Erwartungen an die Kirche in Deutschland. Die weltkirchliche Perspektive: So lautete der Titel eines Vortrages, um den ich gebeten wurde. Natürlich habe ich ihn nicht so gehalten, wie er hier steht, aber als Text ist es denke ich lesbar. Anbei also das Skript.
Zunächst muss ich einschränken: Es wäre vermessen, hier auch nur andeutungsweise so etwas wie eine „weltkirchliche Dimension der Erwartungen an die Kirche in Deutschland“ zu umreißen. Deswegen darf ich mich auf Schlaglichter beschränken. Und mein Schlaglicht, das Schlaglicht, heißt natürlich Papst Franziskus. Er hat Erwartungen an die Kirche, an Europa, und deswegen auch an die Kirche in Deutschland. Welche genau das sein werden, werden die Bischöfe bei ihrem Ad Limina Besuch im September hoffentlich heraus finden.
Aber neben dem, was der Papst spezifisch sagt gibt es ja noch das, was aus dem, was der Papst insgesamt sagt, für unsere Kirche folgt. Und hier möchte ich beginnen.
Beginnen wir in der Ferne, in Manila, bei der Papstreise dort: Bei der Schlussmesse gab es ein wunderbares Schauspiel, der Erzbischof der Stadt, Kardinal Luis Antonio Tagle, bedankte sich beim Papst und verabschiedete ihn nach der Messe in einer Rede. Es war eine rhetorische und seelsorgerische Meisterleistung. Er hatte die 5 oder 6 Millionen Menschen fest in der Hand, er war charismatisch, hat sie alle mitgenommen, kommunikativ geleitet, angesprochen. In der Redaktion haben wir diskutiert, wie der das macht und sind bei einer Diagnose angekommen, die so auch für den Papst gilt: Er gibt den Menschen eine Stimme.
Den Glaubenden eine Stimme
In Papst Franziskus spricht nicht nur der Papst. Er gibt vielen Katholiken eine Stimme, die selber keine haben oder sich nicht trauen. Er formuliert und lebt ein Kirchenbild vor, das sich viele Menschen wünschen. Es ist unideologisch und weit über die längst – biblisch gesprochen – tauben und stummen Kategorien von liberal und konservativ hinaus. Er kommuniziert, er ist authentisch, er mag Menschen, er hat keine Angst. Dass er bis heute fast immer nur gute Kritiken bekommt liegt daran, dass man sich eine solche Religion wünscht. Das ist vielleicht die größte, wenn auch unkonkreteste Erwartung an die Kirche in Deutschland. Wir werden nicht alle Papst Franziskus. Aber dass die Menschen so einem Papst zuhören und ihm vertrauen, das sollte uns zu denken geben.
Ein Zusatz: In Papst Franziskus bekommen wir keine Billigversion von Religion. Das ist durchaus komplex und hat Schattierungen, der Papst ist kein schneller Vereinfacher und schlichter Charismatiker. Und ich glaube auch, dass die meisten Menschen, die jubeln, das auch ahnen und spüren. Sonst würde der Jubel nicht anhalten: Da ist Substanz dahinter, auch das gehört zur Sehnsucht von Religion dazu, das ist nicht einfach und billig.
Drei Punkte möchte ich unter der Überschrift „Erwartungen“ anführen. Weiterlesen „Wie beim Propheten Jonas“