Gedanke Nr. 2 zum Fasten in diesem Jahr
Rituale sind schön. Ergreifend. Berühren uns. Oder sie sind beruhigend oder geben Sicherheit.
Aber gibt es etwas hinter den Ritualen? Irgendwie sind sie doch wie die Kirchen in unserem Stadtbild und die Kunst in den Museen: es ist gut, dass es sie gibt, aber was das alles bedeutet ist was für Spezialisten. Oder drücken sie mehr aus?
Ist die Taufe in unsrem Leben wichtig? Ist sie in meinem eigenen Leben wichtig? Und wie bei Kirchen in der Stadt und Museen und anderem auch könnte ich die Frage stellen: Nützen sie unserem Leben, meinem Leben?
Sprechen wir also einmal vom Nutzen. Alles hat einen Nutzen. Jedenfalls haben wir uns die Welt so eingerichtet, dass dies so ist. Was keinen Nutzen hat, hat es schwer, sich zu rechtfertigen.
Selbst Glauben hat Nutzen, wenn man einmal einen Blick auf die Spiritualitäts-Wellness Angebote wirft.
Nutzen oder Würde
Unter einer gewissen Rücksicht passt die Taufe in dieses Nutzens-Denken hinein. Jahrhunderte lang hat es den Streit gegeben, wann denn ein Christ zu taufen sei. Soll man warten, bis er oder sie sich freiwillig und selbst für die Taufe entscheiden kann, oder sollen bereits die Kleinkinder getauft werden?
Wir glauben, dass mit dem Geschenk der Taufe das Geschenk des ewigen Lebens einhergeht, das nicht mehr zu nehmen ist. Und unter dem Druck einer hohen Kindersterblichkeit, die noch nicht allzu lange her ist, hat man sich für die Kindertaufe entschieden, um den Kindern diese Gnade nicht vorzuenthalten.
Also ist die Taufe gut für das ewige Leben, sie hat den Nutzen uns zu Gott zu stellen.
Aber dieser Nutzen bezieht sich nicht auf diese Welt. Er bezieht sich auf das, was wir das ewige Leben, das Himmelreich nennen. Und da verbieten sich eigentlich Nutzenserwägungen.
Ja, mit der Taufe gehören wir zu Gemeinschaft Gottes, zur Kirche Jesu Christi. Aber Nutzen bedeutet doch eigentlich etwas anderes, etwas Verwertbares, etwas, was sich messen, zählen, einschätzen lässt. So gesehen ist die Taufe ohne Nutzen.
So vollziehen wir in der Osternacht also etwas, was sich den Nützlichkeitsüberlegungen des Alltags entzieht. Mit der Erinnerung an unsere Taufe treten wir aus den Gesetzen des Alltags heraus.
Das entspricht dem Geschehen der Auferstehung. Auch hier treten wir mit unserem Glauben aus dem heraus, was wir so als Alltag kennen. Unsere Erfahrung kennt so etwas nicht: eine Auferstehung. Wir wissen nichts damit anzufangen, wir haben ja noch nie in unserem Leben einen Auferstandenen gesehen.
Und dann stehen wir in der Kirche, nachts, am Osterfest, und werden nach unserem Glauben gefragt. Und wir sollen wieder dem Bösen widersagen. Wir stellen uns bewusst in die Gemeinschaft der Glaubenden und Getauften und versprechen erneut, unser Leben danach auszurichten, so wir es denn vermögen.
Mit Nutzen hat das nichts zu tun, aber mit Würde. Damals, als wir getauft wurden, wurde uns das weiße Kleid gegeben als Zeichen der Würde des Christseins. Und wir wurden aufgefordert: bewahre dir diese Würde für das ewige Leben!
Um noch einmal den Vorschlag vom letzten Post aufzugreifen: legen Sie Sich einen weißen Schal zurecht für das Ritual der Tauferneuerung in der Osternacht, tun Sie es schon heute als Vorbereitung für die Fastenzeit, als Erinnerung daran, sich diese Würde zu bewahren.
Anregung mit dem weissen Schal gefällt mir sehr. Danke!