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Schlagwort: Freiheit

Und Gott dient dem Menschen

Veröffentlicht am 4. April 202131. März 2021
Das Grab ist leer Das Grab ist leer!

Gott befreit. Das ist die Botschaft des Osterfestes. Was uns begrenzt, Sünde, Tod, all das wird weg genommen. Das Grab ist leer, wir sind frei, diejenigen zu sein, als die wir geschaffen und gewollt sind.

Die Feier beginnt am Gründonnerstag ganz bewusst mit dem Aufgreifen der Freiheitsgeschichte schlechthin, des Exodus des Volkes Israels aus Ägypten. Das Paschafest, das Jesus mit seinen Jüngern feiert und bei dem er ihre Füße wäscht, gehört zur Erinnerungs-Liturgie an diesen Exodus.

Das Grab ist leer

Wobei, man muss schon genau lesen, um zu verstehen, was für eine Freiheit das ist. Sie dreht sich um das Wort ‚Dienst‘. Dienst am Pharao bedeutet Sklaverei, und das Gegenteil ist der Gottesdienst. Gott befreit, damit sein Volk im dient, heißt es mehrfach im Buch Exodus, das Gegenteil von Unterdrückung ist also Gottesdienst.

Weswegen das Buch Exodus ja in seiner Mehrheit auch ein Buch des Bundesschlusses und der Liturgie, genauer des heiligen Zeltes, ist. Hier buchstabiert sich Freiheit aus: Gottesdienst.

Gottes Dienst an uns

Und dann kommt Jesus und dreht das. Gottesdienst, das ist auf einmal nicht mehr unser Dienst für Gott. Die Zeichenhandlung der Fußwaschung macht klar, dass wes Gottes Dienst an uns ist, der im Zentrum steht. Gottes Hingabe in Brot und Wein, Gottes Hingabe in Jesus am Kreuz.

All das, was wir tun und tun können, ist nur der Versuch einer menschlichen Antwort auf göttlichen Dienst. Für uns bedeutet Gottesdienst erst einmal Dank für die Erlösung, dank für den Dienst, den Gott zuerst getan hat. Nicht die Frage, was ich tun muss und darf ist er erste Schritt, dieser Schritt  gebührt zuallererst Gott.

Ostern geht es ausschließlich darum, was Gott tut. Wir feiern das Osterfest und stehen staunend oder zweifelnd oder distant oder voller Freude davor, was uns dieses Fest erzählt. Jedes Jahr wieder.

In diesem Sinne darf ich Ihnen allen ein gesegnetes Osterfest wünschen, der Herr ist auferstanden, wahrhaft auferstanden, Halleluja!

Kategorien Allgemein, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Auferstehung, Christentum, Freiheit, Glaube, Gott, Kirche, Ostern1 Kommentar zu Und Gott dient dem Menschen

Die Freiheit und das künstlich geschürte Gefühl der Angst

Veröffentlicht am 2. Juni 20191. Juni 2019
Balkan und Europa: Ein Thema des Papstes Papst Franziskus zu Besuch in Rumänien, und Europa ist Imme dabei

Es ist ein böses Wort: Der Balkan beginnt immer 50 Kilometer südwestlich von dem Ort, an dem ich mich gerade befinde. Ausdruck einer Missachtung, die wir für diesen Teil Europas haben, anders kann man das nicht sagen. Balkan und Europa, das will in unseren Köpfen nicht zusammen, unsere Vorstellung von Europa ist anders.

Papst Franziskus hat sich Süd-Osteuropa aber bereits mehrfach als Reiseziel gewählt: Bosnien-Herzegowina (2015), Nord-Mazedonien und Bulgarien (2019), Albanien (2014) und mit dem heutigen Sonntag endend die Reise nach Rumänien. Viele Besuche in eine geographisch eher kleine Region der Welt.

Balkan und Europa

Und das liegt nicht nur daran, dass der Balkan von Italien aus nicht weit weg ist, die Länder dort sind auch lebendig, in Bewegung.

Und deswegen ist es so wichtig, Dialog anzubieten, Kräfte zu stärken und Präsenz zu zeigen. Eben nicht den Balkan unten rechts liegen zu lassen.

Ein wichtiges Thema dabei ist immer das der Freiheit. 1989 liegt nun schon länger zurück, die Befreiung vom Sowjet-System. Der Umgang mit dieser Freiheit kommt deswegen immer wieder vor, in vielen Ansprachen und Begegnungen. Nicht immer ist das einfach, aber immer ist es notwendig.

Der Umgang mit der Freiheit

„Hürden“ nannte der Papst das in Rumänien, Entvölkerung und Landflucht, Schwächung der kulturellen Wurzeln, Vergessen der eigenen Traditionen, aber auch soziale und politische Probleme.

Seine Botschaft: Zusammenarbeit. Ganz einfach. Dialog und Zusammenarbeit. „Es ist notwendig, dass alle gemeinsam vorangehen“ und sich um das Gemeinwohl – das Wohl das man nicht alleine haben kann – kümmern. Da muss man noch nicht die Überschrift „Papst spricht sich gegen Populismus aus“ draus machen, aber auf positiver Weise drückt der Papst das aus. Er ist für etwas, nicht gegen etwas.

Dafür, nicht dagegen

Und es ist mehr als „nur“ Politik oder Gesellschaft, es hat mit Geschichte, Kultur, sozialem Leben zu tun. Die „Güte des Gesellschaftsmodells“ könne man daran ablesen, wie mit den Schwächsten, Ärmsten und Geringsten“ umgegangen werde.

Dazu brauche es mehr als nur ein Update der Wirtschaftstheorie, das geht tiefer, eben auch auf dem Gebiet von Kultur, Religion und „Seele“, auch wenn uns dieses Wort vielleicht komisch vorkommt.

„In diesem Sinn können die christlichen Kirchen mithelfen, das pulsierende Herz wiederzufinden und zu stärken; den von diesem muss ein politisches und soziales Handeln herkommen, das von der Würde des Menschen ausgeht und das dazu führt, sich aufrichtig und hochherzig für das Gemeinwohl der Gemeinschaft einzusetzen“ (Rede am Freitag). Klingt vielleicht wie eine Sonntagsrede, hat aber mit Blick auf die politischen und sozialen Egoismen durchaus Sprengkraft.

Vergiftete Gesellschaft

Er hat bei der Begegnung mit den Orthodoxen von dem „künstlich geschürten“ Gefühl der Angst gesprochen, das zunehmend die Gesellschaft vergifte. Abschottung und Hass seien das Resultat. Viele hätten vom wachsenden Wohlstand profitiert, aber die meisten blieben dann doch „gnadenlos ausgeschlossen“: Gnade, das ist ein Gottes-Wort. An dieser Stelle ist er dann doch gegen etwas, er nennt die Gefahren für die Freiheit, für den menschenwürdigen Umgang miteinander.

Und er sagt es in Europa. Auf dem Balkan. Dort wo Europa sich selber schwach sieht, arm. Wo wir Geschichten von Korruption und Kriminalität lesen. Wo aber auch Freiheitsgeschichte spielt.

Es sind Botschaften an alle von uns, die von dort kommen. Von wohl dort kommen müssen. Wenn, ja wenn Europa denn zuhört.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Ökumene, PapstreiseSchlagwörter Angst, Balkan, Europa, Freiheit, Papst Franziskus, Papstreise, Populismus, Rumänien8 Kommentare zu Die Freiheit und das künstlich geschürte Gefühl der Angst

Die Freiheit und ihre Gegner

Veröffentlicht am 11. Mai 201911. Mai 2019
Der Papst und seine Gegner Nationaltheater, München. Eine kluge und nicht nur semantische Unterscheidung

Wir reden zu viel über Gegner. Jedenfalls habe ich das Gefühl, wann immer ich mit Gruppen oder am Vatikan interessierten Menschen spreche. Der Papst und seine Gegner, das zieht. Nicht nur in Buchformat. Und hier habe ich mich selber ja auch schon damit befasst.

Für diverse TVs bin ich am Donnerstag zum neuen Motu Proprio interviewt worden, immer war da auch die Frage nach dem Durchsetzen, nach dem Gewinnen, nach den Gegnerschaften dabei. Das ist journalistisch verständlich, zeigt aber auch dass Kirche oder Vatikan durch dieses Fenster gesehen wird. Wer gewinnt?

Der Papst und seine Gegner

Dabei gehen wir über einen schmalen Grat. Zum einen ist es wichtig zu verstehen, was in der Kirche gerade passiert, die Populismen, Polarisierungen und Abgrenzungen sind nicht zu vernachlässigen. Andererseits aber darf man sich davon auch nicht hypnotisieren lassen. Dann überlässt man dieser Debatte die Deutungshoheit über Kirche.

Zuletzt war es der Artikel bei katholisch.de, der einige Debatten ausgelöst hat. Der Versuch, zu verstehen, was hinter dem Versuch steckt, Kirche und Glauben eng zu führen auf Autorität und Forderung. Auf die Gesetzes-Religion, um es biblisch zu sagen. Der Papst und seine Gegner, das ist eben mehr als „nur“ die Frage nach Autorität, hier geht es um mehr, hier geht es auch um Glaube und Kirche und Religion.

Es geht um etwas

In die Analyse mag ich mich hier nicht vertiefen, das Studium von autoritärer Persönlichkeitsstruktur ist sicherlich wichtig, da bin ich aber nicht Fachmensch. Ich bin aber an einer rein beschreibenden Bemerkung hängen geblieben: „Religiöse Wahrheit, Gott und sein Wille, werden als fest umrissene Aussage und fixierbarer Besitz angesehen (man ‚hat die Wahrheit‘), nicht als ein unsagbar viel Größeres, dem sich Menschen nur tastend annähern und ahnend anvertrauen können.“

Religion und Glauben geht tastend, geht suchend, geht kreativ, fragend. Feiernd und denkend, betend und diskutierend. Für all das braucht es aber Spielräume. Zuerst die Spielräume, die wir uns selber zugestehen. Und dann diejenigen, die wir uns untereinander zugestehen.

Spielräume zugestehen

Diese Spielräume werden uns aber zunehmend verweigert. Sie stehen unter permanenter Anklage, in allem werden Fehler gesucht und alles Ausprobierende wird gleich als abweichend bezeichnet. Auf einschlägigen Webseiten ist mir das selber einige Male passiert, das ist kein Spaß.

Die Spielräume haben aber auch mit Freiheit zu tun. Deswegen habe ich das Foto rausgesucht, das oben über dem Artikel steht. Dieses Foto habe ich vor einiger Zeit in München gemacht, das Nationaltheater macht eine kluge Unterscheidung. Und die ist nicht nur semantischer Natur.

Die Frage nach Freiheit hat immer auch mit der Frage nach Gott zu tun. Zumindest für uns Christen. Religion will letztlich nämlich nicht kontrollieren, sondern jeden und jede Einzeln und in Gemeinschaft auf dem Weg zu Gott begleiten. Das braucht Freiheit, die von Gott kommt. Diese Freiheit ist nicht innerweltlich, die ist von Gott.

Die Frage nach der Freiheit und nach Spielräumen

Freiheit ist aber nicht dasselbe wie die Abschaffung aller Beschränkungen und Regeln. Der Papst und seine Gegner, das ist auch eine Frage dieser Freiheit und dieser Regeln, die beiden werden in Gegensatz zueinander gesetzt.

Was aber in Wirklichkeit geschieht ist das Einschränken von Spielräumen, vor allem der Spielräume der anderen. Ob das deswegen geschieht, weil man sich in autoritärer Persönlichkeitsstruktur diese Spielräume selber nicht zugesteht, kann ich nicht beurteilen. Ich sehe aber den oft gewalttätigen Versucht, anderen Spielräume des Glaubens einzuschränken.

Das passiert als Zwang: man will den Papst zwingen, zu reagieren. Die Kommentatore im Blog will man zwingen, etwas zuzugeben. Man ändert das Thema uns will den anderen eines aufzwingen, wo man selber die Definitionshoheit beansprucht. Zwang ist aber das Gegenteil von Spielräumen. Und übrigens auch von Respekt.

Häresie-Unfug

Das passiert durch „den Mann gespielt, nicht den Ball“. Oder die Frau und nicht den Ball. Spielräume werden eingeengt, weil man sich nicht auf die Themen konzentriert, sondern versucht den Personen schaden, sie schlecht zu machen, ihnen etwas zu unterstellen. Der „Häresie“-Unfug um den Papst ist ein solches Beispiel. Angreiffe gegen Kardinal Kasper oder andere prominente Glaubens-Denker sind andere Beispiele.

Das passiert auch durch Verzerrung. Das Wahrheit und Tatsachen verhandelbar scheinen, erleben wir gerade im politischen Diskurs. Wenn man nur genug verzerrt – wie etwa in der Debatte um die Frage des gesellschaftlichen Geschlechts („Gender“) – dann kann man Spielräume schon allein deswegen zerstören, weil man jede Form von Tasten und Suchen und Fragen im Vorhinein an die Wand drängt. Durch Worte und Verunglimpfungen, nicht durch Argumente.

Das Leben hat viele Farben

Das Leben ist nicht Schwarz-Weiß, sondern grau. In vielen Schattierungen. Mehr noch: das Leben ist bunt, sehr bunt. Das macht es interessant und so ist es geschaffen. Spielräume erlauben uns, mehr davon zu entdecken und Gott auch dort zu finden, wo wir Gott bisher nicht vermutet haben. Wir bezeugen den Glauben an einen Gott, dem man sich nur tastend und glauben und feiernd, nicht trimphal, bestimmend und einschränkend nähern kann.

„Freimut“ nennt das der Papst, „geht voran“, ausprobieren und dann „unterscheiden“. Das alles geht nur mit Spielraum, nicht mit Einengung.

Die Debatte um den Papst und seine Gegner macht letztzlich genau das: sie schränkt ein. Den Papst, das eigene Denken, den eigenen Glauben. Es ist wichtig, genau hinzusehen, wenn wir die innerkatholischen Streitigkeiten betrachten. Und zu versuchen zu verstehen, was genau da vorgeht.

Aber wir dürfen uns dadurch nicht die eigenen Spielräume einengen lassen. Der Streit ist verführerisch, führt aber in die Verängung.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Freiheit, Gegner, Kirche, Papst Franziskus, Populismus, Spielraum4 Kommentare zu Die Freiheit und ihre Gegner

Der Schurke Christus und die Freiheit

Veröffentlicht am 8. Dezember 2018
Kirche und Freiheit: Innenraum von Sankt Peter, sehr früh morgens Sankt Peter, sehr früh morgens

Kennen Sie den guten Jesus und den Schurken Christus? Das ist der Titel eines Buches des englischen Autors Philip Pullmann, das Roman zu nennen etwas übertrieben wäre. Erschienen 2010 spielt der Autor mit der Idee, dass Jesus gut gewesen sei, ehrlich und überzeugt, dass aber der ganze Überbau, samt Idee von Kirche und so weiter, von seinem Zwillingsbruder Christus gekommen sei, der auch nach der Kreuzigung seine Rolle übernommen habe. Angeleitet vom Verführer, jedenfalls wird das angedeutet. Es geht um Kirche und Freiheit, so einfach mag ich das zusammen fassen.

Das Ganze ist interessanter geschrieben, als ich das hier skizzenhaft darstellen kann, Jesus Christus – und damit auch die Botschaft und sein Auftrag – wird in zwei Personen zerlegt und die Inhalte werden voneinander getrennt.

Der zerlegte Herr

Das ganze Buch hat zwei Scharniere. Zum einen ist da die Vision des Christus genannten Zwillingsbruders, der sich eine Kirche wünscht, mit Priestern, Regeln, Kultvorschriften und dem ganzen Drum und Dran, das wir heute meistens mit Kirche in Verbindung bringen.

Das zweite Scharnier ist das Schlussgebet des Jesus, im Garten vor der Hinrichtung. Jesus verstummt, weil Gott nicht antwortet und er auch nicht weiß, ob es Gott überhaupt gibt. Zuvor aber reflektiert er die Pläne seines Bruders für eine Kirche und verdammt sie, der Teufel ergreife Besitz vom Menschen, sobald dieser Macht übernehme. Er schimpft auf die Privilegien der wenigen, die die Kirche regieren und so weiter. Die ganze Palette des Schlechten in der Kirche wird Jesus in den Mund gelegt.

Die Kritik kam natürlich prompt, der Autor musste mit Personenschutz zur Buchvorstellung. Aber auch Atheisten waren nicht glücklich, Pullman versuche immerhin Jesus zu retten. Kluge Kritik etwa kam damals, 2010, von dem Theologen Gerard O’Collins.

Großinquisitor, neu aufgelegt

Das Ganze ist natürlich eine literarische Vorstellung, kein wirklicher Umgang mit Geschichte und Bibel. Was mich wiederum gleich zu DEM Text greifen lässt, der das Vorbild für die ganze Gattung ist, Der Großinquisitor von Fjodor Dostojewskij, aus den Gebrüdern Karamasow.

Ein direkter Berührungspunkt zwischen dem „Schurken Christus“ und dem Inquisitor ist etwa das Wunder, das den Glauben ersetzt. Ein zweiter Punkt ist die Freiheit: die wahre Freiheit erlangt der Mensch erst, wenn er der Freiheit entsagt und sich unterwirft, sagt der Großinquisitor. Jesu unbedingte Freiheit überfordere den Menschen, die Kirche hingegen habe die Tat Jesu „verbessert“ (wörtlich so auch im „Schurken Christus“) und auf Autorität gegründet, damit auch erkennbar gemacht für die Menschen, die nicht so stark sind und die Hilfestellungen brauchen.

Die so verstandene Kirche habe Platz für den Schwachen, überfordere ihn nicht. Aber dazu braucht es halt Regeln und Autorität, welche die absolute Freiheit ersetzen, so die „Phantasie“ die Dostojewskij dem Inquisitor in den Mund legt.

Kirche und Freiheit

Beide Erzählungen vereint, dass „Kirche“ etwas Anderes will, als Jesus gewollt habe.

Warum mache ich das hier so ausführlich? Weil es ein wunderbares Beispiel für Kirchenkritik ist, wie sie in den Köpfen vieler Leute steckt und mir immer wieder begegnet. Und weil es um das Thema geht, dass wie kein anderes ethische, moralische, gesellschaftliche Fragen durchzieht, auch wenn es nicht aus gesprochen wird. Das Thema Freiheit. Und mit Literatur macht es einfach mehr Spaß.

Mein Problem mit dieser Art Kirchenkritik ist, dass Kirche nicht mehr kritisierbar wird. Klingt wie ein Widerspruch, ist in meinen Augen aber keiner. Die Kirche wird im literarischen Trick insgesamt zu einer Verfälschung der Botschaft Jesu. Das Sündhafte in der Kirchengeschickte wird so dem Guten gleichgestellt, Sünden und Schlimmes und Falsches wird nicht mehr identifizierbar, weil ja alles gleich falsch ist. Das Sündhafte wird in den Grund der Kirche hinein gelesen.

Damit wird die Erzählung sowas wie eine umgedrehte Prophetie. Es gibt keine Freiheit mehr, weil ja alles falsch ist, es ist egal, was man tut oder nicht.

Echte Geschichte hingegen hilft uns dabei, das Sündhafte, das Falsche, die Irrwege und Irrtümer zu identifizieren. Weit mehr, als es eine Generalverdammung je sein könnte. Dann kann man sich die Regeln vornehmen und schauen, wie sie und ob sie hilfreich sind oder nicht. Oder vielleicht sogar ein „Weg der Freiheit“, wie der Papst sagt. Dann wird echte Kritik möglich.

Freiheit überfordert

Zweitens zum Thema Freiheit: Religion will Menschen kontrollieren, weil sie alleine von der Freiheit überfordert seien, das sei die Grundhaltung der Kirchen-Oberen. Allein die Abschaffung aller dieser Beschränkungen, das sich verlassen auf die menschliche Freiheit, könne Glück schaffen, so lautet die Gegenvision. In der Geistesgeschichte der Kirche nennt man diese Haltung Pelagianismus.

Der Trick bei Pullman ist, das Erzählen selbst zum Teil des in sich verfälschenden Systems zu machen, wir können also noch nicht einmal auf die Bibel schauen, denn die ist bereits Teil der Kirche. Nur eine völlige Ablehnung schaffe die Freiheit, sich den Ideen dieses Jesus zu nähern. Damit fällt die Frage nach Sünde völlig weg. Das Gute und das Schlechte wird ununterscheidbar, alles wird in der Geschichte beliebig. Ist das Freiheit?

Freiheit überfordert uns nicht, das ist die christliche Antwort. Aber sie hat Konsequenzen. Eine frei und vor Gott getroffene Entscheidung führt zu etwas. Hinterlässt etwas. Beliebigkeit ist keine Freiheit.

Beliebigkeit ist keine Freiheit

Eine Konsequenz zum Beispiel ist, dass die Weitergabe des Glaubens Gemeinschaft schafft. Ohne diese Gemeinschaft wiederum gibt es keine Weitergabe, die beiden gehören zusammen. Das nennen wir Kirche. Ohne diese Kirche kann es gar keinen Glauben geben, keine Tradition. Und das Gleiche gilt auch für nichtkirchliche Bereiche.

Es sei ein Schurke, wer Gemeinschaft schaffen wolle, das lese ich beim oben genannten Buch. Aber genau das ist falsch. Freiheit ohne Gemeinschaft ist ohne Sinn. Und auch religiöse Freiheit, meine eigene Freiheit vor Gott und den Menschen, macht ohne Gemeinschaft keinen Sinn.

Fast automatisch hören wir bei dem Wort „Kirche“ Einschränkung, Regeln, Moral. Vielleicht müssen wir uns noch mal hinsetzen und nachdenken, was Kirche auch sein kann. Was Kirche sein soll. Nämlich Raum für die Freiheit des Glaubens.

 

Kategorien Allgemein, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kunst, Kultur und KönnenSchlagwörter Bibel, Dtostojewskij, Freiheit, Großinquisitor, Jesus Christus, Kirche, Literatur5 Kommentare zu Der Schurke Christus und die Freiheit

Wahrheit, Freiheit und Begegnung

Veröffentlicht am 21. Mai 201811. November 2018
Moderner Christus (Fribourg, Schweiz) Moderner Christus (Fribourg, Schweiz)

Wahrheit ist Begegnung: diesen Satz haben wir schon einige Male aus dem Mund von Papst Franziskus gehört. Er ziert Buchtitel und Essays über ihn, ist wunderbar griffig und leicht überraschend in der Aussage, so dass man ihn gerne aufgreift.

Gott in Beziehung zu uns: Christus
Gott in Beziehung zu uns: Christus

Die Aussage spielt etwas mit dem Gedanken, dass Wahrheit zwischen Buchdeckeln zu finden sei, dass sie aufgeschrieben Sätze, logische Formeln oder Ähnliches sein soll. Und das macht sich immer gut.

„Die Wahrheit passt nicht in eine Enzyklopädie“, so der Papst am 8. Mai 2013, also sehr bald nach seiner Wahl. Sie ist „eine Begegnung mit der höchsten Wahrheit, Jesus, der großen Wahrheit.“

Durch Zufall beim Aufräumen meiner Aufzeichnungen bin ich über einen Text gestolpert, der die gleiche Frage angeht, nur aus einer ganz anderen Richtung. Er erklärt sozusagen, woher der Gedanke der Verbindung von Begegnung und Wahrheit stammt, einer Verbindung, die uns ansonsten eher ungewöhnlich erscheinen mag.

 

Beginn mit der Freiheit

 

Es ist ein Text aus dem Jahr 2009, eine Ansprache des damaligen Papstes Benedikt XVI. Benedikt zieht aber noch einen weiteren Begriff hinzu, um das Ganze rund zu machen, er beginnt bei der Freiheit.

„Der Mensch ist kein Absolutum, gleichsam als könne das Ich sich abkapseln und nur dem eigenen Willen gemäß handeln. Das ist gegen die Wahrheit unseres Seins. Unsere Wahrheit ist, dass wir in erster Linie Geschöpfe Gottes sind und in der Beziehung zum Schöpfer leben. Wir sind beziehungsorientierte Wesen. Und nur wenn wir unsere Beziehungsorientiertheit annehmen, treten wir in die Wahrheit ein – wenn nicht, fallen wir der Lüge anheim und zerstören uns am Ende in ihr.“

 

Und dann die Liebe

 

Wahrheit ist also etwas, was wir an der Schöpfung sehen können, was mit dem Willen, den Gott in die Schöpfung hinein gelegt hat, ablesen können, wenn wir das denn wollen. Dazu kommt dann noch eine weitere Beziehung, wir sind nicht nur auf Gott hin geschaffen, sondern diese Beziehung hat auch einen Namen: Liebe. Weiterlesen „Wahrheit, Freiheit und Begegnung“

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Begegnung, Freiheit, Papst Benedikt, Papst Franziskus, Theologie, Wahrheit4 Kommentare zu Wahrheit, Freiheit und Begegnung

Pressefreiheit – auch hier

Veröffentlicht am 3. Mai 201811. November 2018
Das sind wir jetzt Das sind wir jetzt

Ein Text, den ich für die Webseite meines Ordens geschrieben habe, anlässlich des Tages dr Pressefreiheit heute. Zum Kommentieren stelle ich den Text auch hier ein:

„Hofberichterstattung“: kein Wort fällt häufiger als dieses, wenn Leute meine Arbeit vorstellen oder mich fragen, was ich denn da in Rom mache. Wenn es nett ist, dann wird das Wort ironisch gebraucht. Aber auch die nichtironische Variante gibt es durchaus.
Dahinter liegt die Frage oder Anfrage oder auch der Vorwurf, dass unsere Arbeit – früher bei Radio Vatikan, jetzt Vatican News – journalistisch nicht Ernst zu nehmen sei. Wir seien ja nicht frei in dem, was wir schreiben könnten, dürften und müssten.

Das sind wir jetzt
Das sind wir jetzt

Am internationalen Tag der Pressefreiheit ist das vielleicht einen Gedanken wert. Natürlich sind wir Teil des Vatikan, natürlich reflektiert unsere Arbeit die Perspektive des Papstes, alles andere wäre ja auch unnatürlich. Wir berichten nicht über den Vatikan, sondern aus dem Vatikan. Aber wir behaupten ja auch nichts anderes, es steht groß über unserer Webseite, wer uns liest oder hört, der weiß, wer wir sind.

 

Religion als Religion berichten

 

Trotzdem ist das kein Hofberichterstattung. Wir erzählen Geschichten – „storytelling“ auf Neudeutsch – aus Vatikan und Weltkirche, wir wollen nachvollziehbar machen und wir springen nicht auf jede Debatte auf, die in den Medien ihre Kreise zieht.

Wir probieren auch, Religion als Religion zu erzählen, nicht nur als soziologisches oder politisches Phänomen. Das ist eine Stimme mehr in den Medien, eine Perspektive die vielleicht andere nicht so haben.

Pressefreiheit ist ein hohes Gut, es gibt sie aber in vielen Formen. Und dass eine Institution sich eigene journalistische Medien leistet, das gehört auch dazu. Es gut, dass eine Institution wie der Vatikan nicht nur durch Pressesprecher redet, sondern sich auch andere Kommunikation leistet. Das ist ein Zeichen von Freiheit.

 

Das trägt zur Freiheit bei

 

Pressefreiheit ist wertvoll. Es ist gut, dass es so viele verschiedene Formen von Kommunikation gibt und dass gerade jetzt so viele neue Entstehen. Unfreiheit entsteht, wenn nicht mehr Menschen – User, Kunden, Redakteure, Hörer, Unternehmer – entscheiden, was Nachricht ist und was man vielleicht sein lässt, sondern Algorithmen. Vatikan-Journalismus wie der unsere ist also gar nicht die Gefahr, das kann ja ignorieren, wer will. Gefährlich wird es erst dann, wenn wir nicht mehr die Wahl haben, sondern der Big Data entscheidet, was wir zu hören, sehen und zu lesen bekommen. Wenn der Konsum entscheidet, was News sein darf und was nicht.

Der Tag der Pressefreiheit ist deswegen auch unser Tag hier bei Vatican News. Es steht Religionen und Kirchen und dem Vatikan gut an, sich an Debatten zu beteiligen und zu berichten, was zu berichten ist. Das trägt zur Freiheit bei.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Freiheit, Journalismus, Medien, Pressefreiheit, Religion, Vatican News17 Kommentare zu Pressefreiheit – auch hier

Auswirkungen der Erbsünde

Veröffentlicht am 20. Oktober 201719. Oktober 2017

Erbsünde ist schwer zu messen. Qua Mensch, qua Geschöpf, sind wir nicht unschuldig, sondern immer schon erlösungsbedürftig. Erzählt wird das mit der Geschichte des Adam, dessen „wahrhaft heilbringende Sünde“ (Exsultet) auch uns einbezieht. Und wenn das Exsultet „Adam“ sagt und Paulus vom „neuen Adam“ spricht, ist der Mensch als Mensch gemeint, ob er nun Adam oder Eva heißt.

Erbsünde ist schwer zu messen: Was ist nun meine, was deine, was unsere, was strukturelle Sünde? Und was ist sozusagen ererbt?

Jesus, Johannes und Maria: Relief in Steingaden
Jesus, Johannes und Maria: Relief in Steingaden

Zugegeben, dieser Gedanke fällt irgendwie vom Himmel, es gibt keinerlei aktuellen Bezug dafür, muss es ja aber auch nicht. Deswegen erlaube ich mir, hier zum Gedanken weiter zu schreiben.

Mir fiel gestern eine Notiz in die Hände, die ich vor Jahren einmal gemacht habe. Sie stammt von einem Nicht-Theologen, einem Versicherungsmanager, den ich kenne. Der sagte mir einmal „die Auswirkungen der Erbsünde sieht man daran, dass jede Generation dieselben Fehler machen muss, immer neu. Wir können nicht wie andere Lebewesen Erfahrungen vererben.“

Jetzt einmal abgesehen von der langfristigen Evolution, in der wir selbstverständlich auf Umwelt reagieren und uns ändern, ist das ein wahrer Satz. Wir vererben Erfahrungen nicht weiter, wir müssen alle dieselben Fehler machen und aus denselben Fehlern lernen. Durch Einsicht kann man das vielleicht vermeiden, nicht aber durch Vererbung.

Die Erbsünde – so der Satz – lässt uns alle von vorne anfangen. Sie sagt, dass wir alle erlösungsbedürftig sind und dass keiner einen Vorsprung hat.

Interessanterweise ist dieser Satz aber auch die Definition von etwas ganz andere. Es ist auch die Definition von Freiheit.

 

Kategorien Allgemein, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Erbsünde, Freiheit, Generationen, Theologie18 Kommentare zu Auswirkungen der Erbsünde

Virgen del Cobre und der Volksglauben: Herausforderung für den Papst

Veröffentlicht am 21. September 2015

Über die Virgen del Cobre sprechen heißt über Kuba sprechen. So hatte es der Erzbischof von Havanna, Jaime Ortega, im Interview mit Radio Vatikan schlicht und einfach ausgedrückt. Man könne die Bedeutung der Muttergottes für das Land und seine Menschen schlicht nicht überschätzen. Papst Franziskus wird an diesem Montag wie auch seine beiden Vorgänger nach Santiago de Cuba fahren, um dort zu beten und Gottesdienst zu feiern. Er wird aber auch nach Holguín fahren, wo die Figur der Muttergottes ursprünglich gefunden wurde, bevor sie dann nach Santiago gebracht wurde. Noch deutlicher kann man seine Wertschätzung nicht zeigen.

Die Verehrung der Muttergottes der Barmherzigkeit hier in Kuba ist mit Händen zu greifen. Spricht man aber in einer Pfarrei oder mit Priestern und Bischöfen über die Muttergottes, kommen auch immer Bedenken hinzu. Sie wird auch von der Santería verehrt, einer synkretistischen Religion, die Maria als Gottheit – neben anderen Gottheiten – verehrt und die katholische Taufe für einen Beitritt voraussetzt. Viele Gläubige sehen nichts dabei, sowohl katholisch sein als auch zu den Göttern zu opfern, schließlich seien es ja dieselben, die Heiligen werden dabei zu Göttern.

 

Abgrenzungen

 

Die katholische Kirche zieht eine klare Grenze, die evangelischen Kirchen auf der Insel sind noch eindeutiger und ablehnender. Jesus Christus stehe nicht mehr im Zentrum, damit sei das nicht mehr christlich, ist man sich einig. Aber man will den Glauben der Menschen auch nicht einfach ablehnen, es sei eine Frage von Verkündigung und Katechese. Und gerade mit Blick auf die Muttergottes der Barmherzigkeit von Cobre sei das wichtig, hier konzentrierten sich viele Wünsche und religiöse Gefühle.

Für Papst Franziskus ist der Glauben der Menschen wichtig, von seinen Lehrern wie Lucio Gera in Argentinien ist er von der „Theologie des Volkes Gottes“ oder vielleicht besser der „Theologie des Glaubens des Volkes Gottes“ geprägt. Die Theologie, das Reflektieren über Gott und den Glauben, wächst aus der Pastoral und der Begegnung mit dem Glauben der Menschen. Das wird bei Papst Franziskus immer wieder deutlich, davon spricht er auch immer wieder. So bekommt der Besuch in Santiago eine ganz besondere Wichtigkeit. Den Glauben der Menschen würdigen, aber auch klar Jesus Christus ins Zentrum setzen. Das ist etwas, für das der Papst steht, ganz gleich wo er ist. In Santiago wird es ganz besonders wichtig werden.

Ich bin gespannt.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, PapstreiseSchlagwörter Franziskus, Freiheit, Kuba, Muttergottes, Papst, Santiago3 Kommentare zu Virgen del Cobre und der Volksglauben: Herausforderung für den Papst

Die Idee Europas wiederbeleben

Veröffentlicht am 25. November 201424. November 2014

Zwei Veranstaltungen, nicht mehr: Papst Franziskus hat schon durch die Planung seiner Reise nach Europa klar gemacht, dass er ein Anliegen hat, das er vorbringen will, und weder ein Kathedral-Jubiläum (das Münster wird .1000 Jahre alt) noch etwas anderes soll davon ablenken. In Straßburg hat er vor dem Europaparlament und dem Europarat gesprochen, also vor der EU und vor der Vertretung des gesamten Kontinents.

Lange Reden waren es, die der Papst gehalten hat. Vom Duktus her sind sie am ehesten vergleichbar mit einigen Ansprachen, die er in Rio de Janeiro gehalten hat, der vor den Vertretern von Kultur und Gesellschaft aber auch denen vor den Bischöfen.

Am Ende der zweiten Rede fällt der Ausdruck, mit dem sich die Motivation des Papstes, zu und vor Europa zu sprechen, am besten fassen lässt. Papst Franziskus zitiert einmal mehr Papst Paul VI: Die Kirche sei „Expertin in Menschlichkeit“. Das soll nicht anmaßend sein, aber ausdrücken, dass die gesamte Tradition der Kirche und des Glaubens für Europa hilfreich sein kann. Nicht nur, weil es das Erbe ist, Europas Wurzeln, ob es passt oder nicht. Sondern auch, weil es – und das betonen beide Reden in Straßburg – für die Zukunft helfen kann.

 

Expertin in Menschlichkeit

 

Einige Beobachtungen möchte ich teilen. Zunächst fällt auf, dass der Papst in beiden Ansprachen eine Dynamik wachruft. Wir kennen das aus Evangelii Gaudium und seinen Predigten, hier geht es aber nicht um den Glauben, sondern um die Gesellschaft Europas, um Einheit und Freiheit und Werte. Auch hier spricht der Papst von Weg, von einem andauernden Prozess.

Diese Dynamik hat eine Richtung: Die Wiederentdeckung dessen, was die Politiker gerne die „europäische Idee“ nennen.

 

Rechte des Einzelnen, Rechte der Familie

 

Zweitens betont der Papst in beiden Reden die Menschenrechte, sagt aber auch, dass man diese gut verstehen müsse. Einzelrechte gehen nicht über die Rechte von Familien oder Gruppen. Gerade beim Thema ‚Familie’ ist das besonders bedeutsam. Der Mensch sei ein Beziehungswesen, Rechte kommen ihm nicht nur einzeln zu, sondern auch als Gemeinschaft.

Drittens warnt der Papst vor dem Auseinanderbrechen der Idee von einem geeinten Europa. Das ist um so spannender, als er selber kein Europäer ist. Hier spricht also jemand mit der „Erfahrung von draußen“, wie ich es nennen möchte. Spaltungen und Abgrenzungen sind scheinbar einfache Lösungen, der Papst wendet sich dagegen und betont die Wichtigkeit der Einheit. Daran hängt dann indirekt auch die Wertschätzung für die Demokratie, auch das Thema in beiden Ansprachen. Weiterlesen „Die Idee Europas wiederbeleben“

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, PapstreiseSchlagwörter Ansprache, Arbeit, Dynamik, Einheit, Europa, Europapaelament, Europarat, Franziskus, Freiheit, Menschenrechte, Papst, Papstreise, Politik, Straßburg, Würde4 Kommentare zu Die Idee Europas wiederbeleben

Die vernetzte Religion

Veröffentlicht am 5. Juli 201421. Februar 2021

Letzter Akt meiner Reise war in der vergangenen
Woche die Teilnahme am „Adenauer-Lab“, einer Veranstaltung der Adenauer Stiftung in Berlin. Sechs Leute sollten nicht länger als zehn Minuten über Wandel und Veränderung durch Internet und soziale Medien sprechen. Unter anderem auch ich. Meinen Text – ich musste ihm beim Lesen kürzen, damit er unter zehn Minuten blieb – war Folgender:

Vorweg: Sie haben jemanden aus dem Vatikan gefragt. Meine Perspektive ist hier und heute die des Christentums. Internet-Rekrutierung durch Islamisten etc. ist ein Thema, aber nicht meins, nicht hier und heute.

Ich möchte Ihnen aus meiner Praxis fünf Beobachtungen vorstellen, zusammen gefasst in 5 Thesen.

 

These 1, oder die Frank Schirrmacher These

Es gibt vor allem in den USA die Vorstellung, die Zunahme der Wichtigkeit des Internets führe gleichzeitig zu einer Abnahme der Wichtigkeit von Religion. Zahlen glauben, das auch belegen zu können. Die Begründung dahinter: Religion wird durch Wissen besiegt, Internet stellt Wissen unkontrolliert und unzensiert zur Verfügung, daraus folgt eben ein Mehr an Aufklärung. Hier interessiert mich die zweite Annahme: Internet stellt Wissen zur Verfügung. Das tut es nicht.

Sie buchen eine Reise, sind dann bei Amazon unterwegs und bekommen Bücher zum Reiseziel angeboten. Das Phänomen kennen wir alle. Algorithmen bestimmen, was wir zu sehen bekommen.

In den USA gibt es bereits Software, die Nachrichten schreibt. Nachrichten schreibt, für Webseiten.

Packen wir das eine mit dem anderen zusammen, dann gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass in nicht allzu langer Ferne jeder von uns spezifische Nachrichten generiert bekommt. Sprachstil und Inhalt, je nach eigenen Präferenzen.

Und die Orientierung ist der Konsum. Nicht die Aufklärung. Auf die Religion angewandt: Es entsteht im Netz eine marktgerechte und konsumorientierte Form von Religion und Religionsdiskurs.

 

These 2, oder die Blog-These

Seit 2011 betreibe ich meinen eigenen (diesen) Blog. Da versammeln sich in der Kommentar-Spalte alle möglichen Meinungen. Und wenn ich im Netz auf anderen Blogs herumlese, oder besser noch auf anderen sich mit Glauben und Kirche befassenden Seiten, dann zeigt sich ein Bild: Selten kommt es zu einer wirklich interessanten Debatte. Web 2.0 ist also noch weit weg, wirkliches Engagement wird nur von einer wirklich sehr kleinen Gruppe betrieben. Weiterlesen „Die vernetzte Religion“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Bildung, Blog, Freiheit, Internet, Kommunikation, Konsum, Logarithmen, Medien, online, Religion, Zukunft6 Kommentare zu Die vernetzte Religion

Anleitung zur Freiheit

Veröffentlicht am 18. Juni 201318. Juni 2013

Am vergangenen Wochenende hat Papst Franziskus eine kleine Meditation über die Zehn Gebote gehalten. Sie ging als Videobotschaft nach Mailand, zu einer Aktion der Kirche in Italien.

So ein Gebot schränkt ja erst mal ein, gebietet es mir doch, gewisse Dinge nicht zu tun. Denkt man. Papst Franziskus denkt da anders und was genau, das ist im Trubel der vergangenen Wochen etwas untergegangen. Deswegen hier noch einmal der Text.

 

Euch allen einen guten Abend!

Ich freue mich, gemeinsam auf den wichtigsten Plätzen Italiens die Zehn Gebote neu zu lesen. Das Projekt heißt „Wenn die Liebe deinem Leben Sinn gibt“ und handelt von der Kunst, nach den Zehn Geboten zu leben, welche Gott nicht nur Moses, sondern auch uns, allen Frauen und Männern aller Zeiten gegeben hat.

Ich danke den Verantwortlichen der Charismatischen Erneuerung, die diese lobenswerte Initiative gemeinsam mit dem Päpstlichen Rat für die Förderung der Neuevangelisierung und der italienischen Bischofskonferenz ergriffen haben. Ich danke allen, die mit Großzügigkeit zur Verwirklichung dieses Projektes im Jahr des Glaubens beigetragen haben.

Fragen wir uns also: Welchen Sinn haben diese Zehn Worte für uns? Was sagen sie unserer aufgeregten und verwirrten Zeit, die immer weniger mit Gott zu tun haben will?

 

Geschenk des Schöpfers

 

Erstens: Die Zehn Gebote sind ein Geschenk Gottes. Das Wort „Gebot“ ist außer Mode, im Menschen von heute ruft sie etwas Negatives wach, den Willen eines anderen, der Grenzen setzt, der dem Leben Hindernisse in den Weg legt. Und leider ist die Geschichte, auch die jüngere, gezeichnet von Tyranneien, Ideologien, von unterdrückenden und auferlegenden Denkweisen, die nicht das Gute für den Menschen, sondern Macht, Erfolg und Profit gesucht haben. Aber die Zehn Gebote kommen von einem Gott, der aus Liebe geschaffen hat, von einem Gott, der einen Bund mit der Menschheit geschlossen hat, von einem Gott, der für den Menschen nur das Gute will. Vertrauen wir Gott! Trauen wir Ihm!

Die Zehn Gebote zeigen uns den Weg, den wir gehen sollen, und sie bilden auch einen ‚ethischen Kodex’ für den Aufbau einer gerechten Gesellschaft, nach dem Maß des Menschen.

Wie viele Ungleichheiten gibt es in der Welt! Wie viel Hunger nach Brot und nach Wahrheit! Wie viel moralische und materielle Armut kommen aus der Zurückweisung Gottes und daher, dass an seine Stelle Götzen gesetzt werden! Lassen wir uns von den Zehn Geboten leiten, die den, der Frieden, Gerechtigkeit und Würde sucht, erleuchten und ihm Orientierung geben.

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Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Ethik, Franziskus, Freiheit, Geschenk, Liebe, Schöpfung, Zehn Gebote15 Kommentare zu Anleitung zur Freiheit

Die Schulden los

Veröffentlicht am 4. Juni 20134. Juni 2013

Claudia Roth will sich im Namen der Grünen entschuldigen. Ganz formell will sie für die „Fehler“ der Partei, in den 80er Jahren pädophilem Gedankengut eine Plattform geboten zu haben, entschuldigen. Das ist gut so. Aus der Unfreiheit unserer Fehler kommen wir nur durch Entschuldigung heraus.

Vielleicht Klinge ich hier wieder mal pedantisch, da ist aber eine Kleinigkeit, die mich irritiert. Ich weiß nicht, ob es an Frau Roth liegt oder am Bericht der FAz darüber: Das Wort ‚Entschuldigen‘ führt in die Irre.

Wer Schuldnaus sich geladen hat, muss sich von sehr befreien lassen. Er – oder sie – kann das nicht selber tun. Und das ist ja auch logisch, Schuld habe ich jemand anderem gegenüber. Machen Sie das mal in einer Bank: „Ich entschuldige mich,“ der Sparkassenchef wird sich wundern, dass Sie Ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen brauchen. Oder vor Gericht: „Hohes Gericht, ich erkläre hiermit, dass ich meine Schuld los bin.“

Ganz ähnlich geht das zwischen Menschen. Das Sich-Entschuldigen nimmt dem, an dem ich schuldig geworden bin, die Möglichkeit, zu verzeihen. Denn die Verzeihung brauche ich ja nicht mehr, ich bin ja meine Schuld los, und zwar durch mich selber. Selbstentschuldigung macht Vergebung unmöglich.

Jetzt kann man das Gleiche auch noch auf Gott übertragen, da gilt dasselbe: Barmherzigkeit muss ich wollen, darf ich annehmen. Wenn ich meine Sünden von mir aus loswerde, ohne dass Gott ins Spiel kommt, dann verweigere ich mich der Barmherzigkeit.

Schuld-los zu sein ist nie meine eigene Sache. In derselben FAZ vom Montag lese ich (über das Unglück von Eschede): „Statt Hinterbliebene und Überlebende um Verzeihung zu bitten und anständig zu entschädigen, entschuldigt sich die Deutsche Bahn selbst.“ Ganz genau.

Verzeihung öffnet der Barmherzigkeit Raum. Und selbst die verweigerte Verzeihung und Vergebung, weil jemand es nicht kann oder noch nicht kann, ist immer noch besser als das sich selbst für ab-jetzt-schuldlos zu erklären.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Barmherzigkeit, Freiheit, Schuld, Sprache, Sünde, Vergebung, Verzeihung98 Kommentare zu Die Schulden los

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