Ändert Beten die Welt? Und wenn ja, wie? Ist das eine Art Autosuggestion, die einige Religions-Versteher meinen? Dadurch, dass wir um Gutes bitten und sprechen, würden wir uns ändern und damit die Welt? Oder hört Gott wirklich wie bei einem Telefonanruf auf uns, als ob Gott erst informiert werden müsste, um dann selber tätig zu werden?
Es ist schwierig, sich das Gebet vorzunehmen, weil es ja sagt, dass zwei völlig unterschiedliche Dimensionen zusammen kommen: Mensch und Gott.
Bei der Übertragung der Messfeier von Fatima ist mir ein Satz der Predigt von Papst Franziskus aufgefallen: „Liebe Brüder und Schwestern, beten wir zu Gott in der Hoffnung, dass uns die Menschen anhören werden; und wenden wir uns an die Menschen in der Gewissheit, dass uns Gott zu Hilfe kommt.“ Zu Gott beten in der Hoffnung auf die Menschen, an die Menschen wenden in der Gewissheit von Gottes Hilfe. Das lässt aufhorchen. Neu ist das nicht, aber in der Predigt kam das dann doch etwas unvermittelt, so dass es auffällig war.
Gott und das eigene Können
Benedikt XVI. hatte das in der ihm eigenen geistlichen Klarheit und Nüchternheit in einer Generalaudienz so ausgedrückt: „Jeder Christ weiß daher nur allzu gut, daß er das in seinen Möglichkeiten Stehende tun muss, dass aber das Ergebnis letztlich von Gott abhängt”. Um dann den heiligen Ignatius von Loyola zu zitieren, den Gründer des Jesuitenordens: „Handle so, als ob alles von dir abhinge, in dem Wissen aber, dass in Wirklichkeit alles von Gott abhängt“.

Hier werden menschliche Freiheit und göttliche Vorsehung in Beziehung zueinander gesetzt, hier geht es um menschliche Verantwortung und Sendung, hier geht es aber auch um die nötige Demut und das Wissen, dass es nicht die Macher sind, welche die Welt ändern, sondern Gott. Und damit Liebe, Kleinheit, Gnade.
Den Satz des heiligen Ignatius gibt es aber auch in einer zweiten Version: „Dies sei die erste Regel für das, was zu tun ist: Vertraue so auf Gott, als hinge der gesamte Erfolg der Dinge von dir, nichts von Gott ab; wende ihnen jedoch alle Mühe so zu, als werdest du nichts, Gott allein alles tun.“
Bei dieser Version scheinen die Beziehungen verdreht, hier ist die Paradoxität zu sehen, die auch bei Papst Franziskus auftaucht: beten zu Gott in der Hoffnung, dass die Menschen hören, an die Menschen wenden in der Gewissheit, dass Gott zur Hilfe kommt.
Dieser Satz sagt uns, dass die Welten von Wir-hier und ferner-Gott nicht getrennt sind, sondern ineinander liegen. Es gibt keine getrennten Sphären.
Nicht zwei getrennte Sphären
Aber abgesehen von dieser Grundeinsicht ist da noch etwas anderes. Mein Gebet ändert sich, wenn es nicht nur um Gott geht, wenn ich nicht alles auf Gott werfe, sondern wenn es auch um mich selber geht. Also nicht nach dem Motto: jetzt ist es bei Gott, ich bin es los. Auch bei und nach einem Gebet braucht es weiterhin den eigenen Beitrag, das eigene Handeln, weil das ja der Weg Gottes in der Welt ist.
Ein Mitbruder von mir hat vor Jahren einmal für Jugendliche eine „Bastelanleitung für Gebete“ geschrieben und den Satz voran gestellt „Missbrauch mich nicht!, sprach das Gebet“. Das richtet sich gegen Gebete die lauten „bitte mach, dass die anderen…“, aber auch „bitte lass mich …”. Das ist damit gemeint, ich selber bleibe Teil des Spiels, ich verlagere mit meinem Gebet mein Anliegen und damit die Verantwortung nicht von mir weg.
Gebet ist hier eher ein Verstehen dessen, wozu Gott mich ruft, was Gott von mir zu wollen scheint, ein sich als Mitarbeiter oder Werkzeug Gottes in der Welt zu verstehen.
Der zweite Satzteil – die eigene Mühe so als ob alles von Gott abhänge – meint in paradoxer Gegenüberstellung dasselbe, mein Gebet und Gottes Beistand und Hilfe sind keine Gegensätze, sondern greifen ineinander. Hier meint es vielleicht so etwas wie eine Ermöglichung: was ich tue, macht Gott erst möglich, auch das tue ich nicht von mir aus und aus eigener Kraft heraus, auch hier steckt Gott drin. So wird der zweite Teil zur Vervollständigung des ersten.
In der Papstpredigt kommt der Satz etwas unvermittelt und wer nicht genau hingehört hat, dem mag er entgangen sein. Es sind halt manchmal die kleinen Dinge, die uns weiterhelfen.
Ich danke diesem Blog, dass er in mein Leben getreten ist, denn ohne diese Konfrontationen wäre ich verloren gewesen. Irgendwann habe ich angefangen nach Antworten zu suchen und bin dabei an die Grenze gestoßen, die mir Gott offenbarte. Meine Gebete wurden offensichtlich erhört, denn anders kann ich mir all das nicht erklären, was sich in meinem Leben gerade abspielt.
Danke dafür all denen, die sich mit mir und damit auch mit meinen Gedanken auseinandersetzten, um sie in Bahnen zu lenken, die auch für eine Person wie mich tragbar sind.
Es gilt zu teilen, das Gebet hilft dabei und jeder teilt einfach das, was er teilen kann: Sind es Gedanken, gewinnt er daraus ein Gespräch, ist es Liebe gewinnt er deren Anteilnahme, ist es das Leben, so gewinnt er daraus seinen eigenen Anteil. Es ist also das Teilen, das so viel Glück verspricht, dass man am Ende selbst dabei herauskommt.
Noch einmal, danke an alle die mit mir geteilt haben!
Dank zurück!!! Ich profitiere immer sehr davon, wenn mir andere von ihrem Leben mit Gott erzählen! Gemeinschaftlich ist Glauben angelegt; er wird einfacher, aber auch: lebendiger? – !
Der Artikel über Gebet, Gott und Beter räumt mit der Vorstellung auf, dass Gott durch Gebete zur Erfüllung eigener Wünsche bewegt werden könne. Statt von Wunscherfüllung ist viel von eigenem Tun, Eigenverantwortung und dem letztendlich entscheidenden Beitrag Gottes die Rede. Ausgehend davon werden zwei unterschiedliche Perspektiven vorgestellt:
Die Regel des hl. Ignatius besagt, das man so handeln solle, als ob alles von einem selbst abhinge, in dem Wissen aber, dass in Wirklichkeit alles von Gott abhängt. Die beiden Dimensionen des christlichen Handelns, das eigene Tun und das Wissen um den entscheidenden Beitrag Gottes, kommen hier klar zum Ausdruck. Allerdings ist mir die gesamte Sentenz zu sehr auf den Erfolg einer einmal begonnen Handlung abgestellt; als ob Irrtum, vergebliche Mühe nicht auch ein fruchtbares Ergebnis der Handlung sein könnten. Diese Engführung löst bei mir Unbehaben aus. Es hat vielleicht damit zu tun hat, dass sich das Gebet (die erfolgreiche Handlung?) nur im Raum zwischen Gott und dem Beter abspielt.
Die Formulierung von Papst Franziskus führt dagegen ins Weite: „Beten wir zu Gott in der Hoffnung, dass uns die Menschen anhören werden.“ Ich lese hier heraus, dass das bewegende Thema von Papst Franziskus der Dialog, das Gespräch mit den Menschen ist. Er möchte ganz bescheiden und in zärtliche Zuneigung von den Menschen angehört werden – nicht gehört, verstanden und in seinen Weisungen befolgt werden. Angehört zu werden genügt ihm, darum bittet er Gott in seinem Gebet. Und so schöpft er dann das Vertrauen, dass er sich an die Menschen in der Gewissheit wenden kann, dass ihm Gott zu Hilfe kommt. Das Ergebnis des Gesprächs ist also offen und entsteht durch das kommunikative Handeln aller Beteiligten. Und dabei ist ganz entscheidend Gott im Spiel.
@ Pater Hagenkord: Der Zusammenhang, in dem das Gebet von Papst Franziskus steht, würde mich schon interessieren.