Es ist eine der wichtigsten Ansprachen des Papstes in diesem Jahr: Die Weihnachtsansprache an die Kurie vom 21. Dezember. Auch wenn vor allem der Teil über die Familie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, so gab es doch einen zweiten, nicht minder wichtigen und wie ich finde noch viel grundlegenderen Teil: Den Dialog. Meine Lesart der Papstworte möchte ich an dieser Stelle nachreichen. Benedikt XVI. entwickelt hier so etwas wie eine Hermeneutik der Dialoges.
Der Ausgangspunkt: „In allen (..) Dialogen spricht die Kirche von dem Licht her, das ihr der Glaube schenkt.“ Gleich ob mit anderen Religionen, mit Kultur, Wissenschaft oder Politik und Gesellschaft: Der eigene Glaube gibt eine Perspektive. Oder umgekehrt formuliert: Um in einen Dialog einzutreten, brauche ich einen Standpunkt. Das klingt banal, ist es aber nicht, wenn ich die Theorie dagegen halte, dass sich der Inhalt des Dialoges erst in der Kommunikation ergebe. Das sieht der Papst anders. Man kann sich nicht völlig frei machen, um in einen Dialog zu treten, vom Glauben her darf man das vielleicht auch gar nicht.
Man darf es nicht, weil der Glaube etwas beizutragen hat, er ist keine Sonderwelt, die einen Nichtglaubenden nichts anginge. Hier liegt vielleicht die größte Provokation dieser Gedanken: Der Glaube will sich nicht abdrängen lassen ins Private, gerade im Dialog nicht. Die Stichworte hier sind „eintreten“ und „ringen“. Nicht „vorgeben“. Der Papst ist sehr klar, dass das eigene Erkennen von Wahrheit nicht in Abkehr vom Dialog umschlagen darf. Dazu später mehr.
Vom Dialog des Lebens zur Suche nach Wahrheit
Zunächst geht der Papst auf den Dialog der Religionen ein, wahrscheinlich der Lackmustest für jede Form von Dialog in der Kirche. Hier gehöre nicht gleich alles auf den Tisch, der Dialog entwickelt sich schrittweise, wie eine Art Crescendo in der Musik. Erst spricht man über die konkreten Probleme des Miteinander und die Verantwortung, die man für die Gesellschaft wahrnehmen will. Benedikt XVI. nennt das den „Dialog des Lebens“: Nicht Trinität und Heilige Schrift, sondern Flüchtlinge und Religionsfreiheit, um nur zwei Beispiele zu nennen. „Dabei muss man lernen, den anderen in seinem Anderssein und Andersdenken anzunehmen. Dafür ist es nötig, die gemeinsame Verantwortung für Gerechtigkeit und Frieden zum Maßstab des Gesprächs zu machen.“ Weiterlesen “Mehr als der kleinste gemeinsame Nenner”