„Garcias Inszenierung brachte empörte Christen auf die Straße. Jetzt erstmals in Hamburg“. Gólgota Picnic heißt das Stück, das am Montagabend in Hamburg aufgeführt wird, wilde Aufregung zieht sich schon seit Tagen durchs Internet. Wahrscheinlich wird es in Hamburg selbst noch wilder zugehen. Der eingangs zitierte Satz ist einer der Webesprüche aus dem Programmheft, mit dem das Theater Kunden – Theaterbesucher mag ich das in diesem Fall nicht nennen – fangen will. Und wer meint, es ging um Kunst, der sollte irritiert noch einmal nachdenken: Empörte Christen auf der Straße – das ist der neueste Werbegag. Erregung und mediale Verwertung. Nicht das erste mal in diesem Blog zu besichtigen. Der Skandal ist die Nachricht. Ohne das Stück gesehen zu haben wage ich die Einschätzung, dass Kultur etwas anderes ist.
Es ist ein Theaterstück außerhalb des Theaterstücks. Die Spiegelung von Shakespeares ‚Mousetrap’ im ‚Hamlet’: Ein Stück innerhalb des Stückes im Hamlet, ein Stück um das Stück herum in Hamburg. Es ist Teil der Handlung, der Inszenierung, und es dienst der Bloßstellung. Hamlet inszeniert ein Theaterstück, in dem er den Mord an seinem Vater durch seinen Onkel vor diesem Onkel aufführen lässt, um dessen Reaktionen zu sehen. Wir bekommen die Frage des Autors Garcia – nach dem Ursprung des Bösen in der Religion – außerhalb vorgeführt. Es soll um Toleranz gehen, und: bitteschön, die Christen, fundamental oder fundamentalistisch oder einfach nur besorgt, regen sich auf. Der Onkel ist schuldig.
Zweitens: Ob ich recht habe oder nicht, das werden wir nie herausfinden. Die Kontroverse wird jede moderate, intelligente, einschätzende, informierte oder sonst wie hilfreiche Äußerung übertünchen. Und daran ist das Theater selbst – siehe Werbespruch – nicht unbeteiligt. Und die mediale Verwertung auch nicht. „Christen protestieren gegen Skandalstück“, in vielen Variationen bringt man das Wort ‚Christ’ (natürlich ohne näher zu erklären) das Wort ‚Skandal’ und Bilder von nackten Menschen auf die Zeitungsseiten. Das hat doch immer schon Exemplare verkauft.
Kultur kann so gut sein und Religionskritik auch für einen Gläubigen so wichtig, aber das ist es nicht, was uns in Hamburg medial vorgeführt wird.