Skip to content
  • Home
  • Über mich
  • Jesuiten

PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

powered by Logo des Jesuitenordens

Kategorie: Interview

Robust oder nachdenklich

Veröffentlicht am 5. Juni 20208. Juni 2020
Selbstbewusstsein tut der Kirche gut Screenshot BR Sendung vom vergangenen Sonntag

Robuster hätte ich auftreten sollen. Nach meiner Einladung am vergangenen Wochenende, beim BR zu Kirche und Corona zu sprechen, habe ich eine ganze Reihe von Rückmeldungen bekommen. Die meisten lassen sich so zusammen fassen: Selbstbewusstsein tut der Kirche gut. Und dieses hätte ich vermissen lassen.

Ob das stimmt, das überlasse ich den Zuschauenden. Ich finde aber wichtig, dass wir über die richtigen Dinge sprechen. Es sind Schwächen sichtbar geworden, die vor der Krise von Gewohnheit oder Tradition noch nicht sichtbar waren. Dass sich Kirche wandelt, ist ja nicht neu. Seit Jahrzehnten sprechen Pastoraltheologen und Soziologen davon, dass es einen Traditionsabbruch gibt, dass wir weniger werden, dass die Bedeutung institutionalisierter Religion in der Gesellschaft abnimmt.

Selbstbewusstsein tut der Kirche gut. Wirklich?

Meine Reaktion darauf ist, das ernst zu nehmen. Natürlich gibt es nach wie vor starke Kirchen, lebendige Gemeinden, christlichen Einsatz. Das will ich gar nicht klein reden. Nur zeigt uns der Blick aufs Ganze einen anderen Horizont. Was ich ja auch nicht zum ersten Mal so sage.

Mein Anliegen – und das war dann auch der Tenor meiner Antworten auf einige der Emails – ist es, die Signale nicht untergehen zu lassen. Wir können lernen. Was für eine Gestalt Kirche in 20 oder 30 Jahren haben wird, kann ich auch nicht sagen. Aber ein reines Festhalten an dem, was war, wird uns nicht weiter bringen.

Was uns in Zukunft trägt

Die Energie und der gelebte Glaube können uns weiter tragen, einzeln und als Gemeinschaft, wenn wir die Realität ernst nehmen. Das ist mein Anliegen. Das ist sicherlich eher auf der nachdenklichen denn auf der robusten Seite. Aber ich finde es wichtig.

Was meinen Sie? Was sind die Dinge, die uns in die Zukunft tragen?

 

P.S. Der Beitrag ist leider nicht mehr in der Mediathek zu sehen. Stand: 8. Juni.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Interview, Kirche und MedienSchlagwörter BR, Corona, Kirche, Krise13 Kommentare zu Robust oder nachdenklich

Religion als Religion berichten (Redux)

Veröffentlicht am 17. Juli 201916. Juli 2019
Journalismus und Religion Journalismus während der Papstwahl: Auf allen Dächern "Journalisten-Nester"

Religion ist eine fremde Welt. Jedenfalls vielen Leuten, die sich beruflich mit Religion befassen. Gleich ob das die Frage nach dem Jüdischen im Jüdischen Museum in Berlin, nach dem Islam in den vielen Formen, nach Ökumene und nach katholischen Spezifika ist: Journalismus und Religion sind sich oft fremd geworden. Zu oft gelten nur noch Schlagworte – „konservativ“, „unmodern“ – die nicht wirklich beim Verstehen helfen.

Ja, Religionen in ihrer verfassten Form tun alles möglich dafür, falsch verstanden zu werden. Machtkämpfe, Intransparenz, Geldgeschichten, all das gibt es immer wieder. Und trotz allem: Religion wird wichtig. Konflikte machen sich an Religonen fest, es gibt eine zunehmende Vielfalt von Religionen. Das Verstehen von Religion wird wichtiger, wenn man diese Phänomene verstehen und verstehbar machen will, und zwar sowohl was das fremd gewordene Eigene angeht, das Christentum, als auch was etwa den Islam angeht, um nur eine weitere Religion zu nennen.

Journalismus und Religion

Religion ist eben nicht nur ein soziologisch zu begreifendes Phänomen, sie ist nicht nur von politikwissenschaftlichen, geschichtlichen oder kulturwissenschaftlichen Begriffen zu fassen. Ich verliere sogar eine wichtige Dimension von Religion, wenn ich mich als Journalist in meiner Berichterstattung nur auf solche Begriffe stütze.

Ganz besonders gilt das vielleicht für die Psychologie, wenn man also versucht, Religion völlig aus nicht-religiösen Kategorien heraus zu erklären. Und damit zu unterwerfen. Das alles kann richtig sein und kann wichtig sein und kann helfen, zu verstehen, aber es ist eben nicht alles.

Wie ich in den Wald hinein rufe …

Wenn zum Beispiel ein neuer Papst gewählt wird, dann findet die Berichterstattung oft im Modus von demokratischen Wahlprozessen statt. Da gibt es dann Parteien, Wahlsieger, da gibt es konservativ und progressiv und so weiter. Und das ist ja auch verständlich, die Kategorien, die ich anlege, bestimmen das Bild, das ich sehe.

Aber es verhindert eben leider auch, dass ich die vollständige Geschichte erkenne. Die selbstverständliche Präsenz Afrikas zum Beispiel (um beim Beispiel der Papstwahl zu bleiben) wurde reduziert auf die Frage, ob Kardinal Turkson „Chancen“ auf das Papstamt habe, etc. Dass dahinter eine Weltkirchlichkeit steckt, wird übersehen. Ganz zu schweigen, dass das ziemlich herablassend einem ganzen Kontinent gegenüber ist.

Aber auch die geistliche Dimension gehört dazu. Was Gebet ist, was Tradition, welche Rolle die Schrift oder die Liturgie spielt ist eben nicht nur Beiwerk. Und Volksfrömmigkeit ist nicht nur Folklore.

Berichterstattung via Bilder

Am ehesten noch gelingt die Berichterstattung über die religiöse Dimension der Religion interessanterweise im Fernsehen, das wird von Bildern viel besser getragen als von Worten. Aber wie erklärt man das? Verstehen braucht Bilder, braucht aber auch Worte, Konzepte, Reflexion.

Man kann – davon bin ich überzeugt – über Religion als Religion sprechen, selbst wenn man dieser Religion nicht angehört. Man muss nicht selber gläubig oder fromm sein, um klug über Religion zu sprechen. Aber wie kommt man dahin?

Angst verlieren

Ein erster Schritt ist es, die Angst zu verlieren, sich vereinnahmen zu lassen. Nicht die Vorsicht und nicht die Sorgfalt, aber die Angst. Natürlich gibt es die Versuchung, zum Teil des Systems zu werden, wie bei Sportreportern und Sportfunktionären, Politikreportern und Politikern, und so weiter. Es ist aber kein Automatismus.

Ich stelle eine Sorge bei Kolleginnen und Kollegen fest, zu „fromm“ zu klingen. Ich stelle auch eine Sorge fest, sich zu weit von einem Publikum zu entfernen, das man als der Religion entfremdet vermutet. Und drittens stelle ich die Sorge fest, vor Kolleginnen und Kolleginnen komisch auszusehen, wenn man sich mit sowas auskennt. Ich meine das gar nicht herablassend, das muss man ja auch ernst nehmen. Aber daraus darf sich keine Angst entwickeln, die Unkenntnis in Sachen Religion zu einer Tugend erhebt.

Unkenntnis zur Tugend

Ein zweiter Schritt wäre, Religion neu kennen zu lernen. Wie gesagt, Unkenntnis ist keine Tugend. Auch ist es keine Tugend, Religion den immer wieder gebrauchten Begriffen aus Politik oder Kultur zu unterwerfen. Drittens ist es keine Tugend, schon gar keine journalistische, immer wieder dieselben Fragen aufzuwerfen ohne nachzusehen, ob solche Fragen ein richtiges Bild des Berichteten abgeben. Neugier ist auch hier wie überall im Journalismus wichtig.

Beispiel Amazonas-Synode: ob es die Realität Amazoniens trifft, wenn immer wieder die gleichen europäischen Fragen aufgeworfen werden, wage ich zu bezweifeln. Um zu verstehen und vor allem um die Menschen, die es angeht, zu hören muss ich als Journalist (glaube ich jedenfalls) in der Lage sein, fertige Vorstellungen mindestens in Frage stellen zu lassen.

Fragen stellen

Der dänische Statistiker Hans Rosling zum Beispiel ist um den Planeten gezogen und hat allen, die es hören wollten, beigebracht dass unsere Sicht auf die Welt oft genug eben nicht auf Daten und Zahlen, mithin von der Realität abhängt, sondern von Vor-Urteilen. Die seien erklärbar, aber man müsse eben auch über sie hinaus, um die Realität nicht zu verfehlen. Das Problem ist nicht, dass es keine Daten gäbe, sondern dass wir – Journalisten – mit fertigen Vorstellungen dort heran gehen. In Sachen Religion weiter gedacht: Es ist nicht so, als dass es nichts zu berichten gäbe. Aber wenn wir uns für Religion als Religion interessieren, dann darf ich mich nicht an Vorstellungen des 20. Jahrhunderts hängen. Oder um es simpel zu formulieren: Die Tugend lautet, Fragen zu stellen. Dem Gegenüber aber auch sich selber.

Drittens braucht es eine gesunde Selbsteinschätzung in Sachen „Aufgeklärtheit“. Es ist eben nicht so, dass post-religiöse Menschen „aufgeklärter” sind, „weiter” sind als andere. Es gibt eine Auffassung von Fortschrittlichkeit, die post-religiös daher kommt. Das mag ja sein – nehmen wir das mal hypothetisch an – muss dann aber auch gezeigt werden. Als stille Voraussetzung verzerrt es die Perspektive.

Jenseits des Klick-baiting

Viertens braucht es Sachkenntnis. Das klingt jetzt wie ein versteckter Vorwurf, als ob es das nicht gäbe. Es gibt aber tatsächlich viele Kolleginnen und Kollegen, die sehr viel wissen, meistens aber über die jeweiligen Institutionen von Religion, etwa die Kirche. Das ist aber nicht immer dasselbe. Religion ändert sich, Formen und Praxis von Religiosität ändern sich, innerreligiöse Konflikte etwa zwischen Institution und Gläubigen brauchen auch den Blick auf diese Wandlungen.

Und als letzten Punkt muss ich an dieser Stelle in die Klage über das Klick-Baiting einstimmen. Das füttert Vorurteile, weil es nichts Neues bringt (was Journalismus ja eigenglich sein soll), sondern nur Bestehendes abruft. Das gilt bei allen Bereichen der Medien, beim Thema Glauben und Religion stelle ich das selber als verheerend fest. Es gibt so viele als festgefügt angenommene Meinungen, die mit Schlagzeilen gefüttert werden, dass es im Netz immer weniger qualitätsvolle Berichterstattung außerhalb von klar religiös orientierten Medien gibt.

Es gibt sie, das ist hier keine Generalkritik, aber es gibt sie immer weniger. Wenn wir die Welt in der wir leben verstehen wollen, und wenn wir als Journalisten sie beschreiben und verstehbar machen wollen, wenn wir gute Geschichten erzählen wollen, dann gilt das für alle Bereiche unserer menschlichen Realität. Und auch für die Religion.

—

Nachbemerkung:

Meine Gedanken habe ich hier schon mal vorgelegt, vor einigen Jahren. Aber ich erlaube mir, das hier noch einmal aktualisiert anzubieten.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Interview, Kirche und Medien, Sprechen von GottSchlagwörter Berichterstattung, EBU, Journalismus, Religion18 Kommentare zu Religion als Religion berichten (Redux)

Wie viel Verbindendes, wie viel Abweichung?

Veröffentlicht am 24. April 201921. April 2019
Öffentlicher Glaube Archivbild: Februar 2013, quasi nur Stunden vor der Rücktritts-Ankündigung von Benedikt XVI. Mein Interview mit Annegret Kramp-Karrenbauer

Es ist ja Wahlkampf: Annegret Kramp-Karrenbauer, Vorsitzende der CDU, gibt dem Magazin Publik Forum ein Interview und spricht über ihren Glauben. Ok, das war jetzt zynisch. Aber es war mein erster Eindruck. Der dann beim Lesen komplett widerlegt wurde, hier spricht tatsächlich jemand über Glauben. Ohne ihre Rolle in Öffentlichkeit herunter zu spielen. Öffentlicher Glauben, sozusagen.

Das Interview fragt leider zum Abschluss die absehbaren Fragen, die eigentlich keine Fragen sind sondern um Bestätigung der eigenen Ansichten bitten. Priesterinnen haben heißt reformierbar sein und Sexualmoral wird unerklärt als rigide bezeichnet.

Öffentlicher Glauben

Kramp Karrenbauer antwortet klug. Sie sagt, dass sie für Priesterinnen sei, macht dann aber den Blickwinkel auf: „Man muss jedoch sehen: Die katholische Kirche ist eine Weltkirche. Das ist etwas sehr Schönes. Egal, wo ich auf der Welt bin, verbindet uns der gleiche Glaube. Da ist ein gemeinsames Band. Wir sollten allerdings nicht meinen, unsere deutsche Sichtweise auf Katholizismus müsse weltweit den Standard setzen.“

Genau letzteres vermisse ich bei so vielen Reformern. Meine zehn Jahre hier in Rom haben mich unter anderem gelehrt, dass die Welt nicht darauf wartet, von Europa wieder einmal gesagt zu bekommen, was zu tun und zu lassen und zu denken ist. Leider kommen viele selbsterklärte Reformer aber genau so rüber.

Zukunftsfragen von Glaube und Kirche

Erst während der Chrisam-Messe hat der Papst wieder das bei uns verpönte Worte der „ideologischen Kolonisierung“ gebraucht, ich glaube wir müssen aufpassen, dass wir die Welt nicht an uns messen.

Was wir brauchen ist das, was ich hier immer wieder die „Neufindung von Balance zwischen Universal und Lokal“ bezeichnet habe. Was der Papst „Synodalität“ nennt. Und auch hier hat Kramp Karrenbauer etwas kluges beizusteuern: „Eine der spannenden Fragen wird sein: Wie viel Verbindendes halten wir über alle Grenzen hinweg, und wie viel Abweichung lassen wir zu? In diesem Spannungsverhältnis steht auch Papst Franziskus.“

Wenn wir die spannenden Zukunftsfragen des Glaubens und der Kirche debattieren, dann muss das nicht unbedingt in den eingefahrenen Spuren passieren.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Interview, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter AKK, CDU, Kramp-Karrenbauer, Politik24 Kommentare zu Wie viel Verbindendes, wie viel Abweichung?

Umso schlimmer für die Wirklichkeit

Veröffentlicht am 8. Februar 20198. Februar 2019
Durch den Missbrauchsskandal gelernt. Der Vatikan im Winter Vatikan im Winter: Vorbereitet auf die Kinderschutz-Konferenz in zwei Wochen

Es ist meine Lieblingsfrage. In Interviews vor allem nach Papstreisen, Tagungen oder dergleichen frage ich gerne Beteiligte danach, was sie gelernt haben. Das ist meine Art zu fragen, was das Ganze gebracht hat. Weiß jemand persönlich jetzt etwas, was er oder sie vorher nicht wusste? Gibt es eine neue, den Horizont erweiternde Frage. Genau diese Frage bekam in der ZEIT diese Woche auch Bischof Peter Kohlgraf aus Mainz gestellt: Was habe er über sich und die Kirche durch den Missbrauchsskandal gelernt? (Interview aus der Beilage Christ&Welt ist noch nicht online verfügbar).

Bischof Kohlgraf spricht vom Zusammenhang Lehre – Leben, aufgehängt an der Sexualmoral: „Wir müssen uns von der Hybris verabschieden, ganz genau zu wissen, was in jeder Lebenssituation gut für den einzelnen Menschen ist. Wir können nicht mehr das Leben einzig und allein nach der Lehre bewerten. es muss umgekehrt sein: Die Lehre muss sich im Leben bewähren“, so im ZEIT-Interview.

Durch den Missbrauchsskandal gelernt?

Das meint natürlich auch die Art und Weise, wie Papst Franziskus diese Fragen anspricht, ausdrücklich nennt der Bischof Amoris Laetitia, das Schreiben nach der Bischofssynode zum Thema Familie.

Um Amoris Laetitia drehen sich die schärfsten Debatten, jedenfalls bis jetzt die Missbrauchs-Debatte auch im Vatikan verhandelt wird. Der Brief der vier Kardinäle hat vielen zum Mittel der Kritik am Papst gedient, nicht immer nur redlich.

Das Schweigen des Papstes damals halte ich immer noch für ein Verweigern des Machtgestus. Der Papst will Dynamik, nicht Macht. Und auch dazu finde ich in dem Kohlgraf-Interview Interessantes: „Es geht nicht um Macht. Es geht um Seelsorge. Bischöfe und Priester sind keine Wächter der reinen Lehre, sondern Begleiter auf dem Weg zu Gott.“

Es geht nicht um Macht

Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee, sagt der Papst dazu. Nicht eine Idee, nicht wie der Papst sagt „Formen von Verschleierung von Wirklichkeit“ bestimmen, sondern die konkrete Situation. Menschen auf dem Weg zu Gott, auf dem Weg miteinander, im Glauben und Zweifeln zu begleiten, dafür sollte die Kirche stehen. Das ist der Traum und der Wunsch nach der Reform der Kirche.

Bischof Kohlgraf nimmt hier noch mal den Macht-Diskurs auf: „Der einzelne hat die Macht, nicht der Bischof. Diesen Perspektivwechsel müssen wir zulassen.“ Es geht hier um Gewissen und Gespräch, um Begleitung und Unterscheidung. Und um die Welt und die Lebenssituationen, wie sie sind und nicht wie wir sie gerne hätten.

Hegel und Morgenstern

Ein Blick in die Geschichte und Literatur gefällig? Nur so zur Unterhaltung?

In seiner Habilitationsschrift hatte der Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel die Siebenzahl der Planeten deduziert. Seine Denkvorstellung kannte also diese sieben Planeten, und es konnten nur sieben sein. Auf die Existenz eines achten Planeten hingewiesen, der eben erst entdeckt worden war, stellte Hegel – in einer zugegeben apokryphen Geschichte – nicht seine Denkvorstellung in Frage, sondern antwortet baff: „Um so schlimmer für die Tatsachen”. Damit wurde seine Vorstellung zu einer „Form von Verschleierung von Wirklichkeit“.

Das gibt es leider auch in der Kirche, eine einmal festgeschriebene Wahrheit, als Lehre deklariert, die sich Veränderungen der Welt nicht anpassen will. Dann muss halt die Wirklichkeit schlecht sein. So kann das aber nicht gehen. Um einen anderen Bischof zu zitieren: Gott liebt uns durch die Wirklichkeit.

Die andere Sicht, das Verschleiern, wirkt dagegen fast tragisch. Christian Morgenstern dichtet das so:

Und er kommt zu dem Ergebnis:
„Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil“, so schließt er messerscharf,
„nicht sein kann, was nicht sein darf!“

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, InterviewSchlagwörter Amoris Laetitia, Interview, Kinderschutz, Kirche, Kohlgraf, Lehre, Medien, Missbrauch, Papst Franziskus, Zeit36 Kommentare zu Umso schlimmer für die Wirklichkeit

Kein unbedingtes Recht auf Eigentum

Veröffentlicht am 11. Januar 20157. September 2016

Wenn man von Widerständen gegen Papst Franziskus spricht, dann meint man meistens vermutete Gegner im Vatikan. Die meisten Widerstände gegen den Papst finden sich aber gar nicht hier, sondern außerhalb des Vatikan. Und die meisten dieser Widerstände – zumindest in unserer westlichen Welt – haben mit seiner Denkweise zu Wirtschaft und Gesellschaft zu tun. Stichwort: „Diese Wirtschaft tötet“.

„Die Kirche verachtet die Reichen“, wusste eine Zeitung, „Kapitalismuskritik ist katholische Brauchtumspflege“ eine andere, dazu noch christliche Zeitung. „Jesus Christ is a Capitalist“ tönte es aus den USA herüber, ziemlich absehbar und nicht wirklich originell. Aber es wird durch die Bank „The Vatican’s Journey from Anti-Communism to Anti-Capitalism“ beklagt. „Would someone please shut that Pope up?“ ist die notwendige Konsequenz solcher Art Fundamentalopposition.

Zwei italienische Journalisten haben jetzt ein Buch dazu veröffentlicht, in dem Buch ist auch ein Interview mit Papst Franziskus zum Thema enthalten, das ich für RV zusammengefasst habe. In einer kurzen Variante findet es sich auch auf der Webseite, für die die beiden Autoren arbeiten.

 

Verwurzelt in der Tradition der Kirche

 

Zwei Dinge möchte ich hervorhzeben: Zum einen, wie wichtig die Tradition für den Papst ist. Die ganzen Vorwürfe gegen ihn wurzeln ja meistens darin, dass man meint, der Papst würde Neuerungen einführen, vom Papst der Freiheit (Johannes Paul II.) zum Papst der Bevormundung (Franziskus) und so weiter, wie oben im „journey from …“ angedeutet. Der Gipfel war während und nach dem Treffen mit den Volks-Bewegungen im vergangenen Jahr zu spüren, von denen einige wirklich politisch sehr links anzusiedeln sind.

Dagegen führt der Papst aber die Tradition der Kirche an. Es ist schon ein wenig witzig: All denen, die den Papst mit Blick auf die Tradition zurechtweisen wollen, sagt Papst Franziskus, dass es durchgehend durch die Geschichte eine klare Linie in Bezug auf den Umgang mit Armen gegeben habe. Er beginnt im zweiten und dritten Jahrhundert und arbeitet sich sozusagen bis Benedikt XVI. durch.

Unsere Wirtschaft mag sich in den vergangenen Jahrhunderten gewandelt haben und die Kritik heute anders klingen, aber sie geht zurück auf die frühe Kirche, ja auf das Evangelium selbst. Wer will, dass der Papst die Klappe hält, wie ein unerleuchteter US-katholischer Journalist zu meinen glaube, möchte schicht dass die gesamte Tradition der Kirche die Klappe hält und nicht beim Geldverdienen stört.

Das zweite, was ich betonen möchte: Die klare Aussage, dass es kein unbedingtes Recht auf Eigentum gibt. Wichtig ist die Qualifikation „unbedingt“, Eigentum ist also ein Recht, aber es steht nicht alleine und absolut, sondern bezieht sich auf die Anderen, das Gemeinwohl oder wie auch immer man das definieren will. In der deutschen Verfassung findet sich der Gedanke, dass „Eigentum verpflichtet“, aber die Gedanken, die Papst Franziskus von Papst Paul VI. übernimmt, gehen um einiges weiter. Es geht darum, dass niemand das Recht haben kann, Güter für sich zu behalten, wenn jemandem anderen etwas fehlt. Dort endet das Recht auf Eigentum. Weiterlesen “Kein unbedingtes Recht auf Eigentum”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Interview, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Argentinien, diese Wirtschaft tötet, Eigentum, Evangelii Gaudium, Franziskus, Kirchenväter, Papst, Paul VI., Pius XI., Wirtschaft54 Kommentare zu Kein unbedingtes Recht auf Eigentum

Zeitreise ins 9. Jahrhundert: Man lernt Geduld

Veröffentlicht am 7. August 20146. August 2014
Im Campus Galli will Bert Geurten eine karolingische Klosterstadt bauen. Getreu nach Plan
Bert Geurten, “Klosterbauherr” vor dem Sankt Gallener Klosterplan

Der Mann muss ein wenig verrückt sein. Im sympathischsten Sinn des Wortes. Bert Geurten steht auf einem bewaldeten Gelände, vor ihm steht der Bauplan der Gebäude, die dort errichtet werden sollen. Nur: Der Plan ist nicht mehr so ganz frisch, er stammt aus dem 9. Jahrhundert: Dort auf der Tafel findet sich der Sankt Gallener Klosterplan, der selber in seiner Zeit nie umgesetzt wurde. Gemeinsam mit einem Verein, mit 30 Angestellten und etwa 15 freiwilligen soll dort das Ideal einer karolingischen Klosterstadt entstehen. Wir sind im Campus Galli.

Man baut dort aber nicht nur die Klosterstadt nach, Geurten betont auch, dass man das mit original Methoden, Werkzeugen, Kleidung, Pflanzen und so weiter machen will. Was sich etwas auf die Geschwindigkeit des Bauens auswirkt, ein Jahr sei man schon dabei, erzählt er, er rechne mit weiteren 39 Jahren Bau. Was mich eine Frage stellen lässt: Wie kommt man nur auf so eine Idee.

„Tja, Man sollte Karolinger sein“, antwortet Geurten. Er selber sei Aachener und sei mit Karl dem Großen aufgewachsen – auch wenn der selber mit dem Plan wenig zu tun gehabt habe. Bei einer Ausstellung habe er einmal ein Modell der Klosterstadt gesehen, damals war Geurten 17 Jahre alt. Die Faszination sei ihm seitdem geblieben.

Ein Jahr ist der Verein und sind die Mitarbeiter jetzt dabei, hobeln, weben, säen, bauen, insgesamt 40 Jahre lang soll das dauern. Was bedeutet, dass die meisten der Mitarbeiter das Ende gar nicht mehr erleben werden.

 

„Aber einer muss es beginnen“

 

„Ich nehme mich als Beispiel“, sagt Geurten. „Ich weiß genau, dass ich es selber nicht erlebe, aber das ist doch mittelalterlich gedacht. Ein Mensch, der im Mittelalter eine Kathedrale stiftete oder irgendein Bauwerk, der wusste genau, dass er das Ende nicht erleben wird. Aber einer muss es beginnen. Und das bin ich jetzt.“

Geurten betont immer und immer wieder, das es keine Art

Wie es sich für ein Kloster gehört: Das erste Gebäude wird eine Kapelle sein
Das erste Gebäude entsteht: Eine Kapelle

Disney-Land werden soll, mit Souvenirs und Fressbuden all-überall, es soll aber auch nicht dieses Mittelalter-Nachspielen werden, wo man sich in komischen Kleidern Schwerter in die Hand nimmt und Ritter spielt. „Das ist mir sehr wichtig!“ Was soll das dann sein? „Es soll den Menschen zeigen, dass das 9. Jahrhundert kein finsteres Mittelalter war. Es war ein schwieriges Jahrhundert, es hatte Kriege und Seuchen, es war hart. Das möchte ich aber zeigen, dass die Leute mit wenig Mitteln Großes geschaffen haben.“ Weiterlesen “Zeitreise ins 9. Jahrhundert: Man lernt Geduld”

Kategorien Allgemein, Geschichte, InterviewSchlagwörter Bau, Campus Galli, Geschichte, Karolinger, Kloster, Klosterstadt, Meßkirch, Nachbau, Plan, Sankt Gallen1 Kommentar zu Zeitreise ins 9. Jahrhundert: Man lernt Geduld

Einsiedler

Veröffentlicht am 4. August 2014

Im Kanton Solothurn in der Schweiz war im Frühjahr eine Einsiedelei zu vergeben. Wohl gemerkt, man suchte dort keinen Käufer, sondern einen Einsiedler oder eine Einsiedlerin, die die Tradition fortsetzt und dort lebt. Als ich das las, habe ich erst einmal mit dem Kopf geschüttelt und gedacht, wirklich viele Menschen wird das nicht interessieren.

Einsiedlerin im Kanton Sankt Gallen: Schwester Fabienne Boucher
Sr Fabienne Boucher

Weit gefehlt. Der Rat der Stadt musste viele Bewerbungen sichten und dann auswählen. Bekommen hat den „Job“, wie eine Schweizer Zeitung es schrieb, dann eine Frau, die davor ein Heim für Kinder in schwierigen Lebenssituationen betrieben hatte.

Ruhe ist ein Luxusgut, zum einen weil es immer weniger davon gibt und wir uns selber abhängig machen von allerlei pipsenden Bildschirmen und Mobiltelefonen, andererseits aber auch, weil wir verlernt haben, Ruhe zu genießen. Muten Sie einmal einer Gruppe Menschen zehn Minuten Stille zu, da ist dann richtig was los, das wird richtig unruhig.

 

Still zu sein ist nicht ganz einfach

 

Ruhe für das gesamte Leben zu suchen, das ist noch einmal ein riesiger Schritt. Es gibt Mönche und Schwestern, die kontemplativ leben und schweigen. Aber Einsiedlerin sein, seinen Lebensrhythmus selber gestalten müssen und sich nicht auf die Tradition und die Gemeinschaft der Mitschweigenden verlassen können, das ist noch einmal eine ganz andere Nummer.

Und ich hatte keine Ahnung, was das wirklich bedeutet, bis ich eine solche Einsiedlerin besucht habe. Auch im Kanton St. Gallen gibt es eine, Sr. Fabienne. Ihre Einsiedelei sieht zunächst einmal aus wie ein „normales“ Haus, sie hat auch einen Wagen und ein Mobiltelefon. Sie öffnet und empfängt Besuch. Es ist nicht so, wie ich mich das vorgestellt hatte, ganz und gar nicht. Berg Athos und so, in Höhlen und voller sichtbarer Askese. Weiterlesen “Einsiedler”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Interview, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Einsiedlerin, Eremitin, Glauben, Spiritualität, Sr. Fabienne, Suche4 Kommentare zu Einsiedler

Vom Frieden reden in Zeiten des Krieges

Veröffentlicht am 29. Juli 201428. Juli 2014

Julikrise und Ultimatum, all dem wird im Augenblick ausführlich gedacht. Vor 100 Jahren begann das große Schlachten. Ende Juni der Mord am österreichischen Thronfolger, dann am 27. Juli das österreichische Ultimatum und der Beistand für diese aggressive Politik. Am 1. August 1914 waren es deutsche Ulanen, die die Grenze zu Belgien überschritten und damit den großen Krieg begannen, den wir den Ersten Weltkrieg nennen, andere Sprachen nennen ihn schlicht den Großen Krieg.

Es begann aber auch das Ringen um den Frieden, Bertha von Suttner fällt als Name ein, auch wenn sie einige Wochen vor Kriegsbeginn bereits starb.

Papst Benedikt XV., Giacomo della Chiesa
Papst Benedikt XV., Giacomo della Chiesa

Während des Krieges war es eine andere Stimme, die immer wieder versuchte, dem Schlachten ein Ende zu setzen: Papst Benedikt XV. Buchstäblich in den ersten Tagen des Krieges – im September 1914 – zum Papst gewählt war Krieg und Frieden das Thema seines Pontifikates.

Vor einem Jahr habe ich zu diesem fast vergessenen Papst einen Beitrag gemacht, den ich zu gegebenem Anlass hier noch einmal einstelle. Aktuell bleibt er.

 

Eine untergehende Welt

 

„Es muss das Schwert nun entscheiden; Mitten im Frieden überfällt uns der Feind, darum auf, zu den Waffen!“ Kaiser Wilhelm II. spricht vom Schwert, aber was den Menschen, die 1914 voller Elan in den Krieg zogen, begegnete, das waren keine Schwerter, sondern ein voll industrialisierter Krieg. Die Maschinenwaffen, der Soundtrack für eine zu Ende gehende Welt, der den vorläufigen Höhepunkt der stetigen Aufrüstung bedeutete, die sich bereits im Jahrhundert davor abgezeichnet hatte.

Die Historiker nennen es „das lange 19. Jahrhundert“: Was mit französischer Revolution und Napoleon begann, setzte sich in den Nationalstaaten fort, in Industrialisierung und Militarisierung, in einem völlig überzogenen Egoismus der Nationen Europas, in Kolonialismus und in vielen, vielen Kriegen. Die in den 60er Jahren, Deutschland gegen Österreich und der Bürgerkrieg in den USA, zeigten zuerst, wie sehr die Industrie die Kriegführung bestimmte, Telegraf und Lokomotive wurden genauso wichtig wie Bajonett und Stiefel. In den Schützengräben des Ersten Weltkrieges dann übernahmen diese von der Hand des Nationalismus geführten Industriewaffen vollständig die Herrschaft, mit furchtbaren Ergebnissen.

„Nun will man uns demütigen. Man verlangt, dass wir mit verschränkten Armen zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten.“ Wenn man Kaiser Wilhelm II. schwadronieren hört, kann man verstehen, wie sehr die Zeit in ihrem verblendeten Nationalismus verhakt war. Und man könnte in diesem Zusammenhang auch andere Staatschefs nennen: rund um den Krieg ertönte es stolz, martialisch, uniformiert, national. Wie anders liest sich da eine Stimme, die seit 1914 immer wieder erklang, die aber im Donner der Geschütze und angesichts der Taubheit der stolz geschwellten Brust kein Gehör fand:

„Im Namen des allmächtigen Gottes, im Namen unsres himmlischen Vaters und Herrn, … beschwören wir euch, euch von der göttlichen Vorsehung an die Spitze der kriegführenden Völker Gestellte, endlich dieser grauenhaften Schlächterei ein Ende zu setzen, die nun schon ein Jahr Europa entehrt.“ Es ist die Stimme des Papstes, Benedikt XV. Vom Beginn des Krieges an und dann immer wieder äußert er sich gegen den Krieg, schreibt und schreibt, denkt an den Frieden und will seinen Teil zum Ende der „grauenhaften Schlächterei“ beitragen.

 

Benedikt XV.

 

Was für ein Mensch sitzt da auf dem Papstthron? Als 2005 der Name des neuen Papstes Benedikt XVI. verkündet wurde, da haben wir uns alle gefragt, warum Benedikt? Wer war der letzte Papst dieses Namens? Und warum will gerade Joseph Ratzinger die Verbindung mit diesem fast unbekannten Papst? Hören wir den Papst selbst dazu. 2006, in seiner Friedensbotschaft, erklärt er seine Entscheidung:

„Der Name Benedikt selbst, den ich am Tag meiner Wahl auf den Stuhl Petri angenommen habe, weist auf meinen überzeugten Einsatz für den Frieden hin. Ich wollte mich nämlich sowohl auf den heiligen Patron Europas, den geistigen Urheber einer Frieden stiftenden Zivilisation im gesamten Kontinent, als auch auf Papst Benedikt XV. beziehen, der den Ersten Weltkrieg als ein ‚unnötiges Blutbad’ … verurteilte und sich dafür einsetzte, dass die übergeordneten Gründe für den Frieden von allen anerkannt würden.” (Friedensbotschaft 2006, 2)

 

„Gesegnet, wer als erster den Ölzweig erhebt“

 

Die „übergeordneten Gründe für den Frieden“: Benedikt XV. steht für Ausgleich, Versöhnung. Weiterlesen “Vom Frieden reden in Zeiten des Krieges”

Kategorien Allgemein, Geschichte, Interview, RomSchlagwörter Benedikt XV., Frieden, Papst, Weltkrieg1 Kommentar zu Vom Frieden reden in Zeiten des Krieges

Wiederholungstäter

Veröffentlicht am 14. Juli 2014

Und er hat es wieder getan. Eugenio Scalfari, Gründer und langjähriger Leiter der Zeitung La Repubblica, hat wieder ein Gespräch mit dem Papst geführt und wieder hat er daraus einen Artikel gemacht und wieder hat er direkte Zitate gebracht, die nicht autorisiert waren – was journalistischer Usus ist – und die auch nicht auf Aufzeichnungen beruhen, weder schriftlich noch per Rekorder. Der Herr in seinem hohen Alter hat sich auf sein Gedächtnis verlassen.

Da es aber um so heikle Themen geht wie Pädophilie und die Mafia finde ich das ziemlich haarsträubend. An alle, die jetzt einige der Aussagen gerne für wahr halten würden: Wer Mindeststandarts nicht einhält, bei dem ist kein Satz zu glauben.

 

Gedrehte Geschichte

 

Was diesen Text aber auch interessant macht ist die Tatsache, wie darüber berichtet wird. SPON zum Beispiel macht daraus die Geschichte des vatikanischen Einspruchs und räumt Vatikansprecher Federico Lombardi viel Platz ein. Die Geschichte wird sozusagen gegen die Zeitung gedreht. Erst nimmt man also die Zitate auf, dann – nach Lombardis Intervention – kommen den Redaktionen Zweifel. Man glaubt also nicht mehr alles, nur weil es in italienischen Zeitungen steht. Weiterlesen “Wiederholungstäter”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Interview, Kirche und Medien, VatikanSchlagwörter Franziskus, Interview, Journalismus, La Repubblica, Medien, Papst, Scalfari, Zeitung84 Kommentare zu Wiederholungstäter

Ein Schritt, nicht nur Symbolismus

Veröffentlicht am 8. Juli 2014

Das Thema ist nicht vorbei. Ein Treffen des Papstes mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und von Missbrauch ist ein Schritt, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Vertreter von Betroffenen haben das Ereignis im Vatikan als „Public Relations Event bezeichnet“, nachzulesen bei der BBC oder USANews, um nur zwei zu nennen.

Leere Stellungnahmen seien das, reiner Symbolismus. Geld müsse fließen, etc., je nach Vertreter sind die Schwerpunkte der Kritik verschieden. Und ein Punkt dabei stimmt ja auch: Wenn der Papst sagt, dass Bischöfe und andere kirchliche Obere daran gemessen werden, wie sie sich um den Schutz Minderjähriger kümmern, dann ist das erst einmal ein Wort. Die Umsetzung muss – soweit sie noch nicht existiert – folgen. Hier gibt es aber bereits in einigen Ländern klare Strukturen, und die sechs Betroffenen kommen auch aus solchen Ländern.

 

Wut, Zorn, Erinnerung

 

Auch in diesem Blog sind Kommentare eingestellt worden, die verlangen, dass dieses oder jenes noch gehört und gelesen werden soll. Wegen des beschimpfenden Charakters der Texte habe ich die dann nicht eingestellt, aber die Tatsache dass sie gibt zeigt doch, dass es immer noch nicht einfach ist, über das Thema zu sprechen.

Der Papst hat in seiner Predigt am Montag wie ich finde gute Worte gefunden. Und Pater Hans Zollner im Interview mit mir auch. Er kennt zwei der Betroffenen, er hat die angespannte Atmosphäre vor dem Treffen mitbekommen, aber auch das, was er Dankbarkeit, Gelöstheit und Hoffnung nennt. Weiterlesen “Ein Schritt, nicht nur Symbolismus”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Interview, Neulich im Internet, Rom, VatikanSchlagwörter Franziskus, Kirche, Kleriker, Messe, Missbrauch, Opfer, Sünde, Verbrechen, Vergebung, Weinen20 Kommentare zu Ein Schritt, nicht nur Symbolismus

„Insofern bin ich da ein totaler Optimist“

Veröffentlicht am 13. Juni 2014

Frank Schirrmacher ist tot. Ein freier Denker und Schreiber, ein intelligenter und witziger Mann. Leider bin ich ihm nur einmal live begegnet, aber gelesen habe ich ihn gerne. Und diese eine Begegnung war etwas Besonderes, bis heute.

Es ging um eines seiner Themen, um Egoismus – Thema eines Buches von ihm – und die Frage, wie sehr Maschinen und Algorithmen unser Denken, unsere Wirtschaft und unser Tun mittlerweile bestimmen.

Er beschreibt die Mathematisierung unserer Welt: Alles wird erfasst, berechnet und ökonomiesiert. Amazon weiß, was ich bei Google gesucht habe und schlägt mir Bücher zum Thema vor; das Netz gibt vor zu wissen, was für mich gut wäre.

Schirrmacher fügt ein Beispiel an, das ich hier bringen will, weil mich das Thema Journalismus schon aus Eigeninteresse nicht loslässt. Auch hier würde die Dominanz der Algorithmen langsam zugreifen, sagt Schirrmacher.

Das Interview möchte ich an dieser Stelle noch einmal veröffentlichen, meinen Hut ziehend und mich vor einem freien klugen Denker verneigend.

 

Frank Schirrmacher„Aus sich selbst herausgehen“: Es ist eines der zentralen Themen, die Papst Franziskus immer und immer wieder für Christen einfordert; alles andere führe zum Egoismus. Was dieser Egoismus heute bedeutet, das habe ich im Juni 2013 – vor exakt einem Jahr – Frank Schirrmacher gefragt. Er hat gerade ein Buch über die moderne Form des Egoismus geschrieben: „Ego – das Spiel des Lebens.“ Es ist ein kontroverses Werk, aber auch ein nachdenklich stimmendes Buch. Ein Gespräch mit dem Autor über den Wert von Intuition, die Macht des Informationskapitalismus und darüber, was eigentlich Egoismus ist.

 

„Wir alle reden ja ständig über Egoismus und wir glauben zu wissen, was es ist. Ich will mal sagen, was es in dem Interesse, dem ich gefolgt bin, nicht ist. Mein Buch ist keine moralphilosophische oder moraltheologische Annäherung an das Thema, sondern etwas, wo das Interesse bei mir ausgelöst wurde durch die Finanzkrise und die Art und Weise, wie die handelnden Personen reagiert haben. Was mich interessiert ist ein Egoismus, von dem gesagt wird, dass er ‚rational’ sei. Das eigentlich Neue und Beunruhigende daran finde ich, und das war mir vorher nicht so klar, dass wir uns einer Welt annähern, die das egoistische Eigeninteresse für einen Kern von Rationalität hält. Das ist natürlich eine Form des ökonomischen Denkens aber es geht weit darüber hinaus: Es ist vernünftig, egoistisch zu sein.“

 

Damit ist das Hauptthema Schirrmachers benannt: Die Behauptung, dass der Egoismus das Zentrum unserer Gesellschaft sei. Zur Präzisierung: Das an sich selber Denken an und für sich ist nicht vollständig schlecht und war schon immer Teil der Gesellschaft. Schirrmacher geht es aber um ein Phänomen, das viel weiter geht und das im Zeitalter der Informationsökonomie und des Informationskapitalismus bestimmend geworden sei.



„Es ist eine Sache, ob Sie eine Welt analysieren und sagen, dass aufgeklärtes Selbstinteresse ein wesentlicher Wert für Gesellschaften ist, oder ob sie eine Gesellschaft danach organisieren, dass sie nur noch nach Selbstinteresse funktioniert. Das eine ist eine Beschreibung von – wie wir ja alle sofort einräumen würden – partiellen Phänomenen innerhalb einer Gesellschaft, das andere ist etwas, was Ausschließlichkeit bedeutet. Weiterlesen “„Insofern bin ich da ein totaler Optimist“”

Kategorien Allgemein, Interview, Kirche und MedienSchlagwörter Computer, Denken, FAZ, Journalismus, Maschinen, Medien, Schirrmacher, Schreiben2 Kommentare zu „Insofern bin ich da ein totaler Optimist“

Tomáš Halík: „Mit den Suchenden ein Suchender sein“

Veröffentlicht am 5. Juni 20145. Juni 2014

Die einen wollen die Kirche und ihre Strukturen halten, wie sie sind: Die Konservativen. Die anderen sehen die Rettung der Kirche in den Änderungen der Strukturen: Die Progressiven. Tomáš Halík identifiziert sich mit keiner der beiden Denkschulen, er sagt, dass wir Gläubige in die Tiefe gehen müssen. „Die Antworten auf die Fragen der Menschen von heute in den Paraxodien des Lebens“ sind Aufgabe an die Gemeinschaft der Gläubigen, er nennt das „Mit den Suchenden ein Suchender sein“.

Thomas HalikTomáš Halík ist vielen kein Unbekannter, wer sich auf dem Markt umschaut, was in Spiritualität Neues und Kluges gedacht wird, der kommt am vielfach ausgezeichneten Halík nicht vorbei. In diesen Tagen ist er in Rom und ich hatte die Gelegenheit, mit ihm ein Gespräch zu führen.

 

Wunden berühren, Christus begegnen

 

Halík spricht in seinen Büchern und Vorträgen viel über das Christein als Aufbrechen, als Aufgeben von Privilegien. Gedanken, die parallel zu denen von Papst Franziskus zu verlaufen scheinen. Er – Franziskus – sei ein Zeichen der Hoffnung für die Kirche, aber nicht nur für sie, ein Zeichen der Hoffnung für die Welt, sagt Halík im Gespräch. Zum Beispiel habe er ein Buch geschrieben, das ‚Berühre die Wunden‘ heiße, und besonders die Predigten des Papstes in den vergangenen Wochen enthielten sehr viel Verwandtes.

„Das ist eine Meditation über den ungläubigen Thomas, ein Ergebnis meiner Reise nach Indien. Ich war in Madras, der Legende nach der Martyriumsort des Apostels Thomas, und dort habe ich ein Waisenhaus gesehen, mit armen Kindern, und das war so schrecklich. Aber gerade dort – und das wurde mir in Indien plötzlich klar – da sind die Wunden Christi heute, in diesem Elend. Wir müssen diese Wunden Christi berühren.“

Armut also nicht als Anlass, Gutes zu tun, sondern um Jesus Christus dort zu begegnen, wo er erlöst. „Wenn wir diese Wunden der Welt übersehen, dann haben wir kein Recht, ‚Mein Gott und mein Herr‘ zu sagen.“ Weiterlesen “Tomáš Halík: „Mit den Suchenden ein Suchender sein“”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Interview, Papstreise, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Elend, Evangelisierung, Franziskus, Glauben, Gottsuche, Kirche, Moderne, Spiritualität, Suche, Tomas Halik, Verkündigung6 Kommentare zu Tomáš Halík: „Mit den Suchenden ein Suchender sein“

Beitrags-Navigation

Ältere Beiträge

Links

  • Helfen Sie meinem Blog
  • Radio Vatikan
  • RV-Newsletter bestellen

Neueste Beiträge

  • „Wohin auch immer das führen wird“
  • Respekt!
  • Selbstkritik
  • Sammelpunkt der Dynamik des Zuhörens

Kategorien

  • Allgemein
  • Benedikt XVI.
  • Bischofssynode
  • Die deutschsprachige Kirche
  • Franziskus
  • Geschichte
  • Glaube und Gerechtigkeit
  • Glaube und Vernunft
  • Interview
  • Kirche und Medien
  • Kunst, Kultur und Können
  • Neulich im Internet
  • Ökumene
  • Papstreise
  • Rom
  • Spiritualität / Geistliches Leben
  • Sprechen von Gott
  • Vatikan
  • Zweites Vatikanisches Konzil

Artikelarchiv

  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020
  • April 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • Dezember 2019
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • September 2019
  • August 2019
  • Juli 2019
  • Juni 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Februar 2019
  • Januar 2019
  • Dezember 2018
  • November 2018
  • Oktober 2018
  • September 2018
  • Juli 2018
  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • September 2017
  • August 2017
  • Juli 2017
  • Juni 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Januar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • Oktober 2016
  • September 2016
  • August 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
  • Dezember 2013
  • November 2013
  • Oktober 2013
  • September 2013
  • August 2013
  • Juli 2013
  • Juni 2013
  • Mai 2013
  • April 2013
  • März 2013
  • Februar 2013
  • Januar 2013
  • Dezember 2012
  • November 2012
  • Oktober 2012
  • September 2012
  • August 2012
  • Juli 2012
  • Juni 2012
  • Mai 2012
  • April 2012
  • März 2012
  • Februar 2012
  • Januar 2012
  • Dezember 2011
  • November 2011
  • Oktober 2011
  • September 2011
  • August 2011
  • Mai 2011

Schlagwörter

Barmherzigkeit Benedikt XVI. Bischofssynode Deutschland Deutschlandreise Dialog Evangelii Gaudium Familie Flüchtlinge Franziskus Frieden Gebet Generalaudienz Gesellschaft Glaube Glauben Gott Internet Jahr des Glaubens Jesus Kirche Kommunikation Kuba Liturgie Medien Missbrauch Neuevangelisierung Papst Papst Franziskus Papstreise Politik Predigt Radio Vatikan Reform Religion Rom Sommerreise Spiritualität synodaler Weg Synode Theologie Vatikan Verkündigung Öffentlichkeit Ökumene
  • paterberndhagenkord.blog
  • Kontakt / Impressum
  • Datenschutzerklärung
Der Blog von Pater Bernd Hagenkord   |   2011 bis 2023