer hat auch der Foto-service einen Stand, einige Synodalen sind in die Bildschirme vertieft auf der Suche nach einem Foto von ihnen mit dem Papst. Das muss doch irgendwo sein …

Meistens stehe ich mit meinen Kollegen zusammen, wenigstens für einige Minuten, uns abzusprechen: Pater Federico Lombardi, unser Chef, Romilda Ferrauto (französisch), Manuel Dorantes (spanisch), Tom Rosica (englisch) und ich. Weiterlesen “Mein Synodentag”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Rom, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Franziskus, Medien, Papst, Radio Vatikan, Tagesablauf20 Kommentare zu Mein Synodentag

Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Veröffentlicht am 14. Oktober 201515. Oktober 2015

Es war “Germanicus”, die deutschsprachige Arbeitsgruppe bei der Bischofssynode, die es in ihrem Bericht zur zweiten Woche am klarsten aussprach: die Synode müsse sich wie sie selber es in der Gruppe getan hätten zur Frage von Gerechtigkeit/Wahrheit und Barmherzigkeit verhalten. In der Gruppe hätten sie dazu einige Vorschläge erarbeitet, die übrigens alle einstimmig verabschiedet wurden, interessant wenn man die Zusammensetzung betrachtet, wie Kardinal Vincent Nichols bei der Pressekonferenz an diesem Mittwoch kommentierte. Aber es gibt ja Vorarbeit.

Es lohnt sich nachzulesen, was derjenige geschrieben hat, der diese Synode einberufen hat und der von ihr beraten wird: Papst Franziskus. Lesen wir bei Misericordiae Vultus, der Einberufungsbulle zum Heiligen Jahr, die Nr. 20 und 21 (die deutsche Webseite des Vatikan hat leider die Nummerierung nicht übernommen).

 

Der Papst schreibt:

Es ist nicht sinnlos, in diesem Zusammenhang auf die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit hinzuweisen. Es handelt sich dabei nicht um zwei gegensätzliche Aspekte, sondern um zwei Dimensionen einer einzigen Wirklichkeit, die sich fortschreitend entwickelt, bis sie ihren Höhepunkt in der Fülle der Liebe erreicht hat. Weiterlesen “Gerechtigkeit und Barmherzigkeit”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Papstreise, Rom, VatikanSchlagwörter Barmherzigkeit, Bischofssynode, Franziskus, Heiliges Jahr34 Kommentare zu Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Ist das jetzt die Kirchenreform?

Veröffentlicht am 13. Oktober 2015

Die Synode steckt in den Kleingruppen, von denen wir wenig hören und sehen werden; außer den Papieren natürlich, die sie an die gesamte Synode richten. Daneben gibt es die „modi“, also die Beiträge zum Arbeitsdokument, 473 davon gibt es allein zum ersten Teil des Dokumentes. Und jetzt – zum zweiten Teil – werden es sicherlich auch nicht viel weniger.

Bei der Arbeit: Synode 2015
Bei der Arbeit: Synode 2015

Das ist nicht fürchterlich spannend. Es ist kein Showdown, kein großer Konflikt. Es geht um Kirche und Familie, um Herausforderung und Sendung, es geht um die Worte Jesu und die Wirklichkeit der Menschen heute.

Und auch wenn einige lieber vom Thema ablenken und über Prozesse sprechen – wer entscheidet was? – wird am Ende doch ein Dokument stehen, dass in großen Teilen positiv über die Familie und die Kirche spricht. Es wird, da bin ich mir ziemlich sicher, das Rad nicht neu erfinden, es wird anders als von einigen befürchtet die Welt nicht in Erstaunen und die Gläubigen nicht in Verwirrung versetzen.

Die Frage ist, ob das schon ein Teil dessen ist, was Papst Franziskus mit seiner Reform, wenn ich das Wort hier einmal gebrauchen mag, erreichen will. Mit dem „Projekt Franziskus“. Ein Teil bei ihm ist immer der Weg, die Dynamik. Das hat er erreicht, Zeit ist wichtiger als Raum, also das Vorangehen ist wichtiger als das  Besetzen von Positionen. Mehr Kleingruppen bedeutet mehr Debatte, nicht Vorlesen von vorbereiteten Statements, sondern aufeinander Eingehen. Aber bislang steht am Ende wieder ein langes Papier das – seien wir ehrlich – die wenigsten wirklich lesen werden. Und je länger es wird, desto weniger Leser wird es haben.

 

Keine Reform von oben

 

Also wird die Öffentlichkeit nach der 13-Kardinäle Geschichte und all den geweckten Erwartungen am Schluss da drauf schauen und sagen „das war alles?“ Wo sind die Entscheidungen? Wo die Öffnung? Wo die Reform? Er hat doch gar nichts erreicht!

Doch, hat er. Nur ist der Papst nicht jemand, der Ergebnisse vorschreibt. Er hat das Kirchenrecht in einem Punkt massiv geändert, nicht nur im Inhalt sondern in seiner Ausrichtung. Das heißt er ist durchaus willig, klare Entscheidungen zu treffen, wo klare Entscheidungen gefragt sind. Weiterlesen “Ist das jetzt die Kirchenreform?”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Rom, Vatikan7 Kommentare zu Ist das jetzt die Kirchenreform?

Pressebalkon, revisited

Veröffentlicht am 12. Oktober 2015

Dreizehn Kardinäle sollen einen Brief an Papst Franziskus geschrieben haben, in dem sie ihrer Sorge Ausdruck verleihen, dass die Methode der Synode und die ernannten Mitglieder des Redaktionskomitees eine inhaltliche Entscheidung der Synode vorwegnehmen. Soll heißen, eigentlich habe die Synode nichts zu sagen, die Entscheidungen seien schon vorher gefallen. Ein gewichtiger Vorwurf.

Beim genauen Hinsehen aber stellt sich heraus, dass die Dreizehn sich beklagen, dass die Moderatoren und Relatoren der Kleingruppen ernannt seien, nicht gewählt. Aber das stimmt gar nicht. Sie wurden gewählt, bei einer Wahl war ich dabei, von drei anderen ist mir berichtet worden. Bei der Lektüre des Briefes fragt man sich also, ob die Verfasser das Verfahren überhaupt kannten.

 

“Der Geist wirkt durch Verwirrung”

 

Dann stellt sich durch einige Anrufe heraus, dass einige der dreizehn Kardinäle – Scola, Piacenza und Vingt-Trois – gar nicht unterschrieben haben. Und Kardinal Napier sagt, er habe einen Brief unterschrieben, aber nicht den, der im Internet kursiert, sondern einen, der nur einen einzigen Kritikpunkt enthielt.

Was für ein schales Spiel der beteiligten Journalisten und wer-weiß-nicht-wer-noch. Die katholische Kirche hält das Thema Familie für zentral. Aber wenn man zusammen sitzt, um zu reden, rückt man dann doch lieber andere Fragen in den Mittelpunkt.

Einspruch und Kritik ist gewünscht, und so soll Kardinal Napier das letzte Wort hier haben. Ein Interview mit CruxNow, in dem er seine Kritik erklärt, endet mit den Worten, dass diese Verwirrung ein versteckter Segen sein könnte, „der heilige Geist wirkt auch durch Verwirrung, solange er uns nicht dazu bringt, uns an die Gurgel zu gehen.“ Nun werden die nächsten Tage zeigen, ob diese absurde Vorstellung zur Vernunft bringt oder zu weiteren Antagonismen.

Die große Mehrheit der Synode, die ich beobachte, ist jedenfalls am Thema interessiert und nicht an diesen Rand-Kämpfen.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Rom, VatikanSchlagwörter Bischofssynode, Familie, Franziskus, hrist&Welt, Kardinäle, Kolumne, Kurie, Napier, Papst, Resing, Widerspruch10 Kommentare zu Pressebalkon, revisited

Der Pressebalkon

Veröffentlicht am 10. Oktober 201511. Oktober 2015

Man berichtet nicht über ein Ereignis, sondern man berichtet, was andere über ein Ereignis berichten. So in etwa charakterisiert ein erfahrener Vatikan-Journalist das, was er derzeit in Rom tut. Anstatt selber bei der Synode dabei sein zu können, müsse man sich auf die Berichte der Berichterstatter verlassen. Also unter anderem auf meinen.

Vor der Pressekonferenz: Im Büro sind die Bischöfe Kurtz (USA/links) und Osorno (Spanien/rechts) dazwischen Kardinal Tagle (Philippinen).
Vor der Pressekonferenz: Im Büro sind die Bischöfe Kurtz (USA/links) und Osoro (Spanien/rechts) dazwischen Kardinal Tagle (Philippinen).

Man müsste die Synode in der Audienzhalle stattfinden lassen, wollte man alle Journalisten unterbringen wollen, die zusehen wollten. Zumindest an Tag Eins. Vielleicht auch noch an Tag Zwei. Außerdem würden die Worte der Synodenmitglieder dann an die Kameras und die Schreibblöcke gerichtet, nicht an die anwesenden Anderen, es ist wie in Bundestag und anderen Parlamenten, nehmen wir nur einmal an, ganz hypothetisch, ein Beitrag würde die Pros und Cons von Frauenpriesterweihe debattieren. Wirklich nur hypothetisch, um einen Fall zu konstruieren. Dann würde fünf Minuten später getwittert: „Synode diskutiert Frauenpriestertum“ und sämtliche Berichterstattung, sämtliche Fragen bei Interviews, ganz zu schweigen von Erwartungshaltungen, würden sich um diese eine Frage drehen. Man kann also gar nicht nachdenklich ein Argument von allen Seiten betrachten, außer man tut es vertraulich. Der Papst wollte diese Offenheit und Vertraulichkeit und die schließen eine volle Transparenz aus.

Damit wird es schwer, zu berichten. Und schlimmer noch, die Schwierigkeit selber wird zum Thema. Denn nicht alle halten sich an die Regeln. Kardinal Baldisseri, Leiter der Synode, nannte es „grave”, schwerwiegend, dass auf der Webseite der polnischen Bischofskonferenz Zusammenfassungen aller bisherigen Statements samt Namen erschienen sind. Das widerspreche der Vertraulichkeit, in der gesprochen werde.

 

Wer veröffentlicht was?

 

Nicht wenige Synodalen sind ziemlich verärgert, dass sich einer heraus nimmt, sich nicht an die Regeln halten zu müssen.

Einige Bischöfe haben ihre Texte selber online gestellt, wie etwa Erzbischof Heiner Koch. Das dürfen sie ausdrücklich auch. Aber den anderen das Recht zu nehmen, darüber selber zu entscheiden, und edierte Versionen samt Namen zu veröffentlichen, das ist schon ein Ding.

Jetzt wird derjenige, der sich nicht daran gehalten hat, im Netz von interessierten Kreisen dafür gelobt, den ausdrücklichen Willen des Papstes missachtet zu haben. Soviel zum Thema Treue zum Papstamt.

Aber zurück zum Thema: Wie berichtet man also über die Synode? Eine perfekte Lösung gibt es nicht. Natürlich gibt es Vorsicht von Seiten der Journalisten, den Worten derer zu Glauben, die einerseits für die Institution arbeiten und andererseits die einzige Informationsquelle sind, jedenfalls was die Zusammenschau angeht (man kann ja auch einzelne Interviews anfragen und der Vatikan ermutigt auch dazu). Eine alle Seiten zufrieden stellende Lösung dafür gibt es nicht. Vertraulichkeit wird gewünscht und irgendwie muss man sie schützen.

Also sitzen wir hier im Pressebalkon, hören zu und lesen mit, machen Notizen, gruppieren und ordnen Dinge, die irgendwie zusammen gehören, gewichten je nachdem, was oft oder nur selten genannt wird, und versuchen so gut wir können zu berichten.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, VatikanSchlagwörter Berichterstattung, Bischofssynode, Familie, Medien, Öffentlichkeit, Presse, Vatikan14 Kommentare zu Der Pressebalkon

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