„Die Kirche lebt von unaufgebbaren Widersprüchen”. Ein Satz, bei dem ich erstmal nur nicken kann. Es stammt von einem berühmten deutschen Schriftsteller, in Kirchenkreisen berühmt für seine traditionelle Katholizität. Schon vor Jahren hat er gegen die „Häresie der Formlosigkeit“ protestiert, und tut das auch heute noch, zuletzt in einem Gespräch mit der KNA.
Der Schriftsteller mag die Orientierung an der „Gefühligkeit“ nicht, aber auch das eher intellektuelle Orientieren an einem „sogenannten Originalzustand“ lehnt er ab. Und da kann ich nur zustimmen. Wenn es um Kirchen geht, wenn es um die ererbten Räume geht, dann finden wir das, was unsere Vorfahren im Glauben errichtet und aufgestellt haben.
Natürlich wachsen auch Kirchen, man muss auch mal ästhetisch reinigen; nur weil etwas da ist, muss es noch lange nicht gut sein und bleiben. Aber es geht um die Abwägung, um das Vermeiden von Schwarz-Weiß, Gut-Schlecht, es geht um das Vermeiden der eigenen Ästhetik als Maßstab für alle Zeiten. Räume haben wie der Glaube auch eine Geschichte, die gilt es zu pflegen, vielleicht zu beschneiden, aber auf jeden Fall zu bewahren. Ohne Geschichte gäbe es kein Christentum.
Räume und Glaube haben beide eine Geschichte
Es hat mich gefreut, dieses Plädoyer des Schriftstellers für die Uneindeutigkeit, das vielleicht nicht immer Passende, das Gewachsene.
Interessant wird es aber, wenn derselbe Schriftsteller vom „zwanghaften Willen zur Eindeutigkeit in der Theologie“ spricht, so wird er im Artikel wiedergegeben. Das sei das Merkmal des Sektierers. Da muss ich aufhorchen. War es nicht eben genau dieser Schriftsteller, der eine Zurechtweisung des Papstes unterschrieben hatte, eben genau weil dieser Papst nicht eindeutig genug sei? Weil er zu viel offen lasse? Weil er die Vieldeutigkeit nicht reduzieren wolle auf die Eindeutigkeit?
Eine schnelle Suche in meinem Archiv und ja, genau das findet sich immer wieder, eine Klage über die fehlende Reduktion der Vielstimmigkeit der Realität auf eine Linie, meine Worte, nicht seine.
Es geht ihm nur um Ästhetik
Spätestens hier entlarvt sich der Schriftsteller, es geht ihm bei seinem Lob der Vielgestaltigkeit offenbar nur um Ästhetik. Es ist aber keine Ästhetik für alle, man muss – wenn man ihn genau liest – nicht nur schön finden, das wäre Gefühligkeit – sondern muss auch verstehen. Sehr elitär. Gleichzeitig bleibt ihm aber die Härte der Eindeutigkeit der Moral. Ich will das nicht sektiererisch nennen, das steht mir nicht zu, aber ich mag es mindestens zerbrochen nennen.
Wir fühlen uns in der Geschichte der Kirche nicht wohl, das gilt auch für die vielen Kirchbauten, leicht angestaubt, mit Dingen die wir heute nicht mehr aufstellen oder aufbauen würden, in Italien noch mehr als in Deutschland. Wir fühlen uns aber auch in der Tradition nicht wohl, sehr viel wird einfach abgelehnt. Als ob wir heute die bislang beste Form des Christentums leben würden. Da lobe ich mir die Uneindeutigkeit und den Charakter des Gewachsenen.
Das muss dann aber auch ganz gelten. Die Realität ist ebenso uneindeutig, nicht schwarz oder weiß. Auch hier gibt es unaufgebbare Widersprüche. Wenn die in der Kirche Platz haben und das Nebeneinander nicht nur für Kerzen und barocke Altäre gilt, dann glaube ich kommen wir weiter. Die Ästhetik alleine wird uns jedenfalls nicht weiter bringen.
Aus dem Text auf katholisch.de entnommen: “Einbruch des Geschmacklosen, der Gefühligkeit” würde ja heißen, Liebe hätte keinen Platz im Leben, doch sie spielt die ganze Klaviatur der Gefühligkeit ohne auch nur einen Hauch von Wissen um ihre eigene Abstammung Preis zu geben.
Trägt nicht die Liebe im Erbe, was unverfälscht noch heute lebt, um sich ihrem Wort zu entnehmen, dass sie selbst hervorgerufen hat. Ohne zu wissen was Gott bringen wird hat sich Bewusstsein in seiner ganzen Liebe zu ihm ausgesprochen, um sich gemeinsam mit ihm darüber zu informieren, wie der Weg in ein Leben aus ewiger Liebe gelingen kann. Unversehrt und rein ist sie angekommen, die Liebe, an dem Ort, an dem sie zu Hause ist und den sie mit all denen teilen kann, die aus Einheit im Glauben an Gott ihre Stimme erhoben haben, um durch sie Jesus Christus als Mensch aus Liebe zu formen, der Ihren Stammbaum begründet und durch die Auferstehung im Herrn verewigt hat.