Es ist das nächste große Projekt, dass Papst Benedikt XVI. und mit ihm Religionsvertreter aus aller Welt angehen: Die Pilgerreise für den Frieden nach Assisi – Religionsvertreter? Nein, nicht nur Religionsvertreter. Erstmalig sind auch ausdrücklich Menschen eingeladen, die sich keiner Religion zugehörig fühlen. Aber dazu später mehr.

„Pilger der Wahrheit – Pilger des Friedens“, so heißt der volle Titel der Reise nach Umbrien. Ein „Tag der Reflexion, des Dialoges und des Gebetes für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt“ soll es sein. In den nächsten Tagen werde ich im Blog einiges dazu schreiben und dann am Mittwoch – einen Tag vor dem Treffen – selbst nach Assisi reisen, um dabei zu sein.
Heute wurde im Vatikan das Programm und die Teilnehmer vorgestellt. Dabei bezog sich der Leiter des Vatikanrates für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson, auf eine Ansprache des Papstes bei der Deutschlandreise, beim Treffen mit Vertretern der muslimischen Gemeinde:
„Auch deshalb halte ich es für wichtig, einen Tag der Reflexion, des Dialogs und des Gebets für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt zu begehen“, so der Papst am 23. September in Berlin. „Und dies wollen wir am kommenden 27. Oktober durchführen, 25 Jahre nach dem historischen Treffen in Assisi unter der Leitung meines Vorgängers, des seligen Papst Johannes Pauls II. Mit dieser Zusammenkunft wollen wir in schlichter Weise zum Ausdruck bringen, dass wir als Menschen des Glaubens unseren besonderen Beitrag für den Aufbau einer besseren Welt leisten, wobei wir zugleich die Notwendigkeit anerkennen, für die Wirksamkeit unserer Taten im Dialog und in der gegenseitigen Wertschätzung zu wachsen.“
In dichter Sprache gab der Papst also den Takt für die Pilgerreise vor: Menschen des Glaubens wollen ihren besonderen Beitrag für eine bessere Welt leisten. Dazu nötig ist der Dialog und das Wachsen der gegenseitigen Wertschätzung.
Beginnen wir mit den ‚Menschen des Glaubens’: Auch mit Menschen, mit denen wir theologisch, im Gottesverständnis und in der Frage des Gebetes nicht überein kommen, können wir uns für die Welt einsetzen. Wie der Papst es in England ausgedrückt hat: Auge in Auge und Seite an Seite. Auf Augenhöhe und in Respekt, gemeinsam.
Die Gefahren sind die der Verhärtung und die der Aufweichung, heute bei der Vorstellung des Programms als Fundamentalismus und Synkretismus verdeutlicht. Fundamentalismus will Unterwerfung und Unterdrückung, Synkretismus erkennt letztlich nicht die Wahrheit an, die wir alle suchen und deren Suche wir im Anderen respektieren.
Damit leisten die Menschen des Glaubens ihren Beitrag für den Aufbau einer besseren Welt, in unserer Sprache: Für Gerechtigkeit und Frieden. Psalm 85 drückt das Heil Gottes für uns Menschen – unter anderem – so aus: Gerechtigkeit und Friede küssen sich.
Dadurch wird die Religion aber nicht eine Funktion des Friedens. Auch das habe ich heute bei der Vorstellung des Programms herausgehört. Ein Friede, der die Wahrheit oder die Suche nach Wahrheit als Gefahr bezeichnet, ist kein echter Friede. Die Wahrheit steht neben dem Frieden. Nur in der Suche nach Wahrheit werden wir uns nicht mit allzu schnellen Lösungen, die sich selber als Frieden ausgeben, zufrieden geben.
„Pilger der Wahrheit, Pilger des Friedens“ ist mehr als nur das Anzünden von Kerzen angesichts der Übermacht der Gewalt in der Welt. Es ist das Anerkennen dessen, dass in jedem Menschen diese Suche nach dem vorhanden ist, was wir die Wahrheit nennen. Nicht nach Tatsächlichkeit, nicht nach Übereinstimmung mit der Welt, aber mit etwas Tieferem, in dem wir wurzeln. Wir nennen das etwas Göttliches, gemeinsam ist allen Menschen des Glaubens aber das Anerkennen dessen, dass wir danach suchen.
Die Suche, das ist das Motiv des Pilgerns, in allen Kulturen. Verlassen, sich aufmachen, wandern. Nicht vollversorgt mit Bus und Rucksack, sondern etwas aufgebend. Natürlich kann das in Assisi nur symbolisch passieren, aber dieses religionsübergreifende Symbol ist wichtig.
Das Programm
Die Delegationen der verschiedenen Religionen brechen am 27. Oktober um 8 Uhr vom Bahnhof des Vatikanstaates mit dem Zug nach Assisi auf. Um 10.15 Uhr ist in der Basilika Santa Maria degli Angeli eine Begrüßungszeremonie vorgesehen. Nach Ansprachen der Vertreter der verschiedenen Religionen wird Papst Benedikt XVI. das Wort ergreifen.
Zudem ist die Vorführung eines Videofilms vom ersten Weltfriedenstreffen im Jahr 1986 geplant. Anschließend nehmen die Teilnehmer des Treffens im Speisesaal des Klosters von Santa Maria degli Angeli eine schlichte Mahlzeit ein. Nach dem Essen steht eine Zeit der Stille und des Gebets auf dem Programm, die die Teilnehmer in ihren jeweiligen Räumen im Gästehaus des Klosters verbringen.
Von der Basilika Santa Maria degli Angeli in der Unterstadt aus setzen sich der Papst und die Delegationen der Religionen am Nachmittag an die Spitze einer Prozession zur Piazza San Francesco vor der Basilika des Heiligen in der Oberstadt. An dem Gang sollen vor allem Jugendliche teilnehmen. Um 16.30 Uhr ist auf der Piazza San Francesco die Eröffnung des zweiten Teils des Weltfriedenstreffens geplant. Nach Ansprachen einiger führender Vertreter der Religionen sind das Entzünden von Lichtern und ein Moment der Stille vorgesehen. Es wird von allen Teilnehmern feierlich – in Worten, die schon beim letzten Treffen verwendet wurden – die Absage an Gewalt erklärt.
Anschließend hält Benedikt XVI. eine Ansprache. Vor der Abreise können die Teilnehmer des Treffens auf Wunsch kurz vor dem Grab des heiligen Franziskus verweilen. Gegen 19 Uhr verlassen die Delegationen Assisi mit dem Zug. Ihre Ankunft in Rom wird für 20.30 Uhr erwartet.
„…Der Beistand aber, der heilige Geist, er wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz ängstige sich nicht und verzage nicht….“. Joh 14, 26-27