Toleranz ist einer dieser magischen Begriffe: Wer ihn ins Spiel bringt oder ihn für sich selbst in Anspruch nehmen kann, ist auf der Seite der Guten. Zu Recht.
Toleranz ist aber nichts Abstraktes. Meistens sprechen wir darüber, als sei das ein irgendwie paradiesischer Zustand, oder eine Tugend, die man erreichen könne. Sie ist aber nicht abstrakt, sondern immer konkret. Eine Sache des Alltags mehr als des Ideals.
In Utrecht in den Niederlanden habe ich vor einigen Wochen eine Ausstellung besucht, die sich mit den verschiedenen Formen von Toleranz im so genannten goldenen Zeitalter der Niederlande befasst („Vormen van verdraagzaamheid“ heißt die Ausstellung im Catarijneconvent): Also mit dem Versuch, nach der Reformation die sich bildenden Konfessionen zusammen leben zu lassen. Nicht sehr erfolgreich, wie wir heute wissen, das Ganze endete dann in einem brutalen religiösem Bürgerkrieg. Aber die Ausstellung darüber ist gelungen.
Die Angst vor dem Zerfall der Gesellschaft durch religiöse Zersplitterung war so groß, dass man alles schleifen wollte, was Stein des Anstoßes sein könnte, so hat es jedenfalls eine Gemeinde in Utrecht probiert: man wolle „eine Gemeinde, wo sich alle zu Hause fühlen und niemand bestimmte Glaubensartikel unterschreiben muss“ heißt es in der Jacobikerk um 1580. Weiterlesen „Toleranz und ihre Geschichte“