Das schlimmste, was einem Radiojournalisten passieren kann, ist ein defektes Aufnahmegerät auf einem Termin. Man macht ein Interview, beim Abschalten sieht man, dass eines der Lämpchen zu häufig blinkt, hat ein schlechtes Gefühlt und merkt beim Abhören dann, dass das teure Flash-Mikro einen Teil nicht aufgezeichnet hat. Ist jedem schon mal passiert, das gehört irgendwie zum Beruf.
Nun kann ich das verlorene aber nicht ersetzen. Ich kann mich nicht ans Mikro setzen und aufsprechen, was ich mir gemerkt habe und dann sagen, das hat der-und-der gesagt. Hörerinnen und Hörer schalten ab, wenn sie so was hören, und das zu recht. Wir können direkte Zitate nur senden, wenn es direkte Zitate sind.
Zeitungen haben es da eigentlich einfacher, die schreiben auf und müssen nicht den Wortlaut senden. Deswegen gibt es aber – als Ausgleich – das Institut der Freigabe oder der Autorisierung von Interviews bzw. von wörtlich wiedergegebenen Sätzen. Was von außen vielleicht wie ein abgekartetes Spiel aussieht, erfüllt die gleiche Funktion: Beide Parteien sind sich sicher, dass das gesagt wird, was gesagt wurde. Dass es da auch Missbrauch gibt und dann jemand nachher nicht gesagt haben will, was er eigentlich gesagt hat, steht auf einem anderen Blatt. Bleiben wir aber für einen Augenblick bei der Theorie.
Das so genannte Interview von Herrn Scalfari, bzw. der lange Artikel des Herrn samt langer wörtlicher Zitate von Papst Franziskus, ist nun auch auf Deutsch erschienen. Herr Scalfari hat dabei das getan, was ich oben mit der Situation um das Aufnahmegerät beschrieben habe: Er hat wörtliche Zitate geschaffen, wo keine waren. Er hat kein Aufnahmegerät benutzt, nicht mal das einfachste, nämlich Stift und Papier.
Dazu habe ich mich hier schon mehrfach geäußert und immer wieder den Kommentar bekommen, vielleicht sei das ja vom Papst so beabsichtigt. Und wenn der Papst ihn wieder eingeladen habe, dann habe er das doch wohl in Kauf genommen.
Erstens gilt, dass die Sorgfaltspflicht eines Journalisten – und darum geht es letztlich – nicht vom Interviewten abhängt. Die bleibt bestehen, auch wenn der Gegenüber das Verfahren nicht kennt oder sich nicht wirklich drum kümmert. Das erwarte ich von einem Journalisten einfach.
Zweitens ist die Vermutung, der Papst wolle das ja vielleicht so, reine Projektion. Die Zitate stimmen nicht. Im englischen Recht gibt es den „due process“, wenn während eines Verfahrens auch nur ein Element nicht rechtmäßig ist, dann ist das gesamte Verfahren hinfällig. Hier sind es die Zitate. Herr Scalfari schafft sich seine Zitate und es ist völlig egal, ob der Papst das will oder nicht, sie stimmen nicht.
Das ist das dritte Mal, dass ich mich recht vehement dazu äußere. Warum nur? Das frage ich mich mittlerweile auch.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich immer wieder gefragt werde – auch gerne von Kolleginnen und Kollegen – wie frei Radio Vatikan eigentlich ist. Die Unterstellung: Ihr macht eigentlich Pressesprecher-Funk. Nicht wenige halten uns für nicht wirklich Ernst zu nehmen. Und ein wenig ist da ja dran, wir berichten aus dem Vatikan, nicht über den Vatikan. Da wir das aber groß drüber schreiben – allein schon im Namen des Senders – ist das zunächst nicht ehrenrührig. Aber die meistens unausgesprochene Unterstellung kratzt schon ein wenig an der Ehre.
Wenn dieselben Kollegen dann aber viel krassere Verletzungen von Journalistischer Ethik durchgehen lassen, dann rege ich mich halt auf. So bin ich.
Im übrigen finde ich das, was der Papst selber und direkt sagt, viel zu interessant, als dass ich dazu noch geschaffene Zitate bräuchte.
In Ihrem ersten Artikel zu Scalfari haben Sie einen Link gesetzt zu CNA. Dort steht folgendes:
„Scalfari said that at the end of the 80 minute conversation, he asked Pope Francis permission to report the conversation. The Pope agreed, and Scalfari offered to send him the text before its publication.
According to Scalfari, the Pope told him not to „waste time“ in sending him the text, saying, „I trust you.“
Scalfari said he nevertheless sent his text of the conversation to the Vatican on Sept. 29, together with an accompanying letter.
In the letter, he reportedly wrote: „I must explain that I wrote up our conversation in order to let everybody understand our dialogue. Keep in mind that I did not report some things you told me, and that I report some things you did not tell me, which I wanted to insert to let the reader understand who you are.“
According to Scalfari, Monsignor Xuereb called him two days later, saying that Pope Francis had permitted its publication, and the text was subsequently published.“
Was halten Sie davon, Hr. P. Hagenkord? .
Das betrifft erstens nur das erste Interview. Zweitens wäre es dann formal korrekt abgelaufen, auch wenn ich es immer noch für umprofessionell halte, ohne Aufnahme oder Aufzeichnung solch ein langes Interview zu führen. Der Papst hat den Text durchgewunken, aber ich halte das trotzdem noch für nicht satisfaktionsfähig.
Ich verstehe, was sie sagen wollen – glaube ich zumindest. Was ich nicht verstehe, ist allerdings, wieso Sie sich so sicher sind, daß die Zitate falsch sind. Waren Sie dabei? Oder hat der Papst ihnen das – ohne Mikrophon – gesagt? Es besteht doch immerhin die theoretische, wenn auch geringe Wahrscheinlichkeit daß die Sätze so gefallen sind wie Scalfari sagt. – oder irre ich mich da? Ich verstehe nicht wie man diese Möglichkeit so kategorisch ausschließen kann.
Warum aber stellt er dann nicht sicher, dass wir das auch glauben können? Warum hat er dann nicht autorisieren lassen? Hier geht es um wichtige Dinge, warum sollen wir in Wahrscheinlichkeiten denken?
Warum wir in Wahrscheinlichkeiten denken sollen? Sollen wir doch nicht. Aber wenn man bei einem Gespräch nicht dabei war, kann man nicht wissen was gesagt wurde, aber eben auch nicht wissen, was nicht gesagt wurde. Und warum sagt der Papst überhaupt Dinge, die nicht offiziell autorisiert werden? Meiner Meinung nach, weil, wie er so genial formuliert hat, Wahrheit eben Begegnung ist und man sie gerade nicht in Büchern findet. Und darum redet er mit Herrn scalfari anders als mit Herrn Marx oder mit einem Missbrauchsopfer oder mit Ihnen, Pater. Das fände ich zumindest plausibel.
Genau, man kann es nicht wissen. Wir wissen nicht, was der Papst gesagt hat. Der Papst hat sich mit Herrn Scalfari eigenen Angaben nach unterhalten, weil es ihm wichtig ist, auch mit Menschen zu sprechen, die sich als Atheisten bezeichnen. Aber wir wissen bis heute nicht, was der Papst gesagt hat.
Ich finde es erstaunlich, dass Sie den Papst hier indirekt angreifen! Wenn es keine Reaktion des Papstes zu dem Interview gibt, dann gibt es dazu nichts zu sagen. Und Sie haben zu akzeptieren, dass das so ist. Herrn Scalfari indirekt als Lügner darzustellen, kann wohl nicht im Sinne des Papstes sein!
Ich habe keine Ahnung, was sie meinen. Ich habe den Papst nicht angegriffen, weder direkt noch indirekt, wie kommen Sie auf eine so absurde Behauptung? Und wieso darf ich keine Meinung haben, nur weil sich der Papst selber nicht dazu äußert? Außerdem habe ich nie von Lüge gesprochen, nur davon dass er sich „seine“ Papstzitate selber geschaffen hat. Den Mund – und die Tastatur – lasse ich mir nicht verbieten.
Nunja, der Papst kannte die Konditionen, er hat sie so akzeptiert. Damit ist die Sache durch. Natürlich dürfen Sie das kritisieren, doch dann nennen Sie auch Ross und Reiter. Es nervt Sie, dass der Papst sich auf diese „Interviews“ ein lässt. Vielleicht nervt es Sie auch, dass er der Meinung ist, dass der Zölibat erst vor 900 Jahren verpflichtend eingeführt wurde, was ja nun wirklich der Wahrheit entspricht!
Das hat mir mir nichts zu tun, sondern damit, dass Sätze in die Welt gesetzt werden, die niemand überprüfen kann, weil die Form nicht eingehalten wurde. Auch die Sache mit dem Zölibat ist so einfach nicht erklärt, da brauchen Sie mir kein genervt-sein anzudichten.
Herr Töpfer, ich bin da ganz auf ihrer Seite. Pater Hagenkord warum schließen sie Scalfaris Aussagen kategoriesch aus? Wenn man Franziskus verfolgt, seine Reden zum Zölibat und auch zum Missbrauch wäre es nicht auszuschließen. Manchmal habe ich den Verdacht, dass einige Journalisten ein wenig neidisch sind und sich darüber ärgern kein Interview mit Franziskus machen zu dürfen. Franziskus ist mutig und er hat meine absolute Hochachtung das er sich aufs Glatteis begibt , sich einläßt auch wenn es mal daneben gehen sollte!
Auf Katholisches.info wird kübelweise Müll über Franziskus ausgeschüttet dass ist beschämend, ärgerlich und anzuprangern, warum empört sich darüber keiner! Sandro Magister schreibt dort regelmäßig. Wie gesagt ich verstehe die Empörung nicht!
Irgendwann kommt der Tag, wo jeder von uns Franziskus Taten an seinen Worten messen wird, und sei es nur im Kopf und heimlich. Und dann wäre es mir lieb, wenn er daran gemessen würde, was er wirklich und nachvollziehbar gesagt hat, nicht an den literarischen Ergüssen eines älteren Herrn, der meint, den Papst so und so verstanden zu haben.
Betr.: „Katholisches.info Magazin für Kirche und Kultur“ – Artikel vom 19. Juli 2014 „Wen will der Papst herausfordern? Wer schlägt im Vatikan unter die Gürtellinie“
Die Leserkommentare unter diesem Artikel sprechen für sich, insbesondere die letzten Kommentare zu Pater Friedhelm Mennekes S.J. und Pater Bernd Hagenkord sprechen für sich, die beiden werden dort als „blasphemische Tabubrecher“ bezeichnet, die die Kirche St. Peter mit „übelstem Zeug“ entwürdigt hätten. Dann folgt der Satz „Zu Papst F fällt mir schon lange nichts mehr an.“
Die Ähnlichkeiten zwischen der Seite zu kreuz.net sind gegeben.
Hier noch ein Artikel des Stern zu „kreuz.net“
Pseudo-christliche Hetzseite Die Jagd nach den Machern von kreuz.net
16. November 2012, 16:06 Uhr
Es gibt einen ersten Fall in Sachen kreuz.net: Pfarrer Hendrick Jolie im Bistum Mainz. Er steht im Verdacht, Autor der Hetzseite gewesen zu sein. Wie reagiert die Katholische Kirche?
http://www.stern.de/politik/deutschland/pseudo-christliche-hetzseite-die-jagd-nach-den-machern-von-kreuznet-1927534.html
@river runner,
aus dem von Ihnen verlinkten Stern-Artikel:
„Die auf kreuz.net publizierten Autoren – neben Jolie sind fünf weitere Kirchenmitarbeiter zu finden, auch aus hohen vatikanischen Kreisen – müssen sich nur fragen lassen, ob sie gegen die Veröffentlichung auf dem Hetzportal aktiv vorgegangen sind. Oder ob sie sich zwischen Artikeln von Goebbels, geradezu psychotischen Kampagnen gegen „Kotstecher“ und Beschwörungen eines vorvorgestrigen Taliban-Katholizismus vielleicht doch ganz wohlfühlen.“
Dass mit der vorsätzlichen politischen Instrumentalisierung wahnhafter Anteile in bestimmten Menschen ist ein beliebtes Machtmittel in totalitären Kreisen.
Bsp.: http://www.regensburg-digital.de/bladd-aend-hanna-der-ehrenmann-ist-zurueck/19072014/#comment-177360
Auch der Vergleich mit den Taliban passt. Selbiges Prinzip: kranke Emotionen schüren, um ganz handfeste Eigeninteressen zu verfolgen.
Fast immer stecken hinter dieser übersteigerten Pseudoreligiosität Wirtschaftskriminelle.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Ich vernahm heute ein Gerücht, wonach Maroniten aus dem Libanon mit „kreuz.net“ verbandelt sind.
Ist da was dran?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Das scheint mir sehr weit hergeholt. Warum Maroniten? Die hatten doch mit den dort „verhandelten“ Themen gar nichts zu tun.
Liebe Carmen Fink, ich teile Ihre Auffassung und die von Harald vollkommen.
Laut Herrn Scalfari (und nicht nur dem) vertritt der Papst gelegentlich Auffassungen, für die noch vor knapp zwei Jahren ein Bischof erheblichen Ärger mit „dem Vatikan“ bekommen hätte, da wird „man“ natürlich unruhig.
Und was sie über die üblen Verunglimpfungen des Papstes auf katholisches.info und anderen, ähnliche orientierten Websites schreiben, das sehe ich genauso.
Nur ein Hinweis: derjenige, der hier als Harald postet ist nicht mit mir identisch.
Was mich sehr verwundert: es ist doch Standard, bei Gesprächen und Interviews mit dem „off the record“ zu arbeiten, wenn man etwas nicht in der Öffentlichkeit präsentiert haben möchte.
Denken Sie wirklich, Pater Hagenkord, dass ein Atheist es nötig hätte, dem Papst die Bibelstelle von Markus 9, 42 – 47 in den Mund zu legen, auf die ich schon vor 2 Tagen per italienischem Original hinwies, und führt dann auch noch die Textauslegung durch Chromatius von Aquileia mit Bezug auf den Klerus an?
Das wissen wir nicht, das bleibt Spekulation.
Pater Hagenkord
Es ist doch eine große Merkwürdigkeit, dass diese von mir oben erwähnte Passage mit dem Mühlstein, dem herausgerissenen Auge, abgehackten Hand und Fuss sowie dem In-Beziehung – Setzen der entfernten Glieder mit Diakon, Priester und Bischof , welche ich am 17.06. von repubblica.it kopierte, nun nicht mehr vorhanden ist auch nicht in der ZON-Übersetzung.
Die Googlesuche mit „Gesù parla della pietra da mulino e del mare. Parla anche della necessità …“ zeigt die Fundstelle auf, die Sätze sind aber nicht mehr vorhanden.
Also gab es seitens der Zeitung eine Korrektur per vatikanischem Drängen?
– warum ausgerechnet da ? 😉
Das weiß ich nicht, der Vatikan hat auf jeden Fall nicht gedrängt. Auf keinen Fall.
„der Vatikan hat auf jeden Fall nicht gedrängt“
Und woher wissen Sie das nun wiederum so genau und mit Bestimmtheit?
Übrigens: die Kardinäle werden immer noch bei den 2% genannt…..
Das weiß ich von jemandem, der es wissen muss.
@Bluebeardy,
„der Vatikan“: wen genau zählen Sie dazu. Und besonders: wer könnte so viel Einfluss besitzen, um Veröffentlichungen im Nachhinein verändern zu lassen?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@P. Hagenkord
Nützlich wäre es in dieser Situation vor allem, zu wissen was der Papst tatsächlich gesagt hat.
Kennen Sie vielleicht jemanden, der jemanden kennt, der auf den Papst insofern einwirken könnte, dass der Papst öffentlich sagt, was er eigentlich gesagt hat?
Wenn keine Aufzeichnungen da sind wird man alle Aussagen verdrehen ob die nun so gesagt wurden oder nicht. Nun ist es so und man sollte das Beste daraus machen, sprich wie wäre es mit einem Exklusivinterview bei Radio Vatikan. P. Lombardi als Pressechef müsste das doch hinkriegen, oder nicht.
Ihren Vorschlag von einem Exklusivinterview bei Radio Vatikan halte ich für richtig.
Eine erneuten Stellungnahme zum Thema an anderer Stelle ist natürlich auch möglich.
Zwei ältere Herren haben sich unterhalten, der eine spricht italienisch als Muttersprache, der andere spanisch. Ich nehme an, dass italienisch gesprochen wurde. Selbst wenn jemand eine andere Sprache sehr gut spricht, kann es Schwierigkeiten geben, wenn ein bestimmter Begriff anders verstanden wird. Ich gehe davon aus, dass die beiden recht temperamentvollen älteren Herren den wissenschaftlichen Grundsatz „If you want to talk to me, define your terms“ etwas außer acht gelassen haben.
Bluebeardy, Angelika Oetken andere Foristen und ich versuchen zur Zeit den Begriff „Pädophil veranlagte Männer“ vom Begriff „Pädophil veranlagte Täter“ abzugrenzen. Dazu habe ich Frau oetken gerade beim Blog „Wiederholungstäter/Gedrehte Geschichte“ hier die folgenden Fragen gestellt:
„Gibt es für irgendein Land der Welt, von mir aus auch die USA, konkrete Schätzungen wie viel Prozent der Männer dort pädophil veranlagt sind.? Gibt es dann konkrete Statistiken wieviel Prozent der pädophil veranlagten Männer im Laufe ihres Lebens zu Tätern werden? Dann dieselbsen 2 Fragen bezogen auf die Priester der katholischen Kirche in diesem Land. Es geht also um vier Fragen insgesamt.“
Die Kategorie „pädophile Täter“ ist im übrigen nur eine von zehn Tätergruppen, die der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch definiert hat. Für die Tätergruppe „katholische Priester“ gibt es mehrere mögliche Kategorien, nicht nur die „pädophil veranlagten Täter.“
All dies ist im Interview nicht zur Sprache gekommen, und bedarf daher der Präzisierung, um weltweit besser verstanden zu werden.
Für einen Papst ist es natürlich nie ein einfacher Schritt zu sagen: „Ich habe mich geirrt.“ oder „Ich habe aus sprachlichen Gründen etwas übersehen.“ oder „Es war zu heiß in Rom, um genauer zu diskutieren.“ etc
All dies ist aber selbst nach den strengen Vorstellungen der kath. Kirche möglich, um die Kommunikation mit der Öffentichkeit inhaltlich zu verbessern, denn der Papst hat ja nicht ex cathedra gesprochen. Dass er an einem zu heißen Sommertag eine unfehlbare Lehrentscheidung verkündet hat, behauptet doch niemand.
Ein neues besser vorbereitetes Gespräch – vielleicht ein Interview bei Radio Vatikan – halte ich daher für eine gute Idee.
Ja river runner da stimme ich Ihnen doch voll und ganz zu. Habe ich hier in diesem Blog schon des Öfteren geschrieben. Ein neues Interview gut vorbereitet wird sicher eine gute Lösung sein. Wobei es jedoch auch da zu Missverständnissen kommen kann. Jeder hört und liest anders, versteht anders ist in Fremdsprachen genauso wie in der eigenen Muttersprache es gibt so viele verschiedene Worte und die Emotionen kommen noch zusätzlich dazu.
Ich habe noch nie davon gehört, dass Pädophilie eine Veranlagung ist, sie ist ein Störung, die behandelt werden muss.
Das es eine Störung ist stellt denke ich niemand in Frage. Ich bin mir nicht sicher aber ich denke mal das Sie hier in die „veranlagten Täter“ etwas hineininterpretieren. Ist sicher keine erbliche Veranlagung gemeint.
„Bluebeardy, Angelika Oetken andere Foristen und ich versuchen zur Zeit den Begriff „Pädophil veranlagte Männer“ vom Begriff „Pädophil veranlagte Täter“ abzugrenzen. “
@river runner,
da müssen Sie etwas falsch verstanden haben. Mir ging es in Bezug auf das Scalfari-Interview lediglich darum, herauszufinden, ob Papst Franziskus den Begriff pädo“phil“ im KLINISCHEN oder UMGANGSSPRACHLICHEN Sinne verwendet hat. Vorausgesetzt, das, was la repubblica veröffentlicht hat, entspricht der Realität.
Zu „pädophil veranlagte Männer“: Pädo“philie“ im klinischen Sinne sehe ich als sehr ernst zu nehmende und für Kinder gefährliche Erkrankung an. Nicht als sexuelle Veranlagung. Ich habe darauf zwar in Kommentaren schon häufiger hingewiesen, tue es aber sicherheitshalber hier noch einmal.
Genese, Symptomatik und die besondere gesellschaftliche Verortung dieser schwersten Form einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, bei denen die Erkrankten immer auf der Grenzlinie zur Psychose entlang irren, bringen es mit sich, dass bei Pädo“philen“ immer sehr stark damit zu rechnen ist, dass sie Kinder missbrauchen.
Einige Experten messen der Pädo“philie“ Kennzeichen einer schweren Suchterkrankung zu. Vor allem was Verlauf und Prognose betrifft. Und da wir über Süchte viel mehr wissen, als über krankhaftes Kindermissbrauchen dürfen wir wohl schlussfolgern, dass den Aussagen eines Pädo“philen“ über den Umgang mit seiner Sucht in etwa so viel Glauben geschenkt werden sollte, wie den Beteuerungen eines Gewohnheitstrinkers, er habe alles unter Kontrolle und der Aussage eines Junkies, er sei clean.
Von der derzeit sehr medienwirksamen Verharmlosungskampagne notorischer Pädolobbyisten sollten wir uns nicht beirren lassen.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken,
Zu:
„“Bluebeardy, Angelika Oetken andere Foristen und ich versuchen zur Zeit den Begriff „Pädophil veranlagte Männer“ vom Begriff „Pädophil veranlagte Täter“ abzugrenzen. ”
@river runner,
da müssen Sie etwas falsch verstanden haben…..“
@ Angelika Oetken,
Würden Sie bitte auf dem Forum „Wiederholungstäter/Gedrehte Geschichte“ meine letzte Frage beantworten. Ich hatte Sie an Bluebeardy gestellt.
Von mir aus können Sie auch schreiben, dass keine einzige Frage beantwortbar ist. Aber ich möchte die Begriffe geklärt haben, bevor wir hier weiterreden.
@ Angelika Oetken
Ihr Zitat:
„…….Und da wir über Süchte viel mehr wissen, als über krankhaftes Kindermissbrauchen dürfen wir wohl schlussfolgern, dass den Aussagen eines Pädo”philen” über den Umgang mit seiner Sucht in etwa so viel Glauben geschenkt werden sollte, wie den Beteuerungen eines Gewohnheitstrinkers, er habe alles unter Kontrolle ……….“
Es gibt nasse Alkoholiker. Es gibt trockene Alkoholiker. Sie reden ausschließlich von nassen Alkoholikern, Gewohnheitstrinkern, die ihrer Umwelt die Lüge erzählen, sie haben alles unter Kontrolle. Es gibt aber in Wirklichkeit sogar langjährig trockene Alkoholiker. Von mir aus auch nur einen geringen Prozentsatz. Selbsthilfeorganisationen wie die „Anonymen Alkoholiker“ streben an, dass sich der Prozentsatz derer, die trocken bleiben erhöht.
Ihr Konzept, nach dem Sie 100 % der pädophil veranlagten Männer unter den Generalverdacht stellen, „nasse“ oder akut kindesmissbrauchende Pädophile zu sein, untergräbt die Moral dieser Männer, trocken bleiben zu wollen. Das hilft den Kindern nicht. Ihr Generalverdacht erhöht vielmehr das Risiko der Kinder.
Dazu noch ein Text mit dem Titel
„Auch der Autor von Peter Pan war offenbar pädophil“
Der folgende Stern-Artikel geht davon aus, dass sowohl Lewis Carroll, der Autor von „Alice im Wunderland“ und James M. Barrie, der Autor von „Peter Pan“ pädophil veranlagt waren.
So weit ich das anhand von Internet-Quellen belegt finden konnte, gab es nie körperliche Übergriffe auf die 10jährige Alice durch Carroll und nach allem, was ich gelesen habe hätte er die Vorstellung selbst abstoßend gefunden. Wahrscheinlich hat er es dabei belassen, seine Verliebtheit in Alice in einen Roman umzusetzen.
Anderen Quellen ist allerdings zu entnehmen, dass er minderjährige Mädchen nackt fotografierte,
was in der damaligen Epoche in England nicht strafbar war. Die Motive der Photographien der nackten Mädchen folgten romantischen Vorstellungen einer von Feen und Elfen belebten Natur.
Auf einem Internet-Forum habe ich dazu den Kommentar gefunden:
„Für mich schafft es seine Neigung aber nicht, sein Werk zu entzaubern. Für seine Gefühle kann man schließlich nichts, sehr wohl aber für das, was man tut und Carroll hat nichts getan.“
In dem Artikel wird die Frage gestellt:
„Entwickelt ein erwachsener Mann pädophile Neigungen durch häufigen Umgang mit Kindern – oder wählt er deshalb den Beruf?“
Die Antwort:
„Eher das Zweite. Pädophile haben oft ein besonderes Einfühlungsvermögen für Kinder und ihre Fantasie, sie fühlen sich zu Kindern hingezogen. Lewis Carrol, der „Alice im Wunderland“ schrieb, war wohl ein Pädophiler. Ebenso James M. Barrie, der Autor von „Peter Pan“ – dem Jungen, der nie erwachsen wurde. Viele können platonisch damit umgehen: Sie fühlen sich sexuell angezogen, leben diese Neigung aber nicht aus.“
„Auch der Autor von Peter Pan war offenbar pädophil“
Der Hamburger Sexualwissenschaftler Professor Wolfgang Berner über die Wurzeln und die Auswirkungen von Pädophilie Professor Wolfgang Berner lehrt am Hamburger Universitätsklinikum 29. Oktober 2003
http://www.stern.de/panorama/interview-auch-der-autor-von-peter-pan-war-offenbar-paedophil-514999.html
@ Angelika Oetken
Zu Ihrem Text weiter unten, der mit den Worten beginnt:
„eine Frage: kennen Sie Pädo”philie”, für die Sie die Hand ins Feuer legen würden? …….. Abstinent” im Sinne von: nie Handlungen begangen, die als sexuelle Ausbeutung strafrechtlich relevant sind?
Antwort:
Ich meine, dass der frühe Jesuit Emerio de Bonis ein trockener abstinenter Pädophiler ist, und ich gehe davon aus, dass es zur Zeit Priester der katholischen Kirche gibt, die abstinente Pädophile sind.
Sie schreiben, das Thema sei „höchst tabuisiert.“ Kann das verwundern? Schauen Sie sich doch mal den Stil Ihrer eigenen Stellungnahmen an: Wenn Sie von einem „typischen Priester und Serienverbrecher“ schreiben, wer soll sich denn dann noch als betroffener Mann outen? Ich verweise auf den Text „Don’t treat them like monsters“, den ich schon an anderer Stelle verlinkt hatte.
Zu: „Aber wenn ich mich in Papst Franziskus hinein versetze – und ich halte ihn für einen geistig sehr gesunden, klugen Mann ….“
Sie können sich in diesen Mann nur bedingt hineinversetzen, weil Ihnen ganz, ganz viele Kenntnisse über diesen Mann und ganz viele Kenntnisse zur katholischen Kirche und zum Jesuitenorden fehlen.
Außerdem kennen Sie ihn nicht, sondern nur das Bild, das sein Medienberater Burke von ihm entwirft und verkauft, und schon gar nicht kennen Sie die argentinische Vorgeschichte dieses Mannes, und dort hat er bis auf das letzte Jahr sein Leben verbracht.
Ihr gesamter folgende Text betrifft wieder Ihre Verwechslung von Veranlagung und Täter.
Aber ein gutes Ergebnis hat diese gesamte Konfusion dann doch: Der Bedarf, dass sich
das Team Erzbischof Woelki/Prof. Lütz systematisch mit dem Thema auseinandersetzt ist klar zu erkennen, und wird hoffentlich als ein Ergebnis dieser Diskussion hier von der katholischen Kirche in die Tat umgesetzt.
Sehr gute Antworten.
@river runner,
was fasziniert Sie eigentlich so an der Figur des „abstinent lebenden Pädophilen“?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
„Sie schreiben, das Thema sei „höchst tabuisiert.“ Kann das verwundern? Schauen Sie sich doch mal den Stil Ihrer eigenen Stellungnahmen an: Wenn Sie von einem „typischen Priester und Serienverbrecher“ schreiben, wer soll sich denn dann noch als betroffener Mann outen? Ich verweise auf den Text „Don’t treat them like monsters“, den ich schon an anderer Stelle verlinkt hatte.“
@river runner,
Pädo“phile“ sind selbstverständlich keine Monster, sondern Menschen. Aber ihre Krankheit trägt monströse Züge. Falls Sie auch einmal Berichte von Opfern lesen, werden Sie ein häufiges Muster finden: der hoch manipulative Täter, der seine Umgebung maximal täuscht, sein Opfer isoliert und ausbeutet und es darüber hinaus noch schafft, Mitleid zu erregen. Das ist ein Verhalten, auf das er in frühester Kindheit schon konditioniert wurde. Was dazu führt, dass pädo“phile“ Täter viel mehr Aufmerksamkeit bekommen als ihre Opfer. Selbst vor Gericht noch. Wo sie sich tränenreich Bewährung erheucheln. Ihre Opfer dagegen haben lebenslänglich.
Zum Outen: niemand verlangt, dass Pädo“phile“ sich als solche öffentlich zu erkennen geben. Um sich Hilfe zu holen für die Bewältigung ihrer Krankheit ist das nicht nötig. Entsprechendes Personal steht sämtlich unter Schweigepflicht. Aber: von einem einigermaßen entscheidungsfähigen pädo“philen“ Menschen, auch wenn er psychisch krank ist, kann ich erwarten, dass er sich um nachhaltige Veränderung bemüht. Andernfalls bedarf er der Aufsicht. Weil er eine ständige Gefahr für Kinder darstellt.
„Ihr gesamter folgende Text betrifft wieder Ihre Verwechslung von Veranlagung und Täter“
Ich verwechsle hier überhaupt nichts. Ich stelle nur den Mythos vom „abstinent lebenden Pädophilen“ in Frage. Der derzeit in gewissen Kreisen en vogue ist.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
P.S. was meine Einschätzung zu Papst Franziskus betrifft: ich habe nicht behauptet, dass er zu meinem engeren Bekanntenkreis gehört oder 😉 ?
@Herr Töpfer, @Frau Fink, @ Frau Brückner
Damit klar wird, wo das Problem liegt:
Scalfari hat geschrieben, dass der Papst das und das gesagt hätte. Diese Aussagen von Scalfari nehmen Sie offenbar für bare Münze und begründen das damit, dass es der Papst ja so gesagt haben könnte; dass er ja mit dem Interview(?) einverstanden war und deshalb offenbar alles seine Richtigkeit haben muss; dass es keine Reaktion des Papstes zu dem Interview gäbe, also gäbe es dazu nichts zu sagen und man müsse akzeptieren, dass es so ist etc.
Allerdings: Lombardi hat noch am selben Tag, an dem das Interview erschien, etliche Aussagen dementiert (d.h., er hat – in der Lombardi-typischen diplomatisch-geschraubten Ausdrucksweise von „ernsten Ungenauigkeiten“ gesprochen und dann einige Dinge genannt, die der Papst so nicht gesagt haben kann, und zwar vor der Fernsehkamera ins Mikrofon hinein). Und auch zum Lombardi-Statement gibt es keine Reaktion des Papstes. Also gibt es auch zu Lombardis Aussage nichts zu sagen und man muss akzeptieren, dass es so ist, oder wie? Ist jetzt beides ist richtig, obwohl beide einander widersprechen? Warum macht der Papst nicht den Mund auf und sagt, wer denn jetzt im Recht ist und wer im Unrecht, Scalfari oder Lombardi? Die Katholiken haben schließlich das Recht, zu wissen, was der Papst zu wichtigen Dingen sagt, und zwar GENAU! Vielleicht sollte ihm irgendwer doch einmal erklären, dass er nicht mehr nur der Bischof von irgendwo (von Buenos Aires, von Rom, von wo auch immer) ist, sondern unter anderem auch der PAPST!
@smilodon niemand muss Franziskus sagen was, wie und er was zu sagen hat!!
@Carmen Fink
Dann muss er sich aber auch damit abfinden, dass die Leute nicht wissen, wofür er steht.
@smilodon, ich denke, der Papst hat sich sowohl bei dem Gespräch mit Herrn Scalfari etwas gedacht als auch dabei, die gegenwärtige Aufregung um die Veröffentlichung durch Herrn Scalfari nicht zu kommentieren.
Im Übrigen ist uns der Papst keine Rechenschaft schuldig. Ich vertraue ihm vollkommen, dass er weiß, was er tut und warum.
@Silvia Brückner
Vielleicht hat er sich auch etwas gedacht, dass er das Dementi von Lombardi nicht kommentiert hat?
Und auf die Gefahr, dass mir mir jetzt am liebsten an die Gurgel springen würden:
Vielleicht weiß er, was er tut und warum. Es wäre aber sinnvoll, die Gläubigen auch darüber zu informieren. Denn Widersprüchliches einfach so stehen zu lassen, trägt nicht gerade zur Vertrauensbildung bei.
Ich zum Beispiel wüsste sehr gerne: Hat er jetzt gesagt, er wird Lösungen zum Thema Zölibat finden, ja oder nein? Scalfari sagt „ja“, Lombardi sagt „nein“. Wem soll ich jetzt glauben, wenn sich der Papst nicht klar äußert?
Hat er jetzt gesagt, dass es pädophile Kardinäle gibt (zu Klarstellung: GIBT, nicht GAB)? Scalfari sagt „ja“, Lombardi sagt „nein“. Mich würde es jetzt wirklich interessieren, ob es auch unter Kardinälen Pädophile gibt (Präsens, nicht Perfekt! Groer ist schon seit 11 Jahren tot). Wem soll ich jetzt glauben, dem Scalfari oder dem Lombardi, wenn vom Papst selber keine Klärung kommt?
Im Gegensatz zu Ihnen ist MIR nämlich nicht egal, was der Papst sagt und was nicht.
@ smilodon
Zu Ihrem Satz:
„Hat er jetzt gesagt, dass es pädophile Kardinäle gibt (zu Klarstellung: GIBT, nicht GAB)? Scalfari sagt “ja”, Lombardi sagt “nein”.“
Auch an Ihrer Bemerkung stelle ich eine – vom Papst losgetretene – Verwechslung von Begriffen fest:
Der Pädophile, treffender gesagt: der Pädosexuelle, ist ein Mann, der ausschließlich Kinder begehrt, die noch nicht in die Phase der Pubertät eingetreten sind.
Die Frage ist aber, ob dieser pädophil veranlagte Kardinal abstinent lebt oder nicht. Falls dieser Kardinal sein ganzes Leben lang Kindern gegenüber sexuell abstinent geblieben ist, ist dies zu bewundern, es geht dann nicht, diesen Mann an den Pranger zu stellen.
Was wollte der Papst nun sagen? Gibt es zur Zeit tatsächlich noch einen pädosexuellen Täter unter den Kardinälen wie seinerzeit Kardinal Hans Hermann Groer?
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Hermann_Gro%C3%ABr
Oder befindet sich unter den Kardinälen ein pädophil veranlagter Mann, der sein Leben lang abstinent geblieben ist? Dann ist das kein Straftatbestand, sondern bewunderswert. Es geht nicht, gegen eine Minderheit in der Bevölkerung eine Hetzjagd zu starten, und dies gilt auch für einen Papst.
Falls Franziskus sagen wollte, es gab einmal Kardinal Groer, und nicht es gibt jetzt… ist es doch wohl möglich, wenigstens diesen sprachlichen Fehler aufzuklären. Was soll es, ein derartiges Rätselraten in der Öffentlichkeit zu veranlassen, bzw. bestehen zu lassen?
Da bricht dem Papst doch kein Zacken aus der Tiara, wenn er das – z.B. in einem Interview – klarstellt.
@river runner
D’accord. Da gibt es offenbar noch eine zusätzliche Unklarheit, an die ich noch gar nicht wirklich gedacht habe. Umso nötiger wäre es, wenn der Papst endlich Klarheit schaffen würde.
@river runner,
eine Frage: kennen Sie Pädo“philie“, für die Sie die Hand ins Feuer legen würden? In Bezug auf die Glaubhaftigkeit der Beteuerungen dieser Männer, sie hätten ihr Leben lang abstinent gelebt?
„Abstinent“ im Sinne von: nie Handlungen begangen, die als sexuelle Ausbeutung strafrechtlich relevant sind? Den Besitz und die Nutzung von „Kinderpornografie“ eingeschlossen?
Heißt konkret: gerade weil wir ja der Aussage eines etwaigen pädo“philen“ Kardinals Glauben SCHENKEN müssten, hätten wir ein Problem.
Pädo“philie“ gilt vielen Klinikern als schwere psychiatrische Erkrankung. Zudem höchst tabuisiert. Die Aussage- und Reflektionsfähigkeit eines Pädo“philen“ist also per se schon eingeschränkt. Wie die eines anderweitig Wahnkranken auch.
Haben Sie zufällig den Film „Deliver us from evil“ gesehen? Dort wird ein pädo“philer“ Priester interviewt. Es handelt sich um einen Serientäter. Ein Mann der typischerweise in Tätertrance missbraucht hat. Ein Serienverbrecher. Und gleichzeitig ein schwer geistig gestörter Mensch. Aber nur in Zusammenhang mit seiner krankhaften Pädosexualität. Ansonsten der typische Pädo“phile“: angepasst, „nett“, leistungsbereit, flexibel, zielstrebig.
Ich weiß nicht, wie sich jemand fühlt, der solche Menschen in seiner Institution in Schlüsselpositionen weiß. Aber wenn ich mich in Papst Franziskus hinein versetze – und ich halte ihn für einen geistig sehr gesunden, klugen Mann – dann würde ich mit aller Kraft versuchen, diese Leute so schnell und nachhaltig wie möglich zu stoppen. Zu internieren. Und damit einen wahrscheinlichen, sehr großen Schaden von meiner Organisation abzuwenden.
Auch wenn es sich bei dem kranken Täter um einen Kardinal handelt. Oder sogar jemanden, der noch höher steht.
Und: Pädo“phile“ hängen in kriminellen Seilschaften. Das bringt ihre Erkrankung mit sich. Und gerade, wenn Pädo“phile“ sehr erfolgreich sind, profitieren die Mitwisser, Nutznießer und damit potentiellen Erpresser besonders. Und die werden ihren Goldesel doch nicht freiwillig einbunkern lassen?
Heißt also: pädo“phile“ Priester, die hohe Kirchenfunktionäre sind, wird man als Chef ziemlich schwer los.
Falls also Jose Mario Bergoglio wirklich vorhaben sollte, gegen pädokriminelle Seilschaften innerhalb seiner Organisation vorzugehen, dann sind Parallelen zum Kampf gegen eine andere Art von organisiertem Verbrechen erlaubt. Und die Maßnahmen gegen pädo“phile“ Priester und die Mafia, die Papst Franziskus angekündigt hat, werden ja nicht umsonst häufig in einen Zusammenhang gestellt.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ smilodon
als Ergänzung zu meinen Ausführungen oben zur Definition von Begriffen noch ein Zeitungsartikel aus ZEIT Wissen vom 19. Februar 2014
Was ist Pädophilie?
Daraus die folgenden Abschnitte:
Ist Pädophilie strafbar?
Pädophilie beschreibt eine Neigung beziehungsweise Störung, also etwas, was sich in der Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen abspielt. Gedanken und Gefühle können nicht strafbar sein und dementsprechend auch nicht „legalisiert“ werden. Juristisch gesehen kommt es auf die Handlungen eines Menschen an. Strafbar macht sich nach §176 des Strafgesetzbuchs (StGB), wer „sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen läßt“ und auch „wer ein Kind dazu bestimmt, daß es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen läßt“. Nicht bestraft werden kann jemand dafür, dass er über Sex oder eine Liebesbeziehung mit Kindern fantasiert.
Missbrauchen alle Pädophilen Kinder?
Nein. Es gibt durchaus selbstreflektierte Pädophile, die wissen, dass sie Kindern großen Schaden zufügen würden, wenn sie ihren Trieb an und/oder mit Kindern ausleben würden und die darum sexuell abstinent leben. Der Leidensdruck dieser Menschen aber ist enorm: Sie leben in dem Bewusstsein, ihre Sexualität ein Leben lang nicht ausleben zu können, ohne Kindern zu schaden und sich strafbar zu machen. Sigusch nannte ihre Lebenssituation „tragisch“.
ZEIT Wissen Was ist Pädophilie?
http://www.zeit.de/wissen/2014-02/paedophilie-faq-edathy
@river runner,
zu den Hintergründen des Pädolobbyismus, insbesondere der Funktion von Gräfin Marie Dönhoff, der langjährigen Herausgeberin der „Zeit“
http://www.heise.de/tp/artikel/32/32479/1.html
Wenn Sie die Kommentare auf Zeit-online lesen, die zu Artikeln mit der Thematik „sexueller Missbrauch“, „Pädophile“ etc. veröffentlicht wurden und die Inhalte mit denen in ähnlichen Medien vergleichen, wird Ihnen u. U. etwas auffallen.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@smilodon, mir ist keineswegs egal, was der Papst sagt, ganz im Gegenteil. Aber ich vertraue ihm, dass er eine Strategie verfolgt. Wenn Sie wissen wollen, wofür er steht, lesen sie Evangelii Gaudium oder das Interview mit der Jesuitenzeitung, das es als Taschenbuch gibt.
Es ist doch ganz einfach, die päpstliche Strategie offenbart, wer bei ihm ist und wer gegen ihn ist…
„Das weiß ich von jemandem, der es wissen muss.“
Danke Pater Hagenkord, nun bin ich beruhigt.
Eine kleine, abschließende Frage, wirklich nur als auflockernder Scherz gedacht 🙂
Lief bei dieser Informationsübergabe auch Ihr Aufnahmegerät?
Ich musste auch lachen, nun Pater Hagenkord das kann nur als Scherz gemeint sein, oder!?
@Silvia Brückner ist haben es nochmal auf den Punkt gebracht! 🙂
@ Smilodon,
@ KRP
Wie Sie bitte dem Blog Wiederholungstäter/Gedrehte Geschichte
https://blog.radiovatikan.de/wiederholungstaeter/#comments
hier entnehmen, geht es bei nun ca 70 Antworten immer wieder auch noch um Definitionen.
Der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch benennt zehn Tätertypen, die Kinder sexuell missbrauchen. Die pädosexuellen Täter sind nur eine der 10 Tätergruppen, und bei Sigusch unter Gruppe 10 genannt. Täter unter den Klerikern sind nach Sigusch vor allem auch in Gruppe 5 zu vermuten. Diese Gruppe wurde im „Papstinterview“ gar nicht behandelt, in einem „vervollständigten“ neuen Interview müsste auch über diese Gruppe gesprochen werden. Bei allen Tätergruppen könnte man sich fragen, ob und inwieweit der Klerus der katholische Kirche überhaupt betroffen sein könnte, oder ob man einen Bezug der jeweiligen Tätergruppe zum Klerus der katholischen Kirche von vorneherein ganz ausschließen kann. Aus diesem Grund stelle ich die 10 Gruppen hier zur Diskussion. Den Link zum Interview von Sigusch finden Sie unten.
Die zehn von Sigusch genannten Gruppen sind:
1) Der Inzesttäter, ein Vater, Onkel oder Bruder, der sich an einem Kind vergeht.
2) Der Mann aus der Nachbarschaft, der, in gestörten sozialen Verhältnissen lebend, oft alkoholisiert, Kinder missbraucht, ohne tatsächlich pädophil zu sein.
3) Der pubertierende Junge, der seine ersten sexuellen Erfahrungen an kleineren Kindern vollzieht.
4) Der in der Entwicklung zurückgebliebene oder dauerhaft behinderte Jugendliche oder Erwachsene, für den Kinder »angemessenere« Sexualpartner sind als Gleichaltrige.
5) Der sexuell unreife Erwachsene, zum Beispiel ein Priester, der die ihm fehlenden, seelenbildenden »Doktorspiele« gewissermaßen durch seelenzerstörende »Priesterspiele« ersetzt.
6)Der psychisch kranke Erwachsene, der, zum Beispiel durch eine Geisteskrankheit enthemmt, Kinder sexuell attackiert.
7) Der Sextourist, der sich Mädchen oder Jungen in bitterarmen Ländern zu sexuellen Diensten kauft, weil nun einmal alles in dieser Welt käuflich ist.
8) Der altersabgebaute Mann, der in seinem bisherigen Leben sexuell vollkommen unauffällig war, sich jetzt aber enthemmt an Kindern vergreift.
9) Der perverse Mann, der wegen seiner besonderen Lebensumstände zum Beispiel die Neigung, andere Menschen zu schlagen und zu quälen, nur an abhängigen Kindern ausleben kann.
10) Der Pädophile, treffender gesagt: der Pädosexuelle, der ausschließlich Kinder begehrt, die noch nicht in die Phase der Pubertät eingetreten sind.
Quelle: DIE ZEIT, Interview mit Sigusch aus 2010
http://www.zeit.de/2010/20/Interview-Sigusch
Ausführlich hat sich das „Papstinterview“ noch mit Tätern aus der Gruppe (1) befasst.
Dazu soll der Papst gesagt haben:
„Der Missbrauch eines Kindes ist das Schrecklichste und Schmutzigste, was man sich denken kann“, sagt er, „vor allem wenn, wie aus Berichten hervorgeht, die ich selbst überprüft habe, diese abscheulichen Vergehen sich größtenteils innerhalb der Familien abspielen ……
……Es kommt in den Familien sehr häufig vor, dass Kinder missbraucht werden, von den Vätern, den Großvätern, Onkeln, Freunden. ……
Und die Kirche? Was tut die Kirche?
„Die Kirche bemüht sich, dieses Laster zu bekämpfen und die Erziehung wiederherzustellen. Doch wir haben diese Seuche auch im eigenen Haus.“
http://www.zeit.de/2014/30/papst-franziskus-rom-vatikan
@ river runner Danke für Ihren Bericht und er bestätigt eigentlich meine Gedanken. die Macht der Worte, was also mag er gesagt haben und gemeint? Grad in Ihrem letzten Sätzen. Alle sind gemeint überall wo Abartigkeit, abweichend von der Norm entsteht, zum einen. In den Familien ist klar .Aber zum anderen was z.B. meint er im eigenen Haus ist denke ich auch weit gespannt die kath.Kirche allgemein oder den Vatikan, oder gewisse Länder? Ist denke ich nicht eindeutig definiert oder sehe ich das falsch.
@ KRP
Je mehr ich über das „Papstinterview“ nachdenke, desto weniger ist klar.
Die erste der zehn von Sigusch genannten Gruppen ist
(1) Der Inzesttäter, ein Vater, Onkel oder Bruder, der sich an einem Kind vergeht
.
Dies ist ein Fall, den der Papst eindeutig im „Interview“ anspricht.
Auf den ersten Blick scheint ein Papst, Bischof oder Priester der katholischen Kirche nichts mit Fall (1) zu tun zu haben.
(Die Spezialfrage der Priesterväter und Priesterkinder in der katholischen Kirche lasse ich jetzt mal außen vor. Auch dort könnte es Fälle von Kindesmissbrauch im Sinne von (1) oben geben, aber das ist im Augenblick nicht mein Thema.)
Laut „Interview“ sagt der Papst:
„Der Missbrauch eines Kindes ist das Schrecklichste und Schmutzigste, was man sich denken kann“, ……“vor allem wenn, wie aus Berichten hervorgeht, die ich selbst überprüft habe, diese abscheulichen Vergehen sich größtenteils innerhalb der Familien abspielen ……..Es kommt in den Familien sehr häufig vor, dass Kinder missbraucht werden, von den Vätern, den Großvätern, Onkeln, Freunden. ……Und die Kirche? Was tut die Kirche?……“
http://www.zeit.de/2014/30/papst-franziskus-rom-vatikan
Was tut die Kirche?
Es hat vor einigen Jahren einen international bekannt gewordenen Fall gegeben, in dem in Europa, Nord- und Südamerika massiv gegen das Handeln der katholischen Kirche protestiert wurde.
Es ging um folgendes:
José Cardoso Sobrinho
http://de.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_Cardoso_Sobrinho
ist der inzwischen emeritierte Erzbischof des Erzbistums Olinda e Recife.
1985 wurde er Nachfolger des weltweit geschätzten Hélder Câmara . Câmara gehörte zu den profiliertesten Vertretern der Befreiungstheologie. Er galt als einer der bedeutendsten Kämpfer für die Menschenrechte in Brasilien. Câmara musste erleben, dass sein Nachfolger beauftragt war, seine Pastoral zu „korrigieren“, Sobrinho beendete die sozialen Projekte und bekämpfte den Einfluss der Befreiungstheologie in Brasilien.
Im März 2009 geriet José Cardoso Sobrinho in den Mittelpunkt der brasilianischen und internationalen Medienberichterstattung.
Ein neunjähriges Mädchen war von ihrem Stiefvater vergewaltigt worden.
Der behandelnde Arzt hatte eine durch diese Vergewaltigung entstandene Zwillingsschwangerschaft festgestellt. Ganz abgesehen von ethischen Erwägungen, eine Neunjährige zum Austragen einer durch Vergewaltigung entstandenen Schwangerschaft zu zwingen, war dies nach Einschätzung des Arztes schon aus medizinischen Gründen gar nicht möglich, da die Neunjährige durch die fortschreitende Schwangerschaft in Lebensgefahr geraten und aller Wahrscheinlichkeit nach gestorben wäre.
Erzbischof Sobrinho sagte der Presse damals, dass die Erwachsenen, die der Abtreibung zugestimmt hatten, darunter die Mutter des Kindes sowie das durchführende Ärzteteam sich dadurch die Exkommunikation zugezogen hätten.
Diese Aussage des Ortsbischofs Sobrinho wurde weltweit als völlig unangemessen empfunden. Gegen dieses unbarmherzige Vorgehen protestierte sogar der damalige Erzbischof Fisichella im Osservatore Romano.
Bischof Sobrinho aber gab damals der brasilianischen Zeitung
„Veja“
http://veja.abril.com.br/180309/entrevista.shtml
ein Interview, in dem er sagte, dass er grosse Unterstützung durch die Kurie in Rom erfahren habe, er habe einen Brief von Kardinal Re erhalten, in welchem dieser ihn gelobt habe.
Eine Übersetzung
http://soweit-das-auge-reicht.blogspot.de/2009/03/erzbischof-von-recife-abtreibung.html
des Originalinterview aus „Veja“ ins Deutsche ergibt folgendes: Laut dieser Quelle hielt Bischof Sobrinho es für möglich, dass das seit seinem sechsten Lebensjahr vergewaltigte damals neunjährige Mädchen eine Mitschuld an seiner eigenen Vergewaltigung trage. .Er wisse nicht, ob sie sich einer Schuld bewusst sei. Dann solle sie bereuen und beichten, damit ihr vergeben werde.
@ KRP
Ein Bischof der Katholischen Kirche hält es für möglich, dass ein neunjähriges Mädchen eine Mitschuld an seiner Vergewaltigung haben könnte! Oder daran mitgewirkt haben könnte!
Aber das ist ja noch nicht alles, die Sache ging ja noch weiter:
Am 13. Juli 2009 hat die Kongregation für die Glaubenslehre in Rom ausgerechnet diesen Extremfall des neunjährigen Mädchens zu einem Schreiben in Sachen Abtreibung herangezogen:
http://www.zenit.org/de/articles/der-fall-des-brasilianischen-madchen
In diesem Schreiben wird behauptet, es habe keine Lebensgefahr für die Neunjährige bestanden und die Schwangerschaft hätte ausgetragen werden müssen.
Woher die Herren im Gegensatz zum behandelnden Arzt zu der Einschätzung gekommen sind, es habe keine Lebensgefahr für die Neunjährige bestanden, wird ihr Geheimnis bleiben, dass sie über eine Zusatzqualifikation als Gynäkologen verfügen, ist mir nicht bekannt.
Die Glaubenskongregation legte auch keineswegs das Gutachten irgendeines Facharztes vor, sondern fühlte sich selbst sachkundig, dies ärztlich zu bestätigen.
Die Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre lautet:
Klarstellung zur Abtreibungsfrage: Die Lehre der Kirche ist unveränderlich
Meiner Erinnerung nach gab es dann noch im Juli des Jahres eine Art Abmahnung gegen Erzbischof Fisichella, der gegen die Unbarmherzigkeit des brasilianischen Bischofs im März protestiert hatte.
Selbstverständlich blieben der brasilianische Bischof Sobrinho und Kardinal Re im Amt.
@ KRP
Meiner Ansicht nach muss sich Papst Franziskus in Sachfragen entscheiden, wie die kathlolische Kirche in Zukunft handeln will.
Im Moment sehe ich noch nicht einmal die Vorbereitung von Sachentscheidungen, sondern das überspielen von Problemen in einem „Interview“, das echten Sachentscheidungen ausweicht.
„Ein Bischof der Katholischen Kirche hält es für möglich, dass ein neunjähriges Mädchen eine Mitschuld an seiner Vergewaltigung haben könnte! Oder daran mitgewirkt haben könnte!“
@river runner,
nun: „Missbrauch“ läuft nicht immer so ab, wie wir es aus entsprechenden Medienberichten kennen. Oder aus irgendwelchen Spielfilmen.
Täter gehen gezielt und sehr perfide vor. Ihre Opfer sind in ihren Augen Sexualobjekte. In dem Sinne, wie sie sich eine „Beziehung“ vorstellen.
Und das heißt bei den meisten Tätern, das Kind erfüllt umfassend bestimmte Wünsche oder Vorstellungen, die sie haben. Im Gegenzug „geben“ sie auch etwas. Dann fühlen sich die Kinder schuldig. Weil sie zum Beispiel kleine Geschenke angenommen haben. Die besondere Zuwendung, auch die physische, die der Täter gewährt genießen. Jedenfalls die, die erbracht wird, bevor es „ernst“ wird…
Manche Täter bedrohen oder erpressen die Kinder gezielt. Vor allem die, die sadistische Anteile haben.
Diese „Missbrauchsbeziehungen“ orientieren sich häufig an Formen der traditionellen Beziehungsgestaltung zwischen Mann und Frau. „Er“ versorgt, beschützt vor echten oder vermeintlichen Gefahren, sie gibt ihren Körper „hin“. „Funktioniert“ sie nicht, wird sie sanktioniert.
Die Täter bezeichnenen ihre kindlichen Opfer häufig als „meine richtige kleine Frau“ und äußern sich anerkennend über bestimmte körperliche Besonderheiten der Kinder.
Täter richten ihre kleinen Opfer sehr häufig über längere Zeiträume regelrecht ab.
Dazu gehören auch physische Maßnahmen, wie das gezielte Manipulieren an den Körperöffnungen der Kinder. Damit so wenig sichtbare Schäden daran entstehen wie möglich. Schäden sind potentielle Beweise. „Geglaubt“ wird den Kinder ja ohnehin nicht. Das nutzen die Täter aus.
Und selbst wenn: die Missbraucher wissen, dass solche Verletzungen bei Kinder schnell heilen. Für alle Fälle geben sie ihren Opfer vor den Missbrauchshandlungen häufig Drogen, Medikamente oder Alkohol. Manche flössen den Kindern auch über einen längeren Zeitraum Hormone ein, damit die „reif“ werden. Die Genitalien sich vorzeitig besser weiten lassen oder das gewünschte Aussehen und die entsprechenden Funktionen zeigen.
Möglicherweise hat der Täter das im Falle dieser Neunjährigen auch so gehandhabt. Eine Empfängnisfähigkeit ist in diesem Alter ohne medikamentösen Einfluss sehr selten.
Unter diesen Voraussetzungen haben die Kinder mit ihren Missbrauchern „richtigen“ Sex. Mit dem Unterschied, dass eine „richtige“ Frau sich bei unliebsamen oder gewalttätigen „Liebesbezeugungen“ immer klar machen kann, dass die Sache ja bald vorüber ist. Und wenn sie über genug Erfahrung und Wissen verfügt, das Ganze auch beschleunigen kann.
Abgesehen davon, dass eine erwachsene Frau körperlich und emotional robuster ist als ein Kind. Und deshalb sexuelle Übergriffe auch besser übersteht.
Traditionell ist die Aufgabe der Frau, ihren Mann „trotzdem“ zu lieben. Und so ihre Bereitschaft zur Unterordnung zu demonstrieren. Ein missbrauchtes Kind stört aber das idealisierte Gefüge ganz erheblich. Widersprüche tun sich auf. Verunsicherung macht sich breit.
„Können wir unseren Mitmenschen wirklich vertrauen“? Fragen sich viele, wenn sie von lange unentdecktem sexuellem Missbrauch erfahren.
Dem Opfer wird eine Mitschuld gegeben. Und es wird bestraft. Durch Ausgrenzung und ein Schweigegebot.
So auch dieses kleine, sexuell ausgebeutete, drangsalierte Mädchen. Es ist eben einfacher eine Neunjährige zu opfern, als sich mit unliebsamen Realitäten auseinanderzusetzen.
Bischof Sobrinho und seine klerikalen Unterstützer geben nur eine Haltung wieder, die in bestimmten traditionellen Kreisen üblich ist.
Das Mädchen hat die ihm aufgrund seines Geschlechts zugewiesene Rolle zu spielen. Nur es musste so ungefähr 10 Jahre früher damit beginnen als üblich.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ river runner Danke für Ihre Ausführungen wird sicher sehr schwer werden wenn es so einfach wäre hätte sich sicher schon längst mehr abgezeichnet. Ich muss immer an Papst Benedikt denken und an seinen Rücktritt.Der seinen Grund hatte und sicher nicht allein sein Alter und Gebrechlichkeit. Der hatte kaum Rückhalt und das wird noch nicht sehr viel besser sein. Papst Franziskus muss sicher noch viel an Überzeugungsarbeit leisten um die Probleme ans Licht zu bringen. Liegt sicher an vielen Mitarbeitern die noch immer anderer Ansicht sind.
@KRP,
@KRP,
Papst Benedikt schleppt Altlasten mit sich herum http://www.erzbistum-muenchen.de/media/media14418720.PDF (Joseph Ratzinger war ja von 1977 – 1982 Erzbischof der Diözese München-Freising)
Sein Bruder Georg hatte ebenfalls eine Schlüsselposition an einem langjährigen Tatort inne http://www.intern-at.de/verhinderung-der-aufklarung/verhinderung-der-aufklarung02/
Außerdem sind die Brüder Ratzinger diesem Orden eng verbunden:
http://www.regensburg-digital.de/uber-50-jahre-vertuschungsgeschichte/11052013/#comment-44516
Also: wenn ich mich in die Lage eines Angehörigen der vatikanischen Administration hinein versetze, dann würde ich mir gut überlegen, ob ich auf jemanden setze, der beeinflussbar ist. Erst recht, was so ein heikles und was den Ruf meines Brötchengebers angeht giftiges Thema betrifft.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Sie müssen mir solche Links nicht setzen, Missbrauch ist nicht zu billigen in keinster Weise, doch wenn Sie alle Menschen ohne deren Hintergründe zu kennen bzw. nur was in diversen Medien steht als Faktisch wahr ansehen wird das niemand helfen weil jeder sich nur versucht zu verteidigen oder keiner traut sich mehr irgendetwas zu sagen weil man sofort abgeurteilt wird. So wie Sie schreiben müssten Sie eigentlich die ganze Welt und Menschheit verklagen und einkerkern.
Ist das dann eigentlich realistisch.
„So wie Sie schreiben müssten Sie eigentlich die ganze Welt und Menschheit verklagen und einkerkern“
@KRP,
wo habe ich behauptet, dass die ganze Welt sich strafrechtlich der Missbrauchskriminalität bzw. der Mittäterschaft schuldig gemacht hat?
In meinem Beitrag oben ging es lediglich um hohe Funktionäre der Katholischen Kirche.
Und das mit dem „Verklagen und Einkerkern“ ist Ihre Schlussfolgerung. Nicht meine.
Ich kann nachvollziehen, dass Menschen, die unvorbereitet mit den Missbrauchsrealitäten konfrontiert werden, irritiert sind. Vor allem, wenn sie erkennen müssen, dass ihr Vertrauen missbraucht und sie getäuscht wurden.
Allerdings möchte ich mich gegen bestimmte Unterstellungen verwahren.
Missbrauch zu begehen ist destruktiv. Täter zu decken, zu unterstützen und zu fördern auch. Das gilt aber nicht für die Menschen, die von solchen Machenschaften berichten.
Auch wenn es Ihnen schwer fallen sollte: versuchen Sie bitte, das Thema und meine Person ín ihrer Bewertung voneinander zu trennen.
Danke sehr!
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Fr. Oetken isch bin nicht unvorbereitet und lese mich schon seit langen in die Materie ein und kenne schon einiges. Wenn ich meine Meinung dazu schreibe dann nicht um jemanden etwas zu unterstellen sondern weil ich das Gefühl habe Sie lassen Meinungen anderer gar nicht zu und alle müssten Schuldig sein. Können Sie das mit Bestimmtheit sagen, dann müssten Sie allwissend sein. Ich denke wenn Menschen so konfrontiert werden ziehen die sich eher zurück als an Aufklärung interessiert zu sein. Nix für ungut aber ich zieh mich schon zurück, hatte ja eigentlich auch mit river runner geschrieben und nicht mit Ihnen.
Hohe Funktionäre wie Sie es nennen haben auch Sekretäre/Untergebene die Ihnen so manches abnehmen. Menschen in hohen Positionen können leider auch nicht alles alleine machen, weil es eben auch Menschen sind. Und sogar Jesus musste sich gelegentlich anderer Menschen bedienen.
„Fr. Oetken isch bin nicht unvorbereitet und lese mich schon seit langen in die Materie ein und kenne schon einiges.“
Dann möchte ich Sie ermutigen, Ihre Kenntnisse zu erweitern, indem sie mit Missbrauchsopfern über das Thema sprechen. Es gibt garantiert auch welche in Ihrem Umfeld.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Smilodon,
@ KRP
Es gibt einen Zeitungsbericht bei Christ & Welt Ausgabe 30/2014
Wählt Franziskus diese Methode, um Unruhe auszulösen, aber nicht festlegbar zu sein?
Siehe auch Text bei „Wir sind Kirche“
17.7.2014 – Christ &Welt Gesagt ist nicht gesagt
http://www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=665&id_entry=5434
Dort auch der Abdruck eines Textes von Eugenio Scalfari
17.7.2014 – Die Zeit
Originalton Franziskus. Dem Vatikan passt mein Gespräch nicht. // Zoff in Rom
http://www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=393&id_entry=5430
„Solch ein trickreiches Vorgehen ließe sich in der Tat nur mit echten Freunden veranstalten“
http://www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=665&id_entry=5434
@river runner,
im vergangenen Sommer habe ich auf einer Veranstaltung der Freien Universität Hamburg gelernt, dass so etwas als „Mikropolitik“ bezeichnet wird. Sehr nützlich. Viele von uns verwenden das im Alltag. Wenigen ist das bewusst. Gezielt angewandt, kann Mikropolitik auch eine kleine Gruppe sehr erfolgreich machen 😉
Infos dazu gibt es in der Suchmaschine.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken,
Sie fragten, ob das trickreiche Vorghen des Papstes als „Mikropolitik“ bezeichnet werden kann.
Ich antworte: NEIN, auf keinen Fall, denn Mikropolitik ist nach Oswald Neuberger (1995) das Arsenal jener alltäglichen „kleinen“ Machtmethoden, mit denen innerhalb von Organisationen Macht aufgebaut und eingesetzt wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mikropolitik
Weitere Ausführungen zu kleinen Bürgerinitiativen und wie sie arbeiten und dann vielleicht größer werden finden Sie im Internet z.B. in einem Kurzportrait von „Mehr Demokratie e.V.“, auf deren Webseite auch weiterführende Literatur zu finden ist.
Zum Thema „Bürgerinitiativen, die mehr Demokratie wagen“ gibt es z.B. das Buch „Die Organizer Spiralte, Eine Anleitung zum Mächtig-Werden für Kampagnen, Initiativen und Projekte“
Daher meine Rückfrage an Sie: Braucht ein Papst ein solches Handbuch?
Ich antworte: NEIN, denn der Papst ist absoluter Monach:
http://de.wikipedia.org/wiki/Papst
Die Frage, die sich im Moment zum Papst für mich stellt ist:
1) ob dieser absolute Monarch irgendwelche – notfalls auch erst einmal sehr kleinen Schritte – in Richtung Demokratisierung der Kirche wagt
oder
2) ob dieser absolute Monarch, Dinge tut, die über die absolute Monarchie hinausgehen. FALLS dies so sein sollte, geht die Reise weiter nach „rechts“, und dann in Richtung Diktatur.
Ich behaupte ausdrücklich NICHT, dass wir es bereits mit Fall (2) zu tun haben. Ich sage ausdrücklich bisher nur FALLS….
Als zwei Indizien für den möglichen Fall (2) führe ich aber an:
a) die Besetzung der Bischofsstühle in Freiburg und Köln, wo sogar – minimale demokratische Mitwirkungsrechte der örtlichen Gremien – ignoriert wurden.
Bedeutet dies in politischer Sprache, es geht weiter nach „links“ oder es geht weiter nach „rechts“? Beides ist denkbar, ich sehe es als Verschiebung nach „rechts“.
b) das trickreiche Vorgehen des Papstes im „Interview“ mit Scalfari
Frau Oetlken, Sie bewundern das Vorgehen des Papstes oben mit den Worten: „Ein solches Vorgehen in einem Interview gezielt angewandt,……. kann Mikropolitik auch eine kleine Gruppe sehr erfolgreich machen.“
Wie ich oben schon sagte, kann ein Papst keine „Mikropolitik“, vor allem keine „Mikropolitik“ gegen seine eigenen Leute betreiben, weil dann die Gefahr besteht, – oder zumindest der Eindruck entstehen könnte – , dass die Reise in Richtung „Diktatur“ und damit noch weiter nach „rechts“ gehen soll. Für eine Reise nach „rechts“ ist der politische Extrembegriff „Faschismus“.
Da dieser Begriff sehr problematisch ist, verlinke ich den Text
Faschismus Kindern und Jugendlichen erklärt
http://www.cpw-online.de/kids/faschismus.htm
um zu demonstrieren, was passieren KÖNNTE, wenn die Kirche nicht aufpasst.
In diesem Text ist der Begriff wie folgt definiert:
Der Faschismus zeichnet sich vor allem durch folgende Merkmale aus:
Er ist in hohem Maße antidemokratisch (gegen die Demokratie)
und antikommunistisch (gegen den Kommunismus).
An der Spitze einer faschistischen Bewegung steht immer ein Führer, der von „seinem” Volk verehrt oder sogar verklärt wird (Führerkult).
Der einzelne Mensch im Volk aber zählt nichts;
im Mittelpunkt der Politik steht vielmehr das vermeintliche Wohl der so genannten Volksgemeinschaft, hinter der alle Rechte, Wünsche und Bedürfnisse des Einzelnen zurückstehen.
Auf andere Ausführungen in diesem Text beziehe ich mich ausdrücklich NICHT.
Die oben genannten Punkte, verlinke ich nur als Warnung an die katholische Kirche
und ihren Papst, was passieren kann. Mit der Verlinkung dieses Textes möchte ich der katholischen Kirche nur demonstrieren, wohin die Reise auch gehen KÖNNTE, wenn sie sich in ihren demnächst anstehenden Entscheidungen unklug verhält.
P.S 1. Der – völlig unkritische – Jubel im Jesuitenorden über diesen Papst irritiert mich erneut und war für mich auch ein Anlass den Text oben zu schreiben:
http://religion.orf.at/stories/2659467/
P.S. 2: Ich bitte Sie nochmals, vorrangig meine „Statistikfragen“ auf dem Blog „Gedrehte Geschichte/Wiederholungstäter“ – notfalls auch ganz kurz zu beantworten, weitere Punkte dazu finden Sie in mehreren an Sie adressierten Stellungnahmen von mir weiter oben hier.
https://blog.radiovatikan.de/wiederholungstaeter/#comment-13026
@river runner,
ich habe Ihre Frage beantwortet.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Leider nur eine von fünf Fragen und diese ohne eine Schätzung. Der Anteil der straffällig gewordenen pädosexuellen Priester liegt meines Erachtens nicht bei 100%. Wie ich Ihnen auf dem anderen blog geschrieben habe, wäre ich Ihnen auch zu den anderen Fragen für eine Schätzung dankbar, notfalls eine sehr grobe Schätzung mit allen Vorbehalten.
„Leider nur eine von fünf Fragen und diese ohne eine Schätzung. Der Anteil der straffällig gewordenen pädosexuellen Priester liegt meines Erachtens nicht bei 100%. Wie ich Ihnen auf dem anderen blog geschrieben habe, wäre ich Ihnen auch zu den anderen Fragen für eine Schätzung dankbar, notfalls eine sehr grobe Schätzung mit allen Vorbehalten.“
@river runner,
würfeln Sie einfach. Das wird in etwa so realistische Werte ergeben wie Schätzungen.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@river runner,
dieser Pontifex, wie auch die Päpste vor ihm ist ungefähr so mächtig wie Queen Elisabeth II.
Oder unser Bundespräsident Joachim Gauck.
Will sagen: etwas formal anordnen und etwas auch praktisch durchsetzen sind zweierlei Dinge.
Die Queen und Herr Gauck nehmen ganz sicher entscheidenden Einfluss. Aber nur, wenn sie geschickt vorgehen und überzeugen. Und ich bin mir sicher, dass sie sich ihrer Verantwortung als Repräsentanten und Identifikationsfiguren bewusst sind.
Eine nur scheinbar, nach außen hin aufrechterhaltene hierarchisch-formelle Struktur, ist eines der wirksamsten Machtmittel einer gesellschaftlichen Gruppierung, die sich ihren Einfluss und ihre Machtposition sichern will. Während jegliche Demokratisierung solche Klüngel und ihre Interessen gefährden.
Die Frage ist also: welche Funktion erfüllt Herr Bergoglio unter Seinesgleichen?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken
Zu:
„dieser Pontifex, wie auch die Päpste vor ihm ist ungefähr so mächtig wie Queen Elisabeth II.“
Der Vergleich der Machtfülle eines Papstes mit der Machtfülle der Königin von England ist mehr als schräg:
Die Monarchin Queen Elisabeth II. besitzt einen hohen symbolischen Stellenwert. Die Machtbefugnisse von Queen Elisabeth II. sind aber in der Praxis stark eingeschränkt und zum größten Teil auf unparteiische Funktionen wie Ehrungen beschränkt. Theoretisch kann die Queen zwar den Premierminister entlassen, doch in der Praxis endet dessen Amtszeit nur durch Wahlniederlage, Tod oder Rücktritt.
Der Tübinger Theologe Hans Küng sprach in vielen Interviews über das mittelalterliche Herrschaftssystem des Papstes und vom päpstlichen Absolutismus, und dass der Papst keine Freiheit nach innen gewährt. Er nannte dies eine mittelalterliche, gegenreformatorische und antimodernen Form der Kirche. England hingegen ist eine moderne Demokratie.
Der Absolutismus ist ein Wesenselement des Papsttums, nicht der englischen Demokratie der Moderne.
Wenn ein Papst wollte, könnte er alles über Nacht ändern. Da alle Machtfülle auf ihn zuläuft, kann er auch über jede Gesetztesänderung allein entscheiden. Ein Papst hat die Vollmacht dazu. Wenn er diese Vollmacht nicht ausübt, muss man davon ausgehen, dass er es auch nicht will. In der Demokratie in England muss über Gesetzesänderungen im Parlament gerungen werden.
Der Papst ist ein absoluter Herrscher, der gleichzeitig Exekutive, Legislative und Judikative verkörpert: Ihr Vergleich des Papstes mit der Rolle von Queen Elisabeth II trifft deswegen nicht zu.
Da der britische Monarch aber auch das Oberhaupt der Church of England ist, ist Ihr Vergleich zwischen Papst und Queen of England aber vielleicht für eine Doktorarbeit in katholischer Theologie geeignet, ob das Papsttum in diese Richtung entwickelt werden soll. Ich bin allerdings nicht sehr zuversichtlich, dass das was wird.
Zu:.. dieser Pontifex, wie auch die Päpste vor ihm ist ungefähr so mächtig wie unser Bundespräsident Joachim Gauck.“
Meine Antwort:
Die Aufgabe des Bundespräsidenten ist nicht mit denen des Papstes vergleichbar, selbst wenn der Bundespräsident von Beruf einmal evangelischer Pastor war.
Zu den Rechten und Pflichten des Bundespräsidenten, siehe:
http://www.bundespraesident.de/DE/Amt-und-Aufgaben/Verfassungsrechtliche-Grundlagen/verfassungsrechtliche-grundlagen-node.html
In einem Interview mit der Zeitung der Standard vom 21. Februar 2013 sagte die kritische Theologin Uta Ranke-Heinemann über ihren Studienkollegen Joseph Ratzinger, der 30 Jahre lang die katholische Kirche de facto regierte:
derStandard.at: Mittlerweile wird die Frage offen gestellt, ob ein Papst von einem anderen Kontinent gewählt werden könnte? Halten Sie das für möglich?
Ranke-Heinemann: Da sich Ratzinger seit 1981 auf allen Bischofssitzen geklont hat, ist es völlig egal, von welchem Kontinent der Klon kommt.
http://derstandard.at/1361240413329/Uta-Ranke-Heinemann-Papst-Sexualmoral-Kondome
Dass ein deutscher Bundespräsident durch „Klonen“ einen Nachfolger als Bundespräsident schon vorbestimmen kann, ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen.
In der Sprache von Uta Ranke-Heinemann ist der von Papst Benedikt zum Kardinal ernannte Jorge Bergoglio ein „Klon“, der jetzt Papst geworden ist.
Die Erzeugung neuer, identischer oder weitgehend ähnlicher Individuen als Kardinäle, die dann einen Papst aus ihrer Mitte wählen, kann auf Dauer keinen Bestand haben.
„Wenn
ein Papst wollte, könnte er alles über Nacht ändern.“
@river runner,
ja das wäre schön. Viele Menschen wünschen sich so etwas. Da kommt eine Vaterfigur und löst die Probleme der Welt. Natürlich, so wie man sich selbst das vorstellt. Und man muss dann nur noch reagieren. Nicht agieren.
So läuft das in der Realität aber nicht. Eine Identifikationsfigur wie sie Papst Franziskus ist, kann viele Impulse geben. Sicherlich auch Anordnungen treffen und Veränderungen in Gang bringen.
Aber: ob das konkret auch zu Verbesserungen führt, ist eine Angelegenheit, die viele Menschen mittragen und -verantworten müssen. Bisher ist die Kirchenführung so mit Missbrauchsopfern und -tätern verfahren, wie das auch im Sinne der meisten der ihr unterstellten Menschen war. Aber die haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre Einstellungen gegenüber der Missbrauchskriminalität verändert.
Und nun werden wir sehen, wie die gesamte Institution damit umgeht.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@rver runner, das habe ich gemeint als ich geschrieben habe, dass der Papst genau weiß, was er tut:
Nämlich, dass er bewusst Unruhe / Aufregung stiftet.
Papst Franziskus hat ein großes Reformpaket geplant und das in einer der unbeweglichsten Institutionen der Welt, da muss man schon mal zu ungewöhnlichen Methoden greifen.
Ist die Einstellung „bewusst Unruhe / Aufregung stiften“
die Einstellung eines Mannes, der den Werten der Demokratie verpflichtet ist?
Oder ist es ein Spiel mit dem Feuer?
Woher wissen Sie, dass Papst Franziskus ein großes Reformpaket geplant hat?
Dafür sehe ich überhaupt keine Anzeichen in seinem Handeln.
Zu:
„ und das in einer der unbeweglichsten Institutionen der Welt,
da muss man schon mal zu ungewöhnlichen Methoden greifen.“
Die Machtbefugnisse, irgendetwas in Richtung der Demokratisierung
der Kirche zu unternehmen hat er doch.
In dem was er zur Zeit tut, sehe ich allerdings keinen Anhaltspunkt
dafür, dass er irgendetwas in Richtung Demokratisierung der Kirche
unternehmen wird.
Deswegen frage ich mich, wie hat sich dieser Mann denn in
der Vergangenheit zu wichtigen gesellschaftlichen Frage verhalten?
Ich billige jedem Menschen, auch einem Papst, das Recht
und die Möglichkeit zu, sich grundsätzlich zu ändern.
Bis nicht klar ist, ob er dies möchte, orientiere ich mich
aber daran, was er früher gesagt und getan hat.
Die Einstellung von Jorge Bergoglio “ Und der seit den siebziger Jahren um sich greifende Feminismus bringe die Frauen ganz bestimmt nicht weiter, der mache aus ihnen, zugespitzt gesagt, nur „Machos in Röcken“ ist kein innerkatholisches Problem. Es ist ein gesellschaftliches Problem, wenn jemand in einem so hohen Amt Auffassungen vertritt, die einen gravierenden zivilisatorischen Rückschritt darstellen.
Auch mit dem obigen Bergoglio-Zitat zur Emanzipation der Frau wird die Analyse des Religionssoziologen Mallimaci bestätigt, Bergoglio sei weder in der Demokratie noch in der modernen Gesellschaft geistig angekommen, und er habe eine Auffassung von der Familie als einer patriarchalen Struktur, in der Frauen an die 2. Stelle gehörten, siehe Punkt 14 von Mallimaci aus dem unten verlinkten Text.
Das folgende Zitat von Bergoglio ist aus dem Jahr 2007 und stellt einen Angriff auf das passive Wahlrecht von allen Frauen dar: „Frauen sind von ihrer Natur her nicht imstande, politische Ämter zu übernehmen. Die natürliche Ordnung lehrt uns, dass der Mann ein politisches Wesen schlechthin ist,… die Frau immer Helferin des denkenden Mannes, aber nicht mehr.“
Zitiert aus: Das argentinische Gesicht von Kard. Bergoglio, jetzt Papst Franziskus
http://religionsphilosophischer-salon.de/3421_das-argentinische-gesicht-von-kard-bergoglio-jetzt-papst-franziskus_religionskritik
„Frauen sind von ihrer Natur her nicht imstande, politische Ämter zu übernehmen. Die natürliche Ordnung lehrt uns, dass der Mann ein politisches Wesen schlechthin ist,… die Frau immer Helferin des denkenden Mannes, aber nicht mehr.“
@river runner,
Herr Bergoglio verkraftet es wohl wie so viele seiner Geschlechtsgenossen nicht, dass es eine Frau war, die als erste auf die Idee kam, Früchte vom Baum der Erkenntnis zu naschen 😉 Ging dann ja auch gründlich schief. Vermutlich weil „er“ sich zu tollpatschig angestellt hat 🙂
https://blog.radiovatikan.de/der-elefant-im-raum/#comment-13042
Im Ernst: Franziskus, dieser ältere Herr hat doch schon so viel Konkurrenz, da wird er nicht noch mit Frauen rumschlagen wollen…
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@smilodon,
hier ist das Interview mit der Jesuitenzeitung,
dessen Lektüre Ihnen Silvia Brückner oben empfohlen hatte.
Es gibt auch eine Zusammenfassung von Radio Vatikan.
Im Interview, Teil 1
erklärt Papst Franziskus, warum er Jesuit geworden ist:
„…..An der Gesellschaft Jesu haben mich drei Dinge berührt:
der Sendungscharakter,
die Gemeinschaft
und
die Disziplin. Das mutet seltsam an, weil ich von Geburt an ein undisziplinierter Mensch bin. Aber die Disziplin der Jesuiten, ihre Art, die Zeit einzusetzen, hat mich sehr beeindruckt.«
Quellen:
Das große Papstinterview: eine Zusammenfassung
http://de.radiovaticana.va/news/2013/09/20/das_gro%C3%9Fe_papstinterview:_eine_zusammenfassung/ted-730142
Das lange Grundsatzinterview in zwei Teilen:
Antonio Spadaro SJ, Das Interview mit Papst Franziskus, Teil 1
http://www.stimmen-der-zeit.de/zeitschrift/online_exklusiv/details_html?k_beitrag=3906412
Antonio Spadaro SJ, Das Interview mit Papst Franziskus, Teil 2
http://www.stimmen-der-zeit.de/zeitschrift/online_exklusiv/details_html?k_beitrag=3906433
Die römische Kurie
„Die Einrichtungen des Heiligen Stuhles – Glaubenskongregation, Kleruskongregation, Kirchengerichte, um nur einige zu nennen – sieht der Papst in einer eindeutigen Rolle des Dienstes. „Sie müssen den Ortskirchen helfen oder den Bischofskonferenzen. … Wenn man sie nicht richtig versteht, laufen sie Gefahr, Zensurstellen zu werden.“ Franziskus erwähnt die vielen in Rom eintreffenden „Anklagen wegen Mangel an Rechtläubigkeit“. Solche Fälle sieht der Papst besser in den jeweiligen Ortskirchen aufgehoben, „Rom“ solle da nur Hilfestellungen bieten“
http://de.radiovaticana.va/news/2013/09/20/das_gro%C3%9Fe_papstinterview:_eine_zusammenfassung/ted-730142
Yepp! Falls das so gemeint ist, dass die genannten Gremien in ihrer eigentlichen Arbeit behindert werden, weil es zu vielen Menschen zu leicht gemacht wird, ihre spirituellen Nachbarschaftsstreitigkeiten vor die Obrigkeit zu tragen, dann könnte gezielt angewandte Mikropolitik helfen. Diese wichtigen Institutionen wieder arbeitsfähig zu machen. Damit sie sich u.a. solchen Problemen, wie der systemimmanenten Missbrauchskriminalität zuwenden können.
MIKROPOLITIK IM EINZELNEN
Mikropolitik ist das Arsenal jener alltäglichen „kleinen“ Methoden, mit denen innerhalb von Organisationen Macht aufgebaut wird
(Bosetzky, 1972, Neuberger 1995)
Anliegen
Mikropolitisch agiert, wer in Organisationen jenseits der Organisationsziele im Sinne eines Machtkampfes Eigeninteressen verfolgt und dabei die sozialen Strukturen und menschlichen Verhältnisse in Institutionen mit gestaltet
Bedingungen
Begünstigt werden mikropolitische Prozesse dann besonders, wenn eine (zentral) kontrollierende Instanz fehlt oder die Zielsetzungen in der Einrichtung nicht klar genug definiert werden
Wirkungen
– informelle Machtzentren entstehen
– starre Verfahren, Regeln und Richtlinien werden dem realen Alltag angepasst
organisatorische Mängel und Lücken werden genutzt, um Einzel- oder Lobbyinteressen zu verfolgen
Bedeutung
Mikropolitik ist ein essentieller Bestandteil von Organisationen, ein Mitspielen ist letztlich Ausdruck von Lebensklugheit und Durchsetzungsfähigkeit, besonders wenn man jenseits des Eigeninteresses für die Organisation selbst etwas bewirken möchte („selbstloses Interesse“)
Ziele von MikropolitikerInnen
– Aufstieg in der Organisation, Beförderung
– bessere Bezahlung
– Erweiterung eigener Handlungsspielräume, Gestaltungsmöglichkeiten,
– Ausbau der Ressourcen und Statussymbole
– sich einer Kontrolle entziehen
METHODEN
Autoritäten einschalten
– das Aktivieren von Vorgesetzten, höherer Autoritäten, die ihren Einfluss und ihre Beziehungen geltend machen, Partei für einen ergreifen
Informationskontrolle
– Filtern, Zurückhalten oder Schönen von Informationen
– Verbreiten von Gerüchten, um die Glaubwürdigkeit anderer in Zweifel zu ziehen
– das Streuen von Insider-Informationen an Dritte
– Starten von Versuchsballons
Manipulation von Regeln und Normen
– die Kontrolle oder Erweiterung von Regeln und Normen, indem sie im eigenen Sinne ausgelegt und ausgedehnt werden. Gerade durch Bürokratismus in Organisationen können bewusst Unklarheiten geschaffen werden, über die die eigene Machtposition gesichert und Zuständigkeiten ausgeweitet werden (Dienstwissen)
Lobbyismus
– (verdeckte) Bildung von Koalitionen (Klüngeln)
Positive Konditionierung anderer durch positive Verstärkung
– das Formen loyaler Mitarbeiter über Anerkennung, Belohnung oder gar Beförderung, um sich Dankbarkeit und Verbündete zu verschaffen
-Belohnungen müssen dabei von den Belohnten als solche auch bewertet werden
Aktive Machtausübung
– der Einsatz der einem zur Verfügung stehenden Machtmittel bis hin zur Androhung von Sanktionen
Schauspielerei
– allgemein Formen der Selbstdarstellung oder des Bluffs wie gespielte Sicherheit, scheinbare Unerschütterlichkeit, Ausnutzen mehrdeutiger Formulierungen, das Vortäuschen eigener Größe und Kraft bis hin zur Verwendung von Fremdwörtern oder dem beiläufigen Demonstrieren von scheinbarer Fachkompetenz
Charisma einsetzen
– die persönliche Anziehungskraft, die auf andere als Modell und Vorbild wirkt und dazu gezielt genutzt wird
Expertise nutzen
– der Einsatz von Expertenwissen und Fachkompetenz, das sachliche Überzeugen
Stimmungen erzeugen
– das Produzieren von Handlungsdruck durch eine Emotionalisierung von Situationen
– das Erschaffen günstiger Stimmungen
– dies meint auch das Motivieren und Ideologisieren anderer Personen über begeisternde Appelle, Visionen
Basiszwecke
– Aufbau von Macht
-Widerstand leisten
Details zu den Basiszwecken mikropolitischen Agierens in einem späteren Beitrag.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken
Zu meiner Feststellung : “Wenn ein Papst wollte, könnte er alles über Nacht ändern.”
sagten Sie: @river runner, ja das wäre schön. Viele Menschen wünschen sich so etwas. Da kommt eine Vaterfigur und löst die Probleme ……usw. “
Ihre Antwort geht an meinem Thema völlig vorbei, denn ich sagte NICHT, ich wünsche mir dies und das.
Ihre weitere Ausführungen gehen daher auch an dem vorbei, was ich sagen wollte. Ich stellte fest, dass das Papsttum eine absolute Monarchie ist.
Sie projezieren Ihre Erfahrungen aus der Demokratie auf eine ganz andere Staatsform.
Den katholischen Untertanen des Papstes bleibt nur die Entscheidung, ob sie gehen oder bleiben wollen, d.h. in der Kirche bleiben wollen oder austreten wollen. Andere Einflussmöglichkeiten haben die Laien-Katholiken nicht, und das habe ich nur rechtlich festgestellt.
Beispiel: Wenn der Papst wollte, könnte er morgen einen einzigen Satz im Kirchenrecht ändern, der die Priesterweihe nur Männern vorbehält. Durch Änderung eines einzigen Satzes könnte er dies morgens in der Cafeteria des Martha-Hauses mal so nebenbei entscheiden.
Ich stelle nur fest, dass die Staatsform der absoluten Monarchie so etwas her gibt. Was ich dazu wünsche oder erwarte spielt für diese Feststellung keine Rolle. Es ging mir nur darum Ihnen aufzuzeigen, was in einer absoluten Monarchie für den Papst möglich ist.
Daraus ergibt sich, wenn sich nichts ändert, möchte dieser Mann es so. Das ist eine Feststellung, die mit Wünschen gar nichts so tun hat. In einem System, in dem Legislative, Judikative und Exekutive in einer Hand sind, ist das so
Siehe auch DIE ZEIT, Die letzte absolute Monarchie
http://www.zeit.de/2012/25/Vatikan/seite-2
Legislative, Judikative und Exekutive in einem: der Papst
http://www.europeonline-magazine.eu/die-letzte-absolute-monarchie-europas_52592
@ Angelika Oetken
Weiter oben tuen Sie Äußerungen von Herrn Bergoglio mit folgendem Scherz ab:
„Herr Bergoglio verkraftet es wohl wie so viele seiner Geschlechtsgenossen nicht, dass es eine Frau war, die als erste auf die Idee kam, Früchte vom Baum der Erkenntnis zu naschen Ging dann ja auch gründlich schief. Vermutlich weil “er” sich zu tollpatschig angestellt hat“
Frau Oetken,
aus meiner Sicht ist all dies keineswegs komisch, sondern sehr,sehr ernst. Es ist eine sehr ernste Frage für Europa (von anderen Kontinenten ganz zu schweigen) ob eine bedeutende Institution noch weiter nach „rechts“ abrutscht, als dies aus meiner Sicht ohnehin schon der Fall ist.
In den Lobliedern, die dem „guten Papst Franziskus“ täglich von den Gläubigen gesungen werden wird übersehen, dass die Einstellung von Papst Franziskus zu Frauen in Wirklichkeit eine gesellschaftspolitische Katastrophe ist, denn auch dieser Papst führt wie schon seine Vorgänger einen Feldzug gegen die Errrungenschaften der Moderne, und die Moderne ist bisher die einzige Zeit gewesen, in der Frauen mehr und mehr ein selbstbestimmtes Leben führen konnen, oder wenigstens damit anfangen konnten, ein solches Leben als Ziel zu haben.
Neben dem passiven Frauenwahlrecht lehnte Bergolio als Bischof in Argentinien jede Art von Verhütung ab, auch Kondome sollten selbst zum Schutz vor Aids nicht genutzt werden. Abtreibung lehnte er auch im Fall einer vergewaltigten Minderjährigen ab.
Es geht hier nicht um innerkatholische Auseinandersetzungen – was schon schlimm genug wäre -, sondern um einen Angriff auf demokratische Gesetzgebungsverfahren und eine Entscheidung des argentinischen Verfassungsgerichts.
In Argentinien sind Abtreibungen nach einer Vergewaltigung vor kurzem legalisiert worden. Der Oberste Gerichtshof erklärte den Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung in 2012 für zulässig und straffrei.
Dem Urteil lag der Fall einer Minderjährigen zugrunde, die im Alter von 15 Jahren von ihrem Stiefvater vergewaltigt wurde und eine Abtreibung vornehmen wollte. Ein Familienrichter hatte einen Abbruch zunächst abgelehnt. Eine höhere Instanz, das Provinzgericht, genehmigte der jugendlichen Frau jedoch den Schwangerschaftsabbruch. Mit der Bestätigung dieses Urteils durch die Obersten Richter in 2012 erhielt der Richterspruch landesweite Gültigkeit.
Aus der katholischen Kirche – auch von Jorge Bergoglio – hingegen gab es heftige Kritik. „Die Abtreibung ist die Unterdrückung eines unschuldiges Lebens und es gibt kein Motiv und keinen Grund, der die Eliminierung eines unschuldigen Lebens rechtfertigt“, so José María Arancedo, Präsident der argentinischen Bischofskonferenz damals. Eine Vergewaltigung, so bedauerlich sie sei, mache da keine Ausnahme, so Arancedo.
Quelle taz: Urteil in Argentinien – Abtreibung nach Vergewaltigung legal
http://www.taz.de/!89601/
Im Jahr 2005 kam es zwischen Staat und Kirche in Argentinien aus diesem Grund zu schweren Konflikten:
„Kurz vor dem Tod von Papst Johannes Paul II. kam es zu schweren Spannungen mit Präsident Néstor Kirchner. Der vom Vatikan bestimmte und vom argentinischen Staat bezahlte Militärbischof Antonio Basetto hatte im Zorn gesagt, die Befürworter eines Abtreibungsrechts sollten ins Meer geworfen werden. Das allerdings hatten die Militärs während der Diktatur mit ihren Opfern getan, und die Kirche hat damals vor allem geschwiegen.“
http://www.zeit.de/politik/religion/Kandidatenportaits/bergoglio
Weitere Quellen finden Sie unter:
Religionsphilosophischer Salon
Das argentinische Gesicht von Kardinal Bergoglio, jetzt Papst Franziskus
http://religionsphilosophischer-salon.de/3421_das-argentinische-gesicht-von-kard-bergoglio-jetzt-papst-franziskus_religionskritik
Es ist meine Überzeugung, dass jeder Mensch sich ändern kann, manchmal ist es sogar von Vorteil nach einem sehr verworrenen Leben noch einmal eine
Chance zu bekommen, etwas Neues zu tun.
Wie ich aber oben schon sagte, sehe ich im Fall Bergoglio dafür bisher keine Anzeichen.
Auch im Hinblick auf die zutiefst frauenfeindlichen Äußerungen dieses Papstes
halte ich es für die Pflicht der neuen Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan
http://www.dbk.de/nc/presse/details/?presseid=2588
der Kanzelein einen ungeschminkten Bericht zukommen zu lassen, was von den Äußerungen dieses Herrn, für den schon „Frauen in Hosenanzügen“ ein gesellschaftlichen Problem darstellen politisch zu halten ist.
Insbesondere sind die Äußerungen von Bergoglio aus dem Jahr 2007, die das passive Wahlrecht für Frauen bestritten haben, m.E. eine politische Katastrophe.
Zur Definition:
Das passive Wahlrecht ist das Recht eines Menschen, sich bei einer staatlichen oder nicht-staatlichen Wahl als Kandidat aufstellen zu lassen und gewählt zu werden. Wer das passive Wahlrecht besitzt, wird als wählbar bezeichnet.
http://www.wahlrecht.de/lexikon/aktives-passives-wahlrecht.html
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine Frau, die das Glück hat in einer Demokratie zu leben, von den Äußerungen von Herrn Bergoglio aus dem Jahr 2007 „amused“ sein wird.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Merkel und/oder Frau Schavan das komisch finden, oder dies als Bagatelle abtun werden.,
Das ist nicht mehr komisch, Frau Oetken, sondern eine sehr ernste Frage, für was dieser Mann gesellschaftspolitisch steht, der wie ich schon sagte, die katholische Kirche als absoluter Monarch regiert. Was auch immer Sie von der katholischen Kirche halten mögen, Frau Oetken, ist ist weltweit gesehen immer noch eine gesellschaftspolitisch wichtige Institution.
@river runner,
Bürger müssen ihre jeweilige Demokratie aktiv bewahren und schützen.
Jedes Land steht da erstmal in eigener Verantwortung.
In Deutschland hatte die Römisch-Katholische Kirche über einen sehr langen Zeitraum sehr viel Einfluss. Das ändert sich langsam.
Die Gründe sind vielfältig. Der Vertrauensverlust der Bürger, der durch den Umgang der Kirchenführung mit den Missbrauchsberichten und zuletzt durch die TvE-Sache einstellte spielt eine große Rolle. Vielleicht gab das aber auch nur den Ausschlag für etwas, was schon viel länger in der Gesellschaft brodelte
Beispielhaft: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/katholische-kirche-zahl-der-austritte-deutlich-gestiegen-13052919.html
Und: http://www.focus.de/regional/trier/kirche-bischof-hebt-beurlaubung-des-frueheren-pfarrers-aus-lebach-auf_id_4021577.html
In vielen Ländern, in denen Staat und Katholische Kirche immer noch dicht verstrickt sind und deren Bewohner als traditionelle Katholiken und der Kirche eng verbunden gelten, brodelt es. So gut wie überall sind die Offenbarungen über den Umgang der Verantwortlichen mit klerikaler Missbrauchskriminalität ein wichtiger Auslöser für diese Entwicklungen.
Mich ermutigt das sehr. Denn ich gehe davon aus, dass es gerade diejenigen Katholiken sind, die Mit-Menschlichkeit wirklich leben und nicht nur davon sprechen, die nun, mit dem neuen Wissen über die Hintergründe sehr wichtige Impulse für Veränderungen setzen.
Ich begleite so etwas wo immer es geht mit Humor 🙂 Lachen befreit.
Was Frau Annette Schavan angeht:
dazu stelle ich gleich einen Beitrag auf Eckiger Tisch ein, den Spiegel-online nicht veröffentlicht hat.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Hier noch zwei interessante Zeitungsartikel:
einer zum Thema „Missbrauchsskandal“ der andere zu den Definitionsschwierigkeiten des Begriffes „Pädophilie“
Der erste Artikel von Friedrich Wilhelm Graf erschien am 1.4.2010 in der FAZ
unter dem Titel „Missbrauchskandale Was wird aus den Kirchen?
„Schockiert erfahren die Deutschen, wie es in kirchlichen Einrichtungen zugegangen ist. Dabei fällt ihnen auf, wie wenig sie über die Kirchen wissen. Die Vertrauenskrise beider Konfessionen hat mit einem Missverhältnis zur Welt zu tun. Eine Einschätzung des Theologen Friedrich Wilhelm Graf.“
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/missbrauchskandale-was-wird-aus-den-kirchen-1575400.html
Der zweite Artikel erschien erst gestern bei BBC News mit der Frage wieviele Männer in der Gesamtbevölkerung einerseits und innerhalb der Unter-Gruppe der Gesamtbevölkerung „katholische Priester“ andererseits überhaupt pädophil veranlagt sind. Auch die Frage wieviel Prozent von diesen pädophil veranlagten Männern wahrscheinlich zu Tätern werden oder schon geworden sind, ist Gegenstand des BBC Artikels
29 July 2014, BBC News, How many men are paedophiles? By Wesley Stephenson
http://www.bbc.com/news/magazine-28526106
Auch aus diesem Text von BBC News geht hervor, dass das „Interview“ von Papst Franzikus offensichlich eine internationale Debatte losgetreten hat, um Pädophilie im allgemeinen und bei katholischen Priestern im besonderen.
Einige Zitate aus dem BBC Artikel sind:
The Pope was recently reported to have said that about 2% of Catholic clergy are paedophiles. But how does this compare with society as a whole – is it more or less than average?
„Because paedophilia is so secretive and so few people are willing to admit it, there is no meaningful way to get a reliable estimate,“ says Dr James Cantor, a psychologist and sexual behaviour scientist at the University of Toronto.
As soon as you give this question a moment’s thought, you realise that it’s not going to be an easy one to answer. Paedophiles are not easy to identify.
…..
One person who has attempted an estimate is Dr Michael Seto, a clinical and forensic psychologist at the Royal Ottawa Healthcare group. In 2008 he wrote a book in which he put the prevalence of paedophilia in the general population at 5%.
The figure was based on surveys conducted in Germany, Norway and Finland in which men were asked whether they had ever had sexual thoughts or fantasies about children or engaged in sexual activity with children.
But Seto stresses that 5% was an upper estimate, and that the studies were limited in what they revealed.
……
Now, with more data and better methodology, he has revised his figure down to about 1% of the population, though he makes clear this is still only an educated guess.
One problem is that the term „paedophile“ means different things to different people.
……
He thinks that if we say that a paedophile is someone attracted to children aged 14 or less, then he estimates that you could reach the 2% figure.
……
But back to the Pope. How would he define „paedophile“? We don’t know, but there is a clue.
There is one well-known study of paedophilia among Catholic clergy, carried out by John Jay College of Criminal Justice in New York.
…….
„If he (i.e. Franziskus) was using a different word like ‚abusive clergy‘ then I think he would be going for a higher figure,“ says Jenkins.
…….
All we can confidently say is that, firstly, the figures are imperfect – both for Catholic clergy and the general population. And secondly, that these imperfect figures are in the same ballpark.
Daraus ziehe ich folgende Schlussfolgerungen:
Der BBC Artikel schließt mit dem Satz, dass die vorliegende Datenlage zum Anteil der Pädophilen in der Gesamtbevölkerung ungewiss ist, und die Datenlage was katholische Priester betrifft ebenfalls ungewiss ist.
Den englischen Ausdruck „in the same ballpark“ übersetze ich mit „in ähnlicher Größenordnung“
Leider habe ich auf dem thead auf diesem Blog nie eine exakte Definition gehabt, wie Angelika Oetken die Begriffe versteht.
Bei Lektüre von anderen Artikeln zum Thema ist mir aufgefallen, dass es offensichtlich sehr verschiedene Definitionen des Begriffes „Pädophilie“ gibt.
Auch hier gilt also der wissenschaftliche Satz:
„If you want to talk to me, define your terms.“
Auch BBC sagt ja: „But back to the Pope. How would he define „paedophile“? We don’t know, but there is a clue.“
Selbst BBC geht dann von einer Annahme aus. Und BBC ist im allgemeinen nicht zum Rätselraten geneigt und würde bei einem Interviewpartner zurückfragen, was dieser unter einem Begriff versteht.
Das „Interview“ mit dem Papst wurde aber nicht von BBC geführt.
Ich halte es immer noch für notwendig, dass von Seiten des Vatikans einmal klar definiert wird, was genau mit dem Begriff „Pädophilie“ gemeint ist.
Eine genaue Definition des Begriffes durch andere, die hier schreiben, würde mich natürlich auch interessieren.
@river runner,
die Begriffsverwirrung ist entstanden, weil ein medizinisch-therapeutischer Fachterminus für eine bestimmte psychiatrische Erkrankung, die eine Fixierung auf die kindliche Physis zum Kern hat, umgangssprachlich für jemanden verwendet wird, der Sexualverbrechen an Kindern begeht.
Pädo“philie“ ist in zwei anerkannten und verbreiteten Klassifikationssystemen definiert. Einmal im ICD http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2011/block-f60-f69.htm#F65 und dann im DSMIV… hier eine kritische Beschreibung: http://en.wikipedia.org/wiki/Pedophilia#Debate_regarding_the_DSM_criteria
Das Problem bei der Pädo“philie“ ist, dass es selbst für sehr erfahrene Gutachter schwierig ist festzustellen, ob ein Mensch pädo“phil“ ist oder nicht.
Experten mutmaßen z. B. dass ein erklecklicher Teil der TäterInnen, die vor Gericht behaupten, im Affekt missbraucht zu haben und ansonsten ganz normal heterosexuell zu sein, die Unwahrheit sagen.
Sie können eben Pädo“philie“ weder „testen“, noch beobachten. Es gibt zwar durch bildgebende Verfahren, so genannte „Hirnscans“ Hinweise darauf, dass bei Kernpädo“philen“ die Hirnstruktur verändert ist. Aber wie es dazu kommt ist bislang ungeklärt. Das ZNS ist lebendes, adaptives Gewebe. Während ich dies schreibe und Sie das nachher – hoffentlich – lesen, ändert sich z. B. unsere Hirnstruktur. Minimal, nicht direkt nachweisbar. Aber sie passt sich an.
Wir können deshalb bislang nur aus Beobachtungen und Berichten schlussfolgern, ob jemand pädo“phil“ sein könnte oder nicht. Und was den mutmaßlichen Pädo“philen“ betrifft nur dann, wenn dieser Mensch seine intimsten und in Hinsicht auf seine Ich-Stabilität sehr bedrohlichen pädosexuellen Impulse, Vorstellungen, Erlebnisse und Empfindungen offenbart.
Wer tut so etwas schon?
Valide sind deshalb bislang vor allem die Berichte der Opfer von mutmaßlichen Kernpädo“philen“ über Täterstrategien und Tatverläufe.
Zur Frage der Verbreitung von Pädo“philie“: wie schon häufiger erwähnt, ist die Gruppe von Männern, die durch Kinderkörper sexuell ansprechbar sind groß.
Das heißt nicht, dass die im klinischen Sinne pädo“phil“ sind. Aber das erklärt die wohl nicht unerhebliche Zahl an Impulstätern. Sie missbrauchen, weil sie die Gelegenheit dazu haben. Und weil sie sich mit sexuellen Übergriffen identifizieren können. Vielleicht sogar noch stolz auf ihren „Mut“ sind.
Aber daraus abzuleiten, dass die sexuelle Ausbeutung von Kindern ein typisch männliches Verhalten sei, halte ich für falsch.
Aus sehr vertraulichen Gesprächen mit anderen Opfern weiß ich, dass der Teil an Frauen, die übergriffige Phantasien haben, viel größer ist als angenommen. Aber da Frauen traditionell nur „lieben“ Sex haben, ihn dann allenfalls „ertragen“, „nie“ die Initiative ergreifen und „Schmutziges“ im Zusammenhang mit Sexualität daher so gut wie immer nur Männern zugeschrieben wird, betrachte ich Aussagen wie „Frauen sind nicht pädophil“ mit größter Skepsis.
Missbrauch ist ein transgenerationales Verbrechen. Ich würde mir, wenn es um die Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauch durch Kleriker geht, deshalb immer auch die Herkunftsfamilie und die Kindheit des mutmaßlichen Täters anschauen.
Schon allein, weil dort wo ein übergriffiges Elternteil ist, sich meistens auch mehrere Opfer befinden.
Mit freundlichen Grüßen,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken
vielen Dank für Ihre Ausführungen, von denen ich – wie fast immer möchte ich sagen – einzelne Punkte und vor allem die Fülle von Informationen, über die Sie verfügen sehr schätze.
Was uns trennt, sind verschiedene theoretische Vorstellungen. Das Problem ist aus meiner Sicht, dass alle Ausführungen zum Thema „Pädophilie“ und „pädosexuelle“ Täter das Gesamtbild des durch katholische Priester stattfindenden Kindesmissbrauchs eher verdunkeln als erhellen.
Dabei ist es mir auch gleichgültig, ob derartig verkürzende Darstellungen im „Papstinterview“ gemacht werden oder ob die BBC ein Problem verkürzt aufgreift, indem sie der Definition des Problems durch den Papst folgt.
Meine Meinung ist folgende: An dem innerhalb der katholischen Kirche durch katholische Priester stattfindenden Kindesmissbrauch sind – nach allem was ich gelesen habe – in den meisten Fällen eher heterosexuell oder homosexuell veranlagte Männer beteiligt, die für den Beruf des katholischen Priesters – aus welchen Gründen auch immer – zu unreif waren.
Hier ein Beispiel mit willkürlich gegriffenen Zahlen und Prozentsätzen, die wahren (oder auch nur die wahrscheinlichen Zahlen) sind mir nicht bekannt.
Ich stelle die These auf, dass von 100 Fällen von Kindesmissbrauch durch katholische Priester nur 8 Fälle von echten Pädosexuellen (im klinischen Sinne) begangen , aber 92 von primär heterosexuell oder homosexuell veranlagten Männern, die primär entweder an erwachsenen Frauen oder erwachsenen Männern interessiert sind, aber Kinder missbraucht haben, weil sie sich an erwachsene Frauen oder erwachsene Männer nicht herangetraut haben.
Was ist damit sagen will:
1) Es geht nicht, ein viel größeres gesellschaftliches Problem ausschließlich mit den Straftaten von Pädophilen zu erklären. Es ist sehr bedauerlich, dass diese verkürzte Darstellung ausgerechnet durch ein „Papstinterview“ weltweit losgetreten wurde.
2) Unter den heterosexuell veranlagten Priestern gibt es Täter und Nicht-Täter. Unter den homosexuell veranlagten Priestern gibt es Täter und Nicht-Täter.
3) Auch unter den im klassischen Sinne pädosexell veranlagten Priestern gibt es Täter und Nicht-Täter.
Aber
3a) Die Täterquote ist hier vermutlich sehr viel höher als in Fall 2 oben
3b) Es muss gesellschaftlich debatiert werden, dass es auch hier Nicht-Täter gibt, also Männer, die sich nie ein Kind vergewaltigt haben. Sei ihr Prozentsatz auch klein.
Frau Oetken, es kann nicht unsere Aufgabe sein, hier Zahlen und Prozentsätze zu schätzen. Ich habe aber noch einmal versucht, die Fragen, die sich stellen aufzuführen.
Ich sehe es als das Problem des Lehrordens der katholischen Kirche an, das Problem wenigstens einmal mathematisch und statistisch korrekt theoretisch darzustellen, und sei es nur für interne Zwecke.
In einem zweiten Schritt könnte sich der Lehrorden dann fragen, wo und worum belastbare Zahlen fehlen.
Erst dann kann man sinnwohl – und sei es in internen Debatten im Orden oder in der Kirche – über die Frage diskutieren.
Eins ist aber schon jetzt gewiss:
1) Die pädosexuellen Priester-Täter, die Kinder missbrauchen, schockieren die Öffentlichkeit am allermeisten.
2) Diese Priester-Täter missbrauchen oft nicht nur ein Kind, sondern viele Kinder.
3) Über die katholischen Priester-Täter wird in der Presse am meisten berichtigt, weil die Presse an diesen Beispielen gern aufzeigt, wie weit Anspruch und Wirklichkeit in der katholischen Kirche auseinanderfallen.
Dazu gibt es nun heute wieder ein aktuelles Beispiel in der Berichterstattung der Presse:
Offenbar viele Opfer Missbrauch? Südafrika liefert deutschen Priester aus
http://www.focus.de/politik/deutschland/vergriff-er-sich-an-vielen-kindern-missbrauch-suedafrika-liefert-deutschen-priester-aus_id_4027632.html
Die Staatsanwaltschaft Krefeld wirft einem deutschen Priester sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in 37 Fällen vor. Doch bislang weilte der Verdächtige in Südafrika. Nun wurde er ausgeliefert. Er hatte sich einst selbst angezeigt.
Priester wegen Missbrauchsverdacht nach Deutschland ausgeliefert
http://aktuell.evangelisch.de/artikel/108634/priester-wegen-missbrauchsverdacht-nach-deutschland-ausgeliefert
Verdacht auf KindesmissbrauchSüdafrika liefert deutschen Priester aus
Er soll Dutzende Kinder sexuell missbraucht haben: Ein katholischer Priester wird von den südafrikanischen Behörden nach Deutschland ausgeliefert. Auch in Südafrika selbst soll der Mann sich an Schützlingen vergangen haben.
Die südafrikanischen Behörden haben einen deutschen Priester wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch ausgeliefert. Der etwa 50 Jahre alte Geistliche sei in Begleitung deutscher Polizisten in seine Heimat ausgeflogen worden, sagte ein südafrikanischer Polizeisprecher. Die Staatsanwaltschaft Krefeld teilte mit, dass der Mann inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Sie wirft dem Mann Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in 37 Fällen vor.
Nach Angaben der katholischen Bischofskonferenz Südafrikas war der Priester nicht auf Einladung der Kirche in das Land gekommen. Er habe auch nie direkten Kontakt mit den kirchlichen Behörden in Südafrika gehabt.
http://www.n-tv.de/panorama/Suedafrika-liefert-deutschen-Priester-aus-article13339161.html
@river runner,
danke für Ihre umfassende Darstellung und das Herausarbeiten wichtiger Fragen.
Die folgenden beiden in der „Zeit“ erschienenen Artikel von Heike Faller veranschaulichen zwei Probleme: einmal, dass umfassende, ausreichend wirksame Therapieangebote für Kernpädophile immer noch fehlen und wie schwer es auch für mit dem Thema vertraute Menschen ist, die Gefährlichkeit und Hartnäckigkeit der pädo“philen“ Erkrankung richtig einzuschätzen:
http://www.zeit.de/2012/44/Sexualitaet-Paedophilie-Therapie
http://www.zeit.de/2014/12/paedophilie-therapie-rueckfall
Daraus leiten sich, was den Umgang der RKK-Verantwortlichen mit Pädo“philen“ in ihren Reihen angeht, zwei bislang unbeantwortet gebliebene Fragen ab:
A) Vertraut man der Darstellung von Wunibald Müller, gibt es innerhalb RKK Deutschland keine speziellen Angebote für pädo“phile“ Priester:
„Müller setzte sich früh dafür ein, dass die Kirche sich um das Problem kümmert. Er gab immer wieder Interviews zum Thema, fürchtete aber irgendwann um den Ruf des Recollectio-Hauses als vermeintliche Heimat für Täter. Das sei es eben nicht, versichert er. Jeder Gast spreche vor der Aufnahme in einem Kurs vor und erkläre seine Motive. Pädophile werden nicht aufgenommen. Wer sich aber zum Beispiel wegen einer Blockade in der sexuellen Entwicklung von Pubertierenden angezogen fühlt, wird im Rahmen des Kurses therapeutisch behandelt.“
http://www.zeit.de/2014/29/burn-out-kirche-priester/seite-2
B) Wenn angesichts der fehlenden validen Daten, einem in der Praxis noch nicht ausreichend erprobten Prophylaxeprogramms, der besonders machtvollen Position von Priestern und gleichzeitig absolut mangelhaften Therapieangebote davon ausgegangen werden muss, dass potentielle und tatsächliche Täter selten identifiziert und noch seltener in irgendeiner Form sinnvoll betreut bzw. effektiv beaufsichtigt werden, wie sind dann folgende Meldungen zu erklären:
http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/Kirche-Bischoefe-Lebach-Missbrauchsverdacht-Pfarrer;art27856,5368851
http://www.express.de/duesseldorf/missbrauchsvorwuerfe-eltern-sind-erleichtert–pfarrer-jetzt-verhaftet,2858,27473400.html
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Betr: Das Risiko von Formulierungen in der Ordensregel des Ignatius von Loyola
Neben der Schultätigkeit des Ordens könnte die Ordensregel des Jesuitenordens selbst historisch überdurchschnittlich viele Pädosexuelle angezogen haben, dem Orden beizutreten.
Mit überdurchschnittlich viele meine ich statt der statistisch zu erwartenden 2 % eventuell 4 % der Ordensmitglieder. Den geschätzten Prozentsatz 4 % benutze ich nur als Beispiel. Mit 4 % meine ich nur die pädosexuelle Veranlagung. Ich meine bei dieser Begriffsbildung noch nicht, dass jemand seine Veranlagung an Kindern ausgelebt hat.
Das statistisch höhere Risiko des Jesuitenordens, pädosexuell veranlagte Männer anzuziehen begründe ich – neben der umfangreichen Schultätigkeit des Ordens – mit der Ordensregel und den Gelübden darin selbst.
In der Ordensregel heisst es zu den Gelübden:
„Die Personen, die, allgemein betrachtet, in diese Gesellschaft Jesu aufgenommen werden, gehören in Erwägung dessen, was sie anstrebt, vier Gruppen an, obwohl auf seiten der Eintreffenden alle zur vierten Gruppe gehören müssen…..
In erster Linie werden einige dazuhin aufgenommen, in ihr die Profeß mit vier feierlichen Gelübden abzulegen, nachdem sie vorher die geforderten Prüfungen und Bewährungen bestanden haben,
Die müssen gemäß den Anforderungen einer solchen Berufung in den Wissenschaften ausreichend ausgebildet….und auf ihr Leben und Wesen gründlich geprüft sein, und alle müssen vor der Profeß Priester sein.
Die Gesellschaft der Professen macht außer den drei Gelübden (des Gehorsams, der Armut und Keuschheit) dem Papst als dem Stellvertreter Christi Unseres Herrn das ausdrückliche Gelübde, überallhin zu gehen, wohin Seine Heiligkeit sie schickt, zu Gläubigen oder Ungläubigen, ohne Ausrede, und ohne um Wegzehrung zu bitten, für Aufgaben, die den Göttlichen Dienst und das Beste der christlichen Religion betreffen.“ (zu diesem Zitat siehe 1 unten)
Zu den ersten drei Gelübden des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit findet man im Buch von Hans Urs von Balthasar dann weitere Erläuterungen zur Ordensregel der Jesuiten (2)
Was den Gehorsam angeht (3), Was die Armut und die Dinge, die aus ihr folgen, angeht (4).
Das Buch von Hans Urs von Balthsar stellt vor der Ordensregel des Ignatius zuerst die Ordenregeln des Basilius, Augustinus, Benedictus und Franziskus vor. In diesen Ordensregeln selbst oder in deren „Ausführungsbestimmungen“ finden sich viele Ausführungen zum Thema Keuschheit.
Ich frage mich: Warum enthält der Text des Hans Urs von Balthasar zur Ordensregel des Ignatius zwar Ausführungen zum Gehorsam und zur Armut, aber überhaupt keine Erläuterungen zur Keuschheit?
Dazu sagt Helmut Feld (5) unter der Kapitel-Überschrift „Gehorsam“ auf S. 156
„Unter den Tugenden und praktischen Verhaltensweisen, die in den Konstitutionen vorgesehen sind, nimmt der Gehorsam den ersten Rang ein. Von ihm ist an vielen Stellen des Gesetzgebungswerkes die Rede, dagegen wird die Keuschheit nur ein einziges Mal, fast beiläufig, im Kontext mit dem Gehorsam, erwähnt.
„Und weil das, was zum Keuschheitsgelübde gehört, keiner Auslegung bedarf, da feststeht, wie vollkommen sie zu beachten ist, nämlich indem man danach trachtet, die Reinheit der Engel nachzuahmen in der Reinheit unseres Körpers und Geistes.“
Zitat Ende.
Andere Verhaltensanweisungen, wie ein Jesuit sein Keuschheitsgelübde in der Praxis zu leben hat, gibt es in der Ordensregel des Ignatius nicht, während andere Ordensgründer, sei es Benedikt von Nursia, sei es Franziskus von Assisi dazu lange Ausführungen machten.
Dazu habe ich die folgenden Fragen und Anmerkungen:
1) Jeder Mensch muss sich mit dem Thema Sexualität auseinandersetzten, auch jemand, der sich dazu entschließt, ein Keuschheitsgelübde abzulegen.
2) Warum kommt ausgerechnet der doch sexuell erfahrene Ignatius von Loyola auf die Idee, dass dieses Thema „keiner Auslegung bedarf“ ?
3) Hat die Formulierung „Reinheit der Engel“ überdurchschnittlich viele pädosexuell veranlagte Männer im Laufe der Jahrhunderte dazu veranlasst in den Orden einzutreten?
(Mit überdurchschnittlich viele meine ich statt der statistisch zu erwartenden 2 % eventuell 4 % der Ordensmitglieder. Den geschätzten Prozentsatz 4 % benutze ich nur als Beispiel. Mit 4 % meine ich nur die pädosexuelle Veranlagung. Ich meine bei dieser Begriffsbildung noch nicht, dass jemand seine Veranlagung an Kindern ausgelebt hat.)
4) War die Formulierung „Reinheit der Engel“ besonders dazu geeignet, einen pädosexuell veranlagten Mann dazu zu veranlassen in den Orden einzutreten, weil dieser Mann
a) auf die Idee gekommen ist „der, der ein engelhaftes Leben führen möchte, bin doch ich“
und
b) jeder Auseinandersetzung mit seinem eigenen pädosexuellen Veranlagun aus dem Weg gehen
wollte?
Derartige Entscheidungen – wie unter Punkt 4 – als Möglichkeit dargestellt, wären besonders tragisch, weil der Jesuitenorden von Anfang an große Schulen und Internate betrieben hat.
Die pädosexuellen Männer befanden sich demnach ständig in einer Umgebung mit großen Versuchungen. Zu ihrem speziellen Problem mit der Keuschheit enthält die Ordensregel des Ignatius überhaupt keine Verhaltensanweisungen.
(1) Hans Urs von Balthasar, Die großen Ordensregeln, Johannes Verlag Einsiedeln, 7. Auflage 1994,
Ignatius S. 323 ff hier: Die Satzungen der Gesellschaft Jesu, Erster Teil, Vom Aufnehmen zur Prüfung, Zweck und Aufbau der Gesellschaft, S. 343 f.
(2) Hans Urs von Balthsar, a.a.O., Sechster Teil, Von dem, was die in der Gesellschaft Zugelassenen oder Einverleibten bezüglich ihrer selbst angeht S. 374 ff
(3) a.a.O. Seite 374 – 376
(4) a.a.O. Seite 377 – 381
(5) Helmut Feld, Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola, Eine Biographie, S. 156 f.
Die Frage nach dem Leben der Keuschheit in einer Ordensgemeinschaft und nach den Regeln eines Ordens ist ziemlich komplex. Sie glauben, die Regeln der Jesuiten „könnten“ überdurchschnittlich viele Pädosexuelle angezogen haben. Die einzige Begründung ist das Fehlen von Ausführungsbestimmungen zum Thema gelebte Sexualität / Keuschheit in den Regeln.
Sie ziehen hier Folgerungen, die sich aus dem Text nicht ergeben. Zum einen heißt das Fehlen der Bestimmungen nicht, dass man sich mit dem Thema und dieser Dimension seiner selbst nicht auseinander setzt. Zweitens ist die Formulierung von der „Keuschheit der Engel“ ein Verweis auf die reiche Tradition; dieser Verweis holt diese gesamte Tradition in die Regel der Ordens hinein. Man kann eben gerade nicht auf das in unserer Moderne etwas kitschig ausfallende Engelsbild verweisen, sondern muss von den Wüstenvätern und -müttern angefangen die Tradition kennen, sie dazu gehört.
Weil das Leben der Armut und das Leben des Gehorsams, wie es Ignatius wollte, etwas Neues darstellte, musste es ausführlich behandelt werden. Das ist der Grund für das ihnen aufgefallene Missverhältnis.
Auch für das Behandeln von Ordensregeln etc. braucht es Sachwissen, einfach nur Texte nebeneinander zu halten, die Anzahl der Schulen dazu zu ziehen etc. reicht nicht aus, um Urteile über eine Ordensregel treffen zu können.
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe von Regeln, die nicht ausschließlich das Thema Keuschheit betreffen, aber sehr wohl dazu gehören. Diese Regeln verlangen alle eine gewisse Klugheit im Umgang miteinander, etwa die „regula socii“, nichts alleine zu machen und damit immer jemanden dabei zu haben, der eine Rückmeldung geben kann oder Verhalten anmahnen/korrigieren kann. Oder die Regel, nie die eigene Tür geschlossen zu halten, wenn man Besuch hat. Davon schreiben sie gar nichts. So kann man mit Ordensregeln nicht umgehen.
„2) Warum kommt ausgerechnet der doch sexuell erfahrene Ignatius von Loyola auf die Idee, dass dieses Thema „keiner Auslegung bedarf“ ?“
@river runner,
gerade weil Ignatius von Loyola mit gut 30 Lebensjahren offensichtlich nicht nur ein sexuell erfahrener, sondern ein promiskuitiver Mann war. Vermutlich wie so viele Menschen auch bisexuell orientiert. Und deshalb eben solche Männer als Zielgruppe im Visier hatte. Und wer seine Sexualität promisk lebt, für den ist die Beziehungsebene sowieso eher zweitrangig. Und das Alter des jeweiligen „Partners“ nebensächlich.
Es zählt nur der momentane, kurzfristige sexuelle Anreiz und seine möglichst schnelle und einfache Befriedigung.
Folglich wird Loyola sich als intelligenter Mensch mit Führungsqualitäten alle Optionen in Bezug auf das Ausleben sexueller Impulse offen zu halten versucht haben.
Vermutlich zielte das mit der „Keuschheit“ auf eine ganz bestimmte Sponsorengruppe ab. An diesem grundsätzlichen Geschäftsprinzip des Jesuitenordens hat sich ja bis heute nichts geändert. Siehe Akquise und Konzept der Kollegien Canisius und Aloisius.
Wir hatten ja auf SPON und ET dazu schon einmal unsere Sichtweisen zusammen gebracht. Deshalb werden Sie sich vermutlich an meine These zu den Hintergründen des radikal anmutenden Wechsels der Lebensführung von Ignatius beim Übergang vom Berufssoldaten zum Ordensgründer erinnern.
Darüber, was sich aus so einer Sicht für den Kinderschutz ableiten lässt, sollten wir einmal auf ET diskutieren.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
„Folglich wird Loyola sich als intelligenter Mensch mit Führungsqualitäten alle Optionen in Bezug auf das Ausleben sexueller Impulse offen zu halten versucht haben.“ Ich bin Sprachlos. Das ist – entschuldigen Sie – dumm. Sie erfinden Geschichte. Woher wissen sie das mit der sexuellen Erfahrung? Außer dass sie irgendwas annehmen? Und woher haben sie das mit der Bisexualität? Als Historiker, der auf so etwas wie Fakten angewiesen ist, bevor er etwas behaupten kann, bin ich sprachlos über so viel Dummheit, wie sie sich hier zeigt.
„Berufssoldat“ – bitte lesen sie mal ein Buch bevor sie einen für das 16. Jahrhundert völlig unzutreffenden Begriff hier herein bringen. Das geht an allem vorbei und erklärt gar nichts. Das ist dumm.
Sehr geehrter Herr Hagenkord,
aus Ihrer Reaktion auf meinen Beitrag schließe ich, dass Sie Wert auf eine sachliche, pragmatische Argumentation legen.
Damit kommen Sie mir auf jeden Fall entgegen. Und das freut mich.
Um den Überblick zu behalten, würde ich die strittigen Themen gern nach und nach behandeln.
Und möchte mit „Ignatius von Loyola – ein Berufssoldat“ beginnen.
Voranschicken will ich unbedingt, dass ich Loyolas Lebensleistung auf jeden Fall anerkenne. Er lebte in einer Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit. Und hat diesen Umstand genutzt, um etwas Neues zu schaffen.
Und das nicht, wie die meisten Menschen es tun würden, allein ihres persönlichen Vorteils wegen.
Das bedeutet aber ja nicht, dass ich alle Aspekte des Lebens und alle Facetten der Persönlichkeit des Ignatio von Loyola vorbehaltlos gut heißen würde. Das wäre ja auch unrealistisch. Und aus meiner beruflichen Perspektive heraus ein Zeichen für einen Mangel an Professionalität. Wer im Gesundheitswesen arbeitet, erkennt sehr schnell, dass es keine idealen Menschen gibt. Wer damit nicht umgehen lernt, wird scheitern.
Worin die Helfer sich meistens einig sind ist, dass niemand vor guten oder schlechten Überraschungen geschützt ist, was andere Menschen betrifft. Beide Aspekte gehören zum Mensch-sein dazu. Und was „gut“ oder „schlecht“, „richtig“ oder „falsch“ ist, lässt sich leider häufig erst im Nachherein beurteilen.
Herr Hagenkord: der Begriff „Berufssoldat“ als Bezeichnung für Loyolas Funktion bevor er Ordensgründer wurde missfällt Ihnen.
Als was würden Sie das bezeichnen, womit von Loyola beschäftigt war BEVOR er nach schwerer Krankheit den Fokus wechselte?
Meine Quellen sind diese beiden:
https://www.jesuiten.org/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ignatius_Biographie.pdf
http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/ws2002-2003/ku_ws2002_homepages/Behofsics/Ignatius%20von%20Loyola-Biographie.htm#Jugend
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort und bedanke mich für Ihre Geduld.
Mit freundlichen Grüßen,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Begriffe beschränken. Ich werde mich nicht hier auf einen Begriff festlegen, der einen Menschen, der ein sehr komplexes Leben geführt hat, festlegen lassen. Sie können gerne zitierten und links anfügen wie Sie wollen, Ignatius ist nicht einfach in Begriffe zufassen.
Abgesehen davon wehre ich mich auch dagegen, historische Urteile mit der Perspektive von heute zu treffen. Sie können Menschen von vor 500 Jahren nicht auf die Couch legen, sie können sie nicht beurteilen, das einzige was wir versuchen können, ist zu verstehen. Und ihre Kommentare hier scheinen mir nicht in diese Richtung zu gehen.
Sehr geehrter Herr Hagenkord,
Sie schreiben in Ihrem Kommentar zu einen meiner Beiträge https://blog.radiovatikan.de/aufnahmegeraete/#comment-13147
„Abgesehen davon wehre ich mich auch dagegen, historische Urteile mit der Perspektive von heute zu treffen. Sie können Menschen von vor 500 Jahren nicht auf die Couch legen, sie können sie nicht beurteilen, das einzige was wir versuchen können, ist zu verstehen“
Eine Frage: wie definieren Sie die Tätigkeit eines Historikers?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Genau so, dass ich nicht anhand von Maßstäben von heute messe oder Probleme von heute auf Teufel komm heraus auch schon in der Vergangenheit finden will. Das ist unredlich. Und das gilt vor allem für die Psychologie. Wir haben jahrzehntelange Mentalitätsgeschichtsschreibung hinter uns, die uns mindestens eines zeigt: Wir können mit den intellektuellen Instrumenten von heute nicht einfach in eine andere Zeit springen. Und das auch noch bei fehlenden Daten. Das ist unredlich.
Sehr geehrter Herr Hagenkord,
würden Sie die beiden Quellen, die ich oben verlinkt habe aus Ihrer Sicht als Historiker als belastbar bezeichnen können?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Pater Hagenkord
Was verstehen Sie unter der „hochherzigen und wachsamen Keuschheit“,von der
Papst Paul VI., 1968 an die SJ gerichtet, sprach?
Ohne Zeit gehabt zu haben, den Zusammenhang dieses kurzen Ausschnittes zu lesen lese ist bei „hochherzig“ vor allem die Freiwilligkeit, diese Form des Lebens. Ich gehe einmal davon aus, dass das im Zusammenhang aller Gelübde steht und sehe deswegen dieses klassische Wort als Hinweis darauf, dass Keuschheit nicht etwas ist, was man in Kauf nehmen soll (oder kann), sondern aktiv wollen soll. Oder umgekehrt: Wenn man es nicht bejahen kann, dann ist es nichts für einen. „Wachsam“ erklärt sich eigentlich von selbst, es geht darum, die Keuschheit, die man einmal begonnen hat zu leben, nicht einfach hin zu nehmen wie eine Tatsache des Lebens, sondern in den sich wandelnden Umständen des Lebens und des eigenen Körpers und der eigenen Bedürfnisse genau zu schauen, wie das Gelübde der ehelosen Keuschheit jeweils gelebt werden kann.
Beides zusammen hat auch damit zu tun – so lese ich die Bemerkung – dass diese Keuschheit nichts ist, was man um seiner selbst wegen lebt oder will, sondern dass es in den Dienstcharakter hinein gehört, die die Lebensform des Ordenslebens im Jesuitenorden haben soll. Man bekommt nicht mehr Freiheit für sich selber, sondern für den Dienst.
So in aller Kürze mein Verstehen dieser Formulierung.
@ Pater Hagenkord
Sie schreiben an Angelika Oetken zu Ignatius von Loyola weiter oben hier:
„Sie können Menschen von vor 500 Jahren nicht auf die Couch legen, sie können sie nicht beurteilen, das einzige was wir versuchen können, ist zu verstehen.“
und
„Das ist unredlich. Und das gilt vor allem für die Psychologie. Wir haben jahrzehntelange Mentalitätsgeschichtsschreibung hinter uns, die uns mindestens eines zeigt: Wir können mit den intellektuellen Instrumenten von heute nicht einfach in eine andere Zeit springen. Und das auch noch bei fehlenden Daten. Das ist unredlich.“
Mein Kommentar dazu:
Herr Hagenkord,
Ist Ihnen der Name des in 2010 verstorbenen Jesuiten William W. Meissner etwa kein Begriff?
In dem unten verlinkten Nachruf über ihn wird gesagt:
„He received the Oskar Pfister Award from the American Psychiatric Association in 1989 and the William C. Bier Award from the American Psychological Association in 2001 as a recognition of his outstanding contributions to the psychology of religion.
His many contributions to psychoanalysis will remain a source of significant learning for new generations of psychoanalysts, for the scholars of psychoanalytic theory, and for those interested in understanding of the psychodynamics of religious processes in the future.“
http://www.psywww.com/psyrelig/obits/meissner.html
William W. Meissner SJ ist Verfasser des Buches Ignatius von Loyola, Psychogramm eines Heiligen, Herder Verlag Freiburg 1997.
Über die Grenzen und Risiken eines psychoanalytischen Ansatzes ist sich William W. Meissner durchaus im Klaren. In dem Kapitel „Das ignatianische Material“ thematisiert er deswegen ab Seite 22 ff seines Buches zunächst einmal die Zuverlässigkeit der Quellen auf die er sich stützt.
Dort bezeichnet er auf Seite 27 als wertvollste Quelle den „Bericht des Pilgers“ von Goncalves da Camara.
Meine Anmerkung dazu:
Der Bericht des Pilgers (BP) gilt als ein geistlicher Text des Gründers des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola. Der Verfasser des Berichts des Pilgers ist aber der Jesuit Louis Goncalves da Câmara, der die mündlichen Mitteilungen, die Ignatius zwischen 1553 und 1555 an ihn macht zusammen mit weiteren Informationen zum „Pilgerbericht“ verarbeitet.
Als Autor gilt nach katholischer Kirchentradition Ignatius selbst. Dennoch hat den Bericht Da Camara protokolliert und verfasst
Zur Zuverlässigkeit der Quelle „Bericht des Pilgers“ des Autors da Camara schreibt William W. Meissner S.J. a.a.O auf Seite 27:
„Selbst das unmittelbarste und wertvollste Material, das uns zur Verfügung steht, die Erinnerungen, die Ignatius gegen Ende seines Lebens da Camara diktiert hat, ist dem Vorwurf rückwirkender Verzerrungen ausgesetzt.“
Die Frage nach der Zuverlässigkeit des Gedächtnisses des bereits alten Ignatius von Loyola stellt Meissner zurecht. Eine Frage, die er aber nicht stellt ist:
Wie zuverlässig ist denn der eigentliche Biograph, der Jesuit Louis Goncalves da Câmara?
Ist es möglich, dass Câmara aus eigenen Gründen Verzerrungen in den „Bericht des Pilgers“ hineingebracht hat? Da der „Bericht des Pilgers“ erst nach dem Tod des Ignatius veröffentlicht wurde, ist das nicht ausgeschlossen.
M.E könnte es Verzerrungen geben, es gibt aber auch eine „Obergrenze“ für Verzerrungen, da zum Beispiel der Sekretär des Ignatius, Polanco, dessen Leben aus langer Zusammenarbeit kannte, und Polanco hat Ignatius ja bekanntlich sehr lange überlebt und konnte aufgrund seiner hochrangigen Funktion im Jesuitenorden noch lange kontrollieren, was über Ignatius gesagt und geschrieben wurde.
Was dann die Frage aufwirft, wie zuverlässig oder tendentiös ist denn die mögliche Redaktion des „Bericht des Pilgers“ durch Polanco?
Dieser Mann hatte es nach dem Tod des Ignatius in der Hand, den „Bericht des Pilgers“ zu in wesentlichen Punkten zu „frisieren“, falls Polanco – aus welchen Gründen auch immer – dies gewollt hätte.
Was den „Bericht“ angeht, ist das ein wunderbares Beispiel. Auch wenn wir es im Orden anders nennen, ist es keineswegs die „Autobiographie“ des Ignatius. Es gibt ein gutes Buch über die literarischen Bilder, die da benutzt werden, die Bezüge und Sprachbilder, die man kennen muss, um zu verstehen, worum es geht, gleich wer der Autor oder – wahrscheinlicher – die Autoren waren. Das Buch heißt „Loyola’s Acts“ von Marjorie O’Rourke.
Pater Meissner ist mir bekannt, auch sein Buch, und ich bin dankbar für die Relativierungen, die er trifft. Aber trotzdem glaube ich nicht, dass ein Instrumentarium, dass an den Psychosen und Psychogrammen des 19. und 20. Jahrhunderts gewonnen wurde, einem Menschen des 15. und 16. Jahrhunderts gerecht werden kann. Ich halte das methodisch für unredlich.
Weder der auch im Orden beliebte Begriff der „Autobiographie“ noch das Wort „frisieren“ wird dem gerecht, was zu dem so genannten „Bericht des Pilgers“ geführt hat. Ein wunderbares Buch dazu: Marjorie O’Rourke: Loyola’s Acts. Man muss das Genre verstehen, die literarische Sprache, um das nachvollziehen zu können. Hier geht es nicht um Historizität in dem Sinn, wie das 19. Jahrhundert den Begriff entwickelt hat.
Und genau deswegen können wir Menschen aus dem 16. Jahrhundert auch nicht auf die Couch legen.
@ Pater Hagenkord,
Das Buch von Marjorie O‘ Rourke, Loyola’s Acts: The Rhetoric of the Self
kannte ich bisher noch nicht.
Aber auch O’Rourke stellt doch zum „Bericht des Pilgers“ fest, dass dieser Bericht „the main source of information about the founder of the largest and most powerful religious order in Roman Catholicism“ ist.
Siehe: Review zu Loyola’s Acts: The Rhetoric of the Self (New Historicism) (Englisch) Gebundene Ausgabe
This revisionist review of Ignatius Loyola argues that his „autobiography“ – until now taken to be a literal, documentary account – is in reality a work of rhetoric, a moral narrative that exploits the techniques of fiction.
In radically reinterpreting this canonical text, the main source of information about the founder of the largest and most powerful religious order in Roman Catholicism, Boyle paints a vivid picture of Loyola’s world.
http://www.amazon.de/Loyolas-Acts-Rhetoric-Self-Historicism/dp/0520209370
Falls der „Bericht des Pilgers“ einer radikalen Entmystifizierung bedarf, und so verstehe ich die Buchbesprechung, stellt sich doch die Frage, was wir über Ignatius von Loyola überhaupt wissen können.
Welche Quellen zu Ignatius von Loyola halten Sie denn als Historiker für gesichtert? Den „Bericht des Pilgers“ überhaupt nicht? In Teilen nicht? Oder wie soll ich das jetzt verstehen? Welche anderen Quellen dann?
Die „Book review“ unten sagt „Der Bericht des Pilgers“ sei eine Heiligenlegende und mehr nicht.
Die Buchbesprechung sagt auch, das Generationen von Jesuiten den „Bericht des Pilgers“ im großen und ganzen als authentisch angesehen haben.
Auch in dieser „Book review“ werden die Methoden des Authors Goncalves da Camara dargestellt, und es wird gesagt, dass die „Autobiographie“ erst nach dem Tode des Ignatius erschien. Was Fragen aufwirft, da Ignatius den Text nicht authorisiert hat.
http://www.jstor.org/discover/10.2307/1466213?uid=3737864&uid=2129&uid=2&uid=70&uid=4&sid=21104030356381
Welche Quellen zu Ignatius halten Sie denn als Historiker für gesichert,
um darauf eine moderne Biographie aufzubauen? Denn Ihr Kollege Stefan Kiechle hat ja mal geschrieben, dass es zu Ignatius von Loyola – nach nun etlichen Jahrhunderten – immer noch keine moderne Biographie gibt.
Was heißt hier „Heiligenlegende, mehr nicht“? Damit treffen Sie ein Urteil. Ich finde es faszinierend, eine Gesellschaft und eine Zeit kennen zu lernen, in dem ich ihre literarischen und andere Zeugnisse lese. „Mehr nicht“ ist bereits ein Urteil, dass ihnen diese Zeiten verschließt.
Pater Hagenkord,
mich interessieren zum Leben der Heiligen die Fakten, und nicht die Erfindungen
oder Fabeln Dritter über die betreffende Person.
Aus diesem Grund hatte ich die Frage an Sie gerichtet,
inwieweit der „Bericht des Pilgers“ den historischen Tatsachen folgt,
und inwieweit dies nicht der Fall ist.
Als Historiker sollte Ihnen diese Unterscheidung verständlich sein, und auch etwas bedeuten.
Ich bin am Leben des Ignatius von Loyola interessiert, ich bin in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht daran interessiert, ob Goncalves da Camara
ein guter Schriftsteller mit hoher Phantasie ist oder nicht. Ich möchte wissen, was
im „Bericht des Pilgers“ einen Tatsachenbezug hat, und was nicht.
Da wir hier leider aneinander vorbei geredet haben, möchte ich Ihnen
an einem modernen Fall klar machen, was ich meine:
Ich nehme dazu den Fall Angela Autsch:
http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Angela_Autsch.html
Der Seligsprechungsprozess wurde 1990 eröffnet.
Die Frage die sich mir stellt, ist:
Was an dem oben verlinkten Bericht aus dem Heiligenlexikon über Angela Autsch entspricht den historischen Tatsachen, und was ist fromme Legende?
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem Beispiel aus der jüngeren Vergangeheit den Sinn meiner Frage zum „Bericht des Pilgers“ klar machen konnte:
Ist der Bericht der Pilgers ein Misch-Masch aus historischen Tatsachen und frommer – historisch nicht fundierter – Legende,
oder wie ist dieser Bericht einzuschätzen?
Diese Heilige kenne ich nicht und auch nicht ihr Leben.
Zu Ignatius: Wir wissen es nicht. Wir wissen viel, wir kennen Daten, haben Briefe von ihm und so weiter. Aber im Sinne des Historismus des 19. Jahrhunderts „wie es damals wirklich war“ können wir uns Ignatius nicht nähern. Wir können rekonstruieren, prüfen, die literarischen Texte abklopfen, aber das wird uns nicht gelingen, wenn wir sie aus ihren Zusammenhängen reißen. Es war schlicht nicht die Absicht der Menschen, uns im 21. Jh etwas zu liefern.
Das sind auch keine Erfindungen oder Fabeln, damit tun sie den Menschen damals Unrecht. Nur weil die nicht getan haben, was sie 400 Jahre später haben wollen, ist das noch lange kein Grund, überheblich zu werden.
Zu:
„Diese Heilige kenne ich nicht und auch nicht ihr Leben.“
(1) Mehr zu Angela Autsch finden Sie in dem 2. Kapitel des Buches
Zeugen der Zeitgeschichte, Herausgegeben von Anne Mohr und Elisabeth Prégardier
Elf Frauen.
Leben in Wahrheit: Margita Schwalbová
Eine Ärztin berichtet aus Auschwitz-Birkenau 1942 – 1945
Plöger Verlag GmbH Annweiler / Essen 1994
Die erste Auflage dieses Buch war schon 1947 in Prag erschienen.
Nach Ende des Krieges schrieb Frau Dr. Schwalbová an den Schwager
von Sr. Angela:
………..
„Ich bekam Ihre Adresse von Ihrer Verwandten Angela Maria Autsch
im Konzentrationslager Auschwitz. Ich habe mich mit ihr daselbst
sehr angefreundet …….(2)
(2) Schwester Angela vom Heiligsten Herzen Jesu, In Liebe sucht dich unser Herz, Im Selbstverlag der Kongregation der unbeschuhten Trinitarierinnen, Mödling 1987, Seite 16
Das schon in 1947 erschienene Buch gelangte wie folgt 1987 nach Österreich:
Der Familie von Angela Autsch war bekannt geworden, dass eine bestimmte Person als einer von mehreren „Aushilfs-Kurierenen“ im Auftrag von evangelischen Theologieprofessoren den Kontakt vom Westen aus nach Prag zu dem vom Staat verfolgten und in bitterer Armut lebenden Milan Machovec hielt.
Milan Machovec wurde von dieser Person 1987 gebeten, sich in der Staatsbibliothek in Prag zu vergewissern, ob eine Frau Dr. Margita Schwalbová in 1947 ein Buch geschrieben habe. Herr Machovec tat dies gern, und so kam kurz danach eine Kopie des Buches von Ost nach West.
Milan Machovec
(* 23. August 1925 in Prag; † 15. Januar 2003 ebenda) war ein tschechischer Philosoph.
Als reformorientierter Professor für Marxismus wurde er Vordenker des Prager Frühlings und nach dessen Niederschlagung vom Staat verfolgt. Machovec war ein prominenter Vertreter des Dialogs zwischen Marxismus und Christentum. Nach dem Sturz des Kommunismus erfuhr er eine vollständige Rehabilitation und wurde zur verehrten Integrationsfigur der Neuorientierung. Seit 2000 war er Träger des Tomáš-Garrigue-Masaryk-Ordens, einer der höchsten Auszeichnung der Tschechischen Republik.
http://de.wikipedia.org/wiki/Milan_Machovec
Christlicher Dialog und marxistisches Gebet
Milan Machovec:
Die Frage nach Gott als Frage nach dem Menschen
Tyrolia Verlag, Innsbruck/Wien 2000, 122 S.
http://www.luise-berlin.de/lesezei/blz00_08/text63.htm
Nachtrag: Das bekannteste Buch von Milan Machovec ist
„Jesus für Atheisten“ das auch in diesem Nachruf erwähnt wird:
Nicht oft geschieht es, dass aus Buchtiteln geflügelte Worte werden. Mit seinem Band „Jesus für Atheisten“ gelang dem 1925 geborenen Tschechen Milan Machovec solch ein seltener Erfolg. „Die Lehre Jesu setzte die Welt in Brand nicht wegen irgendeiner Überlegenheit des theoretischen Programms, sondern weil er selbst identisch war mit diesem Programm“, schrieb der unorthodoxe Marxist 1972 in seinem berühmtesten Buch.
Um diese Identität von Existenz und Lehre ging es Machovec selbst zeitlebens. Bereits 1964 wandelt der Philosophieprofessor darum sein Institut für marxistische Religionskritik in ein „Dialogisches Seminar“ um und sucht das Gespräch mit christlichen Theologen und jüdischen Gelehrten. Im Jahr 1968 avanciert der Verfechter des Dialogs in seiner Heimatstadt zum Berater der Regierung Dubcek und gilt bald als „Vordenker des Prager Frühlings“. Desto härter trifft den reformorientierten Professor nach Niederschlagung der Demokratiebewegung der Bannstrahl der kommunistischen Orthodoxie: Er erhält Lehrverbot und wird ständig überwacht.
Nicht ohne Bewegung erfährt man aus dem 1999 erschienenen letzten Buch von Milan Machovec „Die Frage nach Gott als Frage nach dem Menschen“, wie der Verfolgte sich seinen Lebensunterhalt als Organist an einer Prager Kirche verdienen muss und dabei vom katholischen Pfarrer vor der Staatssicherheit geschützt wird. Wie eng das Schicksal des atheistischen Gottsuchers mit der Zeitgeschichte verknüpft ist, zeigt auch seine Präsenz bei dem 1986 von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und dem Vatikan in Budapest veranstalteten Symposium „Gesellschaft und ethische Werte“. Es dürfe als „größtes und wichtigstes Ereignis im Rahmen des christlich-marxistischen Dialogs“ gewertet werden, so der Erfurter Theologe und Philosoph Konrad Feiereis. Dass sich offizielle Vertreter sozialistischer Staaten dabei erstmals für eine „weltanschauliche Koexistenz“ mit dem Christentum aussprachen, war Vorzeichen für eine tief gehende gesellschaftliche Verschiebung.
Machovec konnte diesen politischen Wandel in Ost- und Mitteleuropa selbst begleiten und wurde nach der „samtenen Revolution“ in seiner Heimat voll rehabilitiert: Noch 1989 erhielt er seinen Prager Lehrstuhl an der philosophischen Fakultät zurück.
Es waren Menschen wie Milan Machovec, der jetzt im Alter von 77 Jahren gestorben ist, die anders Denkenden eine Chance gaben, den Dialog einzuüben und ihnen Mut machten, ihren Glauben zu leben.
http://www.tdh-online.de/archiv_1996_bis_2007/artikel/1142.php
@ Pater Hagenkord
Zu: „Ignatius: ….Wir wissen viel, wir kennen Daten, haben Briefe von ihm.“
Ja. Im Vergleich zu anderen großen „Politikern“ der Weltgeschichte, liegen zu Ignatius von Loyola doch sehr viele „Daten“ vor. Warum hat es dann noch kein Jesuit geschafft – so sinngemäß die Worte eines Kollegen von Ihnen – eine moderne Biographie über Ignatius von Loyolo zu schreiben?
Zu: „Aber im Sinne des Historismus des 19. Jahrhunderts “wie es damals wirklich war” können wir uns Ignatius nicht nähern.“
Einverstanden. Aber wie sollen wir uns Ignatius dann – Ihrer Ansicht nach – heute nähern? Wir reden hier immerhin über einen „einen großen mythenbildenden Politiker der Weltgeschichte“ (zum Zitat siehe 1 unten) Da ist doch in heutiger Zeit eine Entmystifizierung angebracht.
Zu: „ Wir können rekonstruieren, prüfen, die literarischen Texte abklopfen, aber das wird uns nicht gelingen, wenn wir sie aus ihren Zusammenhängen reißen.“
In der Tat. Was hindert im Fach Geschichte sachkundige Jesuiten – wie Sie zum Beispiel – mit dieser Aufgabe anzufangen? Und falls es Ihre Belastung mit anderen Aufgaben zeitlich nicht erlauben sollte, was hindert den Jesuitenorden daran, andere Personen mit dieser Aufgabe zu beauftragen? Schließlich betreibt der Jesuitenorden weltweit sogar mehrere wissenschaftliche Hochschulen.
Zu:
„ Es war schlicht nicht die Absicht der Menschen, uns im 21. Jh etwas zu liefern.
Ihren Satz lese ich so: „Es war schlicht nicht die Absicht des Goncalves da Camara, uns im 21. Jahrhundert mit dem „Bericht des Pilgers“ etwas zu liefern.
In der Tat. Dennoch bleibt die Frage, wie der Text „Bericht des Pilgers“ (2) aus moderner Sicht im Jahr 2014 einzuschätzen ist. Es bleibt auch die noch unbeantwortete Frage, was Goncalves da Camara liefern wollte und warum.
Zu:
„Das sind auch keine Erfindungen oder Fabeln“
Was ist der Text „Bericht des Pilgers“ dann? Wie soll man in diesem Bericht historisch bedeutende Tatsachen von literarischen Erfindungen des Goncalves da Camara trennen? Gibt es neben dem von Ihnen oben zitierrten Buch von Marjorie O‘ Rourke, Loyola’s Acts, noch andere Bücher oder Aufsätze, die auf dieses Problem eingehen? Falls ja, welche dieser Bücher oder Aufsätze sind Ihnen bekannt? Ich würde durchaus gern einen Text dazu – in deutsch oder englisch – lesen.
(1) Ludwig Marcuse, Ignatius von Loyola, Ein Soldat der Kirche, Die Erstausgabe erschien 1937 in Amsterdam, Zitat oben von der Rückseite der 1973 bei Diogenes erschienenen Taschenbuchausgabe
(2) Ignatius von Loyola, Bericht des Pilgers, Übersetzt und kommentiert von Peter Knauer, Echter Verlag Würzburg 2002
Fragen, die nicht im „Bericht des Pilgers“ von Goncalves da Camara
beantwortet werden:
War die Mutter von Ignatius von Loyola eine „Converso“?
War sie die Tochter eines Juden, der nur unter dem Zwang der Verhältnisse in Spanien zum Christentum übertrat?
Wollte dieser Vater seiner Tochter mit sehr viel Geld die Heirat mit einem Alt-Christen erkaufen, um sie so in Sicherheit zu bringen?
Zu Marina Saenz de Licona, der Mutter des Inigo de Loyola, ist in den Quellen nur ganz wenig zu finden:
Hugo Rahner SJ schreibt 1956 über die Mutter:
„Es war Dona Marina Saenz der Licona, die Tochter des am Hofe des kastilischen Königs Heinrich IV einflusreichen Doktors Martin Garcia de Licona, …. Die Ehepakten der Dame mit Don Beltran Yanez de Onaz y Loyola vom 13. Juli 1467 sind noch erhalten. ….“ (siehe 1 unten)
William W. Meissner SJ (2) geht davon aus, dass die Mutter ganz kurz nach der Geburt ihres 13. Kindes Inigo verstorben ist.
Meissner schreibt dazu in 1992:
Marina Sanchez de Liconas „Vater war Kronjurist und ist ein sehr angesehener Mann gewesen….Als seine Tochter 1467 heiratete, schenkt Martin ihr 1600 aragonische Golddukaten, eine reiche Mitgift, die sie in das gerade neu aufgebaute Schloss von Loyola mitbrachte….“ Inigo war das dreizehnte Kind von Marina Sanchez de Licona. „Inigos Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Daher wurde das Kind bei Maria de Garin, der jungen Frau des örtlichen Schmiedes…in Pflege gegeben…“
Die Pflegemutter scheint eine liebevolle Frau gewesen zu sein. Als siebenjähriger Junge kehrt Inigo dann ins Elternschloss zurück, als dieses Schloss von einem älteren Bruder übernommen wird, dessen Ehefrau Magdalena das Kind Inigo aus der Hütte der Pflegeeltern ins Schloß zurückholt (siehe z.B. Hugo Rahner, (1) a.a.O. S.134).
Zu den Fragen: War Ignatius von Loyola ein „Converso“? War seine Mutter Marina Saenz de Licona eine zwangsgetaufte Jüdin? War sie eine „Converso“?
Dazu ist in der von Jesuiten geschriebenen Literatur nichts zu finden. Warum nicht?
Der Historiker Robert Aleksander Maryks (3) schreibt im Jahr 2010:
„Kevin Ingram (4), has hypothezid in his recent Ph. D dissertation the converso origins of Inigo’s maternal grandfather, Dr. Martin Garcia de Licona, who was not just a merchant, but a man of letters and a financial advisor at Court – that is to say that his profile is very much of a converso merchant professional.“ Consequently, Inigo too would be considered a „converso“ ((3), page 50)
Kevin Ingram (4), stellt klar, dass es sich nicht um freiwillige Konversionen zum Christentum handelte, sondern dass zunächst in Pogromen ungefähr 50 % der damaligen spanischen Juden von Christen ermordet wurden. Die überlebenden Juden „bekehrten“ sich unter diesem Zwang entweder zum Christentum oder flohen aus Spanien. (5)
Schon im Jahr 1967 hatte Friedrich Heer in deutsch geschrieben:
„Die Geschichte der Judenstämmlinge, des jüdisch-christlichen Beitrages im Aufstieg der Gesellschaft ist noch nicht geschrieben.“ (6)
In Deutschland wurde diese Geschichte dann leider nicht geschrieben. In der Arbeit von Maryks sehe ich einen Anfang, dass sich daran wenigstens in Zukunft etwas ändern könnte.
Auch, dass Polanco einer der bedeutendsten Juden-Christen der Gesellschaft Jesu war geht aus dem „Bericht des Pilgers“ und seinen Erläuterungen nicht hervor?
Warum nicht?
Quellen:
(1) Hugo Rahner, Ignatius von Loyola, Briefwechsel mit Frauen, Verlag Herder Freiburg 1956, Seite 133
(2) Deutsche Übersetzung von William W. Meissner S.J., Ignatius von Loyola, Psychogramm eines Heiligen, Herder Verlag 1997, Seite 37
(3) Robert Aleksander Maryks: „The Jesuit Order as a Synagogue of Jews, Jesuits of Jewish Ancestry and Purity-of-Blood Laws in the Early Society of Jesus“ page 50
(4) Kevin Ingram „Secret lives, public lies: The conversos and socio-religious non-conformism in the Spanish Golden Age“ Ph.D. Thesis (San Diego: Unversity of California, 2006) page 87 – 8.
http://escholarship.org/uc/item/6270j25z#page-2
(5) Ein Kommentar zum Converso Thema:
http://muse.jhu.edu/login?auth=0&typ…99.2.cohen.pdf
(6) Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, S. 161
„His profile was very much …“ Es gibt auch keine Beweise, dass Ignatius nicht vom Mond kam. Spekulationen, die auf „es ist nicht bewiesen dass“ basieren, nehme ich nicht zur Kenntnis. Das ist wirklich lächerlich. Egal, wer es in einer Diss geschrieben hat. Von Ignatius ist das Zitat überliefert, dass er sich wünsche, Jude zu sein, denn dann wäre er Jesus noch näher. Das hat einen geistlichen Gehalt, an dem ich kauen kann. Wer alles Großvater und Ur-Großmutter und dritter Cousin war und was man da als These in einer Promotion verbreiten kann, ist wirklich leer. Intellektuell leer.
Das Thema der Juden-Christen in der Gesellschaft Jesu hatte bereits
Friedrich Heer 1967 aufgegriffen:
Rudolf Augstein über Friedrich Heer: Gottes erste Liebe
Zitat:
„Nur Ignatius von Loyola hält nichts von der „Reinheit des Blutes“, die während der spanischen Gegenreformation einige Aspekte des hitlerschen Rasse-Wahns vorwegnimmt. Er rettet eine ganze Blüte von Juden-Christen in seinen Orden. Erst 1592, nach dem Tode des Ignatius, bekommt die Gesellschaft Jesu ihren Arier-Paragraphen …..“
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46369458.html
Das Thema wird von Robert Aleksander Maryks systematisch wissenschaftlich bearbeitet, nachdem sich jahrzehntelang niemand um die Anregung des Historikers Friedrich Heer, man solle das Thema in Deutschland bearbeiten, gekümmert hatte.
https://sites.google.com/a/jewishjesuits.com/www/cv
In The Jesuit Order as a Synagogue of Jews the author explains how Christians with Jewish family backgrounds went within less than forty years from having a leading role in the foundation of the Society of Jesus to being prohibited from membership in it.
http://www.brill.com/jesuit-order-synagogue-jews
In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:
The Jesuit Order as a Synagogue of Jews is a superb study of the relationship between Jesuits and New Christians—converts from Judaism and their descendants—during the three generations after the founding of the Society of Jesus in 1540. It has long been known that many New Christians joined the Society in the sixteenth century. The opposition that this influx of New Christians inspired both within and outside the Society, however, is something of which only a few specialists have been aware until recently.
http://muse.jhu.edu/login?auth=0&type=summary&url=/journals/catholic_historical_review/v099/99.2.cohen.pdf
@river runner,
aus dem Augstein-Artikel, den Sie oben verlinkt haben http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46369458.html
„Eine riesenhafte Organisation des Raubes entsteht, die konfiszierten Judenbesitz verwaltet. Wohl 100 000 Menschen sind allein in Spanien zwischen 1480 und 1834 verbrannt worden, darunter viele Juden-Christen und viele Frauen (es gibt viel höher reichende Schätzungen).“
Ebenfalls eine wirklich Unheilige Tradition, die sich überall auf der Welt immer wieder zeigt: der Versuch, ordinäre Raffgier und Strauchrittertum mit Spiritualität zu verbrämen.
Ebenfalls aus dem Artikel:
„Geschlechtsangst, Weltangst, Sündenangst, Angst vor dem eigenen ungebärdigen und ungebändigten Triebleben: Die Klöster, bis zu Martin Luther, sind Brutstätten des Antisemitismus“
Ängste, die den Menschen von heute auch noch umtreiben.
Ist es so, dass eine Ausrichtung auf Spiritualität, Glauben eine Möglichkeit darstellt, sich vor Angstgefühlen zu schützen?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Pater Hagenkord
Zu: “…. Von Ignatius ist das Zitat überliefert, dass er sich wünsche, Jude zu sein, denn dann wäre er Jesus noch näher. Das hat einen geistlichen Gehalt, an dem ich kauen kann. ….“
Mein Kommentar dazu:
Es ist Zeit für die genaue Definition von Begriffen, um ein Aneinander-Vorbei-Reden in Zukunft möglichst zu vermeiden, und Sie haben ja Geschichte studiert, dann muss ich ja nicht lange erklären, warum Begriffsdefinitionen und die Angabe von Quellen dazu wichtig sind.
Vorab aber dieses: Es steht für mich fest, dass Ignatius von Loyola sich wünschte, Jesus so nah wie möglich zu sein.
Mir ist dieses Zitat von Ihnen oben auch bekannt, könnten Sie mir bitte die Originalfundstelle dafür nennen?
Die Frage ist doch, ob dieser Satz, den Sie oben zitieren, in Wirklichkeit eine Fälschung ist, weil Ignatius wusste, wer seine Mutter war, auch wenn er sie nicht gekannt hat. Alle Kinder der Familie Loyola wussten doch, welche Frau der Vater Don Beltran Yanez de Onaz y Loyola geheiratet hatte.
Mit dem Satz oben sagt er Ignatius: „Ich bin kein Jude; ich wünschte Jude zu sein.“ Aber ist dieser Satz wahr? Falls nein, warum sagt Ignatius nicht die Wahrheit? Oder ist dieser Satz gar kein echtes Zitat von Ignatius von Loyola? Oer noch anderes gefragt: „Warum schiebt ein anderer (wer?) Ignatius diesen Satz unter, den dieser so nie gesagt hat? Um darüber weiter nachzudenken, hätte ich gern die Originalquelle für Ihren Satz oben.
Und nun zu den Definitionen:
Unter einem „Converso“ verstehe ich einen zum katholischen Christentum unter Zwang konvertierten spanischen Juden. Aus Quelle (1) unten ergibt sich weiteres zur Definition und auch zum Zwang unter dem dieser Übertritt zum Christentum – vor allem im Spanien ab dem 15. Jahrhunderts meistens erfolgte.
Dies ist die Zeit, in der die Eltern der ersten Jesuiten-Generaloberen geboren wurden.
Zu den ersten drei Generaloberen des Jesuitenordens habe ich folgende Annahmen:
1. Ignatius von Loyola war ein Converso, weil seine Mutter, Marina Saenz de Licona aus einer jüdischen Converso Familie der ersten „Converso“-Generation stammte (zum Begriff, siehe 1) Der Vater des Ignatius, Don Beltran Yanez de Onaz y Loyola, war ein Alt-Christ. (Zum Begriff „Alt-Christ“, siehe 1)
2. Diego Laínez, der 2. General der Societas Jesu. wurde 1512 als ältester Sohn einer marranischen Familie in Almazán geboren. Da beide Eltern Juden gewesen waren, war Diego Lainez deswegen ebenfalls ein „Converso“, siehe dazu Quellen (2) und (3)
3. Der dritte Jesuiten General wurde Francisco der Borja, dem Maryks (siehe Quelle 3) unter der Überschrift „Francisco de Borja’s infinite love of conversos“ in seinem Buch auf Seiten 100ff ein Kapitel widmet. (5)
4. Zum 4. General des Jesuitenordens wurde Everard Mercurian gewählt und damit begann die Verfolgung der „Conversos“ innerhalb des Jesuiten-Ordens
In der 4. General-Kongregation konnte sich die Pro-Converso Fraktion, die den „Converso“ Polanco wählen wollte nicht durchsetzen. Dazu sagt Quelle (5) :
„The vocal minority in the Society that opposed the admission of New Christians gained strength at the Third General Congregation in 1573, when it prevented the election of Polanco to succeed Francisco de Borja as Superior General. Opponents of Polanco said that they wished to elect the first non-Spanish Superior General, but their true goal—to prevent the election of a New Christian—was clear to all the electors. The new Superior General, Everard Mercurian, removed influential New Christians from their administrative posts in Rome and ordered them to return to Spain.“
5. Die 5. Generalkongregation beschloss dann im Jahr 1593 Männer jüdischer und muslimischer Abstammung für immer aus der Gesellschaft Jesu auszuschließen
Dieses Klausel stellt auf die Abstammung aus einer jüdischen Familie ab:
„The decree was modified slightly in 1608 to ensure that investigations of lineages not extend beyond five generations, but it was not formally rescinded until 1946.“
Dies bedeutet, wenn ein Mann bis 1946 Jesuit werden wollte, musste er für 5 Generationen zurück nachweisen, dass er keine jüdischen Vorfahren hatte.
Diese Regel des Jesuitenordens zwischen 1593 und 1946 in diesem Punkt ist mit den Grundsätzen der christlichen Lehre ganz offensichtlich nicht vereinbar.
Einer der bedeutenden Juden-Christen der Gesellschaft hatte daher einer Generalkongregation auch die Frage gestellt, ob man auch die zwölf Apostel aus der Gesellschaft ausgeschossen hätte. Trotz dieses intelligenten Redebeitrags wurde er überstimmt.
Dennoch wurde der Jesuitenorden in diesen Jahrhunderten zwischen 1593 und 1946 als der Lehrorden der katholischen Kirche bezeichnet.
Quellen:
(1) Converso
Als Converso (Pl. Conversos) wurden im spanischen und portugiesischen Sprachraum zum katholischen Christentum konvertierte Juden und deren Nachkommen bezeichnet.
Converso und sind in der heutigen Forschung die gängigen Bezeichnungen für Judeoconversos iberischer Herkunft und deren Nachkommen
http://de.wikipedia.org/wiki/Converso
(2) Marranen oder Marranos, auch Conversos oder Neuchristen (span. cristianos nuevos, port. cristãos-novos), sind iberische Juden und deren Nachkommen, die unter Zwang oder schwerem Druck zum Christentum bekehrt wurden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Marranen#Literatur
(3) Diego Laínez, der 2. General der Societas Jesu.
http://de.wikipedia.org/wiki/Diego_La%C3%ADnez
(4) Francisco de Borja, der 3. General der Societas Jesu
http://de.wikipedia.org/wiki/Francisco_de_Borja_%28Jesuit%29
(5) The Jesuit Order as a Synagogue of Jews: Jesuits of Jewish Ancestry and Purity-of-Blood Laws in the Early Society of Jesus by Robert Aleksander Maryks (review)
http://muse.jhu.edu/login?auth=0&type=summary&url=/journals/catholic_historical_review/v099/99.2.cohen.pdf
(6) Kevin Ingram, Secret lives, public lies : the conversos and socio-religious non-conformism in the Spanish Golden Age, UC San Diego Theses and Dissertation, 2006
http://escholarship.org/uc/item/6270j25z
„4. Zum 4. General des Jesuitenordens wurde Everard Mercurian gewählt und damit begann die Verfolgung der „Conversos“ innerhalb des Jesuiten-Ordens“
@river runner,
so läuft Politik. Papst Gregor der Achte setzte über ihn seine Interessen durch. Und da passten Ordensmitglieder, die von „Ungläubigen“ abstammten was die Propaganda anging, sicher schlecht ins Bild.
Auch eigentlich eine sehr modern anmutende Entwicklung.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Papst Gregor der Achte starb Ende des 12. Jahrhunderts. Etwas mehr Sorgfalt, bitte, im Umgang mit der Geschichte.
Schauen Sie doch mal unter „limpieza de sangre“ ins Netz oder in ein Lexikon: das war eine aus Spanien kommende Idee, die über spanische Interessen und Macht in die Kirche Einzug hielt. Das hat nix aber auch gar nix mit päpstlicher „Propaganda“ zu tun.
@ Pater Hagenkord
unten noch ein link zu einer Buchbesprechung des oben schon zitierten Buches von Max Sebastián Hering Torres. Rassismus in der Vormoderne: Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit.
Wie schon oben dargestellt, heißt die „Limpieza de Sangre“ Diskriminierung für Juden-Christen, dass alle Nachfahren von Juden, die zum Christentum übergetreten waren, einzig und allein aufgrund ihrer Abstammung gesellschaftlich und beruflich diskriminiert wurden, unabhängig davon, ob sie Christen geworden waren.
Dies war in der Tat etwas Neues und im europäischen Kontext ausgesprochen singulär:
Ein geradezu paradoxes Prinzip. Denn gehen nicht die Wurzeln, auf die sich das Christentum beruft, auf das Judentum zurück? Jesus von Nazareth war Jude.
Hier noch einmal die zusammenfassende Erläuterung von Maryks (a.a.O. Siehe oben auf Seite XV „Introduction“):
„Had the Jesuit (of Jewish origin) ….. asked to enter the Jesuit Order between 1593 and 1608, his Jewish ancestry would have constituted a legal impediment to his admission, just because his character would have been allegedly compromised by his impure blood, no matter how distant his Jewish ancestors were.
Had he asked to become a Jesuit between 1608 and 1946, his background would have been reviewed up to the fifth generation ……
However, had he become a professed Jesuit between 1540 and 1593, no law would have prevented him from following his vocation…..“
Es ist eine Sache, dass die „Gesellschaft Jesu“ im Jahr 1593 in den „Purity of Blood Law“ Wahnsinn abgerutscht ist, und das Buch von Maryks versucht ja für die Jahre bis 1608 die Gründe für diese Fehl- Entwicklung darzustellen.
Wofür ich aber bisher noch keine Erklärung erhalten habe, ist, warum die „Gesellschaft Jesu“ bis zum Jahr 1946 nicht aus diesem Diskriminierungs-Wahnsinn gegen Judenchristen wieder herausgefunden hat.
Quelle:
Max Sebastián Hering Torres. Rassismus in der Vormoderne: Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit.
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-4-136
Ach, da habe ich mich vertippt… Danke für den Hinweis.
Ich meinte natürlich den hier: http://www.planet-wissen.de/natur_technik/ordnungssysteme/kalender/papst_gregor_xiii.jsp
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
@ Angelika Oetken
Zum Begriff „Limpieza de Sangre“ hier folgende Erläuterungen für Sie, die ich in zwei
Quellen im Netz gefunden habe:
Limpieza de Sangre
Die Doktrin der limpieza de sangre („Reinheit des Blutes“) entstand im Spanien des 15. Jahrhunderts zur Abgrenzung von Alt-Christen gegenüber neu konvertierten Christen, die vormals jüdischen oder muslimischen Glaubens waren. „Blut“ steht dabei als Metapher für die Herkunft. Indem Nachweise über die „reine“ Herkunft (probanza de limpieza) von Alt-Christen für bestimmte soziale Positionen verlangt wurden, sollte der Zugang zu diesen eingeschränkt werden. Sogenannte Alt-Christen konnten so eine sozial privilegierte Position behaupten. Im Jahr 1556 wurde diese Doktrin offiziell von der spanischen Krone anerkannt. ……
http://www.cms.fu-berlin.de/lai/e-learning/projekte/caminos/lexikon/limpieza_de_sangre.html
Max Sebastián Hering Torres. Rassismus in der Vormoderne: Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit:
……
Die Personalunion der kastilischen und aragonesischen Kronen im Jahre 1479 steht am Beginn der frühneuzeitlichen Staatenbildung auf der Iberischen Halbinsel. Die Krone bediente sich in ihrem Bemühen um soziale, religiöse und kulturelle Homogenität verschiedener Strategien. Neben der Katholisierung der Gesellschaft und deren Überwachung durch die Inquisition wurde das Prinzip der „Reinheit des Blutes“ zum Instrument der sozialen Neuordnung. Der Begriff „Rasse“ ist in der Frühen Neuzeit zwar zunächst nur ein Hinweis auf eine gemeinsame Abstammung (linaje) und keine biologische Kategorie, erhält aber durch die limpieza einen pejorativen Inhalt der Unreinheit. „Von Rasse zu sein“ (tener raza) kam „Befleckung“ (mácula) gleich.
Seit den grundlegenden Arbeiten von Bataillon, Menéndez Pelayo, Américo Castro, Domínguez Ortiz, Caro Baroja und Albert Sicroff ist erstaunlich wenig zu diesem Thema publiziert worden.Der Letztgenannte hat 1960 die einzige Monographie vorgelegt …..
Max Hering Torres interpretiert die limpieza-Dogmatik als juristische Konstruktion. Die Arbeit analysiert am Beispiel der Neuchristen Marginalisierungsprozesse von Minderheiten, deren Ausgrenzung auf den Topoi „Rasse“, „Reinheit“ und „Blut“ basieren. ……
……Es wird klar, dass der vermeintlich kollektive Feind einer Gesellschaft entscheidend zu deren Entstehen und Selbstdefinition beiträgt. So wurde das Bedürfnis der Abgrenzung gegenüber der neuchristlichen Bevölkerung zu einem charakteristischen Phänomen der spanischen Gesellschaft. Die altchristliche Abstammung entwickelte sich zu einem sozialen Gradmesser. Ehre und Stolz wurden zur raison d’être aller Schichten. …..
Das erste thematische Kapitel befasst sich mit dem 15. Jahrhundert zwischen den ersten antijüdischen Ausschreitungen von 1391 bis zum Vertreibungsedikt der Katholischen Könige vom 31. März 1492. Das iberische Judenproblem wurde innerhalb dieses Zeitraumes immer mehr zum converso-Problem, da vielen konvertierten „Neuchristen“ der soziale Aufstieg gelang und sie nun allein aufgrund ihrer jüdischen Herkunft diskriminiert werden konnten. ……
……Nach 1568 war die Vorlage der Abstammung zum Nachweis der limpieza bei allen Bewerbungen, die den öffentlichen Sektor betrafen, notwendig. …..
………….Hering Torres zeigt, wie historische Wissenszusammenhänge neu geschaffen wurden und ein Diskurs entstand, der Juden als natürliche Feinde der Christen stigmatisierte. Dabei wurde die Dogmatik des Reinheitsprinzips durch Gott, Bibelexegese, Philosophie und Naturwissenschaft gestützt………
Max Sebastián Hering Torres. Rassismus in der Vormoderne: Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2006. 292 S. (broschiert), ISBN 978-3-593-38204-3.
@river runner,
Danke für die Info.
Eine Frage zu diesem Satz:
„Neben der Katholisierung der Gesellschaft und deren Überwachung durch die Inquisition wurde das Prinzip der „Reinheit des Blutes“ zum Instrument der sozialen Neuordnung.“
Wissen Sie, was der verdeckte, tiefere, folglich eigentliche Beweggrund für diese Ausgrenzungsbestrebungen waren?
Gab es etwas zu verteilen oder wurden die Ressourcen knapp?
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Sehr geehrter P. Hagenkord,
nach dem jüngsten Artikel von Scalfari musste ich an diesen Blogeintrag denken. Können Sie bitte etwas Licht darauf werfen, was es mit den ganzen Scalfari-Interviews eigentlich auf sich hat? Ich kann nicht verstehen, dass jetzt schon wieder ein Halb-Dementi (dem Inhalt wurde nicht wirklich widersprochen) nötig war.
Mit freundlichen Grüßen
Zeitrix
PS: Beim zweiten Versuch habe ich meine Mailadresse korrigiert, falls Sie sich fragen, warum zwei mal.
Darf ich fragen, um welchen Artikel und welches Dementi es sich handelt?
Gern. Ich beziehe mich auf diese Artikel:
http://www.repubblica.it/politica/2015/11/01/news/dalle_miserie_politiche_alle_alte_visioni_di_francesco-126366372/
http://www.la-croix.com/Urbi-et-Orbi/Actualite/Rome/Le-Vatican-prend-ses-distances-avec-les-propos-pretes-par-La-Repubblica-au-pape-2015-11-02-1375559
http://www.catholicnews.com/services/englishnews/2015/reporter-claims-pope-approves-communion-for-all-remarried-who-ask.cfm
http://irishcatholic.ie/article/comments-communion-divorced-do-not-reflect-pope%E2%80%99s-thinking-%E2%80%93-vatican
Ah, das. Scalfari macht sich nie Notizen und schreibt seine Artikel aus dem Gedächtnis, auch wörtliche Zitate. Das ist umprofessionell und nicht Ernst zu nehmen. Deswegen lese ich das erst gar nicht.
Ich bin nicht so nahe dran wie Sie. Ich wundere mich einfach nur, wie es sein kann, dass der Papst einfach so weiter macht. Bekommt er keine Pressespiegel vorgelegt? Haben Sie eine Erklärung?
Nun hatten wir das fünfte Mal. Fool me thrice, shame on you. Fool me five times, shame on you and I still won’t correct you publicly.
Nun, er hat Herrn Scalfari getroffen. Dass der dann daraus ein Stück macht, das konnte keiner wissen. Mir ist aber ehrlich gesagt ein Papst lieber, der so was macht, als einer – in Theorie – der alles genau poliert und abwägt.