
Es ist das schönste Büro des IOR, des gemeinhin „Vatikanbank“ genannten Finanzinstitutes des Vatikan. Man schaut von hinten auf die Statuen auf den Kolonnaden am Petersplatz, dahinter auf Gianicolo-Hügel, man hat Licht und sehr viel Platz. Es ist aber nicht das Büro des Chefs. Es war das Büro des Chefs, aber jetzt sieht es eher aus wie ein Handelsplatz für Aktien, wie man das im Fernsehen sieht. 32 Bildschirme, etwa 20 Menschen davor. Und es sind noch nicht einmal Vatikanangestellte. In diesem Büro arbeitet die Firma Promontory, eine New Yorker Firma, die im Augenblick alle Konten beim IOR überprüft. Externe Hilfe bei der Aufgabe, Ordnung, Ruhe und Übersicht in das Institut zu bringen.
Eigentlich wäre es jetzt das Büro von Ernst von Freyberg. Er ist Aufsichtsratschef und amtiert auch als Direktor der Bank. Eines seiner Projekte ist Transparenz. Ohne Tranzparenz komme man nicht weiter auf dem Weg, ein normales Finanzinstitut zu werden, das dem Papst dem Vatikan helfe. Ohne Transparenz komme man nicht aus den Schlagzeilen heraus.
Die Bank sitzt in einem mittelalterlichen Turm, fast schon eine Karrikatur des Geldspeichers von Dagobert Duck. Aber drinnen wird kontrolliert. Und veröffentlicht. Heute zum Beispiel der Jahresbericht, das erste mal überhaupt in der Geschichte des IOR, zu besichtigen auf der Webseite des IOR. Für Radio Vatikan habe ich das Interview mit Ernst von Freyberg gemacht, man kann das auf unserer Webseite nachlesen.
In dem Interview versicherte von Freyberg mir, dass man kein Buchhalter sein muss, um das Dokument zu verstehen, einige Teile sind auch für Laien verstehbar: „Zunächst einmal haben wir das Dokument für die Kirche verfasst. Es gibt über eine Milliarde Katholiken in der Welt, die haben ein Recht darauf zu wissen, was das ‚Istituto per le Opere di Religione’ macht.“
Vielleicht ist das Vorgehen beim IOR ja ein gutes Beispiel für das, was jetzt im Vatikan und der Kurie in Sachen Reform ansteht: Man ruft nach „neuen Zeiten“, man will eine „Revolution“ (alles Zitate aus Zeitungsberichten über das IOR vom Montag), dabei ist es in Wirklichkeit ein allmählicher Prozess. „Wir gehen unseren Weg weiter und die Veröffentlichung des Jahresberichtes ist ein weiterer Schritt“, sagt von Freyberg. „Ziel ist es, dass wir dem Heiligen Vater die Option eröffnen, dass er entscheiden kann, wohin es mit dem Institut weitergehen soll.“ Wer zu schnell zu viel will, wer so tut als ob das wie ein Koalitionsvertrag mit schnellen Lösungen sei, der geht am Ziel echter Reform vorbei. Wer die vergangenen Monate beim IOR beobachtet hat – und mit der Meinung stehe ich nicht alleine – der sieht Veränderung bei der Arbeit.
Schritt für Schritt, keine Revolution, Optionen eröffnen, mit fachlicher Hilfe und guter Kommunikation: So kann Reform gelingen. Bin ich zu optimistisch? Zu blauäugig? Sprechen wir in zwei Jahren noch mal darüber.
Ich hab’ ja nicht viel Ahnung von Geld(anlagen) – wieso etwas anlegen, wenn man schließlich nichts hat 🙂 – , aber auf eine klitzekleine Sache möchte ich bzgl. der Verbindung von Türmen und Macht verweisen.
Seit dem Mittelalter gibt es die sog. Geschlechtertürmer (die waren in Italien sehr verbreitet). Es existieren Fresken, die das veranschaulichen können: Ambrogio Lorenzettis Folge “Die gute Regierung” im Palazzo Pubblico in Siena (angefertigt wurde sie während der ersten Hälfte des 14. Jh.s). Da wird einmal die Stadtansicht von Siena dargestellt und wir sehen auf diesem Bild viele hohe Türme. Das hat folgende Bewandnis: Die Höhe des Turms demonstrierte die Macht/das Geld der Familie. Und da gibt es auch ein Äquivalent: Die Wolkenkratzer in Amerika bzw. der westlichen Welt.
Nun gut, das Gebäude der Vatikanbank ist nicht so hoch… aber es ist ja auch ein Turm.
Und ich find’ das irgendwie interessant… auch wenn es im Text von Pater Hagenkord um Wichtigeres geht… das ist schon klar.