Manchmal liegt die Lösung so nahe: Immer wenn Papst Franziskus oder jemand anders auf ein Verständnis von Religion als Gesetzesreligion schimpft – eine Art „Malen nach Zahlen“, wo man nur in der richtigen Reihenfolge das Richtige tun oder sagen muss – dann frage ich mich, warum Leute so sehr darauf setzen. OK, das gibt Sicherheit und so, aber warum versteift man sich nur so sehr darauf?
Die einzige Lösung für die Kirche in der sich wandelnden Welt sei es, um so stärker an der Lehre festzuhalten. Den Glauben zu festigen, indem man den Katechismus liest. Die „Verfolgungen“ – also die Nicht-Akzeptanz durch die Umwelt – als Reinigung wahrzunehmen. Und auf keinen Fall abzuweichen von Glaubens- und Sittenlehre, wobei Letztere meistens weit vor Ersterer rangiert.
Neu ist das nicht. Wir ich neulich bei der Lektüre einer Biografie zu Julius Caesar feststellte. Der brachte damals das politische System Roms erst ins Schwanken und dann zum Einsturz, so dass der Biograf sich fragte, warum Cicero & Co dem nichts entgegen zu setzen hatten. Und dann fällt dieser Satz:
„Es war seit alters in Rom großer Wert darauf gelegt worden, dass die Sitte der Väter bewahrt und weitergegeben würde. Und da keine wusste oder auch nur denken konnte, dass die römische Ordnung in ihrer ganzen Zurichtung den veränderten Anforderungen der Zeit nicht mehr genügte, konnten alle angesichts von Krisen und Notlagen nur die eine Erklärung finden, dass die alte Sitte nicht mehr recht praktiziert würde. Daher war es notwendig, sie um so genauer zu üben.“ Christian Meier: Caesar. München 2004, S. 160
Das Scheitern der Senatoren
Man kann sich nichts anderes denken, also macht man das, was man kann, nur noch mehr.
Das ist wie der Kakapo. Kennen Sie den Kakapo? Das ist ein Papagei auf Neuseeland, der vor allem durch den Autor Douglas Adams berühmt wurde, der Folgendes zu berichten weiß: Die Insel Neuseeland ist zur Entstehung aus dem Meer aufgestiegen, es gibt also ursprünglich keine Landtiere, sondern nur Vögel. Und weil Fliegen energieaufwändig ist, hat der Kakapo im Laufe der Entwicklung das Fliegen eingestellt. Er ist flugunfähig geworden. Sein einziger Gegner war er selber, zu viele Kakapos hätten die Ernährungsgrundlage gefährdet, also hat der Kakapo ein komplexes Balz- und Vermehrungsverhalten entwickelt, um das zu vermeiden. Kurz: In Zeiten der Krise hilft nur eins – weniger vermehren.
Und dieses Verhalten wendet er wie die römischen Senatoren nun auch in aktuellen Krisen, bei den seit Jahrhunderten eingeschleppten Katzen und Ratten und so weiter an: er vermehrt sich immer weniger, schließlich war diese Strategie ja über Jahrtausende hilfreich.
Resultat: der Kakapo ist vom Aussterben bedroht. Wie der unabhängige römische Senat es auch war. Weil man an Lösungsstrategien festhält, die hilfreich waren, es aber vielleicht gar nicht mehr sind.
Bevor hier in der Kommentarspalte wieder „der will die Lehre ändern“ steht: darum geht es nicht, darum ist es nie gegangen. Es geht nur darum, wie der Auftrag Jesu an die Kirche, sein Reich zu verkündigen und ihm nachzufolgen, heute gelebt werden kann. Nicht durch Kopie der Rezepte der Vergangenheit, bei aller Wertschätzung. Sondern nur durch eigene Antworten.