Es liegt bestimmt nicht daran, das es das letzte Buch der Bibel ist: Die Offenbarung des Johannes, weiter bekannt unter seinem griechischen Namen Apokalypse, führt eher ein Schattendasein. Einige Stellen daraus sind Gemeingut, in Kirche und auch außerhalb, aber als Buch, als integraler Text, ist es eher weniger bekannt.
Das ist bei mir selber nicht anders als bei anderen, Grund genug also, sich einen Vortrag zum Buch anzuhören, hier in Rom, am Päpstlichen Bibelinstitut. Vorgetragen hat kein Geringerer als der Exeget Klaus Berger, der damit auch gleich sein zweibändiges Werk zur Offenbarung vorgestellt hat.
Morgens war er noch beim emeritierten Papst, um mit ihm über das Thema zu sprechen, die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. Man habe über Joachim von Fiore und dergleichen gesprochen, dar war viel Theologie im Spiel.
Und abends also für das interessierte Publikum.
Zentral war für Berger bei dem Vortrag die Frage nach der Kirche. Das Buch der Offenbarung spreche nicht wie andere Bücher des Neuen Testamentes vom „Reich Gottes“, sondern vom „himmlischen Jerusalem“, das zeigt eine andere Weise, von Kirche zu sprechen. Mehr noch als andere Sprachbilder mache das deutlich, dass man Kirche nur von der Zukunft her verstehen könne, vom Sieg über „menschenverachtende widergöttliche Macht“. Hier liege das Anliegen des Buches, sagt Berger, es sei seine Absicht, Trost – im geistlichen Sinn des Wortes – zu spenden, nicht zu verwechseln mit Vertröstung.
Anordnungen von Steinen und Toren
Es gehe in dem Buch viel um Anordnen, sagt Berger, das himmlische Jerusalem habe Tore und Grundsteine und Richtungen. Zahlen spielten eine sehr große Rolle, auch das Elemente der Anordnung.
Und damit sind wir dann auch schon bei der Frage der Kirche, „sag mir, war für einen Bauplan von Kirche du im Herzen trägst“ fragte Berger. Kirche könne man eben nur von Zukunft her verstehen, das sei das Anliegen dieser Prophetie. Hier gehe es nicht um ein großes Ratespiel, wer denn nun mit welchem Bild gemeint sei, hier gehe es um die „Offenlegung der verborgenen Dimension von Wirklichkeit“, eben um das Wesen der Kirche als von der Zukunft her kommend.
Gefüttert würde die Prophetie von Erinnerungen, es sei ein durch und durch jüdisches Buch, sagte Berger, die Erinnerungen seien deutlich aus dem Judentum gekommen, allein Zentralbild zeige das, das „himmlische Jerusalem“. Aber auch die Zwölfzahl, die sonst außerhalb der Evangelien eher eine untergeordnete Rolle spiele, weise darauf hin. Es gehe um die Wiederherstellung des Volkes Gottes.
Und für all das, für das Sprechen von Kirche nicht als soziale Gruppe sondern als theologisch zu verstehende Realität, würde diese für uns fremd wirkende phantastische Sprache gebraucht. Lieder, Zahlen, Musik, Anordnung, Tiere, all das weise auf das Zentrum der Offenbarung hin.
Eine theologische Frage
Hier liegt schon eine Anfrage: wenn wir selber von Kirche sprechen, meinen wir wirklich diese theologische Aussage? Oder erschöpft sich das in der soziologischen Größe? Böse formuliert, sind wir Kirche oder empfangen wir Kirche? Ich bitte gleich um Nachsicht, das ist überspitzt formuliert, ich will niemandem auf die Füße treten, aber die theologische Frage muss einfach sein.
Das Buch ist komplex in der Bildsprache, uns vielleicht auch sehr fremd geworden, aber mein Besuch im Biblikum zur Vorlesung bei Prof. Berger hat mich dann doch wieder neugierig gemacht, diese Bilder neu zu lesen. Oder um es mit dem Schlusssatz von Berger zu sagen: „Die Kirche des Wortes lebt in der Welt der Bilder“.
Die Zwölfzahl spielte bei der Einteilung des Kreises, Tages, Jahres und des Himmels auch außerhalb und lange vor den Evangelien schon immer eine bedeutende Rolle. Sie hat als überschaubar kleine Zahl sechs verschiendene ganzzahlige Teiler; die doppelte Teileranzahl haben erst die babylonische 60 und die Jüngerzahl. Ihre Beliebtheit beruht auf der praktischen Teilerfreundlichkeit, vor allem beim Handeln, und sie gehört zu den Grundzahlen des babylonischen Zahlensystems.
Kirche war für mich als Kind ein Ort des Hörens, denn dort wurde mir klar, dass Sprache etwas ganz besonderes sein muss, wenn sie so viel tragen kann, wie sie es an diesem Ort der Stille tut. Viele Jahre habe ich der Kirche den Rücken gekehrt, sie aber doch nie ganz aus dem Gedächtnis verloren. Erst als ich mit Gott zusammenstieß, da kam auch die Kirche wieder in meine Gedanken, denn sie war es, die mich letztendlich auf meinem Weg zu Ihm begleitet hat. Wer meine Beiträge liest und versucht sie zu verstehen, der wird unter anderem auch eine tiefe Verbundenheit spüren, die mich durch die Beiträge von Ihnen Pater Hagenkord aber auch durch die unzähligen Predigten und Texte von Papst Franziskus leitet. Für mich ist Kirche viel mehr als nur ein Ort an dem man betet, Kirche ist ein Ort an dem man empfangen kann was Jesus sagen will, um sich denen mitzuteilen, die sich selbst als Mensch in ihm entdecken wollen. Es mag sich wieder einmal mehr sehr unverständlich anhören was ich hier schreibe, doch für mich bedeutet es sehr viel diese Gedanken an einem Ort aufzuschreiben von dem ich glaube, dass sie dort sehr gut aufgehoben sind, weil sie hier mit Menschen geteilt werden, die ihnen einen Raum geben, an dem sie sich frei entfalten können.
Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, die Sie Pater Hagenkord für uns alle im Vatikan anbieten, denn ich für meinen Teil weiß nicht wo ich mit meinen Gedanken hätte hin sollen, wenn nicht an diesen Ort. Mit meinem Versuch die Last meiner Gedanken hier in unserer Ortskirche loszuwerden bin ich kläglich gescheitert und landete damit in einer Sackgasse aus der mir erst mein Vater wieder heraushelfen konnte, weil er so traurig war und doch noch weiter leben wollte. Er zeigte mir, dass ich kein Recht auf den Tod habe, solange das Leben noch auf mich wartet. Ich glaube dies ist das erste Mal, dass ich in mir selbst erkennen kann, was Sie für mich getan haben, denn ohne Sie wäre ich an meinen Gedanken verzweifelt, ich hätte keinen Ansprechpartner dafür gefunden. Jeden Tag habe ich das Stundenbuch gelesen, unzählige Fragen an das Internet gestellt, nur um endlich frei zu sein, frei von all dem Ballast, der sich in mir angesammelt hat obwohl ich ihn nicht gerufen habe. Gewissen nennt man das wahrscheinlich und was ich hier getan habe, das war nichts anderes als mein Gewissen zu erleichtern.
Das ist Kirche heute für mich, eine feste Institution im Leben, die auch mir gegeben ist, um den weltlichen Ansprüchen zu trotzen indem sie zusammenhält und stetig erweitert was es zu tragen gilt. Meine beiden Kinder sind zwar nicht getauft, doch ich glaube Gott wird mir diese Unentschlossenheit verzeihen, denn ich wollte nicht gegen meine Überzeugung etwas tun, was den Kindern zwar nicht schadet, jedoch seinen Sinn für mich nicht erschlossen hat. Heute glaube ich, meine Kinder können sich selbst entscheiden ob und wenn ja, wann sie getauft werden wollen, denn ich habe ihnen meine Taufe in die Wiege gelegt.