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Schlagwort: Benedikt XVI.

Es gab keinen Favoriten: Wie es zur Wahl von Papst Franziskus kam

Veröffentlicht am 10. Februar 202010. Februar 2020
Die Wahl von Papst Franziskus nimmt seinen Lauf Der Autor dieser Zeilen bei der Arbeit in der Sistina, zwei Tage vor dem Konklave: Das sind meine eigenen Erinnerungen

Das Telefon klingelt und Elisabetta Piqué nimmt ab. Sie ist eine argentinische Journalistin in Rom, eine „Vaticanista“, und es ist der 18. Februar 2013, eine Woche nach der Ankündigung Papst Benedikt XVI., auf sein Amt zu verzichten. Am anderen Ende der Leitung ist Kardinal Jorge Mario Bergoglio, er ruft seine gute Bekannte an, und am Ende des Gesprächs wird er zum Abendessen eingeladen, sobald er in Rom angekommen ist. Die Wahl von Papst Franziskus nimmt seinen Lauf.

Elisabetta Piqués Mann ist ebenfalls ein Vaticanista, Gerard O’Connell, Ire und Korrespondent eines US-amerikanischen Mediums. Und der hat nun ein Buch vorgelegt über diese Tage. Tage, die sich in meiner eigenen Erinnerung zu einem einzigen langen Tag verdichtet haben, von der Ankündigung des Rücktritts von Benedikt XVI. bis zum weißen Rauch und den ersten Tagen, die ein so ganz anderes Pontifikat beginnen ließen. Genau sieben Jahre ist das jetzt her.

Die Wahl von Papst Franziskus nimmt seinen Lauf

Die beiden sind gut bekannt mit Bergoglio und Gerard – ich kenne ihn gut aus meinen Jahren in Rom – macht auch keinen Hehl daraus. Trotzdem aber ist das Buch ein Musterexemplar an Sachlichkeit. Die Wirklichkeit war spannend und interessant genug, da muss man kein Geheimnis hinein vermuten.

Italienische Medien lieben Verschwörungsgeschichten und deren Aufklärung. „Dietrologia“ heißt das, ein Buch oder Artikel, indem aufgedeckt wird, wer mit wem heimlich was verabredet hat. Wie genau es zu diesem oder jenem Skandal hat kommen können. Was wirklich hinter einem Ereignis steckt.

Keine Verschwörung

Auf den Regalen zu Papstbüchern stehen eine ganze Reihe Werke dieser Gattung, das berühmteste natürlich das Buch über den angeblichen Mord an Papst Johannes Paul I., aber auch aktuelle Skandale haben ihre Verewigung gefunden. Aktuell immer wieder frisch: Neues zu den Finanzskandalen. Gemeinsam haben diese Stücke die These, dass alles im Kern ganz einfach ist, dass man letztlich eine kleine Gruppe von Menschen benennen kann, die Verantwortung tragen für eine Entscheidung oder Entwicklung, die diese dann aber Verdecken. Und da kommt nun der Journalist und deckt das auf.

Nun ist die Wirklichkeit aber meistens grau und selten schwarz weiß. Weswegen diese Bücher oder Artikel auch meistens verkürzend wirken. Man kann sich aufregen oder glauben, jetzt wisse man endlich, aber so richtig treffen tun diese Dinge nicht. Im Netz kann man das schön beobachten: Es gibt unter den Destruktiv-Katholiken klare Narrative, wie es zur Wahl von Papst Franziskus hat kommen können. Denn natürlich hat es auch da eine Verschwörung gegeben, wie könnte es anders sein? Das Buch hätte genau so ein Buch sein können. Es ist aber zum Glück genau das Gegenteil.

Der Autor, ein kluger Beobachter

Drei Narrative laufen nebeneinander. Da ist zum einen der Autor selber, er erzählt von sich, seinen Interviews, seinen Begegnungen, und lässt teilhaben an der Arbeit eines Journalisten in einer sehr ungewöhnlichen Situation. Eines Journalisten zudem, der gut bekannt ist mit der Hauptperson des Buchs.

Zum zweiten ist da die dokumentarische Wiedergabe der Berichterstattung. Das ist da das, was die meisten von uns von der Wahl und den Hintergrund-Interviews mitbekommen haben. Er listet das auf, umfassend, fast für jeden Tag des Geschehens. Grundsolide journalistische Arbeit ist das, so überhaupt nicht auf Skandal sondern auf Information aus.

Zum dritten ist da natürlich der Überblick über die Entwicklung. Nie verlieren wir im Buch aus dem Auge, wo in der Handlung wir gerade sind. Das macht das Buch interessant auch für Leute in Jahrzehnten, lange nachdem der Rauch um die Kontroversen um diesen Papst schon verzogen sein wird.

Auch eine Mediengeschichte

O’Connell hat in all dem zwei rote Fäden, die sich durch das Buch ziehen. Zum einen ist da die Frage nach den „Visions of the Church“, also die Frage nach den Vorstellungen von Kirche für die Zukunft, die während dieses langen Monats diskutiert wurden. Das sind spannend zu lesende Dinge, auch jetzt noch relevant.

Zum Zweiten ist da die Mediengeschichte, die der Autor erzählt. Mehr als einmal weist er darauf hin, wie völlig falsch italienische Medien in ihren Spekulationen über den neuen Papst gelegen haben, wie sie Trends völlig verpasst haben. Was ganz unterschiedliche Gründe hat, die auch benannt werden. Aber die Kardinäle zogen halt mit der Zeitung unter dem Arm ins Konklave und wussten, wer hoch gehandelt wurde.

„Es wird Kardinal Scola”

Also schrieben sie alle, der damalige Erzbischof von Mailand, Kardinal Scola, würde es werden. Ich erinnere mich sehr gut: noch als der weiße Rauch schon aus dem Schornstein quoll, gab es im deutschen TV einen gerne gesendeten Papsterklärer, der behauptete, es sei völlig klar dass es Scola würde. Weil eben alle nur italienische Blätter lasen.

Ein Thema, das sich zu den zwei roten Fäden gesellt, ist das der Reform des Vatikan. Das war das  große Thema unter den Wählern. Lesend habe ich mich hier beim Kopfnicken ertappt, meine Erinnerung und meine eigenen Aufzeichnungen aus dieser Zeit sprechen dieselbe Sprache.

Sie merken, ich halte das für ein gutes Buch. Ein Buch, dass jetzt – einige Jahre nach der Wahl – noch einmal Revue passieren lässt, was genau im Einzelnen damals passiert ist. Wer die Player waren, wer wie viele Stimmen bekommen hat, wer früh schon für wen oder gegen wen war. Aber das alles eben auf journalistische, fast schon dokumentarische Art und so gar nicht auf Skandal aus.

Wie gesagt, die Wirklichkeit ist spannend und interessant genug, da braucht man keine Skandale für um das zu „verkaufen“. Und das Buch ist ein gutes Beispiel dafür.

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Gerard O’Connell: The Election of Pope Francis. An Inside Account of the Conclave That Changed History. Erschienen bei Orbis Books. Der Autor ist seit Jahrzehnten als Vatikanjournalist für verschiedene Medien unterwegs, aktuell als Korrespondent von America Media.

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Mo, 11.30 Uhr: in einer ersten Version des Textes stand, Gerard O’Connell sei US-Amerikaner. Das ist falsch, er ist Ire. Was er auch umgehend angemerkt hat, ich korrigiere das mit der angemessenen Zerknirschung.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Kirche und Medien, Rom, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Bergoglio, Buchtipp, Konklave, Papst Franziskus, Papstwahl, Vatikan12 Kommentare zu Es gab keinen Favoriten: Wie es zur Wahl von Papst Franziskus kam

Emeritiert und doch sehr präsent: Benedikt XVI. in den Medien

Veröffentlicht am 5. Januar 20204. Januar 2020
Drei mal Benedikt Interview durch Tassilo Forchheimer vom BR, der auch das Foto zur Verfügung gestellt hat

„Die zwei Päpste“. Davor „Verteidiger des Glaubens“. Und nun nun „Klein Bayern im Vatikan“, ein Beitrag im BR. Die letzten Monate haben viel vom emeritierten Papst gesehen. Und aus ganz verschiedener Perspektive. Drei Mal Benedikt, sozusagen. Denn die Erzählungen sind sehr verschieden geraten.

Das passt sehr gut zur Debatte um den emeritierten Papst. Auch die ist sehr vielgestaltig, von unkritischen Fans bis zu Leuten, die gar nichts Gutes sehen (oder sehen wollen) gibt es alles an Meinungen und Stellungnahmen. Das geht nun schon seit dem Ende der ersten Euphorie nach seiner Wahl 2005 so, und wird dieses Pontifikat und diesen Menschen immer begleiten.

Drei Mal Benedikt

„Die zwei Päpste“ ist ein Film über Gegensätze und Entwicklung, Schuld und Entwicklung. Und lebt natürlich vor allem auch von Franziskus. Und er ist fiktiv. „Verteidiger des Glaubens“ handelt von den Missbrauchsfällen, von Wegschauen und Kardinal Joseph Ratzingers Tun oder Nichttun. Und der BR erzählt von der Bindung, die Joseph Ratzinger an seine Heimat hatte und hat. Er kann selber kaum noch sprechen, der Film ist respektvoll aber ehrlich, es ist eine Art Hausbesuch beim Menschen Joseph Ratzinger.

Drei Wege zum emeritierten Papst. Keiner fasst ihn vollständig. Wie sollte das auch gehen? Das Gute daran: man muss sich nicht für einen entscheiden und die anderen dann notwendigerweise ablehnen.

Verschiedene Wege zum Papst

Ich muss zugeben, dass ich mit dem allen noch ringe. Ich war ja ein spät dazu gekommener in Sachen Ratzinger/Benedikt. Und meine Lesart ist bestimmt weniger vom kircheninnenpolitischen, obwohl es das immer auch gegeben hat. Persönlich habe ich mich vor allem an seinen geistlichen Texten und Ansprachen abgearbeitet. Und viel lernen können.

Was aber nicht bedeutet, dass etwa die Verantwortungs-Debatte in Sachen Missbrauch außen vor bleiben muss. Das darf sie nicht. Oder auch die Frage, wie es um die Frage von Kontrast oder Nähe zu seinem Nachfolger bestellt ist. Auch haben wir im vergangenen Jahr vom emeritierten Papst selber einiges gehört, obwohl er ja hat schweigen wollen. Einen langen Text mit sehr merkwürdigen Thesen zum Ursprung des Missbrauchs in der Kirche etwa.

Da kommt einiges zusammen

Was wir per Medien jetzt bekommen, sind Schnappschüsse der ganz verschiedenen Perspektiven. Und je weiter sein Pontifikat in die Vergangenheit rückt, von Konzil und dem Theologen Ratzinger mal ganz zu schweigen, umso mehr neue Stimmen und Perspektiven werden dazu kommen.

Ich finde das tut der Sache gut. Das tut dem Verstehen gut. Solange man mich nicht zwingt, die eine oder die andere Ansicht zu übernehmen, helfen verschiedene Perspektiven. Gerade auch bei einer Person, die für so viel Konflikt gesorgt hat wie Joseph Ratzinger.

Dass jetzt drei Filme zusammen kommen, mag Zufall sein. Es zeigt aber auch, dass das Interesse nicht abflaut. Die Geschichte um diesen Papst und emeritierten Papst ist ja auch spannend. Also, mehr davon.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Rom, VatikanSchlagwörter Bayern, Benedikt XVI., Die zwei Päpste, Fernsehen, Medien, Papst, Ratzinger, Vatikan4 Kommentare zu Emeritiert und doch sehr präsent: Benedikt XVI. in den Medien

Ratzinger im Kino: Die Frage nach Missbrauch

Veröffentlicht am 31. Oktober 2019
Verteidiger des Glaubens Ein Kino in Berlin: Vor der Vorführung und der Debatte des Films

Religion enthält grundsätzlich die Gefahr von Missbrauch. Gestern Abend (Mittwoch), in einem Kino in Friedrichshain in Berlin, wurde in einer Preview Christoph Röhls Film „Verteidiger des Glaubens“ über Joseph Ratzinger und die Missbrauchs-Frage gezeigt. Und danach durfte ich mit dem Regisseur auf der Bühne debattieren.

Röhl ist bekennender Nichtglaubender. Was ja für eine journalistische Perspektive gut sein kann. Und über seinen Film kann man viel sagen, an einigen Stellen mag ich dort vorgebrachten Positionen widersprechen, andere Stellen mag ich mitreden.

Verteidiger des Glaubens

Aber das hier soll keine Filmkritik sein. In dem Gespräch danach kamen wir auch auf die Frage, wo genau Missbrauch eigentlich beginnt. Der Regisseur sagte am Schluss etwas Bemerkenswertes: Religion beginne da missbräuchlich zu werden, wo schwache Menschen auf der Suche nach Sinn mit Heils- und Erlösungsversprechen gelockt würden.

Ist das so? Meine erste Reaktion, die ich aber nicht ins Mikro gesagt habe, war: ich würde zustimmen, wenn er gesagt hätte, Missbrauch begänne wo Religion zum Mittel wird. Ich glaube, das hat er auch gemeint. Wenn Religion eben um den Menschen kreist und es um Macht oder Ordnung oder was auch immer geht.

Macht und Ordnung?

Im Film geht es um Joseph Ratzinger, um Irland, um die Legionäre Christi, es geht um Missbrauch und Moderne und Konzil, es sind fast schon zu viele Themen, die verhandelt und gezeigt werden. Irland hat sehr viel Platz, während die Theologie Ratzingers verkürzt dargestellt wird.

Aber der Punkt ist ja, dass so ein Film zum Reden einlädt. Zum Widerspruch, aber auch zur Nachfrage. Und die Frage nach dem „blinden Fleck“, wie es der Moderator Joachim Hake von der katholischen Akademie Berlin formuliert hat, wird durch den Film zum Thema. Wo sind blinde Flecke bei Joseph Ratzinger? Oder wo hat vielleicht der Film selber blinde Flecke?

Blinde Flecke

Das ist überhaupt die wichtigste Frage nach dem Film: was sehen wir nicht? Wollen oder können wir nicht sehen? Was Röhl versucht, paradigmatisch wie er sagt bei Joseph Ratzinger zu zeigen, gilt auch für uns. Etwa die Frage nach dem Klerikalismus, der eine Spielart der Verzweckung von Religion ist.

Röhls Film ist zurückhaltend genug, um Gespräche darüber anzuregen. Er will nicht überwältigen, durch Skandal oder steile Thesen. Auch wenn er selber wie ich meine auch blinde Flecken hat, ist er doch eine Einladung zur Debatte.

Ein zurückhaltender Film

Es gab im Laufe der Publikumsreaktionen einen Beitrag, den ich bezeichnend fand. Ein Ingenieur, der selber in jungen Jahren den Theologieprofessor Ratzinger gehört hatte, sprach davon, was er alles inspirierendes bei diesem Denker gehört hatte. Im Film kommt diese Theologie eher als Karikatur vor, das sah der Zuschauer offensichtlich einen solchen blinden Fleck.

Und da sind wir bei der Frage: können wir schwächen und blinde Flecken entdecken, ohne gleich ein Urteil zu fällen? Das Inspirierende behalten? Sind wir selber zurückhaltend und fragend genug, nicht sofort Urteile zu fällen? Oder dient die Personalisierung, wie sie der Film mit Joseph Ratzinger vornimmt, nicht auch zum Abschieben des Problems auf einzelne Personen?

Wo beginnt Missbrauch? Röhl versucht sich an seiner Antwort, als Geschichte der Tragödie eines Mannes, wie er sie erzählt, wird er seinem Thema und der gewählten Person nicht gerecht. Aber er stellt die Frage, nach den blinden Flecken, nach Theologie, nach Kirchenbild, nach Wegschauen. Und als Beitrag in der Debatte sind das Fragen, die immer wieder gestellt werden müssen.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kunst, Kultur und Können, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Film, Kino, Kirche, Missbrauch, Papst, Vatikan, Verteidiger des Glaubens9 Kommentare zu Ratzinger im Kino: Die Frage nach Missbrauch

Verantwortung, bitte!

Veröffentlicht am 22. März 201822. März 2018

Es ist niemand persönlich zu Schaden gekommen. Es sind auch keine Millionen von Euro versenkt worden. Und trotzdem hat gestern der Präfekt des Medien-Sekretariats des Vatikan, mein Chef, seinen Rücktritt eingereicht. Einen Rücktritt, den der Papst dann auch angenommen hat.

Die Geschichte dahinter ist nicht schön, es geht um einen Brief, den der emeritierte Papst Benedikt XVI. geschrieben hat und der erst nur teilweise und dann ganz veröffentlicht wurde. Aber es war eine Medien-Geschichte. Und von Tag Eins an stand Don Dario Viganò im Kreuzfeuer der Kritik. Als Person.

Auf den deutschsprachigen Medienseiten und im Netz war die Aggressivität, die hier in Italien zu beobachten war, zum Glück nicht zu lesen. Aber selten habe ich hier eine solche Gehässigkeit gesehen wie in diesem Fall. Und niemand hat versucht, die Gegenseite – Viganò – zu verstehen (Zusatz 16:48 Uhr, das stimmt nun nicht mehr, im Laufe des Tages sind einige Artikel erschienen, die das doch versuchen, das nehme ich also zurück).

 

Medien-Geschichte

 

Don Dario Vigano (r) bei der Unterschrift unter der Übereinkunft zwischen Vatikanmedien und Jesuitenorden (vertreten durch P Juan Guerrero, l)
Don Dario Vigano (r) bei der Unterschrift unter der Übereinkunft zwischen Vatikanmedien und Jesuitenorden (vertreten durch P Juan Guerrero, l)

Und weil sein Verbleibt auch wegen der vielen Kontroversen und der Polemik dem Projekt Reform geschadet hätte, hat er den Papst um die Annahme des Rücktritts gebeten.

Noch einmal: niemand ist zu Schaden gekommen. Er hat auch nicht öffentlich mit seinem Rücktritt gespielt um Sympathiepunkte zu bekommen, ohne den Rücktritt dann auch zu vollziehen. Er hat kein Geld verschwendet und es hat auch keiner seiner Angestellten Geld verschwendet oder kriminell entwendet.

Der Schaden ist rein medial. Das macht ihn nicht weniger wirklich oder wirkmächtig, aber es ist eben keine von den vielen anderen Geschichten, die wir über Kirchenvertreter immer wieder lesen müssen.

 

Auch das ist Reform

 

Ich will hier niemandem zum Opfer erklären oder alles heilig sprechen, was bisher passiert ist. Aber ich werbe dafür, die Dinge in ihren Proportionen zu sehen. Und ich wünsche mir, dass dieser Standard, nämlich das Übernehmen von Verantwortung wenn der eigene Verbleib schaden würde, in der Kirche normal würde.

Hut ab, Don Dario, wir haben zu viele gesehen, die sich an Amt und Würde klammern. Auch der Rücktritt wird also – wider Willen – zu einem Teil der Reform des Vatikan.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, RomSchlagwörter Benedikt XVI., Medien, Papstbrief, Rücktritt, Vatican News, Vatikanmedien, Verantwortung, Vigano86 Kommentare zu Verantwortung, bitte!

Das Mehrheitsprinzip reicht nicht

Veröffentlicht am 29. Dezember 2017

Mit nicht wenig Freude sehe ich, dass gerade wieder die Frage nach Kirche und Politik, genauer: Parteipolitik, debattiert wird. Zumindest in Deutschland. Bild und Welt, FAZ und Domradio, Kardinäle und Bischöfe, Theologen und Journalisten: was darf, soll, kann Kirche sagen und wie sich einbringen oder gar einmischen?

Nein, ich werde dazu an dieser Stelle nicht schreiben, das habe ich schon einige Male getan, zuletzt erst vor einer Woche. Ich mag nur einfach zitieren, und zwar aus der Bundestagsrede von Papst Benedikt XVI., September 2011.

„Im ersten Buch der Könige wird erzählt, dass Gott dem jungen König Salomon bei seiner Thronbesteigung eine Bitte freistellte. Was wird sich der junge Herrscher in diesem Augenblick erbitten? Erfolg – Reichtum – langes Leben – Vernichtung der Feinde? Nicht um diese Dinge bittet er. Er bittet: „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht“ (1 Kön 3,9). Die Bibel will uns mit dieser Erzählung sagen, worauf es für einen Politiker letztlich ankommen muß. Sein letzter Maßstab und der Grund für seine Arbeit als Politiker darf nicht der Erfolg und schon gar nicht materieller Gewinn sein.

Die Politik muss Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Friede schaffen. Natürlich wird ein Politiker den Erfolg suchen, ohne den er überhaupt nicht die Möglichkeit politischer Gestaltung hätte. Aber der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet. Erfolg kann auch Verführung sein und kann so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit.(…)

Wie erkennen wir, was Recht ist? Wie können wir zwischen Gut und Böse, zwischen wahrem Recht und Scheinrecht unterscheiden? Die salomonische Bitte bleibt die entscheidende Frage, vor der der Politiker und die Politik auch heute stehen.

In einem Großteil der rechtlich zu regelnden Materien kann die Mehrheit ein genügendes Kriterium sein. Aber dass in den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen und der Menschheit geht, das Mehrheitsprinzip nicht ausreicht, ist offenkundig: Jeder Verantwortliche muss sich bei der Rechtsbildung die Kriterien seiner Orientierung suchen.“

Und zurück zum Thema: Was darf, muss, soll Kirche? Weiter sagte der Papst damals.

„Im 3. Jahrhundert hat der große Theologe Origenes den Widerstand der Christen gegen bestimmte geltende Rechtsordnungen so begründet: „Wenn jemand sich bei den Skythen befände, die gottlose Gesetze haben, und gezwungen wäre, bei ihnen zu leben …, dann würde er wohl sehr vernünftig handeln, wenn er im Namen des Gesetzes der Wahrheit, das bei den Skythen ja Gesetzwidrigkeit ist, zusammen mit Gleichgesinnten auch entgegen der bei jenen bestehenden Ordnung Vereinigungen bilden würde …“.

Nun leisten wir gottlob keinen Widerstand gegen die Rechtsordnung, aber das Prinzip bleibt bestehen. Es ist vernünftig, eine Vereinigung zu bilden, spricht sich einzubringen, mitzumachen, mitzureden. Und wenn das zum lauten Aufschrei wird, um so besser, dann merkt man, dass es den richtigen Punkt trifft.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Papstreise, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Bundestagsrede, Deutschlandreise, Kirche, Politik14 Kommentare zu Das Mehrheitsprinzip reicht nicht

Drei-Päpste-Regel

Veröffentlicht am 5. März 2017
Der Ort des Geschehens
Der Ort des Geschehens

Ein Gedanke zum Sonntag und zum Wochenbeginn: Vor einigen Tagen hat mir jemand eine Geschichte über Kardinal Blase Cupich berichtet, den Erzbischof von Chicago. Der habe folgende Kurzformel zu den Päpsten entwickelt.

Johannes Paul II. sei der Papst gewesen, der gesagt habe, was richtig und falsch sei und was zu tun sei.

Benedikt XVI. sei der Papst gewesen, der gesagt habe, warum etwas richtig oder falsch ist und warum man etwas so und so tun soll.

Franziskus ist nun der Papst der sagt „macht es!“

In diesem Sinne, einen schönen Sonntag.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Benedikt XVI., Johannes Paul II., Papst Franziskus37 Kommentare zu Drei-Päpste-Regel

Zwischen den Zeiten

Veröffentlicht am 24. Februar 201724. Februar 2017

Es geht für die deutschsprachige katholische Kirche um nichts weniger, als um die Suche „nach Wegen, in den Ruinen zerbrochener Machtsysteme zu wohnen”. Ein Satz, der mir seit einiger Zeit nachgeht. Er stammt vom Theologen Johannes Hoff, aus einem Buch über Theologie nach der Postmoderne, und ist so schlicht aus dem Zusammenhang gerissen natürlich verzerrend.

Trotzdem fällt er mir immer wieder ein, wenn ich mit unserer Kirche zu tun habe. Vor allem, wenn ich durch deutsche Innenstädte laufe. Oder österreichische, das macht hier keinen Unterschied.

Drei Kirchen auf einem Blick: München, Innenstadt
Drei Kirchen auf einem Blick: München, Innenstadt

Dort sehe ich keine Ruinen. Dort sehe ich schöne Kirchen. Nicht immer sind es noch Kirchen, oft genug sind es Museen, wie auf dem Bild hier. Das Bild ist überhaupt der Anlass für diese Zeilen: Man sieht auf engstem Raum drei Kirchen, drei große Kirchen noch dazu. Die mittlere ist Museum, links und hinten – der Dom in München – sind und bleiben Kirchräume.

Das sind keine Ruinen, im Gegenteil. Aber genauso wie die Innenräume unserer Kirchen nicht für die Liturgie gebaut sind, wie wir sie jetzt feiern, und jedes Mal irgendwie ein Widerspruch in mir drin steckt, wenn ich in einer großen Kirche an einer Messfeier teilnehme, genauso spüre ich den Widerspruch zwischen diesen Kirchen und dem Wort „Ruine” weiter oben.

Vielleicht ist der Satz ja falsch. Vielleicht ist er nur deswegen falsch, weil er – weil ich ihn aus dem Zusammenhang gerissen habe – übertreibt.

 

Dynamik

 

Aber der mindestens gespürte Widerspruch bleibt: ich sehe die Kirchen, ich sehe den Anspruch, ich sehe all das Gute, was die Kirchen machen, die Gemeinden, die offiziellen Vertreter. Und ich sehe den Traditionsabbruch, die leeren Räume, den fehlenden Nachwuchs nicht nur bei Priestern und Ordensleuten, sondern überall in den Kirchen.

Deswegen vielleicht bleibt mir der Widerspruch zwischen den Ruinen hier und den Kirchen dort so sehr bewusst.

Und ein Zweites: ich empfinde das nicht unbedingt als negativ. Das mag jetzt komisch klingen, aber ich glaube, das so beschreiben zu können: Ruine ist ein Zustand. Eine prächtige Kirche ist ein Zustand, ist etwas Festes. Die Spannung dazwischen ist dagegen dynamisch, jedenfalls nehme ich sie so wahr.

Wir mögen alle vielleicht manchmal in die Klage über unsere Kirche einstimmen, über Überforderung und Unterforderung, über Rückzug und Großgemeinden und so weiter. Mindestens bei mir aber überwiegt die Dynamik. Die ist nicht immer angenehm und ich behaupte auch gar nicht, den Ausgang der Geschichte ahnen und daraus Zuversicht gewinnen zu können. Fern davon.

Aber diese Spannung sagt mir auf jeden Fall, dass wie weiter nachdenken, ausprobieren, umkehren, bezeugen, sprechen, schweigen, was auch immer müssen, um eine Kirche für die Zukunft zu sein.

 

Die neue Welt ist noch nicht da

 

Ein wenig Weisheit habe ich beim emeritierten Papst gefunden: „Ich gehöre nicht mehr zur alten Welt, aber die neue ist auch noch nicht wirklich da“: Der Satz gesagt steht im Buch „Letzte Gespräche“. Er sei ein Papst „zwischen den Zeiten“ gewesen, sagt er. Um dann anzufügen, dass man immer erst nachträglich Zeiten und Zeitenwenden erkennen und einschätzen könne.

Zwischen den Zeiten, vielleicht sind wir das ja. Und die Spannung – die Dynamik darin – mag und helfen, darin nicht stecken zu bleiben.

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Immer noch zurück getreten

Veröffentlicht am 11. Februar 20176. Februar 2017

Es ist wieder Jahrestag. Vor mittlerweile vier Jahren hatte Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt. Und auch wenn sich immer mal wieder Leute öffentlich aufregen mögen, darüber dass er immer noch weiß trägt oder Interviews gibt, ist die Tatsache eines nicht mehr amtierenden Papstes langsam normal geworden.

Das gilt auch für die Formsprache des Papstes.

Papst und Emeritus, Februar 2014
Papst und Emeritus, Februar 2014

Es muss sich sicherlich noch einiges einrenken. Etwa die weiße Farbe. Wir guten deutschsprachigen Mitteleuropäer würden natürlich am liebsten sofort eine Regel haben, an die sich zurück getretene Päpste halten müssen. Das war erst neulich wieder mal Thema. Typisch, kann ich als „Römer“ da nur sagen. Da passiert gerade etwas, da kann man sozusagen Kirchengeschichte beim sich Ereignen zuschauen, und was wollen wir? Das regeln!

Dabei hat Benedikt XVI. doch genau das getan, was sein Nachfolger predigt: er hat einen Weg geöffnet. Er hat einen Schritt getan, wie Franziskus nicht müde wird zu sagen. Er hat lange reflektiert – unterschieden – und dann entschieden.

 

Das magische Wort: Unterscheidung

 

Vielleicht liegt ja auch hier der Grund, weswegen die deutschsprachige Öffentlichkeit immer noch nicht so richtig mit dem Rücktritt umgehen mag. Da schwingt – nicht immer, aber öfters – ein „aber er hätte doch auch” und ein „aber er hätte nicht” dürfen, etwa was die Kleidung, den Namen, den Ort seines Ruhestandes, seine Interviews etc. angeht.

Ob der nächste – wer oder wann auch immer das sein mag – das genau so machen wird, ist nicht ausgemacht. Muss es auch nicht. Also mag er vielleicht auch weiß tragen. Oder nicht. Er mag im Vatikan wohnen. Oder nicht. Nur so viel kann man jetzt schon sagen: Die Umstände werden anders sein, die Personen werden anders sein.

Aber dieser 11. Februar wird immer der Beginn eines Weges bleiben. Für Benedikt XVI. persönlich, als Emeritus, aber auch für die ganze Kirche. Es ist ein wichtiger Jahrestag.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter 11. Februar, Benedikt XVI., Papstkleidung, Papstrücktritt, Papstwahl11 Kommentare zu Immer noch zurück getreten

„Mut zur Weite der Vernunft“

Veröffentlicht am 12. September 20168. August 2016

Es ging um Dialog. Wenn man heute irgendwo im kirchlichen oder journalistischen Kontext die „Regensburger Rede“ von Papst (mittlerweile emeritus) Benedikt XVI. erwähnt, ist das Urteil klar: das war Konflikt, Beschwerde, Beleidigung des Islam und danach musste der Papst zu seiner schwierigsten Reise antreten, zu der in die Türkei. Genau zehn Jahre ist das nun her.

Dabei ging es in Wirklichkeit um Dialog. Das ist ironisch und vielleicht sogar tragisch. Man könnte jetzt nachzeichnen, mit wie viel Verspätung den meisten erst aufgegangen ist, wie skandalös das eine Zitat angeblich gewesen ist. Viel von der Aufregung war nachträglich inszeniert, vor allem in den Medien, man hatte einen Griff, mit dem man den Papst mal so richtig schön packen konnte.

Papst Benedikt in Regensburg
Regensburger Rede

Das geht schon damit los, dass der Papst den alten Gedanken der „universitas“ lobt, Fachleute aller Studien- und Lehrrichtungen treffen aufeinander, etwas was der Papst damals schon in der Vergangenheitsform beschrieb. In einer modernen Hochspezial-Universität mit wirtschaftlicher Förderung gibt es so was ja nicht mehr.

Es geht ihm um Dialog, und zwar ganz in seinem Denken verankert. Während Papst Franziskus ebenfalls ein Papst des Dialoges ist, lebt er ihn ganz anders, als „Dialog der Freundschaft“, während des Benedikt XVI. um das nicht minder wichtige Denken geht. Und deswegen hat er wohl diese Gedanken auch an einer Universität geäußert.

 

„Gott hat kein Gefallen am Blut”

 

In diesen universitären Dialog hinein gehört – so fährt die Vorlesung, wie es der Papst selber nennt, fort – auch das Fragen nach der Vernunft und dem Glauben: Das Thema von Papst Benedikt.

Und dann fällt das Zitat, das er selber als „für uns unannehmbar“ bezeichnet, was ihn aber nicht vor Kritik geschützt hat. Ob zu Recht oder nicht, das soll hier erst mal nicht das Thema sein.

Ich zitiere aus der Vorlesung: „Der Kaiser [Manuel II. Palaeologos von Byzanz] begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut”, sagt er, „und nicht vernunftgemäß, nicht „σὺν λόγω” zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider“.“ Wer mag da widersprchen? „Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung”, um noch ein Zitat des Kaisers, das der Papst anführt, zu nennen.

Und dann beginnt der Papst seine Ausführungen zur Frage, ob vernunftmäßiges Handeln und das Wesen Gottes zusammen zu denken sind oder nicht. Er argumentiert theologisch, er argumentiert vor allem auch biblisch, er zeichnet kurz Entwicklungslinien im Christentum nach. Letztlich sagt er, dass das Aufeinandertreffen von griechischer und christlicher Welt kein Zufall war, dass sich Vernunftdenken und biblische Tradition ergänzen und gegenseitig befruchten, dass auch in der Bibel „Aufklärung“ zu finden ist.

 

Plädoyer für den Dialog von Glauben und Vernunft

 

Sehr kritisch geht der Papst mit der Reformation um, die durch „sola scriptura“ die Schrift wieder vom sie auslegenden Denken trennen wollte, so der Papst, das gehört in eine lange Debatte, in die sich Joseph Ratzinger immer wieder eingeschaltet hat.

Damit hat er die beiden Grundpositionen markiert: Gehören Logos-Denken, vernunftgemäßes Denken, und Bibel und Glaube zusammen? Oder nicht? Wie steht es mit der Wissenschaftlichkeit, um den Ort der Vorlesung – die Universität – wieder mit ins Spiel zu bringen? Weiterlesen “„Mut zur Weite der Vernunft“”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Papstreise, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Deutschlandreise, Glaube und Vernunft, Manuel II. Paleologos, Regensburger Rede18 Kommentare zu „Mut zur Weite der Vernunft“

Sorgen und Nöte

Veröffentlicht am 28. Juni 201628. Juni 2016

Es ist wieder ein Feiertag für den emeritierten Papst Benedikt XVI., er feiert sein Priesterjubiläum und im Vatikan wird das in kleinem Rahmen, in Anwesenheit von Papst Franziskus, gewürdigt (der eigentliche Tag ist Morgen, das Fest Peter und Paul. Aber die Feierstunde ist heute).

Benedikt XVI. war ein wichtiger Papst und wie ich das schon direkt nach dem Rücktritt gesagt habe sage ich das auch heute noch: Von seinen geistlichen Schriften werden wir noch lange etwas haben, mit seiner Rücktritts-Entscheidung und dem Durchtragen dieser Entscheidung hat er das Amt modernisiert. Und anders als eine zu einfache Presse ihm alles mögliche unterstellt hat und jetzt – je länger seine Amtszeit zurück liegt – wieder vereinfachend unterstellt, um so wichtiger ist es, genauer hin zu sehen. Wer sich denn die Mühe machen will.

Ein Papst geht: Benedikt XVI. im Februar 2013
Ein Papst geht: Benedikt XVI. im Februar 2013

Aber dann gibt es ja noch diejenigen, die sich nach Papst Benedikt zurück sehnen. Oder besser und präziser: nach dem Bild, dass sie sich von Papst Benedikt gemacht haben.

Dabei fehlt natürlich die historische Würdigung, eine solche Sehnsucht hat immer etwas verklärendes, ist immer eine Projektion und geht letztlich an Benedikt XVI. vorbei. Aber sie sind echt, sie kommen immer wieder bei uns und bei Facebook und sonstwie als Rückmeldung an.

Neulich wünschte sich ein Kommentator unter einem Blogeintrag (aus anderen Gründen nicht frei geschaltet), dass Gott ihm eine Rückkehr ins Amt schenken wolle, in einem anderen Post wünschte er sich einen Benedikt XVII herbei, der uns erlösen solle. Kein Scherz, Sprache von Erlösung, wo es doch nur um die Frage geht, wer Papst ist und wer nicht.

Als Grund gibt er eine Frage an: „Warum werden unsere Sorgen und Nöte dort auch noch als Papstnörgelei diskreditiert?“ Und da fange ich an zu stutzen.

 

Die Frage muss erlaubt sein

 

Dass es diese Sorgen und Nöte gibt, kann und will ich nicht bezweifeln. Aber die Frage muss erlaubt sein, was das für Sorgen und Nöte sind. Es müssen ja welche sein, die bei Papst Franziskus nicht ankommen. Hier wäre also ein wirklicher Bruch zu verzeichnen, und zwar einer, der mit Emotionen zu tun hat, nicht mit Theologie oder Lehre oder so.

Nun frage ich mich, was das für Sorgen und Nöte sein können, die Papst Franziskus nicht anspricht. Er, der immer und immer wieder auf alle eingeht, die mit Sorgen und Nöten leben müssen.

Ist es die Liturgie, die weniger ausgefallen ist? Sind das schon Sorgen und Nöte? Oder etwas Anderes?

Papst Franziskus überfordert viele. Anders kann mich mir solche Empfindungen nicht erklären. er steht für keine andere Lehre, für keine andere Kirche, denkt vielleicht anders als sein Vorgänger, aber das ist ja Teil der Geschichte der Papsttums seit Jahrhunderten.

Benedikt XVI. hingegen hat viele mit der Kirche versöhnt, die sich im Abseits wähnten, die nicht das so genannte progressiv-katholische mitgemacht haben, das den emeritierten Papst zur Rede von „Entweltlichung“ und den aktuellen Papst zur Rede von „arme Kirche für die Armen“ geführt hat. Hier liegt eine Lektion. Es gibt viele „Glaubenskulturen“ in der Kirche, eine versöhnte Verschiedenheit. Die aber nicht immer so versöhnt ist, wie wir meinen.

Von daher höre ich von den „Sorgen und Nöten“ mit Unruhe, auch wenn ich da meine Anfragen habe.

Benedikt XVI. hat uns etwas hinterlassen, und Papst Franziskus hat das neulich ausdrücklich gewürdigt. Für den Augenblick aber: Herzlichen Glückwunsch, Papst emeritus Benedikt XVI., zum Priesterjubiläum.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Bruch, Papst Franiskus, Rücktritt des Papstes, Vatikan9 Kommentare zu Sorgen und Nöte

Und es funktioniert

Veröffentlicht am 10. Februar 201630. Januar 2016

Es ist morgen mal wieder Jahrestag. 2013, Rosenmontag, Sie wissen schon. Papst Benedikt XVI. kündigt an, dass er am Ende des Monats seinen Amtsverzicht erklärt. Der Rest ist Geschichte.

Seitdem ist immer wieder der Hut vor der Entscheidung des Papstes gezogen worden. Inklusiver meines Hutes. Ich finde es beachtlich und von Größe zeugend, wenn jemand einsieht, dass er zu schwach ist und das eigene Amt beschädigen könnte.

Weihnachtskonzert im Studio von RV, Jugendkantorei am Eichstätter Dom. Foto (c) Christian Klenk
Weihnachtskonzert im Studio von RV, Jugendkantorei am Eichstätter Dom. Foto (c) Christian Klenk

Dadurch, dass Benedikt XVI. der erste Papst war, der das in dieser Form getan hat – wir lassen die mittelalterlichen Päpste weg, das war ein ganz anderes Papsttum – hat er der Kirche einen Dienst erwiesen. Das heißt nicht, dass dieser oder der nächste Papst auch zurück treten müsste. Aber sie haben mindestens die Option. Damit hat Papst emeritus Benedikt dem Amt etwas von dem verklärt überhöhtem genommen, was eigentlich einem Priesteramt schadet. Damit hat er eine lange Entwicklung fortgesetzt, die vielleicht mit Paul VI. begann, der vom Tragesessel herunter stieg und die Tiara ablegte.

Aber es war nicht der einzige Dienst, den Benedikt XVI. damals geleistet hat. Der zweite Dienst für die Kirche war und ist, dass der Papst emeritus diese Entscheidung auch durchhält. Dass er seinen Lebensabend in den vatikanischen Gärten verbringt, ruhig und ohne viel Aufhebens. Dass er nicht wie Politiker noch ein Betätigungsfeld gesucht hat.

Damit hat er nicht nur das Papsttum um eine Option bereichert, sondern diese Option auch mit Leben gefüllt. Zukünftige Päpste, die zurück treten, mögen vielleicht andere Lebensformen für sich wählen, das Maß des Rücktritts wird aber Papst emeritus Benedikt XVI. sein. Rücktritt heißt Still, heißt Rückzug.

Wobei dieser Rückzug sehr menschlich verläuft. In den Worten von Papstsprecher Pater Federico Lombardi: “Er ist ja kein Gefangener.” Er empfängt Gäste, er schreibt noch ein wenig, oder besser, er schrieb. Er bekommt Besuch von Menschen, die ihm Musik schenken, ab und zu tritt er auch noch an der Seite von Papst Franziskus öffentlich auf, aber sehr selten. So er eben kann.

Auch das hat Größe. Und ein Blick in die Politik zeigt, dass das nicht selbstverständlich ist. Auch emeritierte Bischöfe sind oft noch aktiv und ermahnen ihre Nachfolger. Nicht so Benedikt XVI.

Und wenn morgen mal wieder Jahrestag der Ankündigung ist, dann gilt das nicht für diesen zweiten Teil des Doppeldienstes. Der dauert noch an. Möge er das noch möglichst lange tun!

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Rom, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., Franziskus, Konklave, Papst, Rücktritt, Rückzug12 Kommentare zu Und es funktioniert

„Liebe wächst durch Liebe”

Veröffentlicht am 11. Januar 20167. Januar 2016

Mit diesen Zeilen bin ich etwas verspätet, eigentlich jährte sich Erscheinden der ersten Enzyklika von Papst Benedikt XVI. bereits am 25. Dezember zum zehnten Mal. Aber da Jahrestags-Journalismus immer was Künstliches hat blicke ich gerne mit leichter zeitlicher Versetzung auf diesen Text. Wichtig ist und bleibt er auch ohne Jahrestage.

Lehrer in Sachen Gottes- und Nächstenliebe: Benedikt XVI. (hier 2012 in Mailand)
Lehrer in Sachen Gottes- und Nächstenliebe: Benedikt XVI. (hier 2012 in Mailand)

2005 veröffentlichte der im gleichen Jahr gewählte Benedikt XVI. diesen Text, Deus Caritas est. In den Jahren, in denen ich Predigten, Ansprachen, Katechesen und Bücher dieses Papstes berichtet habe, sind mir immer wieder Parallelen zu den Gedanken der Enzyklika aufgegangen. Ob nun Huhn oder Henne zuerst da war ist dabei unerheblich, die Enzyklika hilft dabei, zu verstehen, was es heißt, Christ zu sein. Sie hilft beim Christsein für das 21. Jahrhundert. Schauen wir einfach mal auf den Text.

„Wir haben der Liebe geglaubt: So kann der Christ den Grundentscheid seines Lebens ausdrücken. Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. … Mit der Zentralität der Liebe hat der christliche Glaube aufgenommen, was innere Mitte von Israels Glauben war, und dieser Mitte zugleich eine neue Tiefe und Weite gegeben. …. Jesus hat (das) Gebot der Gottesliebe mit demjenigen der Nächstenliebe aus dem Buch Levitikus: ,,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst’’ (19, 18) zu einem einzigen Auftrag zusammengeschlossen (vgl. Mk 12, 29-31). Die Liebe ist nun dadurch, dass Gott uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4, 10), nicht mehr nur ein ,,Gebot’’, sondern Antwort auf das Geschenk des Geliebtseins, mit dem Gott uns entgegengeht.“

 

Göttlich und menschlich

 

Mit der Liebe haben wir aber so ein Problem, das Wort ist schillernd, Leidenschaft gehört dazu, Elternliebe, sexuelle Liebe und alles mögliche andere. Zwei Dinge stellt die Enzyklika dazu fest: „Zum einen, dass Liebe irgendwie mit dem Göttlichen zu tun hat: Sie verheißt Unendlichkeit, Ewigkeit — das Größere und ganz andere gegenüber dem Alltag unseres Daseins. Zugleich aber hat sich gezeigt, dass der Weg dahin nicht einfach in der Übermächtigung durch den Trieb gefunden werden kann. Reinigungen und Reifungen sind nötig, die auch über die Straße des Verzichts führen. Das ist nicht Absage an den Eros, nicht seine ,,Vergiftung’’ [Zitat Nietzsche], sondern seine Heilung zu seiner wirklichen Größe hin.“

Also: Liebe ist etwas, was über uns selber hinaus weist. Wenn wir bei uns selber bleiben, dann ist es nicht Liebe, kann man vielleicht sagen. Die Liebe wird „im Zugehen auf den anderen immer weniger nach sich selber fragen, immer mehr das Glück des anderen wollen, immer mehr sich um ihn sorgen, sich schenken, für ihn da sein wollen.“ Aber dazu braucht es auch das geliebt werden, das eine ohne das andere geht nicht.

Zurück zum Christsein: Die Bibel hat ein gegenüber seiner Umwelt anderes Gottesbild vorgestellt, das von Liebe, nicht von Strafe und Rache geprägt wird. Und sie entwickelt beginnend mit der Schöpfung ein Menschenbild, das ebenso von Liebe geprägt ist. Weiterlesen “„Liebe wächst durch Liebe””

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Benedikt XVI., Christentum, Deus Caritas est, Enzyklika, Franziskus, Liebe, Papst, Religion40 Kommentare zu „Liebe wächst durch Liebe”

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