Wie wird in der Kirche was entschieden? In den vergangenen Wochen war es wieder einmal zu Verwirrung in dieser Frage gekommen. Ein Brief von vier Kardinälen an den Papst war veröffentlicht worden, dass Kardinäle dem Papst schreiben, ist ja nichts ungewöhnliches, aber die Veröffentlichung war als Versuch gesehen worden, Druck auszuüben in Fragen der Moral und der Lehre.
Nun hat der Papst aber in dieser Frage seine Bischöfe – die Synode der Bischöfe – um Beratung gebeten, sogar zwei Jahre lang, und dann ein Dokument dazu veröffentlicht. Ist jetzt nicht alles klar? Scheinbar nicht.
Wo genau die Konflikte sind, ist hier nicht mein Thema, ich will auf etwas anderes hinaus, und zwar noch einmal auf die Frage der Synodalität. Also: Wie wird in der Kirche was entschieden?
Während der genannten Versammlungen der Bischofssynode und darum herum hatte er der Papst immer wieder den Begriff der „Synodalität“ aufgegriffen, er ist auch sonst immer wieder auf dieses Thema zurück gekommen.
An dieser Stelle habe ich das mal so formuliert: „[Der Papst] will keine Parlamentarisierung der Synode, sie soll kein Entscheidungsgremium der Weltkirche werden. Er verlagert nicht Autorität auf ein Kollektivgremium. Zu Beginn der Synode hatte er ja noch einmal sehr deutlich gesagt, dass die Beratungen kein Parlament sind, ja nicht sein können, weil es um die Unterscheidung des Willens Gottes gehe, nicht um Kompromisse. Gemeinsam hören, beraten, sich verändern lassen, auf dem Weg sein, um die wörtliche Übersetzung des griechischen Wortes Synodos zu verwenden.”
Papstinterview: Pyramide vs Synode
Es geht um ein Strukturprinzip von Kirche, soziologisch wie theologisch. Jetzt ist Papst Franziskus wieder auf diese Synodalität angesprochen worden, und zwar in einem Interview, die Frage der Zeitschrift Tertio formuliert die Synodalität sogar als „Vision der Kirche der Zukunft“.
Der Papst antwortet nicht theologisch, sondern zunächst soziologisch: „Die Kirche entsteht aus Gemeinschaften, entsteht von unten, aus der Gemeinschaft, entsteht aus der Taufe, und sie organisiert sich um einen Bischof herum, der sie zusammen ruft. Der Bischof ist der Nachfolger der Apostel. Das ist die Kirche.“
Er stellt dann zwei Formen von Kirche gegenüber, die „pyramidale“, wo alle das machen, das der Bischof oder der Papst sagen, und eine „synodale“, in der Petrus Petrus bleibt, wie Papst Franziskus sagt, aber wo dieser Petrusdienst darin besteht, der Kirche beim Wachsen und Hören zu helfen.
Der Papst spricht dann vom Reichtum der Verschiedenheiten und Nuancen, „das ist der Kirche eigen“, Einheit in Verschiedenheit. Und dann kommt der Satz „das ist Synodalität“.
Nicht von oben herab entscheiden, sondern aus der Verschiedenheit heraus „unterscheiden“.
Immer wieder: Unterscheidung
Wie gesagt, in konkreten Fragen gibt es immer wieder das Verlangen, es solle ein Machtwort gesprochen werden, aber Papst Franziskus spricht von sich „nur“ als Garanten der Einheit, wie er es auch mehrfach den Synodenteilnehmern gegenüber getan hatte. Eine Offenheit und Freiheit, seine Meinung zu sagen, und dann die Garantie der Einheit.
Das ist nicht immer einfach auszuhalten, eine konkrete und präzise Vorgehensweise wäre vielleicht einfacher. Aber genau das ist nicht der Weg der Synodalität, wie ihn Papst Franziskus vorgelegt hat. Dazu – und das sagt der Papst nicht ausdrücklich – gehört auch, dass in der „Einheit in Verschiedenheit“ nicht alles für alle geregelt ist, sondern dass Platz bleibt für die „Unterscheidung“, für den Heiligen Geist in den konkreten Situationen.
Es ist wieder ein Schritt hin zum Verständnis dessen, was der Papst meint, wenn er von „synodaler Kirche“ spricht, es ist nicht nachzuschlagen in einem Lexikon, sondern „muss weiter wachsen“. Wie gesagt, das mag anstrengend sein. Aber das ist wirklich die Kirche von Morgen.
Scheinbar oder anscheinend?
Wünschenwert ist die synodale Kirche, aber dazu braucht
es eine breite, anspruchsvolle und auch selbstlose Basis.
Wie wir aber bei Staaten sehen, sind die Wähler meist
bestrebt zunächst den eigenen Vorteil zu wählen. Nun sind
diese Wähler die selben Menschen, die eine synodale Kirche
bauen sollen. Es muss viel am eigenen Egoismus des Menschen geschehen, damit dieser Weg nicht in einer Beliebigkeit und
Zersplitterung endet.
Ist es vielleicht sogar so:
pyramidale Kirche = größter gemeinsamer Nenner
synodale Kirche = kleinster gemeinsamer Nenner
Das ist nur eine Frage, keine Behauptung.
“Aber das ist wirklich die Kirche von Morgen.”
Was ist denn mit der “wirklichen” Kirche von Gestern? Immerhin besteht dieselbige schon etwas mehr als 2000 Jahren. Dei brauchen wir wohl nicht mehr.
Ecclesia semper reformanda. Es bleibt die eine Kirche, auch wenn sie sich ändert. Das war ja auch schon immer so.
Gilles Deleuze und Michel Foucault sehen in einem Reformator einen verkappten Diktator wenn nicht sogar Tyrannen, who keeps on turning the screw. Henry James hat eine Novelle (The Turn of the Screw) geschrieben über eine Frau die aus mangelnder Empathie die Schraube überdreht hat. Neben der Kirche von Oben und der Kirche von Unten gibt es noch eine dritte Option: Kirche von Außen. Eine Kirche als Pourvoyeuse de la misère wird sich auf die Dauer nicht vermitteln lassen.
Die Kirche besteht sein mehr als 2000 Jahren? Aber nur mit der Phantasie eines Augustinus als ecclesia ab Abel. Wenn man einen “Kirchengründungsakt” Jesu annimmt (was man historisch verantwortet nicht mehr tut), würde sich irgenwann in 13, 14 Jahren jähren…
Ich denke es ist ein wichtiger Schritt für die Kirche ihr wahres Potential in allen Mitgliedern zu entdecken. Grundsätzlich sollte man die Vielfalt, die sich daraus ergibt nicht hierarchisch betrachten sonder gleichgesinnt umsetzen. Dieses Leben verursacht Visionen, auch für die Kirche, denn Visionen geben neuen Schwung, wenn sie denn auch gelebt werden. Dabei sollte der Gemeinsinn gerade für die Kirche selbstverständlich sein, denn er trägt nach außen was im Inneren gelebt wird. Der Kern der Kirche ist Jesus, aus ihm erwuchs das Fundament auf dem die Kirche heute steht. Ich glaube, Papst Franziskus ist ein wertvoller Begleiter für die Kirche, die sich ihrem Gewissen stellt und wohlwollend annimmt was daraus erwachsen kann. Ich finde, Sie haben die „Vision der Kirche der Zukunft“ sehr schön beschrieben, dadurch gewinnt sie sicher die Kraft, die sie durch die Zeit führen kann.
Auch dieser Blog ist eine Möglichkeit der Kirche nahe zu sein, Dank Ihnen Pater Hagenkord. Ich persönlich finde es äußerst hilfreich hier über meine Gedanken zu schreiben, auch wenn nicht alles veröffentlicht wird. Auch das ist wertvolle Kirchenarbeit, die viele Menschen erreichen kann, auch die, die diesen Blog in Stille begleiten.
Danke für Ihren Denkanstoß! Für mich ist es ganz einfach, weil ich Volkswirtschaftlerin bin: Es sollte m.E. schon Jemanden an der Spitze der Pyramide geben, der die Fähigkeit hat, die verschiedenen speziellen Fähigkeiten und Notwendigkeiten der nächsten Ebene(n) zu erkennen und diese für die Strukturierung nutzen, und dabei denen vertrauen, dass DIE wiederum ihre fachlichen und regionalen Kenntnisse im Sinne des Systems einsetzen .. und ihnen die Arbeit und Entscheidungen im Sinne des Unternehmens vor Ort überlassen … Insofern ist mir Synodalität als Strukturprinzip ein Bedürfnis. Schade nur, dass einzelne Menschen auf fast jeder dieser Ebenen das permanente Bedürfnis haben, die Ebene zu wechseln, zumeist noch oben, anstatt ihren Dienst mit aller Kraft an der Stelle zu leisten, wo sie natürlicherweise angesiedelt sind. … Nichts gegen eine Karriere, die allen nützt. Dilettanten stören jedoch die Ordnung erheblich.