Verlustangst: Liest man Analysen der Unsicherheit der Gegenwart, der Motive für den Erfolg des Populismus und für anderes, findet man immer wieder diese Begründung. Wir haben Angst, etwas zu verlieren. Abzusinken.
Die automatische Reaktion lautet meistens, dass das ein Gefühl ist, dass man sich die Fakten genauer anschauen muss, dass unterm Strich mehr rauskommt obwohl es sich nach weniger anfühlt und so weiter. Schlicht: dass das Verlustgefühl „nur” ein Gefühl ist.
Und das ist dann der Moment, in dem die gesellschaftliche Debatte und dann die politische Debatte einsetzt.
Kultur, Tradition, Identität
Der Schutz des Eigenen, der eigenen Kultur, der eigenen Tradition, ja, auch des eigenen Christlichen, steht hoch im Kurs. Je größer der Druck wird, je mehr man glaubt (und ich benutze das unpersönliche „man“ hier sehr bewusst), desto wichtiger scheint dieser Schutz zu werden. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es echter oder nur wahrgenommener Verlust ist, er ist in jedem Fall ‚wirklich‘, er hat Wirklichkeit, er hat Konsequenzen.
So können denn Menschen sich gegen andere Menschen einsetzen, und als Zeichen das Kreuz wählen. Das Kreuz, Zeichen der Hingabe, wird zu einem Zeichen der Abgrenzung.
Aus der eigenen Logik mag das vielleicht konsequent sein, man verteidigt ja angeblich das so genannte „christliche Abendland“ gegen den Verlust von Identität.
Abgrenzung oder Hingabe
Die christliche Botschaft wird dabei aber uminterpretiert, das „Mein Nächster ist ein Österreicher“ aus dem Wahlkampf entspricht dabei dem politischen „die italienische Regierung hilft Italienern“ des neuen Innenministers hier in Italien.
Zwei Dinge: erstens der Satz, der hier kommen muss. Mit Christentum hat das wenig zu tun, die Abgrenzung von „wir“ und „die“ sind keine biblischen Kategorien mehr, Paulus macht das sehr klar. Dieser Einsatz (Soldaten an die Grenzen, Staatsversagen, angeblicher „Asyltourismus“) für eine Identität kann sich nicht auf das Christentum berufen.
Zweitens, und vielleicht sogar im Widerspruch dazu: Ja, es gibt Verlust. Wir verlieren etwas. Oder wenn wir es aktiv tun, dann geben wir etwas ab, auf, weg. Auch das gehört dazu. „Verlust“, auch wenn es sich gefährlich anfühlt und bedroht, ist nicht immer nur negativ.
Ehrenamtlicher Einsatz ist immer auch Verlust
Sprechen wie zum Beispiel vom ehrenamtlichen Einsatz, ganz egal auf welchem Gebiet. Einsatz bedeutet immer auch etwas aufgeben, etwas abgeben. Das gilt in jedem Bereich, vor allem aber auch für Christen.
In christlicher Nächstenliebe zu handeln bedeutet etwas abgeben, aufgeben. Und wenn es nicht weh tut oder wenn man nichts vermisst, dann hat man noch nicht wirklich abgegeben, außer vielleicht vom Überfluss.
Aber das ist christlich. Ohne Verlust ist das Christentum nicht zu denken. Hier passt auch das Kreuz hin: auch wenn jetzt im Kreuzstreit einige Theologen argumentieren, das Kreuz sei sehr wohl nicht nur Zeichen für Ohnmacht, sondern auch für Macht, dann muss man immer dazu denken: Macht Gottes. Nicht meiner eigenen. Ich muss abgeben, wenn ich auf das Kreuz schaue und das Kreuz ernst nehme.
Papst Franziskus hat noch einmal deutlich genau daran erinnert, wenn auch mit Bezug auf eine ganz andere Situation. Er sprach über die Ökumene und sagte, dass man gegen zu viel Ökumene einwenden könne, das jeweils Eigene zu vernachlässigen.
„Aber – so könnte man einwenden – auf diese Weise zu wandeln bedeutet, mit Verlust zu arbeiten, weil man nicht zu Genüge die Eigeninteressen der Gemeinschaften schützt, die oftmals eng an ethnische Zugehörigkeiten oder überkommene Vorstellungen gebunden sind, seien sie mehrheitlich „konservativ“ oder „fortschrittlich“. Ja, zuerst zu Jesus zu halten, bevor man zu Apollos oder zu Kephas hält (vgl. 1 Kor 1,12); in Christi zu sein, bevor man ‚Jude oder Grieche‘ (vgl. Gal 3,28) ist; zum Herrn zu gehören, bevor man rechts oder links ist; im Namen des Evangeliums sich für den Bruder anstatt für sich selbst zu entscheiden; das bedeutet oftmals in den Augen der Welt, mit Verlust zu arbeiten.“ (Predigt des Papstes beim ökumenischen Gebet in Genf, am 21. Juni 2018)
Retten heißt verlieren, verlieren aber heißt retten, das ist die Logik des Evangeliums.
Beachtet wird hier meiner Ansicht nach in vielen Debatten mit christlicher Konnotation in Bezug auf Migration viel zu wenig:
“In christlicher Nächstenliebe zu handeln bedeutet etwas abgeben, aufgeben. Und wenn es nicht weh tut oder wenn man nichts vermisst, dann hat man noch nicht wirklich abgegeben, außer vielleicht vom Überfluss.”
WER Verlust erleidet und WER entscheidet.
Es geht hier nämlich nitnichten um die Konstellation, dass ein Christ in eigener Entscheidung etwas aufgibt aus Nächstenliebe und dabei vielleicht einen Verlust erleidet.
Sondern es geht darum, dass per Amtseid dem Wohl der im Land lebenden Bevölkerung und dern Gesetzen verpflichtete Politiker, eine Entscheidung hinsichtlich Migration treffen,
durch die dann vielleicht ANDERE Menschen einen Verlust erleiden (z.b. Bewohner von Vierteln, in denen sich aufgrund der Entscheidung der Politiker Parallelgesellschaften herausbilden/-verstärken),
während die Politiker unter Umständen GAR KEINEN Verlust erleiden und mancher sogar einen Gewinn, in Form von medialem Beifall und ein paar Wählerstimmen.
Ich verstehe einfach nicht, wie man den Aspekt, dass es etwas grundverschiedenes ist, wenn man selbst entscheidet zu geben und Verlust erleidet oder wenn jemand anderes entscheidet, dass man zu geben hat und einen Verlust erleiden wird.
Wieso schaffen es so viele nicht, da zu unterscheiden?
Das ist doch eigentlich vollkommen offensichtlich, dass das eine was anderes ist als das andere.
Und nebenbei kann man glaube ich auch so Populismus befördern.
Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn ich jemanden, der vermeintlich aufgrund Entscheidungen ANDERER einen Verlust erlitten hat/erleiden könnte, damit komme, dass er doch als Christ freiwillig und bereitwillig geben können soll, der mir ordentlich was husten wird; und selbstverständlich gegenüber weiteren Argumenten meinerseits dicht macht.
Genau: Verlust von anderen fordern und dann das christliche Etikett draufkleben is Populismus. Ganz meine Rede.
Wer christlich argumentiert muss sich den christlichen Werten und Ansprüchen stellen. Natürlich muss ein Politiker seinen Amtseid erfüllen. Aber dann darf er nicht das Christentum für sich reklamieren, wie es etwa die FPÖ und andere tun. DAS gilt es auseinander zu halten.
Wer seinen Amtseid als Politiker erfüllt, darf also nicht das Christentum für sich reklamieren? Obwohl die meisten Politiker schwören “so wahr mir Gott helfe”?
Das ist doch absurd!
So wahr mit Gott helfe ist eine Bitte für sich selbst, nicht eine Rechtfertigung des eigenen Handelns. Das ist ein Unterschied.
“Retten heißt verlieren, verlieren aber heißt retten, das ist die Logik des Evangeliums.”
Der 1. Blick
Na, das scheint mir doch ein eher priesterliches Problem zu sein! Vielleicht treiben Verlustängste auch noch „Lilith“ um (und das zu Recht). Fragen Sie aber mal einen Familienvater oder eine Mutter, ob sie ausgewachsene Probleme haben, auf etwas(selten alles, wie im Falle von Tod der Mutter im Kindbett, was ja heute Gott sei Dank mit medizinischem und technischem Fortschritt selten geworden ist) von sich zu verzichten zugunsten eines anderen Menschen. Aber auch hier gilt, grundsätzliche Störungen aller Art gibt es wohl überall.
Der 2. Blick
Nun (hier fällt mir Nietzsche ein) schimmert auch in der heutigen Kirche gelegentlich noch diese sadistische Ader durch, andere Menschen demütigen zu wollen, nach dem Motto, du bist nichts, “Gott” ist alles, heute der „Andere“ ist alles. Also ein “Hochwürden”, der seine sadistische Ader als pädagogische Methode tarnte. Im Traditionalismus wurde und wird das ja oft genug angewandt. Ich habe junge Frauen kennen gelernt, die wurden auf eine gewisse “frömmlerisch” Art und Weise so fertig gemacht, dass sie zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben haben, dem Tod näher als dem Leben in der “bösen Welt”. Ist es das, was die angeblich “christliche Logik” will?
“Retten heißt verlieren, verlieren aber heißt retten, das ist die Logik des Evangeliums.” Für mich ist hier die Tugend der Mäßigung verfehlt worden.
“Retten und Verlieren” ist ein Bibelzitat, das sind Jesusworte. Das sind steile Worte, schwierige Worte, aber sie haben eben mit der Nachfolge zu tun, wie der Herr sie anspricht. Natürlich darf ich das nicht als Urteil über das Leben anderer verwenden, da haben Sie völlig recht, das wird dann das “Priesterproblem”. Nur ist Verlust eben eine christliche Kategorie. Ich darf sie vom Nächsten nicht einfordern, aber ich muss sie in meinem eigenen Leben einbeziehen.
@Pater Hagenkord, ich danke Ihnen ausdrücklich für diesen-einer Ihrer besten- Beitrag!
selbst muss ich gestehen, dass ich in einer gewissen “Schockstarre” bin angesichts der sich überstürzenden Ereignisse zu dieser pathologischen Re-Nationalisierung mit der Aussicht auf den Verlust die WIRKLICHEN Werte des “christlichen Abendlandes” der Aufklärung verbunden mit der POSITIVEN Religionsfreiheit-GG 4 Absatz 1.2) Solidarität gerade mit den Ausgegrenzten usf..
da werden begriffe wie “illegale Migranten” -erinnert mich an das “Wörterbuch des Unmenschen”..
was ist denn ein illegaler Mensch??
klar in DIESER Logik ists dann nur folgerichtig, wenn dann Begriffe
wie Abschiebung- Einwanderung ins deutsche Sozialsystem- Einreise -Asyl-Tourismus(!!)- hatte bis zu dieser Dobrindt Wortschöpfung gar nicht gewusst das die Angst-Flucht übers Mittelmeer ein touristischer Event sei…
zum Mantra der Politik werden..
als junger Student-gerade mal 18- bin ich damals billigen Parolen(!!) wie “antifaschistischer Widerstand” nachgelaufen….
ALLERDINGS nicht ahnend ,dass ca. 50 Jahre später tatsächlich diese nationalistisch rechtsextreme Achse
(bei diesem Begriff in diesem Kontext schauderts mich..)
Salvini- Orban -Strache(Kurz)- Söder(Seehofer Dobrindt) ua. das 70jährige Friedensprojekt Europa plus EU selbstmörderisch zu grabe befördert wird..
gibt’s noch Hoffnung?
wenn ich an die vielen ehrenamtlichen und beruflich engagierten denke und an unseren Papst -JA es gibt Hoffnung auch im “Christlichen Abendland”
ALLERDINGS in der notwendigen Metanoia also auf Jesus und SEINEM Kreuz, dass eben so ganz anders ist..
und NICHTS mit einem “Bayrischen Latten Gustl” a la MP Söders “Kreuzerlass “zu tun hat..
zugegeben ein paar wenige spontane Eindrücke aber Ihr Beitrag Pater Hagenkord hat mich dazu ermutigt..
eine persönliche bitte an Sie: vermutlich werden Sie Sie vermutlich wieder einige “besorgte -aber unterirdische- postes “besorgter rechtgläubiger Christen” erreichen -lassen sie sich bitte auch nicht entmutigen..
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— jetzt wünsche ich noch allen Interessierten ein gutes Fußball -SPIEL(!!)-
über Dramen hab ich vorher geschrieben, aber DAS ist IMMER NOCH EIN SPIEL, das wir lieben-
also nicht die “Lifeline” in Malta!!
“da werden begriffe wie „illegale Migranten“ -erinnert mich an das „Wörterbuch des Unmenschen“..
was ist denn ein illegaler Mensch??”
Sie machen hier etwas unchristliches, Sie schreiben einen Begriff um, um andere schlecht dastehen zu lassen.
Illegaler … ist eine normale Redewendung, die eben ausdrückt, dass der nachfolgend per Substantiv bezeichnete das mit diesem Substantiv in Verbindung stehende illegal also außerhalb der Gesetze macht.
Z.b.:
Illegale Arbeiter = jemand, der irgendeiner Arbeit außerhalb des gesetzlichen Rahmens nachgehen
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/illegale-arbeiter-deutschlands-schattenpersonal-1384170.html
Ein völlig normaler Begriff.
Und genauso:
Illegaler Migrant = jemand, der in irgendeiner Weise migriert also Ein- und/oder Auswandert außerhalb des gesetzlichen Rahmens
Wie wollen Sie denn Migranten bezeichnen, die im Gesetzesrahmen migrieren? Und wie die, die das außerhalb des Gesetzesrahmens machen?
Wir müssen dafür doch alleine schon einen Begriff haben, da wir natürlich wissen müssen, ob und wieviele im Rahmen der Gesetze migrieren und wieviele außerhalb dieses Rahmens. Das braucht man alleine schon, wenn man ggf. die Gesetze zu Migration ändern will; denn ansonsten weiß man gar nicht, wer von der Änderung betroffen wäre.
Sie wollen hier letztlich mit der Moralkeule einen Begriff erschlagen ohne den man – sofern kein Ersatz vorgeschlagen wird – das Thema nicht mal diskutieren kann.
Kommen Sie doch mal bitte runter von Ihrem hohen Roß.
@carn
nicht” runterkommen” aber dem Evangelium treu bleiben….
Ich bitte immer noch um Begriffe für
a) Personen, deren Migration ohne Verstoß gegen geltende Gesetze erfolgt
b) Personen, deren Migration unter Verstoß gegen geltende Gesetze erfolgt.
Machen Sie es meinetwegen so wertungsfrei wie möglich; aber Sie sollten ja wenigstens begriffe haben.
Migration ist erst einmal das, Migration. Ob sie damit gegen geltende Gesetze verstoßen und in welchem Land und wo nicht, und was das Völkerrecht dazu sagt, steht erstmal auf einem ganz anderen Blatt. Migranten und Flüchtlinge, im eigenen Land wie auch aus diesem vertrieben, brauchen den Blick ohne sofort die Kategorie “dürfen die das auch” anzuwenden.
@Danke Pater Hagenkord für dies klaren Worte Beitrag!
@Carn, ich kann-weil kein Jurist- nicht legalistisch Ihre Frage beantworten..
ja. als selbst nach Wahrhaftigkeit suchender Zeitgenosse schreibe ich einfach was ich zu dieser Realität seismographisch wahrnehme..
die Migranten werden in der politischen Klasse
(Kanzlerin (Merkel sieht das wohl etwas differenzierter)
weitgehendst als lästig( weg damit…) empfunden- dabei schrecken auch demokratische Parteien nicht vor Instrumentalisierungen zurück:
(einige schreckliche Sexual-Morde uä..- wohlweislich mit Unterschlagung “Deutscher” Kapitalverbrecher.. )
um dann durch
a)ständiges “Bombardement” der Bevölkerung
b) dem Wettlauf mit den menschenverachtenden Aussagen der Rechtsextremisten!
diese in Teilen zu “manipulieren”..
klar damit wird dann auch die alltägliche Arbeit der -sicher nicht immer einfachen Integration- der vielen ENGAGIERTEN Menschen, die im “Weinberg des Herrn” arbeiten,
versucht wenigstens noch schwerer,wenn nicht gleich madig zu machen ..
besonders dreist finde ich wie in diesem “Migranten Kontext”-
(sorry ja unmögliches Wort aber ich hab spontan kein wirklich passendes Wort parat..)
selbst die kriminellen Schlepper für diesen “Diskurs” herhalten..
JA,wir sind uns sicher alle einig, dass diese Schlepper Mafia eine höchst kriminelle Organisation ist!
ABER wenn WIR sie nicht GRUNDSÄTZLICH(!!) vor dem Ertrinken(!!!) bewahren
– inzwischen werden ja schon privat caritative NGO´s kriminalisiert!!! und deren Schiffe beschlagnahmt..
also selbst keine Möglichkeiten eröffnen im Sinne eines breit angelegten Transfers diesen Teil ihrer Flucht zu humanisieren..
DESWEGEN treiben wir sie die Flüchtlinge fast vorsätzlich in deren Fangarme ..
ist uns denn nicht bewusst welchen ANTEIL WIR AN DEM KRIMINELLEN TREIBEN DER SCHLEPPER HABEN..!!
ist das nicht mehr als peinlich?
PS:noch kurz noch ein Beispiel-pars prototo- was mich empört:
warum können die afrikanischen Kleinbauern nicht -zollfrei- ihre selbst erwirtschafteten Güter nach Europa exportieren??
steckt da vielleicht die europäische Agrar-Industrie dahinter, die ja auch den europäischen Familien betrieben das Leben schwer machen..
also ich spreche von dieser Doppelmoral..!!
Ok, es soll also keine Begriffe dafür geben.
Glaube allerdings nicht, dass das gegen Populismus hilft.
Gut, aber dass das Erfüllen des Amtseides in einer Demokratie, dem Wohle des eigenen Volkes zu dienen und Schaden von ihm abzuwenden sich nicht auf das Christentum berufen darf, erschließt sich mir trotzdem nicht.
Es ist ein Bezug, der nicht Gott für sich reklamiert, sondern im Umkehrschluss sich Gott anvertraut.
Es ging mir jetzt gar nicht mehr um den Gottesbezug beim Amtseid sondern um den Amtseid an sich, dem Wohle des eigenen Volkes zu dienen.
Was daran soll nichtchristlich sein, wenn Politiker diesen Amtseid ernst nehmen und danach handeln?
Ich glaube Pater Hagenkord meinte, dass Politiker, die ihren Amtseid im Widerspruch zu christlichen Werten ausüben, sich nicht auf das Christentum berufen sollten, und hierfür die FPÖ ein Beispiel sei.
Ungeschickterweise gibt es aber meines Wissens keine einzige Partei in westeuropäischen Ländern, die die Regierungsverantwortung nicht an vielen Ecken und Enden im Widerspruch zum Christentum ausübt.
Denn die einen sind dem Rassismus manchmal zumindest verbal nahe und ignorieren da wohl oft christliches Denken; die anderen hingegen haben nicht mal mehr Verständnis dafür, dass hundertausende Abtreibungen ein Thema sein sollten; was eben auch oft ein Ignorieren von christlichem Denkem sein dürfte.
Wie üblich die USA besonders extrem, da hat man nur die Wahl zwischen einer Partei, die Kinder und Eltern an der Grenze trennt, und einer Partei, die ihre Mandatsträger auf vollkommen freien und steuerzahlerfinanzierten Zugang zu Abtreibung verpflichten will.
Habe mich schonmal im Scherz gefragt, ob man in den USA als Katholik überhaupt noch irgendwen wählen kann, ohne dass man anschließend eigentlich unmitelbar beichten gehen sollte.
Freue mich auch immer wieder über diesen Blog. Dafür mal ein herzliches Vergelt’s Gott. Nun zum Thema Verlust und Migration, Christliches Abendland und Populismus.
1. Menschen in Not zu helfen muss selbstverständlich sein. Dafür muss
ich noch nicht einmal Christ sein, sondern eben “nur” ein Mensch.
2. Wir sind alle Kinder des einen Schöpfers. Auch dazu bedarf es
keiner Taufe, um das zu begreifen. Es gibt keine minderwertigen
Menschen.
3. Und jetzt wird es schwierig, weil vielleicht schnell
missverständlich. In unserer Welt regiert der Mammon. Papst
Franziskus, so war hier im Blog zu lesen, nimmt gern die Vokabel
Teufel in den Mund, wenn er die dunklen Seiten ansprechen will.
Was mir zum Verständnis in der Sache, um die es hier geht, fehlt,
ist die Realität des Schleuesertums, der Missbrauch von Menschen
in den Herkunftsländern.
4. Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass viele flüchtende
Menschen nicht in der Lage sein werden, sich bei uns zu inte-
grieren. Der Kulturschock wird für manche unüberwindbar sein.
Unser gutes Herz allein wird hier nicht helfen. Nüchternheit
ist gefragt. Um es mal im Beispiel zu formulieren: Ein
intelligenter Analphabet, egal aus welchem Winkel der Welt, der
sich für nichts zu schade ist, mag sich bei uns durchkämpfen
können. Aber wir Menschen sind nicht alle gleich schlau und haben
nicht alle die gleiche Frustrationstoleranz, den gleich starken
Willen sich in der neuen Welt ehrlich zurechtzufinden. Was dann???
SPQR Senatus Populusque Romanum. Was soll am Populismus schlecht sein? Soll wohl heißen SR. Heinrich Heine (Jude!) spricht vom Stilum Curiae Romanae. Schreibgriffel lies Dolch der Römischen Kurie.
Man sollte aber erst mal die eigene Kultur, Tradition, Religion kennen, oder? Das fehlt mir ein bisschen in der Religionsvermittlung momentan beziehungsweise bei den charismatischen Gruppierungen in der katholischen Kirche, die gerade und besonders die katholische Jugend erreichen wollen. Diese seichte, vereinfachte Darstellung was Glaube sein soll: Liebe, Freude, ein Sich-Geliebtfühlen, eben ein “Friede-Freude-Eierkuchenchristentum”.
Würden die Menschen nur einmal das Gotteslob ganz durchgehen, dann würden sie bei dieser Lektüre bereits merken, wie komplex Katholizismus eben ist.
Aber die Lieder bei charismatischen Lobpreisveranstaltungen lassen wirklich einiges zu wünschen übrig.
Leute, die wirklich Ahnung von der Kultur Europas haben, werden keinen “Verlust der Kultur” beklagen. Denn Kultur wird ja schöner und differenzierter, wenn sie sich eben beeinflussen lässt bzw. sich entwickelt. Das weiß man von Geschichtsbüchern und dem Austausch von Okzident und Orient im etwa Mittelalter.
Das wissen Sie! von Geschichtsbüchern und dem Austausch von Okzident und Orient im etwa Mittelalter. Christsein heißt aber nicht eigenes Wissen von anderen Christen zu erwarten sondern eigenes Wissen so zu vermitteln, dass es alle Christen erreichen kann.
Eben: anders vermitteln.
Wissen Sie: Ich lebe in einem Bistum wo grad charismatisches Christentum das Non-Plus-Ultra ist. Irgendwie richten wir uns grad nur auf Amerika hin aus. Und für mich, als Europäer, ist Amerika irgendwie (entschuldigen Sie den Ausdruck): ein Land ohne jegliche Kultur.
Unser Pfarrer ist da zum Glück das glatte Gegenteil: in jeder Predigt erklärt er auch die Traditionen.
Und da ich einfach zu wenig weiß über diese komplexen Traditionen, bin ich froh über jede Erklärung.
Bei mir führt diese Tendenz im Bistum jedenfalls wirklich schon zu einer Art Allergie gegen jede dumme Form von Glaubensvermittlung.
Vielleicht wirkt das auf den ersten Blick arrogant – aber ich hab diesen Kurs so satt.
Wenn Sie da sogar Erwachsene auf dem Boden rumturnen sehen, mit hoch erhobenen Händen (wie in Trance), während “Lobpreis” praktiziert wird, dann reicht’s echt. Schlimm nur, dass diese Leute hauptamtliche Führungspositionen besetzen ohne je einen theologischen Abschluss gemacht zu haben.
Aber, hey: Hauptsache “Peace” und im “Flow”-Bleiben.
Unser Bistum ist grad so zum Abreihern. Ich hoff, der derzeitige Bischof klettert bald die Karriereleiter hoch und lässt uns mit seinen Methoden endlich in Frieden.