Die Wahrheit ist Voraussetzung für die Freiheit. Auszug aus der Predigt von Papst Benedikt XVI. auf der Plaza de la Revolución in La Habana, Cuba, am 28. März 2012.
„Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien“ (Joh 8,31).
(…) In der Tat hat der Mensch ein sehnliches Verlangen nach Wahrheit, und die Suche nach ihr setzt immer einen glaubwürdigen Umgang mit der Freiheit voraus. Zweifellos ziehen es viele vor, der Aufgabe aus dem Weg zu gehen bzw. Umwege einzuschlagen.
Manche, wie Pontius Pilatus, treiben ihren Spott mit der Möglichkeit, die Wahrheit erkennen zu können (vgl. Joh 18,38), indem sie lautstark die Unfähigkeit des Menschen verkünden, zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen zu können, oder überhaupt leugnen, daß eine für alle gültige Wahrheit existiert. Diese Haltung löst wie im Fall des Skeptizismus und des Relativismus einen Wandel im Herzen der Betroffenen aus, macht sie kalt, wankelmütig, lässt sie auf Distanz zu den anderen gehen und sich in sich selbst verschließen. Menschen, die sich die Hände in Unschuld waschen wie der römische Statthalter und, ohne sich zu kompromittieren, das Wasser der Geschichte darüber laufen lassen.
Es gibt allerdings auch andere, die diese Suche nach der Wahrheit falsch interpretieren. Sie werden zur Irrationalität und zum Fanatismus geführt und schließen sich in „ihre Wahrheit“ mit der Absicht ein, sie den anderen aufzudrängen. Sie sind wie die verblendeten Gesetzestreuen, die beim Anblick des geschlagenen und blutenden Jesus wütend schreien „Ans Kreuz mit ihm!“ (vgl. Joh 19,6). Wer jedoch unvernünftig handelt, kann nicht Jünger Jesu werden. Glaube und Vernunft sind beide erforderlich und ergänzen einander bei der Suche nach der Wahrheit.
Gott schuf den Menschen mit einer natürlichen Berufung zur Wahrheit und stattete ihn dazu mit Vernunft aus. Es ist sicher nicht die Unvernunft, sondern das Streben nach der Wahrheit, welches der christliche Glaube fördert. Jeder Mensch muß die Wahrheit ergründen und, wenn er ihr begegnet, sich für sie entscheiden, auch auf wenn dies mit Opfern verbunden ist.
Zudem ist die Wahrheit über den Menschen eine unumgängliche Voraussetzung dafür, um die Freiheit zu erlangen, denn in ihr entdecken wir die Grundlagen einer Ethik, mit der sich alle auseinandersetzen können und die klare und präzise Formulierungen über das Leben und den Tod enthält, über Pflichten und Rechte, über Ehe und Familie und die Gesellschaft, letztlich über die unverletzliche Würde des Menschen.
(…) Wenn das Christentum die Werte hervorhebt, welche die Ethik stützen, zwingt es damit den Anspruch Christi nicht auf, sondern bietet ihn an, das heißt, die Wahrheit zu erkennen, die uns frei macht.
(…) Das Recht auf die Religionsfreiheit sowohl für den Einzelnen als auch in ihrer auf die Gemeinschaft der Gläubigen bezogenen Dimension bekundet die Einheit der menschlichen Person, die zugleich Staatsbürger und gläubiger Christ ist. Die Religionsfreiheit berechtigt auch dazu, daß die Gläubigen einen Beitrag zum Aufbau der Gesellschaft leisten. Ihre Unterstützung stärkt das Zusammenleben, speist die Hoffnung auf eine bessere Welt, schafft günstige Voraussetzungen für den Frieden und die harmonische Entwicklung und legt gleichzeitig feste Grundlagen, um die Rechte der künftigen Generationen sicherzustellen.”
Ach ja, Benedetto! Diese Rede könnten Sie mal in allen Landen halten. Freiheit kann sich Wahrheit leisten. Offiziell. Die Praxis ist etwas anders. Politiker..drücken sich schon mal neben der Wahrheit aus. In Form von Verschweigen und Wahlversprechen.´Bei aller Öffnung nach aussen, die von Kuba verlangt wird, darf der Kapitalismus nicht vergessen, dass bei ihm auch so manches im Argen liegt.Das Christentum muss hier auch Neues schaffen.