Wir haben zwei Päpste. Nein, ich meine nicht einen Papst und einen emeritierten Papst, das wäre zu einfach. Ich meine zwei Päpste, die beide Franziskus heißen. Der eine lebt hier in Rom und macht in diesen Tagen Exerzitien, der andere lebt in den Köpfen der Menschen. Und auf Facebook.
Dass sich von quasi Tag Eins an Mythen um Papst Franziskus gebildet haben, ist klar. Das berühmte aber apokryphe „der Karnevall ist vorbei” ist der erste von vielen Beiträgen, die einen imaginären Papst geschaffen haben. Bald hieß es auch, er habe sich gleich am Abend nach seiner Wahl unerkannt durch Rom chauffieren lassen, in die Peripherie.
Eine Variante dieser „Unerkannt-durch-Rom”-Geschichte geistert gerade durch das Netz, bei Facebook. Sie sehen hier auch den Screenshot. Und dazu den Text: „Papa Francesco verkleidet als einfacher Priester, schlich sich in der Nacht heimlich zu besuchen und trösten die Obdachlosen von Rom, indem sie die Hilfe Teams des Heiligen Hauses in der Verteilung von Essen, Kleidung und Unterstützung. Gott segne diesen Francisco!” Das Ganze ist am 15. Februar online gegangen. 111.651 Likes, über 80.000 Mal geteilt. Und das ist Stand des Schreibens dieser Zeilen.
Schade nur dass das fake news ist, um es mit dem Modebegriff zu belegen. Die Metadaten des Bildes – mit zwei Klicks einfach auszulesen – sagen mir dass das Bild am 25 Januar 2012 aufgenommen wurde. Also mehr als ein Jahr vor seiner Papstwahl. Und damit ist das alles fake. So fake sogar, dass aus dem Pressesaal des Vatikan ein Tweet kam, der die Falschheit von Bild und Nachricht betonte.
Aber das alles bedeutet gar nichts. Auch wenn es falsch ist, das setzt sich fest. Und so bildet sich ein zweiter Papst, ein Papst-der-Köpfe.
Der Papst in den Köpfen
Das Schwierige daran ist, dass dieser Zweit-Papst so beliebt ist. So einen hätte man gerne. Dass das Motiv des nachts-sich-aus-dem-Palast schleichen, und zwar unerkannt, uralt ist und von Kalif Harun Al Raschid und vom englischen König Henry V. vor der Schlacht bei Agincourt – jedenfalls laut Shakespeare – bekannt. Beide Male mythische und märchenhafte Figuren, deren Charakter über diese Ausflüge erzählt wird. Wie auch beim Papst.
Leider entstehen dabei im Gleichtakt auch Erwartungen. Die dann wie immer mit der Realität kollidieren, selten geht das positiv für die Realität aus. Und hier wird es schwierig, denn der Papst legt doch so großen Wert auf die Realiät. Und die ist ja auch spannend genug und braucht solche Geschichten eigentlich gar nicht. Weiterlesen “Der zweite Papst”