Wir sind das nicht gewohnt. Seit Wochen zwingt uns die Corona-Pandemie zum Weniger. Weniger reisen, weniger Treffen, weniger Berührung. Weniger Kultur, weniger Konsum, weniger vom Alltag, wie wir ihn kennen. Statt einer Dynamik des Wachstums nun eine Dynamik des weniger, abzulesen an fallenden Börsenkursen und an der Angst. Das Corona-Virus zwingt uns zu einer neuen Haltung.
Das Fasten sollte uns eigentlich darauf vorbereitet haben. Fasten ist ja ein Weniger, und zwar mit einem Zweck: ein Weniger in Vorbereitung, in Bereitung auf ein Fest. Wir nehmen uns etwas für ein Mehr an anderer Stelle, zur Feier der Auferstehung.
Das Corona-Virus zwingt uns zu einer neuen Haltung
Nun fehlt es nicht an religiösen Deutungen dessen, was gerade passiert. Und natürlich gibt es auch die geistlich verwirrte Einlassung, das habe mit Gottlosigkeit zu tun. Doch mindestens ein Blick ins Buch Hiob sollte uns sehr vorsichtig werden lassen, was den Zusammenhang von Glauben und Leiden des Menschen angeht.
Viel Wichtiger als solcherart Verzweckung des Leidens und der Angst ist aber, dass uns der Umgang mit diesem Virus zwingt, vieles anders zu machen.
Ausgerechnet die FAZ rechten etwa vor, dass das Geschäftsmodell der Pharma-Industrie Teil des Problems ist, nicht Teil der Lösung. Unsere gesellschaftliche Vorstellung von Freiheit wird angefragt.
Freiheit, wie wir sie kennen
Auch das immer mehr von Konsum und das immer billiger der Beschaffung, der Sofort-Befriedigungs-Reflex funktionieren nicht mehr. Das mag vorübergehend sein, ist aber erst einmal ein Schock, und zwar einer, der vielen die Existenz bedroht.
Deswegen ist da auch nichts schön zu reden, etwa dass wir was lernen könnten oder dass da eine Allegorie drin läge oder Ähnliches. Der Schaden sollte uns davon abhalten, jetzt große moralische Lehren zu vermuten.
Keine moralischen Lehren
Es geht aber schon um die Dynamik des Weniger, die uns aufgezwungen ist.
Ein Fasten ist uns aufgezwungen, und zwar kein religiöses Fasten. Ein soziales Fasten. Ein ökonomisches Fasten. Wobei das Fasten selber – anders als im religiösen Kontext – keinen Zweck in sich hat, sondern nur Konsequenz eines Verhaltens der Risiko-Vermeidung ist.
Aber dass ein Weniger uns zwar im Augenblick sehr unangenehm auffällt, dahinter aber auch etwas entdecken lässt, das kann eine Einsicht sein, die wir aus religiöser Erfahrung vermitteln können. Gerade auch in der Fastenzeit.