Auf dem Platz vor der Engelsburg, in Sichtweite meines Bürofensters, ist an diesem Morgen ein Gerüst aufgebaut. Ein Baugerüst, allerdings freistehend und nicht für den Bau gedacht, sondern für eine Fernsehkamera. So etwas gibt es sonst nur bei wirklich großen Ereignissen, zuletzt bei der Seligsprechung Johannes Pauls II., wenn ich nicht irre. Von diesem Standpunkt aus hat man einen wunderbaren Blick die Via della Conciliazione hinauf zum Petersdom.
Warum steht die Kamera samt Übertragungswagen und Journalisten und Technikern dort? Weil heute der erste Tag im Prozess gegen Paolo Gabriele stattfindet. Die Kollegen können von ihrer frisch gebauten Aussichtsplattform aus über Kriminalität und Geheimnis, Vatikan, Priester und den Papst berichten. Aber da es keinerlei Bilder geben wird – wie bei jedem Prozess üblich wird nicht übertragen, noch sind Kameras zugelassen – wird es nichts zu zeigen geben und deswegen werden wohl wieder all die Spekulationen wiederholt, die wir uns schon in der Vergangenheit anhören durften.
Zugegeben, das ist selber auch Spekulation, aber sie hat ihre Gründe in den bisherigen Erfahrungen.
In unserer Redaktion haben wir schon öfters diskutiert: Was ist eigentlich so interessant an der letztlich doch sehr lokalen Affäre? Warum diese ungeheure Medienauftrieb? Der Fall selber gibt das doch gar nicht her. Weiterlesen “Prozesstag Eins”