Alles kann man kaufen. Selbst die Erfahrung von Meditation. Angeblich. Jedenfalls gibt es ein Produkt, dass genau das behauptet. Ich musste hellauf lachen, als ich die Werbung dafür in meiner Facebook-Timeline sah. Man kann hier Meditation konsumieren. Sozusagen.
Also, es ist ein Kopfband mit Sensoren, die meine Hirnaktivitäten messen und das in akustische Signale umsetzt. Wenn ich ruhig bin, höre ich säuselnden Wind. Wenn ich unruhig bin, ruhigen Wind. Das ist also schlicht ein Feedback, was mein Hirn während der Meditation alles so macht.
Und dann kommt der Clou: Das soll helfen, zu kontrollieren. Meditation wird verstanden als Ruheübung, als Kontrollübung. Und damit als Teil der Selbstkontrolle, Selbstoptimierung. Und damit wird es Stress.
In nur drei Minuten
Das Gegenteil wird versprochen: Tiefere Konzentration werde möglich, die Lebensqualität verbessert. In nur drei Minuten täglich sei das machbar.
Wenn Sie mögen schauen Sie selbst.
Man ist sich aber auch nicht zu schade, von “Belohnung” zu sprechen. Und davon, den Fortschritt zu messen. Spätestens hier steige ich als jemand, der selber meditiert, aus. Wer Erfahrungen mit Meditation hat, der weiß, dass man geistlichem Tun nicht mit “messen” und “Fortschritt” und schon gar nicht mit Selbstoptimierung beikommen kann.
Zum ersten glaube ich, dass unruhige Zeiten während des Meditierens nicht schlecht sind. Das sind innere Regungen, die sich melden, wenn es keine Aktivität gibt, die sie wegdrücken. Die sind Teil von mir, die will ich gar nicht kontrollieren. Das gehört zur Meditation dazu.
Meditation konsumieren
Stille und Ruhe sind schön und gut und hilfreich, sogar notwendig in der Unruhe des Lebens. Ohne Stille kann ich gar nicht hören. Aber wenn ich dann Still bin und wenn ich dann etwas höre, dann muss ich auch zuhören und nicht das Gehörte kontrollieren wollen.
Meditation ist zuallererst eine Freiheitserfahrung, Ruhe und Stille können genau dasselbe sein, Freiheit. Sie ausgerechnet über Kontrollmechanismen erreichen zu wollen finde ich ein wenig ulkig. Und es ist ein Zeichen, dass sich eben auch das Geistliche gegen den Konsum wehren muss. Einen Konsum, der hier überdeutlich sichtbar wird.
Man kann eben doch nicht alles kaufen.
“Meditation ist zuallererst eine Freiheitserfahrung.” Das wurde schon in den alten Schriften Indiens aufgeschrieben und ausführlich beschrieben: http://www.upasana.de/download/meditation.pdf.
Naja, also spätestens wenn man für eine Leistung Geld bezahlen muss, sollte man doch ganz genau hinschauen, ob das betreffende Produkt seriös sein könnte oder nicht. Ich hab mir das Video angeschaut: Ernsthaft – man braucht ein Smartphone, eine App und Bluetooth und natürlich das Stirnband, damit man zur Ruhe kommt? Als Neugierige hab ich nach dem Preis gegoogelt, zwischen 219,- EUR und 269,- EUR ist es zu haben…
Einen hab’ ich noch, sozusagen: Bei uns in Hamburg gibt es die “Lebensfreude-Messe”. Nun ist Freude am Leben eine essentielle Sache und ich wünsche mir manchmal, auch in meiner ev. Gemeinde oder Arbeitsstätte, mehr frohe Menschen, aber diese Messe lässt keinerlei Konsumreiz aus, der den eigenen Mangel mit dem Portemonnaie und auf ” spiritueller Basis” abhelfen soll.
Das erste, was auffällt, wenn man die junge Frau im Werbevideo sieht ist die Ruhe, die sie ausstrahlt.
Ich kann Ihr Lachen sehr gut verstehen!
Auch wenn das Produkt natürlich soweit ersichtlich ein Witz ist, sollte man in gewissem Maße Geld für “sprituelle” Produkte/Dienstleistungen hinnehmen. Denn der, der es bereitstellt, braucht ja auch was zu beißen.
Man sollte ja auch Kirchensteuer zahlen, wenn man denn eine Kirche gelegentlich aufsuchen will.
Aber das ändert nichts daran, dass das ausgegebene Geld einem nicht das verschaffen kann, was man als Nachfrager von “sprituellen” Produkten/Dienstleistungen eigentlich anstrebt.
Laut NT soll Geld da ja sogar teilweise hinderlich sein.
Vielleicht erlauben Sie mir zu präzisieren: es geht mir nicht um Geld. Es geht mir um Konsum. Also um eine Haltung. Und es geht mir um Kontrolle. Das hat mit Kirchensteuer und derlei Dingen, hier anbringen, gleich gar nichts zu tun.
“Es geht mir um Konsum. Also um eine Haltung. Und es geht mir um Kontrolle.”
Ich denke wir reden vom gleichen nur mit verschiedenen Worten.
Bereits die hochphilosophische Reihe namens “Lustiges Taschenbuch” hat mir mit so ca. 8 – 10 Jahren vermittelt, dass Glück nicht käuflich ist und dass jemand mit der Haltung, man könne es doch kaufen, früher oder später an eine Wand fährt.
Mit der Haltung, spirituelle Erfahrungen/Einsichten/Erlebnisse könne man kaufen, wird man wohl auch an der Wand landen (das hat die hochphilosophische Buchreihe mir allerdings nicht vermittelt, sondern ist eher Beobachtung/Erfahrung).
Hier wurde schon vor einigen Jahren (fast) alles zum Sinn und Unsinn dieses Medtiationshilfsmittels gesagt:
https://www.zeit.de/digital/mobil/2014-10/muse-headband-eeg-hirnstrommessung-meditation-test
Ist ja nett, dass Sie mir die Meinung anderer Journalisten hier posten, aber was sagen Sie dazu?
Ein solches Hilfsmittel ist, abgesehen von seiner anwendungstechnischen Unausgereiftheit, nicht grundsätzlich schlecht und kann jemanden, der neugierig geworden, durchaus den Impuls geben, sich meditierend inwendig zu erforschen. Möglicherweise wird er/sie dabei lernen, allmählich ohne diese “Krücke” auszukommen – eine ganz konkrete Freiheitserfahrung. Letztlich sind Bibel und andere heilige Schriften auch nur ein Hilfsmittel …
Körper, Geist und Seele sind auch Hilfsmittel sich als Mensch zu erfahren und wir setzen sie viel zu oft nur für persönliche Zwecke ein ohne den tieferen Sinn unseres Menschseins zu hinterfragen. Es ist ein von Gott gegebener Auftrag seine Gabe zu entdecken, die in uns angelegt erst durch ihn auch wirklich zum Vorschein kommt. Für diese Art zu leben braucht es keine besonderen Hilfsmittel sondern nur den notwendigen Grundstoff des Lebens.
Damit will ich sagen, es ist Ressourcenraub, Rohstoffe für derart unnützes Zeug zu verschwenden bevor alle Mitmenschen mit dem Nötigsten versorgt sind.
Nun, für jemanden in isolierten, desolaten Umständen könnte gerade ein solches “unnützes Zeug” d a s Nötigste sein, um mental gesund zu bleiben.
Ich denke, Sie widersprechen sich, denn wenn jemand in isoliertem, desolatem Umstand feststeckt, dann braucht er einen Freund, der ihm die Hand reicht und nicht ein Gerät das diesen Zustand messen kann. Wenn jemand mental gesund ist, so würde er wohl kaum an seinem Zustand zweifeln und dafür ein ihm fremdes Produkt kaufen.
Es mag viele Fälle geben, in denen ein guter Freund die erste und beste Wahl ist, um eine trostlose Situation zu bewältigen. Aber das ist nicht gemeint. Gemeint sind solche isolierten oder desolaten Situationen, wo das Gerät gleichsam zu einem Retttungsring für einen Schiffbrüchigen wird, das ihn über Wasser hält, – und der Freund, wenn es ihn geben sollte, vom Gestade aus nur zuschauen kann und obendrein Nichtschwimmer ist. Nebenbei, indem Sie hier zwischen einem Gegenstand und einer Person nicht qualitativ unterscheiden, sondern sie miteinander wertend vergleichen, geraten Sie selber in eine Art Widerspruch. Denn Sie behaupten jetzt, “dass es [solange] Ressourcenraub ist, Rohstoffe für derart unnützes Zeug zu verschwenden, bevor [nicht] alle Mitmenschen (in einem isololierten, desolaten Umstand) mit einem Freund versorgt sind.” Ergo, wenn alle Mitmenschen einen Freund haben, ist die Herstellung von unnützem Zeug kein Ressourcenraub mehr. Wirklich?
Ich wollte darauf hinweisen, dass wenn jemand in gesundem Zustand ist, er nach keinen Hilfsmitteln suchen würde, die diesen Zustand, ja was sollten? Wenn jemand krank ist, so wird ihm sicher kein Produkt helfen, das ihn in eine weitere Abhängigkeit (Hersteller, Finanzierung) bringt. Alles andere sollte der Erklärung meiner Auffassung dienen, hat jedoch ganz offensichtlich seinen Sinn verfehlt indem es in weitere Argumente führte, die nicht dem dienen, was ich eigentlich aussagen wollte.
Sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass Meditation mit oder ohne Hilfsmittel kein medizinisches Produkt für einen kranken Menschen sondern Seife zur Reinigung ist. Es geht um innere Hygiene, auch und vor allem für den Gesunden.
In den italienischen Kirchen sieht man oft ein “listino prezzi” hängen. Eine Messe für eine “verlorene Seele” kostet ebenso wie eine für eine “Reisende” jeweils 50 Euro. Hochzeiten, Begräbnisse, Taufen werden höher aufgeführt. In Nordeuropa kostet die namentliche Erwähnung eines Verstorbenen in den Fürbitten auch 50 Euro. Sind oft Alte, die das von karger Rente bezahlen. Die Heizkosten für eine große Barockkirche in Nordeuropa mit teurer Orgel, um sie in den kalten Wintermonaten auf “gemütliche” 14 Grad aufzuheizen, belaufen sich auf 7000.- Euro monatlich. In Belgien Flandern, kann man eine kleine Fürbitte kaufen für 10 Euro. Ein Mönch oder Priester betet dann diese Bitten irgendwann. Alles gar nicht so einfach, daß man die Probleme durch einfaches Schimpfen oder Sich-Empören verstehen oder lösen könnte.
Oh bitte ….. wo gehen Sie denn in die Kirche?!? Und welche Vorstellung steht bitte dahinter die Erwähnung in den Fürbitten mit Geld zu bezahlen. Das ist doch – gelinde gesagt – pervers.
In meiner Gemeinde kostet es Die lediglich die Mühe ihr Anliegen in das Fürbittbuch zu schreiben. Im Sonntags Gottesdienst macht dann die versammelte Gemeinde Ihr Anliegen zu dem ihren …. Eine sehr beeindruckende Form.
Und nur was imFürbittbuch steht kommt in die Fürbitten …. nicht mehr und nicht weniger.
Nein, ich verstehe Sie wirklich nicht, was vielleicht daran liegt, dass wir vollkommen verschiedene Erfahrungswerte mit Meditation haben. Für mich ist Meditation der Wunsch die Reinheit zu erreichen, die ich von Gott empfangen habe. Für Sie scheint Meditation ein Reinigungsprozess zu sein, der sich dem Zustand annähert, dem Sie sich verbunden fühlen. Das ist jetzt, wo ich es lese, eigentlich gar nicht so verschieden, doch die Ressourcen, die man dafür benötigt scheinen dann doch sehr differenziert zu sein.
Die Meditation als Reinigungsprozess verstanden zielt nicht in erster Linie auf die Beseitigung von Schmutz ab, sondern lediglich auf die Anhaftung daran. Wie Geschirr, das man im Spüli-Wasser reinigt. Die Essensreste bleiben im Wasser und das Geschirr kann hygienisch frei davon erneut in seinen Dienst gestellt werden – bis zum nächsten Mal. Meditation verstanden als Wunsch nach Reinheit oder Makellosigkeit, die man meint, von Gott empfangen zu haben, und die man erreichen will, hat etwas Unwirkliches an sich und strebt eigene Vollkommenheit an. Es erinnert ein wenig an die Figur des Hermias im Gaukler Pamphalon.
Danke, jetzt habe ich Sie verstanden.
Noch eine Frage, was, wenn Gott mit Jesus einen Selbstreinigungsprozess der Menschheit in Gang gesetzt hat? Das würde der Freiheit entsprechen die überleben kann wenn sie sich den Gesetzmäßigkeiten der Liebe ihres Schöpfers zum Leben aus seiner Schöpfung ergibt.
Meditieren befreit außerdem von solchen Was-wäre-wenn-Fragen, die gern in originelle bis anspruchsvolle Grübeleien münden, in welche man sich überdies nicht selten ‘verliebt’. Denn das wahre Verständnis einer Sache ist häufig getrübt durch die Gleichsetzung ihrer tatsächlichen Bedeutung mit ihrer Beschreibung in Worten und den Vorstellungen, die man von ihr hat; erst in der meditativen Versenkung über diese streng zu trennenden Aspekte entsteht dann das klare Wissen darüber.
Abschließend möchte ich noch bemerken ohne Gott bleibe ich nur eine Vorstellung, die niemals exitieren kann.
Mir persönlich genügen dafür die eigenen Eltern.
Lieber Herr Pater, ich meine verstanden zu haben, dass es Ihnen darum geht, dass Spiritualität uns Konsum eben nicht zusammen passen und gehören.
Ich glaube, dass wir uns in diesem Sinne einige Gedanken machen sollten, wie unsere Gottesdienste aus einer Konsumveranstaltung wieder zu einer echten Feier der Gegenwart Gottes werden können.
Ich bin allzuoft dazu verdammt zu konsumieren, was der Priester oder der Kirchenmusiker mir präsentieren. Die meisten Gottesdienste laufen ab, egal wie viele da sind ond ob sie “mitmachen” oder nicht. Das Konzil fordert aber eine tätige Teilnahme.
Ich glaibe so ein Meditationskopfhöhrer ist nichts anderes wie Orgelmusik in unseren Gottesdiensten, die ohne den wirklichen Gesang auskommt oder klerikales zelebtieren, dass ohne Kontakt zum real anwesenden Gläubigen auskommt.
Wenn wir über “die da draußen” lachen, sollten wir über das, was wir machen …. weinen.