„Wenn es echter Dialog ist, weißt du nicht, wohin der Weg geht. Vorbereitet sein, das Wort suggeriert, dass man alles unter Kontrolle hat und bestimmt, wohin die Gespräche gehen. Also nein, in diesem Sinn können wir nicht vorbereitet sein.“ Pater Damian Howard ist Spezialist für den interreligiösen Dialog, er doziert am Heythrop College in London. Während meines Studiums in London haben wir gemeinsam in einer Jesuitenkommunität gelebt und uns angefreundet.
In der vergangenen Woche war er zur Tagung anlässlich des 50. Jubiläums des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog in Rom und ich haben ihn gefragt, was all die Krisen und Kriege im Nahen Osten mit dem Dialog anrichten.
„Es gibt uns etwas, worüber wir reden müssen, im Augenblick vor allem die Frage der Religionsfreiheit. Das war eine der Prioritäten des Heiligen Stuhls für die vergangenen Jahre. Interreligiöser Dialog muss die schwierigen Fragen stellen, zum Beispiel Religionsfreiheit in den einzelnen Ländern“. Außerdem müsse man genau trennen zwischen dem, was behauptet zum Beispiel muslimisch zu sein und der Religion selber. Beispiel Nigeria: Kein wirklicher Muslim wird das, was Boko Haram dort anrichtet, als muslimisch bezeichnen.
Was Dialog wirklich ist
„Worüber ich zu sprechen versuche ist, was eigentlich Dialog ist. Die katholische Kirche bestimmt nicht die Sprache und nicht das Handeln. Dialog findet heute in ganz verschiedenen Zusammenhängen statt: In Sozialarbeit, Universitätsausbildung, in Staat und Gesellschaft. Wir können das Wort ‚Dialog‘ nicht bestimmen und sagen, was es für Menschen bedeutet. Wie betreten hier eine neue Welt und wir müssen das klug und überlegt tun.“
Der Sinn des Dialoges sei manchmal ebenso unklar. Christen glaubten, dass Gott selber dialogisch sei, die Trinität, an die wir glauben, ist ein Geben und Nehmen in Gott. Auch wir Menschen selber seien dialogisch, so Pater Howard. Deswegen ist Dialog nicht nur ein Mittel, um etwas zu erreichen. „Aber – und das ist ein wichtiges aber – ist der Dialog auch Teil der Verkündigungsaufgabe der Kirche. Es kann nicht nur sein, zusammen zu sitzen, aufeinander einzureden und unendliche Debatten zu führen. Wenn sie das probieren, werden sie schnell feststellen, dass das nicht funktioniert, weil es die Menschen schnell langweilt. Deswegen braucht der Dialog auch immer ein klares Ziel.“
Es gehe um gegenseitiges Verstehen, gegenseitigen Respekt, um Zusammenarbeit in Gerechtigkeit und Frieden, und wenn man das tue, dann verändere man auch das Wesen der Beziehung zueinander. Letztlich würde man voneinander lernen können, wer Gott ist, so Pater Howard. „Einige Leute sagen, dass das gar nicht gehe. Andere wiederum sagen, dass das im Gegenteil sehr wichtig sei. Ich selber tendiere zu der letzteren Gruppe: Im Dialog muss es darum gehen, vom anderen zu lernen.“
Prophetisches Zeichen
Was uns zur Papstreise ins Heilige Land bringt: Überall begegnet der Papst diesem Dialog. Und er begegnet dem auf eigene Weise: Er bringt einen Rabbiner und einen arabischen Gelehrten mit, Freunde aus Argentinien. „Allein das ist schon ein prophetisches Zeichen“, sagt Pater Howard.
Alles nur Symbol? „Nun, kein Katholik würde die Wichtigkeit von Symbolen bestreiten. Symbole sind mächtig, Symbole verändern die Wirklichkeit. Das ist Teil unseres Glaubens. Natürlich ist das symbolisch, aber es sagt auch etwas darüber aus, wo Grenzen sind und wo keine Grenzen sind. Das ist sehr mutig, Katholiken sollten sich daran ein Beispiel nehmen.“
Mehr noch, da die beiden – Rabbi Abram Skorka und Omar Ahmed Abboud – Freunde aus Argentinien sind, bringe Papst Franziskus sozusagen seine eigene Geschichte des Dialoges mit. Es bleibt so ganz und gar nicht abstrakt. „Bei Franziskus sehen wir einen Dialog der Freundschaft und des Respektes. Das ist etwas Neues“, sagt Damian Howard. „Er muss keine theologische Begründung abgeben, weswegen Dialog für ihn wichtig ist. Ich muss nicht die Dynamik unsere Unterhaltung analysieren um festzustellen, dass wir Freunde sind. Und es ist ganz deutlich, dass für Franziskus Freundschaft ein Gottesgeschenk ist.“