„Das ist nicht das, wofür wir stehen“: Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, war sehr deutlich in einer Ansprache beim einer Demo für Lebensschutz. Er wendete sich ausdrücklich gegen die „Benedict Option“, einem Buch entnommen, das für eine katholische Gegenkultur spricht.
Moment einmal, Option Benedikt? Etwa: Entweltlichung? Nein, mitnichten. Benedikt ist in diesem Fall Benedikt von Nursia, der Klostergründer und Mönch. Das Buch hat die These, dass es ein Abwenden von der moralisch dekadenten Welt braucht, um noch christlich leben zu können.
Dekadenz-These
Und Kardinal Cupich ist dagegen. Danke Kardinal Cupich. Abgesehen von der sehr schlichten Einsicht, dass so eine Gegenkultur genau das Gegenteil von dem ist, was der Auftrag Jesu enthält, beruht die Annahme des Buches auf einem beliebten aber trotzdem falschen Mythos: nämlich dem, dass Benedikt sich von der moralischen Dekadenz der Römer abgewandt habe, die schlussendlich zum Untergang des römischen Reiches geführt habe.
Die These ist alt, aber falsch. Kulturkritiker können nicht von ihr lassen, sie ist einfach zu verführerisch. Witzigerweise gründet sie auf dem englischen Historiker Edward Gibbon, bei ihm ist es ausgerechnet das Christentum, welches das Imperium Romanum geschwächt habe. In Abwandlung ist das die Dekadenz-These, der wir gerne begegnen.
Der Untergang des römischen Reiches hatte viele Gründe und war Ergebnis einer Entwicklung, die nicht auf einen Grund zurück zu führen ist. Schon gar nicht auf die angebliche moralische Dekadenz.
Engagement
Und deswegen hatte auch der Rückzug Benedikts andere Gründe. Und deswegen taugt er nicht als Pate für eine Option, die für die Abwendung von der Welt wirbt. Fragen Sie einen x-beliebigen Benediktiner, oder besser noch einen Missionsbenediktiner, im Kloster leben heißt nicht sich von der Welt trennen.
Ich würde sogar behaupten, dass die beschworene Benedikt-Option letztlich nichts anderes ist als Resignation. Es ist keine positive, keine kreative Antwort auf den Ruf Christi in unserer Zeit, sondern der Versuch, zu retten was zu retten ist, weil man irgendwie mit den Herausforderungen von heute nicht klar kommt. Und Resignation scheint mir keine christliche Tugend zu sein.
Warum sage ich das hier? Spielt das hier überhaupt eine Rolle? Vielleicht nicht in der überzogenen Argumentationslogik des Autors des Buches über die angebliche „Option Benedikt“. Aber das herab schauen auf die Welt, das sich trennen wollen von angeblichen antichristlichen Strömungen, das eine innere Trennung voraussetzende Klagen über die Welt, das gibt es überall. Dagegen setzt Kardinal Cupich das Engagement. Und nicht nur er. Und das ist gut so.