Die Publizistin und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer erhebt Vorwürfe gegen die Medien bei der Aufklärung des Pädophilen-Skandals im progressiven Milieu. In einer Talkshow zu Missbrauchs-Fällen in katholischen Internaten habe sie 2010 auch auf den Skandal in der Odenwald-Schule hinweisen wollen, doch ihr sei „hart das Wort abgeschnitten“ worden, schreibt Schwarzer am Montag in ihrem Blog. „Es ist gut, dass endlich darüber geredet wird.“
Soweit eine Meldung der Katholischen Nachrichtenagentur von heute. Nichts liegt mir ferner, als mit dem Finger auf irgendjemanden zeigen zu wollen. Dass es Missbrauch auch woanders gegeben hat, macht die Verbrechen in der katholischen Kirche um keinen Deut besser. Aber zum Umgang – und das hat die Kirche lernen müssen – hat immer auch das Wegschauen gehört. Dieses muss genauso beim Namen genannt werden wie die Verbrechen an Kindern selber, schafft es doch das schützende und stützende System für die Missbräuche.
Deswegen freut es mich überhaupt nicht, dass es jetzt die Grünen und wohl auch die FDP getroffen hat, was einen dummen Umgang mit der Sexualität von Kindern angeht. Ich wünsche aber allen gesellschaftlichen Gruppen Mut zur Offenheit. Der war in der Kirche auch nicht immer da, das haben wir in den vergangenen Jahren beobachten können. Aber dass nun gesprochen wird und dass Menschen wie Alice Schwarzer den Finger in die Wunde legt, ist ein Schritt zur Besserung. Auch wir Journalisten gehören zu denen, die Dinge nicht wahrhaben wollen. Cohn Bendit kam viel besser weg als jeder Bischof oder Priester. Wie gesagt, das will ich nicht als Aufrechnung verstanden wissen, aber es zeigt, dass es nicht nur Missbrauch, nicht nur Wegschauen, sondern auch eine verbogene Berichterstattung in der Öffentlichkeit gegeben hat und gibt, die auch der Reflexion bedarf.
P.S: Angesichts einiger Kommentare eine Klarstellung: Mit „dumm“ meine ich weder den Missbrauch, noch das Wegsehen oder das Vertuschen. Mit „dummem Umgang“ meine ich das leichtfertige darüber Reden und nicht Erkennen (=dumm) worum es eigentlich geht. Wenn in der Vergangenheit Menschen sexuelle Erfahrungen mit Kindern beschrieben haben, heute aber zugeben, dass das nur Fantasie war, dann ist das unglaublich dumm und dazu vielleicht auch noch gefährlich.
Das Wegsehen und Vertuschen steht auf einem ganz anderen Blatt, vom Missbrauch einmal ganz zu schweigen.