Der Blog macht Pause, ich melde mich im Februar wieder zurück. Bis bald!
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Wenn internationale Gedenktage begangen werden, fallen Botschaft und Ereignis gerne einmal auseinander, vor allem wenn die Texte zu den Gedenktagen vorab veröffentlicht werden. Papst Franziskus zum Beispiel hat zum Weltflüchtlingstag an diesem 18. Januar bereits im September seine Gedanken vorgelegt. Damit das nicht verloren geht, stelle ich den Text hier noch einmal ein.
Papstbotschaft zum Weltflüchtlingstag am 18. Januar 2015
Liebe Brüder und Schwestern,
Jesus ist »der Evangelisierende schlechthin und das Evangelium in Person« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 209). Seine Sorge, besonders für die am meisten Gefährdeten und an den Rand Gedrängten fordert alle auf, sich der Schwächsten anzunehmen und sein leidendes Angesicht vor allem in den Opfern der neuen Formen von Armut und Sklaverei zu erkennen. Der Herr sagt: »Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen« (Mt25,35-36). Aufgabe der Kirche, der Pilgerin auf Erden und Mutter aller, ist es daher, Jesus Christus zu lieben, ihn anzubeten und ihn zu lieben, besonders in den Ärmsten und den am meisten Vernachlässigten; zu ihnen gehören gewiss die Migranten und die Flüchtlinge, die versuchen, harte Lebensbedingungen und Gefahren aller Art hinter sich zu lassen. Darum hat der Welttag der Migranten und Flüchtlinge in diesem Jahr das Thema: Kirche ohne Grenzen, Mutter aller. Weiterlesen “Kirche ohne Grenzen”
Wenn man von Widerständen gegen Papst Franziskus spricht, dann meint man meistens vermutete Gegner im Vatikan. Die meisten Widerstände gegen den Papst finden sich aber gar nicht hier, sondern außerhalb des Vatikan. Und die meisten dieser Widerstände – zumindest in unserer westlichen Welt – haben mit seiner Denkweise zu Wirtschaft und Gesellschaft zu tun. Stichwort: „Diese Wirtschaft tötet“.
„Die Kirche verachtet die Reichen“, wusste eine Zeitung, „Kapitalismuskritik ist katholische Brauchtumspflege“ eine andere, dazu noch christliche Zeitung. „Jesus Christ is a Capitalist“ tönte es aus den USA herüber, ziemlich absehbar und nicht wirklich originell. Aber es wird durch die Bank „The Vatican’s Journey from Anti-Communism to Anti-Capitalism“ beklagt. „Would someone please shut that Pope up?“ ist die notwendige Konsequenz solcher Art Fundamentalopposition.
Zwei italienische Journalisten haben jetzt ein Buch dazu veröffentlicht, in dem Buch ist auch ein Interview mit Papst Franziskus zum Thema enthalten, das ich für RV zusammengefasst habe. In einer kurzen Variante findet es sich auch auf der Webseite, für die die beiden Autoren arbeiten.
Zwei Dinge möchte ich hervorhzeben: Zum einen, wie wichtig die Tradition für den Papst ist. Die ganzen Vorwürfe gegen ihn wurzeln ja meistens darin, dass man meint, der Papst würde Neuerungen einführen, vom Papst der Freiheit (Johannes Paul II.) zum Papst der Bevormundung (Franziskus) und so weiter, wie oben im „journey from …“ angedeutet. Der Gipfel war während und nach dem Treffen mit den Volks-Bewegungen im vergangenen Jahr zu spüren, von denen einige wirklich politisch sehr links anzusiedeln sind.
Dagegen führt der Papst aber die Tradition der Kirche an. Es ist schon ein wenig witzig: All denen, die den Papst mit Blick auf die Tradition zurechtweisen wollen, sagt Papst Franziskus, dass es durchgehend durch die Geschichte eine klare Linie in Bezug auf den Umgang mit Armen gegeben habe. Er beginnt im zweiten und dritten Jahrhundert und arbeitet sich sozusagen bis Benedikt XVI. durch.
Unsere Wirtschaft mag sich in den vergangenen Jahrhunderten gewandelt haben und die Kritik heute anders klingen, aber sie geht zurück auf die frühe Kirche, ja auf das Evangelium selbst. Wer will, dass der Papst die Klappe hält, wie ein unerleuchteter US-katholischer Journalist zu meinen glaube, möchte schicht dass die gesamte Tradition der Kirche die Klappe hält und nicht beim Geldverdienen stört.
Das zweite, was ich betonen möchte: Die klare Aussage, dass es kein unbedingtes Recht auf Eigentum gibt. Wichtig ist die Qualifikation „unbedingt“, Eigentum ist also ein Recht, aber es steht nicht alleine und absolut, sondern bezieht sich auf die Anderen, das Gemeinwohl oder wie auch immer man das definieren will. In der deutschen Verfassung findet sich der Gedanke, dass „Eigentum verpflichtet“, aber die Gedanken, die Papst Franziskus von Papst Paul VI. übernimmt, gehen um einiges weiter. Es geht darum, dass niemand das Recht haben kann, Güter für sich zu behalten, wenn jemandem anderen etwas fehlt. Dort endet das Recht auf Eigentum. Weiterlesen “Kein unbedingtes Recht auf Eigentum”
Es waren zwei Polizisten. Wir trauern um die Toten von Paris und das ist auch richtig und wichtig so. Aber ein kleines Unwohlsein habe ich dabei schon, denn es werden immer nur die Namen der vier Karikaturisten genannt. Bei dem Anschlag sind aber zum Beispiel auch zwei Polizisten umgekommen. Außerdem eine Reinigungskraft.
Mir scheint das deswegen wichtig, weil Teile der Medien beginnen, sich selbst zu umkreisen. So gibt es bei Zeit-Online einen Artikel darüber, dass Journalisten jetzt Angst bekommen oder zumindest ein Unbehagen sich einschleicht. Über diese Auswirkungen der Morde muss man auch sprechen, aber ich wiederhole, was ist mit den anderen? Die da waren, um zu schützen?
Wenn Journalisten um sich selber kreisen, drehen leider immer wieder Kommentare ab. Zum Beispiel dieser: „Eines der meistbenutzten Instrumente dieser Dogmen-Verteidiger ist das religiöse Gefühl. Wer den Schutz religiöser Gefühle für sich markiert, erhebt seine persönliche Weltanschauung über den kritischen Diskurs, er erklärt Teile seines Glaubenssystems für heilig, ihr Hinterfragen zum Affront.”
Ein Teil des Problems um den Fundamentalismus ist der Mangelnde Respekt vor dem Anderen. Den will ich beachtet wissen, mir gegenüber wie den anderen gegenüber. Hier wird einem sich aufklärerisch gebenden Brutalismus das Wort geredet, der nicht viel übrig hat für Respekt. Weiterlesen “Es lebe die Meinungsfreiheit!”
Religion und Gewalt ist wieder Thema, die Brutalität von Paris hat das neu auf die Tagesordnung gesetzt. „Eine doppelte Verurteilung“ hätte der Vatikan, betonte Vize-Pressesprecher des Vatikans Ciro Benedettini vor Journalisten: einerseits für den „schrecklichen Akt der Gewalt“ an sich und andererseits für das Attentat auf die Pressefreiheit, die genauso wichtig sei wie die Religionsfreiheit. Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit auf Augenhöhe, bereits einige Male hat der Vatikan das so gesagt, die beiden Päpste Franziskus und Benedikt vorweg, aber nie war dieser Satz so wichtig wie heute.
Einige Leute meinen nun, das Attentat mit den veröffentlichten Mohamed Karikaturen in Charlie Hebdo in Verbindung bringen zu können. Aber damit hat das nichts zu tun. Die Mörder haben sie Menschen nicht umgebracht, weil Charlie Hebdo Karikaturen veröffentlicht hat. Die Mörder haben Menschen umgebracht, weil sie „niedere Beweggründe“ hatten, wie das Juristendeutsch das eindeutig zuordnet. Die Morde sind nicht zu begründen und schon gar nicht zu rechtfertigen.
Wobei ich bei einer Rede wäre, auf die uns heute der Vatican Insider noch einmal aufmerksam gemacht hat, eine Papstrede über Religion und Gewalt und die Moderne und die Vernunft. Benedikt XVI. hat sie gehalten und sie ist als „Regensburger Rede“ in die Geschichte eingegangen, schnell zerrissen und dann vergessen.
Das Argument finde ich aber gerade jetzt bedenkenswert: Zuerst sprach Benedikt davon, dass „Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele“. „Gott hat kein Gefallen am Blut … und nicht vernunftgemäß, nicht „σὺν λόγω” zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider“, zitiert Benedikt XVI. einen byzantinischen, klassisch-griechisch gebildeten oströmischen Kaiser, um dann fortzufahren: „Der Glaube ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung… Um eine vernünftige Seele zu überzeugen, braucht man nicht seinen Arm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonst eines der Mittel, durch die man jemanden mit dem Tod bedrohen kann…”.
Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: „Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider,“ eine theologische Aussage.
Benedikt XVI. fährt dann fort, über das in diesen Gedanken sichtbare Fundament zu sprechen, nämlich die in der griechischen Philosophie gegründete Vorstellung von Vernunft. Die Sorge, die er in der Rede zum Ausdruck bringt, ist die, dass die Forderung der Moderne, den Glauben zu „enthellenisieren“, Religion ins Subjektive verlegt. Weiterlesen “Das doppelte Verbrechen”
Erst einmal tief Luft holen. Dass die Weltkirche es nicht einfach hat, die deutsche Kirche zu verstehen, ist nicht überraschend. Dass viele die Verbindung von Geld und Struktur nicht gut finden – auch in Deutschland nicht – ist auch keine Überraschung. Und dass auch inhaltlich einiges an der Kirche in Deutschland ausgesetzt wird, ist nichts Neues. Noch nie aber habe ich all das in einen einzigen Kausalzusammenhang eingefügt gesehen.
Ein Herr Jon Anderson hat in einer britischen katholischen Zeitung einen vernichtenden Artikel geschrieben: Warum die deutsche Kirche reich und arrogant ist.
Kurzversion: Viel Geld, wenig Gläubige, viel Struktur, und weil viel Geld großer Einfluss in Rom, Kardinal Kasper und die wiederverheirateten Geschiedenen (bei diesem Themenwechsel musste ich Luft holen, um nicht aus der Kurve zu fliegen), Unauflöslichkeit der Ehe, deutsche Kirche will das ändern, zurück zur Kirchensteuer und den leeren Bänken und Klappe zu.
Beeindruckend. Zur Diskussion um die Kirche hat es ja in den vergangenen Wochen auch bei uns einige Artikel gegeben, so total daneben hat aber sonst niemand gelegen.
Viel Intelligentes und Polemisches ist geschrieben worden, und das tut der Debatte ja auch gut. Diaspora Deutschland, vor dem Kollaps, Restkirche und so weiter. Solche Artikel bringen uns weiter. Was aber perfide an dem Stück von Herrn Anderson ist und worin er sich unterscheidet von den Autoren, welche die deutsche Kirche auch wirklich kennen, ist die ideologisierende Verbindung von leeren Bänken und theologischen Anliegen.
Was Anderson “Pope Francis’s mystifying decision” nennt, also die Entscheidung Kardinal Walter Kasper beim Konsistorium vor einem Jahr über die Familie sprechen zu lassen, liegt ihm wohl quer. Und all das liegt nur am Kirchensteuersystem. Wirr.
Nun könnte man das als überzogenen Kommentar abtun, wenn es nicht genau die Bruchstelle wäre, die immer wieder in Argumenten vorkommt: Weil die deutsche Kirche reich ist, sei sie moralisch/theologisch nicht auf der Linie Roms und nicht auf der Linie des katholischen Glaubens. Und umgekehrt: Nur eine arme Kirche des heiligen Restes kann wirklich für den Glauben stehen, nur wenn wir all die Strukturen los werden, all die Institutionen, Arbeitskreise, Arbeitsstellen und Stabsstellen, nur dann kommt auch der Glaube wieder zum Vorschein so wie er soll. Weiterlesen “Sein und Bewusstsein”
Ein Mann steht auf der Bühne und redet zwei Stunden lang, zwei Mal. Das Ganze wird im TV übertragen und das zweite Mal bekommt der Mann die Traumquote von 39 Prozent Zuschaueranteil. Für zwei Stunden reden. Dass es so was noch gibt.
Der Mann ist Roberto Benigni, der beste Komiker und Schauspieler, den Italien derzeit zu bieten hat, ein „großer Künstler“ wie Papst Franziskus ihn genannt hat, er hat ihn sogar neulich zitiert, aus dem Programm der 2×2 Stunden.
Benigni hat über die zehn Gebote gesprochen. Das ist witzig, intelligent, es ist tiefsinnig und leicht zugleich, es ist respektvoll im Umgang mit dem Text und vor allem ist es mutig. Denn Benigni spricht religiöse Sprache. Er ist nicht fromm, nicht betulich, nicht belehrend. Aber er beginnt damit, den Zuhörern abzuverlangen, zwei Stunden lang an Gott zu glauben. Stellen Sie sich das vor, Sie sitzen in einem Programm und der Moderator sagt, dass wir alle für die kommenden zwei Stunden an Gott glauben. Dass Gott existiert. Das ist weniger dezisionistisch gemeint, als ob man sich aktiv für den Glauben entscheiden könne oder einen Glauben an- und ausschalten könnte, als vielmehr ein Durchbrechen der medialen Selbstverständlichkeiten. Über so was spricht man nicht, das ist zu persönlich, oder man lässt halt den Papst sprechen. Hier aber tut es jemand, der Gebote auslegt. Öffentlich, im TV mit einer riesigen Quote.
Und er schafft damit noch etwas anderes: Er stellt sicher, dass er nicht von außen auf die zehn Gebote schaut und die Zuschauer auch nicht. Sei es auch noch so künstlich für einige der Zuhörer, durch seine zwei Stunden Gottesglauben für alle nimmt er alle mit in die Geschichte hinein. Es ist keine fremde Geschichte mehr für Leute, die dem Glauben selber schon entfremdet sind. Wenigstens für einen Abend nimmt er die Leute mit hinein, oder zurück.
Wie das geht? Ganz einfach: Sie gehen doch auch ins Kino und sehen sich einen Film an, sagen wir über Robin Hood, so Benigni. Und für zwei Stunden glauben sie, dass es Robin Hood gibt, er ist ja da. Und genau so machen wir es in diesen zwei Stunden mit dem Glauben an Gott. Atemberaubend. Er nimmt den Glauben weg aus der anstrengenden Pädagogik, macht aus ihm etwas leichtes, angenehmes, etwas leicht nachzuvollziehendes, ohne abstrakte Worte, ohne Moral, er bietet uns also einen Eingang in die Welt des Glaubens, die wir vielleicht sonst nicht hätten. Weiterlesen “Der Mut, einfach über Gott zu sprechen”
Noch einmal Pegida. Ich halte das ganze für hinreichend gefährlich, um es nicht am Rande liegen zu lassen. Es betrifft Politik und Parteien, es betrifft Medien und öffentliche Debatten, es betrifft das Internet, es geht um Wut und Protest und Angst und Information. Seit Wochen steht die Republik recht klar und deutlich gegen Pegida, Pegida aber wächst und wächst. Die neue Rechte wird beschworen, AfD und Rechtsradikale nachgewiesen und so weiter. Aber irgendwie dreht sich das im Kreis.
Und plötzlich gab es ein neues Argument. Das begann damit, dass eine Stiftung ausrechnete, dass Einwanderer unterm Strich mehr einbringen als kosten. Dann ging es damit weiter, dass das bestritten wurde, und an der Stelle wurde es für mich interessant.
Hans-Werner Sinn ist Wirtschaftswissenschaftler und sagt in einem Artikel zu Beginn der Woche, dass wie gesagt Einwanderung – anders als von anderen vorgerechnet – Geld kostet. Trotzdem brauchen wir Einwanderung, und die nicht zu knapp. Ich zitiere wie die FAZ ihn zitiert: „Wollte man die Relation von Alten und Jungen und damit zugleich das relative Rentenniveau und die Beitragssätze zur Rentenversicherung auf dem heutigen Niveau stabilisieren, würden insgesamt 32 Millionen junge Zuwanderer benötigt, die meisten davon wohl aus außereuropäischen Gebieten“. In Worten: zweiunddreißig Millionen Einwanderer, damit es uns Morgen so gut geht wie heute.
Die Debatte (oder hier) geht nun in die Richtung, ob die Zahlen stimmen und was man alles einrechnen muss, darf und soll, was alles richtig und wichtig ist, die Aussage zur Notwendigkeit von Einwanderern aber nicht abschwächt. Und selbst wenn das Wirtschaftswachstum blühen würde, die Steuereinnahmen steigen und die Abgaben auch und deswegen die Zahl der benötigten Steuerzahler nicht so hoch läge, sagen wir konservativ bei der Hälfte, wären das immer noch 16 Mio Einwanderer.
Umkehrschluss: Wenn wir keine Einwanderung von jungen Menschen bekommen, dann lassen sich das Rentenniveau und die Beitragssätze zur Rentenversicherung nicht auf heutigem Niveau stabilisieren. Die Demos in zwanzig Jahren möchte ich sehen, wenn kein Geld mehr da ist, die Rente zu zahlen, wenn all diejenigen, die jetzt Mitte 50 sind eine wertlose Rente bekommen, weil niemand mehr da ist, der das zahlt. Wir haben hier in der Redaktion immer Praktikanten und aus vielen Gesprächen genau darüber weiß ich, dass die nachfolgende Generation nicht gerade davon begeistert ist, die Rechnung zahlen zu müssen. Die wollen auch was vom Leben haben. Weiterlesen “Lasst uns reden!”
Die Kirche verrät den Glauben, wenn sie sich gegen Pegida richtet. Klingt das vertraut? Mir jedenfalls sehr, denn wir bekommen hier dauernd solche eMails, offenen Briefe und dergleichen in die Redaktion. Bei Facebook hört sich das dann unschöner an, da wird gleich beschimpft, aber der Tenor ist derselbe: Gegen die selbsterklärten Gegner der Islamisierung zu sein, sei ein Verrat am Glauben. Die letzte der vielen eMails: Das Ausschalten der Dombeleuchtung in Köln knipse der abendländischen Kultur das Licht aus.
Spätestens jetzt klingt das Argument vertraut. Selbsterklärte Verteidiger des Abendlandes sehen überall Feinde. Wer nicht für uns ist und wagt, eine eigene Meinung zu haben, ist gegen uns.
Aus der Angst der Pegida-Mitläufer heraus ist das vielleicht nachvollziehbar, man muss aber schon einen schweren Denkfehler machen, um das so aussprechen zu können. Nämlich den: Das, wofür Pegida steht, ist mit christlichem Glauben vereinbar. Ist es aber nicht.
Ein auch nur oberflächliches Blättern in den Evangelien zeigt einen Jesus, der anders mit Menschen umgeht, als das die Slogans in Dresden und anderswo tun. Das Christentum, was bei den Demos herbeibehauptet wird, ist eines in der Defensive, in Gefahr. Man darf aber nicht den Fehler machen, den Glauben für die Rechtfertigung eigener Ängste heran zu ziehen. Die Kirche hat das selber lange Zeit gemacht, das sind nicht wirklich schöne Kapitel in der Geschichte. Deswegen jetzt auch der gute Rat: Tut das nicht!
Ein Christentum, das deckungsgleich ist mit einer bestimmten europäischen kleinbürgerlichen Kultur, ist kein Christentum. Ein Christentum, das gegen einen Feind in Stellung gebracht wird, den es so gar nicht gibt, ist kein Christentum.
Die Kritiker haben insofern recht, als auch das Gegenteil nicht gilt: Ein Christentum, dass dem Wohlfühl-Diskurs in Deutschland dient, ist kein Christentum, richtig. Nur wenn der Glaube etwas mit Jesus Christus und seiner Botschaft zu tun hat, dann ist er wirklich christlicher Glaube.
Das Absingen von ehemalig christlichen Weihnachtsliedern in Dresden erfüllt diesen Tatbestand aber noch nicht.
Wenn also der Kölner Dom es der Dresdener Oper gleich macht und seine Beleuchtung ausschaltet, um nicht als Kulisse für die Demos missbraucht werden zu können, dann kann man nur sagen: Bravo!