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Schlagwort: Populismus

Politische Nächstenliebe: Die neue Enzyklika

Veröffentlicht am 4. Oktober 20204. Oktober 2020
So viel Politik war selten Der inspirierende Heilige: Franziskus. Hier eine Statue in Boston. Foto MK Feeney

So viel Politik war selten. Papst Franziskus schreibt eine neue Enzyklika, eine Sozialenzyklika, aber der Fokus liegt ganz klar auf der Politik. Oder anders formuliert: auf der gemeinsamen Verbesserung unserer Welt. Der Papst will träumen, und zwar von einer neuen Geschwisterlichkeit. Und das gemeinsam mit allen, nicht nur Christinnen und Christen. „Kann die Welt ohne Politik funktionieren? Kann sie ohne eine gute Politik einen effektiven Weg zur allgemeinen Geschwisterlichkeit und zum gesellschaftlichen Frieden finden?“ (FT 176). Nein, kann sie nicht. Also spricht der Papst über Politik.

Kern des Franziskus-Politischen ist einmal mehr der barmherzige Samariter. „Betrachten wir das Modell des  barmherzigen Samariters. Dieser Text lädt uns ein, unsere Berufung als Bürger unseres Landes und der ganzen Welt, als Erbauer einer neuen sozialen Verbundenheit wieder aufleben zu lassen.“ (FT 66) Nächstenliebe ist nicht Wohltätigkeit, sondern aktiver Einsatz. Und aktiver Einsatz, politischer Einsatz, ist kein Zusatz zum Glauben, sondern gehört dazu. Er ist die Option, „die wir wählen müssen, um diese Welt, an der wir leiden, neu zu erbauen“ (FT 67).

So viel Politik war selten

Es gibt die Tendenz in einigen katholischen Zirkeln, den Rückzug und die Abgrenzung zur Welt als den Weg in die Zukunft zu sehen. Das sieht der Papst nicht so. Der Gestaltungswille ist christlich, das Miteinander auch mit anderen ist christlich, nicht die Abgrenzung. Das ist die katholische Lehre.

Nicht, dass das ein Abgleiten ins nur und rein säkular-Politische wäre, die Anker des Christlichen in der Enzyklika sind sehr stark: „An erster Stelle steht die Liebe; was nie aufs Spiel gesetzt werden darf, ist  die Liebe; die größte Gefahr besteht darin, nicht zu lieben (vgl. 1 Kor 13,1-13)“. „ Die Liebe ist das Herzstück jedes gesunden und nicht ausgrenzenden Gesellschaftslebens.“ Auch Liebe ist eben nichts Privates, rein Persönliches, sondern führt auf den Anderen zu. Die Öffnung des Herzens gegenüber den Mitmenschen führt zur Öffnung des Herzens gegenüber Gott.

Liebe öffnet Herzen

Und das führt zum Engagement, zum Willen die Welt besser zu machen, kurz: zur Politik. Vorbereitet hatte er die Gedanken schon seit einiger Zeit. Aber die Enzyklika behandelt nicht nur katholische Soziallehre. Sondern wendet sich vielmehr dem Warum und dem Wie zu. Vor allem: dem gemeinsamen Handeln.

Das Ganze ist ja in der Vergangenheit oft genug schief gegangen. Der Papst nennt die Corona-Krise, aber viel bedeutsamer finde ich die Finanzkrise von 2008, bei der das gemeinsame Scheitern schon sichtbar wurde. Und das ist dem Papst nun Anlass, nach neuen Wegen zu suchen.

Und der führt über das Naturrecht. Diesen Weg waren schon seine Vorgänger gegangen, von allem Benedikt XVI. in seiner Rede vor dem Bundestag. Bei Franziskus klingt das so: „In der Wirklichkeit des Menschen und der Gesellschaft selbst, in deren innerster Natur, gibt es eine Reihe von Grundstrukturen, die ihre Entwicklung und ihr Überleben sichern. Daraus leiten sich bestimmte Forderungen her, die im Dialog entdeckt werden können“ (FT 212). Und dann der Zusatz: „Für Gläubige ist die menschliche Natur als die Quelle ethischer Prinzipien von Gott geschaffen“.

Im Dialog erkennen wir Werte

Ganz wichtig: das neue „Wir“ und die gemeinsamen Werte entstehen nicht über einen falschen Konsens. Nicht über eine Toleranz, die einfach nur in einem Verschonungspluralismus alles nebeneinander gelten lässt. Über den Dialog lassen sich Werte wie Geschwisterlichkeit erkennen, weil sie eben in uns drinnen liegen.

Andersherum formuliert: der falsche Konsens und die falsche Toleranz spielen den Mächtigen in die Hände. „ Der Relativismus ist keine Lösung. Unter dem Deckmantel von vermeintlicher  Toleranz führt er letztendlich dazu, dass die Mächtigen sittliche Werte der  momentanen Zweckmäßigkeit entsprechend interpretieren.“ (FT 206)
Erst der Blick auf das Menschsein und auf unsere Geschwisterlichkeit ermöglicht die Kritik der Machtverhältnisse und der Ausübung von Macht. Das ist eine Aufgabe für die Glaubenden. Und es ist eine Aufgabe auch für die Kirche als solche: „ Aus diesen Gründen respektiert die Kirche zwar die Autonomie der Politik, beschränkt aber ihre eigene Mission nicht auf den privaten Bereich. Im Gegenteil, sie kann und darf beim Aufbau einer besseren Welt nicht abseits stehen, noch darf sie es  versäumen, die seelischen Kräfte zu wecken, die das ganze Leben der  Gesellschaft bereichern können.“ (FT 276)

Kritikfähigkeit

Der Papst kritisiert deutlich die Marktgläubigkeit und eine Finanzwirtschaft, die außerhalb politischer Kontrolle agiert.

Der Papst betont, dass Privateigentum kein absolutes, sondern ein sekundäres Recht des Menschen ist.

Der Papst fordert ganz realistisch eine Reform der internationalen Organisationen, allen voran der UNO.

Der Papst demaskiert die Menschenverachtung der Demagogie. „Wir müssen uns angewöhnen, die verschiedenen Arten und Weisen der  Manipulation, Verzerrung und Verschleierung der Wahrheit im öffentlichen und  privaten Bereich zu entlarven.“ (FT 208)

Der Raum der Mitverantwortung

Vielem von dem werde ich mich hier sicherlich noch im Einzelnen zuwenden. Diese kurze Aufzählung ist aber wichtig, um die Breite des Spektrums der Enzyklika aufzuzeigen. Vor allem ist es wichtig zu betonen, dass das uns alle angeht: „Wir dürfen nicht alles von denen erwarten, die uns regieren; das wäre infantil. Wir genießen einen Raum der Mitverantwortung, der es uns ermöglicht, neue Prozesse und Veränderungen einzuleiten und zu bewirken. Wir müssen aktiv Anteil haben beim Wiederaufbau und bei der Unterstützung der verwundeten Gesellschaft. Heute haben wir die großartige Gelegenheit, unsere Geschwisterlichkeit zum Ausdruck zu bringen; zu zeigen, dass wir auch barmherzige Samariter sind.“ (FT 77)

Die Welt ist in einem schlechten Zustand. Machen wir sie besser, weil das Gottes Wille für uns ist.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, VatikanSchlagwörter Enzyklika, Fratelli Tutti, Geschwisterlichkeit, Glaube, Kirche, Papst Franziskus, Politik, Populismus17 Kommentare zu Politische Nächstenliebe: Die neue Enzyklika

„Alles andere ist zweitrangig“

Veröffentlicht am 14. Juli 201913. Juli 2019
Rosenkranzpolitik Rom: Kirche und Stadt, Kuppel und Turm, das ist alles nicht trennbar

„Ich persönlich vertraue mein und euer Leben dem unbefleckten Herzen Mariens an, das, da bin ich mir sicher, uns zum Sieg verhelfen wird.“ Ganz neue Töne waren das von jemandem, von dem man bislang nicht viel in Sachen Religion gehört hatte: Matteo Salvini im Wahlkampf vor der Europawahl war das. Er stand vor dem Dom in Mailand, mit dem Rosenkranz in der Hand. Rosenkranzpolitik zum Stimmenfang.

Und das darf er. Es hat ja aus der Kirche viele Stimmen gegeben, die sich heftig aufgeregt haben. Eine zynische Politik betreibe er, überhaupt nicht auf Lösungen aus sondern nur auf Streit um die eigene Polularität zu steigern, und jetzt soll der Rosenkranz helfen? Ja, Salvini darf das.

Rosenkranzpolitik

Auch hier habe ich mich ja schon mal in eine andere Richtung geäußert, damals ging es um das verpflichtende Kreuz in Bayern. Dreist hatte ich die Aktion genannt. Aber jetzt liegen die Dinge etwas anderes. Es ist die Person Salvini, die sich mit dem Rosenkranz schmückt, nicht eine Verordnung für alle öffentlichen Orte. Er mutet den Rosenkranz deswegen nicht allen zu, man braucht nur weggehen von Salvini und schon ist das außer Sicht. Bei den Amts-Kreuzen geht das nicht.

In gewisser Weise dürfen wir sogar dankbar sein. Nicht nur dass solche Aktionen und Christen dazu zwingen, über unsere Symbolik nachzudenken. Sondern auch die Tatsache, dass viele Katholiken ihm das durchgehen lassen sollte der Kirche zu denken geben. Sich beschweren ist das eine, aber es zeigt eben auch, dass wir nicht mehr die Herren unserer Symbole sind.

Nicht mehr Herren unserer Symbole

Auch von anderer Seite gibt es das, die Politisierung von Religion und Glaube. Nein, ich meine nicht die Helfer, ich meine nicht den Papst. Nehmen wir den berühmt gewordenen Kardinal Raymund Leo Burke. Der behauptet zum Beispiel, dass Gott gegen eine weltweite Regierung sei. Dass man das aus politischen Gründen auch so sehen kann, ist eine Sache. Er aber meint, das Naturrecht und damit „göttliche Autorität“ in Anspruch nehmen zu können.

Und auch hier: der darf das. Wenn er bereit ist, sich einem rationalen Argument über Naturrecht zu stellen, dann darf er das so sagen. Beide Argumente – so unterschiedlich sie auch sind – haben aber eines gemeinsam: sie ziehen die Spären von Glaube/Religion und Politik/Gesellschaft zusammen. Bei beiden wird es dann schräg wenn man dann hört, Kirche habe sich bei gewissen Themen rauszuhalten. Nein, hat sie nicht, denn gerade die Rosenkranzpolitik zeigt, dass die beiden Dinge zusammen gehören.

Kirche braucht sich nicht rauszuhalten

Ende Juni war in Lampedusa die Kapitänin der Sea Watch 3 festgenommen worden, nachdem sie unerlaubt in den Hafen eingelaufen war. Die Geschichte ging durch die Medien. Die rechtliche Seite ist mindestens komplex, Seerecht, nationales und internationales Recht hier auseinander zu halten ist nicht einfach.

Klar ist aber auch die christliche Sichtweise: „Ich glaube, dass Menschenleben auf jeden Fall gerettet werden müssen – egal auf welche Weise.“ Das sagte damals ungewohnt direkt Kardinal Pietro Parolin, der engste Mitarbeiter von Papst Franziskus, als Reaktion. Das Retten von Menschenleben müsse „der Polarstern sein, der uns leitet“, so der Kardinal weiter. „Alles andere ist zweitrangig.“

Papstbrief und Bekehrung

Wer den Rosenkranz schwingt, der muss sich solche Sätze anhören. Aber wer solche Sätze sagt, der muss auch zur Kenntnis nehmen, dass viele Gläubige das nicht so sehen und Christentum mit Nationalismus paaren. Dass sie sich Lebensschützer nennen, das aber auf Abtreibung beschränken. Solange vor den Kathedralen dieser Welt und sonstwo das Christliche für das Politische in Anspruch genommen wird, solange muss das Christliche sich fragen, wofür es steht.

Die Rosenkranzpolitik verweist letztlich auf eine leere Religion. Eine Religion zur Selbstbestätigung und zur Beruhigung, ein echtes Opium für das Volk. Eine Religion die nicht weh tut, die sich rückstandsfrei auf die jeweils eigene Kultur zurückführen lässt.

Papst Franziskus hat recht, wenn er in seinem Brief vor allem auf die „Bekehrung“ wert legt. Wir Katholiken müssen uns neu bewusst werden, was wir da eigentlich glauben und wofür wir deswegen stehen. Das kann man nicht einfach herbei behaupten, dass muss die Kirche schon gemeinsam tun. Wenn wir das nicht tun, dann bleibt beides – der Rosenkranzschwinger auf der einen und der Kardinal auf der anderen Seite – letztlich belanglos.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Rom, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flüchtlinge, Papst Franziskus, Politik, Populismus, Rosenkranz, Salvini, Symbole31 Kommentare zu „Alles andere ist zweitrangig“

Parolen verhindern Reflexion

Veröffentlicht am 20. Juni 201919. Juni 2019
70 Millionen Flüchtlingen Screenshot UNHCR-Statistik

Kubaner, Afghanen, Sudanesen, Rohingya, Menschen aus Zentralamerika und dem zentralen Afrika, von überall her machen sich Menschen als Flüchtlinge auf den Weg. Nie waren es so viele wie heute, sagt das Flüchtlingshilfswerk der UNO. Es spricht von knapp 70 Millionen Flüchtlingen. Die Hälfte davon sind Kinder, also unter 18 Jahren.

An diesem Donnerstag ist unter anderem Weltflüchtlingstag. Ein Drama vor aller Augen, das aber leider allzu oft funktionalisiert wird. Im Streit, in Abgrenzung, in Angst.

70 Millionen Flüchtlinge

Es geht um nichts weniger als um das Entdecken von „wesentliche Dimensionen des Glaubens“, sagt der Papst. Migration sei eine Schlüsselfrage für die Zukunft der Menschheit, es trifft einfach zu viele. Und die Veränderungen etwa durch Versteppung, durch Klimawandel, durch Vertreibungen werden in Zukunft noch weiter Menschen auf die Reise zwingen.

Im Umgang mit Migranten gehe es um menschliche Ängste, um Nächstenliebe, Menschlichkeit, darum, niemanden auszuschließen, und für Christen auch um das Reich Gottes, so noch einmal Papst Franziskus. Es geht um Barmherzigkeit.

Fakten statt Verzerrung

Mit ist es unverständlich, wie selbst jetzt noch, wo die emotionalisierten Debatten von 2015 und den Folgejahren abgeklungen scheinen, Christen in Diffamierungen sprechen.

In der Flüchtlingskrise habe „unsere Regierung wissentlich und willentlich die eigene nationale Souveränität aufgegeben und den Begriff ‚Rechtssicherheit‘ durch ‚Willkommenskultur‘ ersetzt“, eine furchtbare Sprache aus dem Mund von Katholiken. Und so offensichtlich falsch.

Der Papst – so wichtig für die angeblich papsttreuen – sieht das anders. Angesichts der Herausforderungen durch die Migration heute „besteht die einzige vernünftige Antwort in der Solidarität und Barmherzigkeit.“ Das Schlüsselwort hier: vernünftig. Und ja, Migranten müssen Kultur und Gesetze achten, man darf Staaten und Gemeinwesen auch nicht überfordern, auch das ist Teil der Botschaft. Aber dazu gehört eben auch die vernünftige Antwort der Solidarität.

Sprache der Verhinderung

A propos Vernunft: Die vergiftende Sprache verhindert, dass wir verstehen. Es ist sogar ihr Zweck: Erregung durch die Sprache der Angst soll Reflexion, Vernunft und Nachdenken verhindern. So macht man sich Menschen untertan.

Statistiken mögen schwer zu lesen sein, aber in einer komplexen Welt hilft es uns nun mal nicht, sich diese mit Parolen übersichtlich zu reden. Wir brauchen den Blick auf die Zukunft, auf die Zahlen, auf die Entwicklungen. Es braucht Streit, es braucht Debatte um Zahlen und Entwicklungen, das ist alles gut. Aber was es nicht braucht ist die Verhinderung von Debatte, die Abwehr von Reflexion.

Es mögen in diesem Jahr 70 Millionen Flüchtlinge sein. Aber dahinter stecken 70 Millionen einzelne Menschen.

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An diesem Donnerstag ist auch Fronleichnam. Das Fest des sich für die Menschen hingebenden Gottes. Das mag ich hier nicht polemisch einflechten, aber da das Fest hier in Italien und auch im Bistum Rom auf den Sonntag verlegt ist, kommt dazu etwas in den kommenden Tagen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flucht, Gesellschaft, Migration, Papst Franziskus, Populismus, UNHCR35 Kommentare zu Parolen verhindern Reflexion

Gretchenfrage: Wie hast du’s mit der AfD?

Veröffentlicht am 18. Juni 201914. Juni 2019
Dialog mit der AfD Vor zwei Jahren: Kirchentag an einem der Ursprungsorte der Reformation, in Wittenberg (DEKT/Kathrin Erbe)

Kirche, wie hältst du es mit dem Populismus? Die Gretchenfrage ist ein Kinderspiel dagegen. Die Frage stellt sich vor allem, wenn es um Institutionen geht, also Kirche und Parteien. Es ist immer so eine Sache mit der Politik und dem Glauben. Kreuze in Büros, Kirchenasyl, da kreuzt man gerne mal die Klingen. Nirgendwo wird es aber so deutlich und auch so unsicher wie bei der Frage, ob man nun die AfD einlädt zu Kirchen- oder Katholikentag. Dialog mit der AfD?, das ist hier die Frage.

Der evangelische Kirchentag hat sich dagegen entschieden, die AfD wehrt sich. Und auch die Christen sind sich nicht eins.

Dialog mit der AfD?

Ganz kurz: Es gibt einen Beschluss des Kirchentages (September 2018), „Repräsentant*innen der Alternative für Deutschland (AfD) sind auf Podien und Diskussionsveranstaltungen des Kirchentages in Dortmund vom 19. bis 23. Juni 2019 nicht eingeladen. Gleichzeitig will der Kirchentag den Dialog mit all denjenigen führen, die sich gegenwärtig in den gesellschaftlichen und politischen Debatten nicht wiederfinden und lädt diese ausdrücklich nach Dortmund ein.“ Nicht eingeladen wird, wer sich rassistisch äußert. Zudem würden Personen nicht eingeladen, die Äußerungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verbreiteten.

Einige AfD-ler, voran Björn Höcke, werfen nun der evangelischen Kirche vor, mit dem Zeitgeist zu paktieren. Von Ausgrenzung ist die Rede. Die Kirche solle Seelsorge betreiben, statt Politik zu betreiben. Und weil die AfD ja nicht ohne sinnlose Provokation kann, ohne analoges Trollen, kommt auch gleich der Vergleich der evangelischen Kirche heute mit der Kirche, die mit den Hitler- und dem SED-Regime paktiert habe.

Keine Einladungen an Menschen, die sich rassistisch äußern

Der evangelische Kirchentag hat sich also entschieden, und zwar anders als noch der Kirchentag vor zwei Jahren und auch als der Katholikentag 2018. Was dafür spricht, dass es keine Prinzipienfrage, sondern eine Abwägung war. Die AfD habe sich radikalisiert, begründet dies der Kirchentags-Präsident Hans Leyendecker. Es gehe nicht im Proporz, sondern um darum, Menschen einzuladen, die etwas Wichtiges zu sagen hätten. Auch das ein Kommentar zu den Äußerungen der AfD-Vertreter.

Aber nicht alle finden den Beschluss richtig. Es wird weiter debattiert. Die Ausgrenzung sei unklug und falsch, sagt ein Historiker, auch wenn er die Argumente nachvollziehen könne.

Ein Kirchenrechtler nennt den Beschluss sogar inkonsequent, weil andere Organisationen, auf die man ähnliches anwenden könnte, nicht ausgeschlossen würden. Außerdem könnte sich die AfD jetzt als Opfer inszenieren, statt sich den Debatten in Dortmund stellen zu müssen.

Es geht nicht um Proporz

Nun kann man an dieser Stelle vielleicht Papst Franziskus anführen, Dialog sei in jedem Fall besser als kein Dialog. Das habe ich hier ja auch schon immer wieder mal kommentiert. Nur wäre das in Dortmund ja mehr als Dialog, es wäre ein Podium für die AfD.

Dialog ist ja nicht einfach, aufeinander einzureden. Dialog ist kein auf die Zeltbühne verlegte Talkshow. Wenn es echter Dialog ist, dann weiß man nachher nicht, wo man gelandet ist. Wenn es echter Dialog ist, dann ist er nicht einfach nur ein Mittel, um etwas zu erreichen. Laut Papst Paul VI. ist Dialog sogar eine ausdrückliche Methode des Apostolats, also des Handelns der Kirche, so der Papst in seiner Antritts-Enzyklika Ecclesiam Suam.

Keine Talk-Show auf der Zeltbühne

Die Bemerkung mit der Zeltbühne meine ich durchaus ernst. Talk-Shows sind Inszenierungen, die unterhalten sollen. In einem echten Dialog kann es aber nicht nur um den kleinsten gemeinsamen Nenner gehen. Und auch nicht um die Darstellung möglichst großer Kontraste der Unterhaltung wegen. Zumindest bei kirchlichen und christlichen Dialogen nicht.

Hier kann ich die Begründung des Kirchentages nachvollziehen. Hier ist Abgrenzung nötig. „Keine Toleranz der Intoleranz“ sagt der Kirchentag in seiner Beschlussbegründung. Wir sehen ja – und der oben angesprochene Höcke-Auftritt neulich unterstreicht das – dass die Forderung, die Kirche sei mit den Mächtigen im Bett und solle bittschön Seelsorge machen und nicht Politik betreiben, seinerseits auf Abgrenzung aus ist. Nicht auf Zubewegen.

„Keine Toleranz der Intoleranz“

Dialog hat mit Wahrheit zu tun. Ein großes Wort, es meint aber schlicht und einfach, dass man sich auf die Suche danach machen will. Wenn ich den Dialog gebrauche, um meine eigene – parteipolitische – Identität zu schärfen, dann ist das ein Dialogverhinderer. So sagt es Papst Benedikt XVI. Es kann schon mal sein, dass man es in der Religion mit der Frage nach der Wahrheit zu tun bekommt. Wer das über Rassismus oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ausschließt, der will keinen Dialog.

So beginnt der Kirchentag in Dortmund also ohne die offiziellen Vertreter der AfD. Das ist die aktualisierte Version der Gretchenfrage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon“ (Faust I, Vers 3415). Und wer von Religion als Religion nicht viel hält, wer diesen Dialog nicht will, der wird halt auch nicht eingeladen. Und das finde ich richtig so.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter AdF, Debatte, Dialog, Diskussion, Katholikentag, Kirchentag, Politik, Populismus72 Kommentare zu Gretchenfrage: Wie hast du’s mit der AfD?

Die Freiheit und das künstlich geschürte Gefühl der Angst

Veröffentlicht am 2. Juni 20191. Juni 2019
Balkan und Europa: Ein Thema des Papstes Papst Franziskus zu Besuch in Rumänien, und Europa ist Imme dabei

Es ist ein böses Wort: Der Balkan beginnt immer 50 Kilometer südwestlich von dem Ort, an dem ich mich gerade befinde. Ausdruck einer Missachtung, die wir für diesen Teil Europas haben, anders kann man das nicht sagen. Balkan und Europa, das will in unseren Köpfen nicht zusammen, unsere Vorstellung von Europa ist anders.

Papst Franziskus hat sich Süd-Osteuropa aber bereits mehrfach als Reiseziel gewählt: Bosnien-Herzegowina (2015), Nord-Mazedonien und Bulgarien (2019), Albanien (2014) und mit dem heutigen Sonntag endend die Reise nach Rumänien. Viele Besuche in eine geographisch eher kleine Region der Welt.

Balkan und Europa

Und das liegt nicht nur daran, dass der Balkan von Italien aus nicht weit weg ist, die Länder dort sind auch lebendig, in Bewegung.

Und deswegen ist es so wichtig, Dialog anzubieten, Kräfte zu stärken und Präsenz zu zeigen. Eben nicht den Balkan unten rechts liegen zu lassen.

Ein wichtiges Thema dabei ist immer das der Freiheit. 1989 liegt nun schon länger zurück, die Befreiung vom Sowjet-System. Der Umgang mit dieser Freiheit kommt deswegen immer wieder vor, in vielen Ansprachen und Begegnungen. Nicht immer ist das einfach, aber immer ist es notwendig.

Der Umgang mit der Freiheit

„Hürden“ nannte der Papst das in Rumänien, Entvölkerung und Landflucht, Schwächung der kulturellen Wurzeln, Vergessen der eigenen Traditionen, aber auch soziale und politische Probleme.

Seine Botschaft: Zusammenarbeit. Ganz einfach. Dialog und Zusammenarbeit. „Es ist notwendig, dass alle gemeinsam vorangehen“ und sich um das Gemeinwohl – das Wohl das man nicht alleine haben kann – kümmern. Da muss man noch nicht die Überschrift „Papst spricht sich gegen Populismus aus“ draus machen, aber auf positiver Weise drückt der Papst das aus. Er ist für etwas, nicht gegen etwas.

Dafür, nicht dagegen

Und es ist mehr als „nur“ Politik oder Gesellschaft, es hat mit Geschichte, Kultur, sozialem Leben zu tun. Die „Güte des Gesellschaftsmodells“ könne man daran ablesen, wie mit den Schwächsten, Ärmsten und Geringsten“ umgegangen werde.

Dazu brauche es mehr als nur ein Update der Wirtschaftstheorie, das geht tiefer, eben auch auf dem Gebiet von Kultur, Religion und „Seele“, auch wenn uns dieses Wort vielleicht komisch vorkommt.

„In diesem Sinn können die christlichen Kirchen mithelfen, das pulsierende Herz wiederzufinden und zu stärken; den von diesem muss ein politisches und soziales Handeln herkommen, das von der Würde des Menschen ausgeht und das dazu führt, sich aufrichtig und hochherzig für das Gemeinwohl der Gemeinschaft einzusetzen“ (Rede am Freitag). Klingt vielleicht wie eine Sonntagsrede, hat aber mit Blick auf die politischen und sozialen Egoismen durchaus Sprengkraft.

Vergiftete Gesellschaft

Er hat bei der Begegnung mit den Orthodoxen von dem „künstlich geschürten“ Gefühl der Angst gesprochen, das zunehmend die Gesellschaft vergifte. Abschottung und Hass seien das Resultat. Viele hätten vom wachsenden Wohlstand profitiert, aber die meisten blieben dann doch „gnadenlos ausgeschlossen“: Gnade, das ist ein Gottes-Wort. An dieser Stelle ist er dann doch gegen etwas, er nennt die Gefahren für die Freiheit, für den menschenwürdigen Umgang miteinander.

Und er sagt es in Europa. Auf dem Balkan. Dort wo Europa sich selber schwach sieht, arm. Wo wir Geschichten von Korruption und Kriminalität lesen. Wo aber auch Freiheitsgeschichte spielt.

Es sind Botschaften an alle von uns, die von dort kommen. Von wohl dort kommen müssen. Wenn, ja wenn Europa denn zuhört.

 

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Die Freiheit und ihre Gegner

Veröffentlicht am 11. Mai 201911. Mai 2019
Der Papst und seine Gegner Nationaltheater, München. Eine kluge und nicht nur semantische Unterscheidung

Wir reden zu viel über Gegner. Jedenfalls habe ich das Gefühl, wann immer ich mit Gruppen oder am Vatikan interessierten Menschen spreche. Der Papst und seine Gegner, das zieht. Nicht nur in Buchformat. Und hier habe ich mich selber ja auch schon damit befasst.

Für diverse TVs bin ich am Donnerstag zum neuen Motu Proprio interviewt worden, immer war da auch die Frage nach dem Durchsetzen, nach dem Gewinnen, nach den Gegnerschaften dabei. Das ist journalistisch verständlich, zeigt aber auch dass Kirche oder Vatikan durch dieses Fenster gesehen wird. Wer gewinnt?

Der Papst und seine Gegner

Dabei gehen wir über einen schmalen Grat. Zum einen ist es wichtig zu verstehen, was in der Kirche gerade passiert, die Populismen, Polarisierungen und Abgrenzungen sind nicht zu vernachlässigen. Andererseits aber darf man sich davon auch nicht hypnotisieren lassen. Dann überlässt man dieser Debatte die Deutungshoheit über Kirche.

Zuletzt war es der Artikel bei katholisch.de, der einige Debatten ausgelöst hat. Der Versuch, zu verstehen, was hinter dem Versuch steckt, Kirche und Glauben eng zu führen auf Autorität und Forderung. Auf die Gesetzes-Religion, um es biblisch zu sagen. Der Papst und seine Gegner, das ist eben mehr als „nur“ die Frage nach Autorität, hier geht es um mehr, hier geht es auch um Glaube und Kirche und Religion.

Es geht um etwas

In die Analyse mag ich mich hier nicht vertiefen, das Studium von autoritärer Persönlichkeitsstruktur ist sicherlich wichtig, da bin ich aber nicht Fachmensch. Ich bin aber an einer rein beschreibenden Bemerkung hängen geblieben: „Religiöse Wahrheit, Gott und sein Wille, werden als fest umrissene Aussage und fixierbarer Besitz angesehen (man ‚hat die Wahrheit‘), nicht als ein unsagbar viel Größeres, dem sich Menschen nur tastend annähern und ahnend anvertrauen können.“

Religion und Glauben geht tastend, geht suchend, geht kreativ, fragend. Feiernd und denkend, betend und diskutierend. Für all das braucht es aber Spielräume. Zuerst die Spielräume, die wir uns selber zugestehen. Und dann diejenigen, die wir uns untereinander zugestehen.

Spielräume zugestehen

Diese Spielräume werden uns aber zunehmend verweigert. Sie stehen unter permanenter Anklage, in allem werden Fehler gesucht und alles Ausprobierende wird gleich als abweichend bezeichnet. Auf einschlägigen Webseiten ist mir das selber einige Male passiert, das ist kein Spaß.

Die Spielräume haben aber auch mit Freiheit zu tun. Deswegen habe ich das Foto rausgesucht, das oben über dem Artikel steht. Dieses Foto habe ich vor einiger Zeit in München gemacht, das Nationaltheater macht eine kluge Unterscheidung. Und die ist nicht nur semantischer Natur.

Die Frage nach Freiheit hat immer auch mit der Frage nach Gott zu tun. Zumindest für uns Christen. Religion will letztlich nämlich nicht kontrollieren, sondern jeden und jede Einzeln und in Gemeinschaft auf dem Weg zu Gott begleiten. Das braucht Freiheit, die von Gott kommt. Diese Freiheit ist nicht innerweltlich, die ist von Gott.

Die Frage nach der Freiheit und nach Spielräumen

Freiheit ist aber nicht dasselbe wie die Abschaffung aller Beschränkungen und Regeln. Der Papst und seine Gegner, das ist auch eine Frage dieser Freiheit und dieser Regeln, die beiden werden in Gegensatz zueinander gesetzt.

Was aber in Wirklichkeit geschieht ist das Einschränken von Spielräumen, vor allem der Spielräume der anderen. Ob das deswegen geschieht, weil man sich in autoritärer Persönlichkeitsstruktur diese Spielräume selber nicht zugesteht, kann ich nicht beurteilen. Ich sehe aber den oft gewalttätigen Versucht, anderen Spielräume des Glaubens einzuschränken.

Das passiert als Zwang: man will den Papst zwingen, zu reagieren. Die Kommentatore im Blog will man zwingen, etwas zuzugeben. Man ändert das Thema uns will den anderen eines aufzwingen, wo man selber die Definitionshoheit beansprucht. Zwang ist aber das Gegenteil von Spielräumen. Und übrigens auch von Respekt.

Häresie-Unfug

Das passiert durch „den Mann gespielt, nicht den Ball“. Oder die Frau und nicht den Ball. Spielräume werden eingeengt, weil man sich nicht auf die Themen konzentriert, sondern versucht den Personen schaden, sie schlecht zu machen, ihnen etwas zu unterstellen. Der „Häresie“-Unfug um den Papst ist ein solches Beispiel. Angreiffe gegen Kardinal Kasper oder andere prominente Glaubens-Denker sind andere Beispiele.

Das passiert auch durch Verzerrung. Das Wahrheit und Tatsachen verhandelbar scheinen, erleben wir gerade im politischen Diskurs. Wenn man nur genug verzerrt – wie etwa in der Debatte um die Frage des gesellschaftlichen Geschlechts („Gender“) – dann kann man Spielräume schon allein deswegen zerstören, weil man jede Form von Tasten und Suchen und Fragen im Vorhinein an die Wand drängt. Durch Worte und Verunglimpfungen, nicht durch Argumente.

Das Leben hat viele Farben

Das Leben ist nicht Schwarz-Weiß, sondern grau. In vielen Schattierungen. Mehr noch: das Leben ist bunt, sehr bunt. Das macht es interessant und so ist es geschaffen. Spielräume erlauben uns, mehr davon zu entdecken und Gott auch dort zu finden, wo wir Gott bisher nicht vermutet haben. Wir bezeugen den Glauben an einen Gott, dem man sich nur tastend und glauben und feiernd, nicht trimphal, bestimmend und einschränkend nähern kann.

„Freimut“ nennt das der Papst, „geht voran“, ausprobieren und dann „unterscheiden“. Das alles geht nur mit Spielraum, nicht mit Einengung.

Die Debatte um den Papst und seine Gegner macht letztzlich genau das: sie schränkt ein. Den Papst, das eigene Denken, den eigenen Glauben. Es ist wichtig, genau hinzusehen, wenn wir die innerkatholischen Streitigkeiten betrachten. Und zu versuchen zu verstehen, was genau da vorgeht.

Aber wir dürfen uns dadurch nicht die eigenen Spielräume einengen lassen. Der Streit ist verführerisch, führt aber in die Verängung.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Freiheit, Gegner, Kirche, Papst Franziskus, Populismus, Spielraum4 Kommentare zu Die Freiheit und ihre Gegner

Steve Bannon ante Portas? Ein Kloster und die Suche nach dem Bösen

Veröffentlicht am 29. April 201929. April 2019
Kirche und Populismus Wohl kaum der Ort des Bösen: Die Kartause Trisulti, in den Bergen oberhalb von Frosinone.

Das Böse hat auf einmal einen Ort: Trisulti. Wer in den vergangenen Monaten die Berichterstattung um Kirche und Populismus beobachtet hat, dem wird dieser Name schon einmal begegnet sein. Verbunden mit einem anderen Namen, dem Namen einer Person: Steve Bannon.

Allen ehrbaren Menschen sollte an dieser Stelle der vorgesehene Schauer über den Rücken laufen.

2017 war ich mal dort, im März war das, zu einer Wanderung im benachbarten Höllental. Dabei ist auch das Foto entstanden. Eigentlich eine wunderbare Gegend, weit weit ab von allem, da kommt nicht mehr viel. Herrlich zum Wandern, man kommt nur schwer hin.

Kirche und Populismus

Bannon – das ist seit dem Wahlsieg Trumps die Erklärung für vieles. Dass dieser Mann Präsident der USA werden konnte, das muss einfach an den Fähigkeiten dieses Mannes gelegen haben. Eine Mischung von Machiavelli und Darth Vader, irgendwie sowas. Rau und so überhaupt nicht angepasst, rein ästhetisch schon nicht, da muss was Gefährliches dran sein.

Und der kommt jetzt nach Europa, um hier die Politik aufzumischen. Zuerst war da die Nachricht, seine wilde Nachrichtenplattform BreitbartNews würde auch in Europa den Medienbetrieb aufmischen wollen. Erst war da Aufregung, aber daraus wurde dann wohl nix. Oder haben Sie nach den Aufregern jemals wieder was davon gehört? Eben.

Nach den Aufregern

Jetzt also der Meister persönlich. Dass auch in den USA BreitbartNews keinen Schnitt mehr macht, lassen wir mal beiseite. Verschiedene Medien berichten, die Besucherzahlen auf der Webseite hätten sich halbiert. Was aber dem Ruf Bannons nichts anhaben kann.

Und nun kommt Trisulti ins Spiel. Eine Stiftung, Dignitatis Humanae Institute, hat dieses Kloster gepachtet und will dort eine Gladiatorenschule für Kulturkämpfer einrichten. Gefahr im Verzug für die Demokratie in Europa? Kirche und Populismus, ist da eine Verschwörung im Gange?

Verschwörung geht immer

Es scheint so, verfolgt man die Berichterstattung. Hier würde sich die dunkle Seite der Macht in der Kirche verbünden, Namen fallen, Projekte werden gemutmaßt, der sprichwörtliche Teufel an die sprichwörtliche Wand gemalt. Und die Gladiatorenschule lässt dann junge, dynamische, gut ausgebildete Streiter für die dunkle Seite ahnen und befürchten.

Ein beliebiger Artikel aus dem Netz, nehmen wir mal NBC: „Strolling through St. Peter’s Square, the heart of the Roman Catholic Church, Steve Bannon surveyed the enemy camp.“ Und so weiter.

Dabei fällt kaum auf, wie schwach diese Geschichte ist.

Eine schwache Geschichte

Ein Beispiel: Um überhaupt eine Verbindung zum Vatikan herstellen zu können, wird die Verbindung zu Kardinal Raymond Leo Burke gezogen. Die hätten sich bei der Heiligsprechung Johannes Paul II. getroffen, heißt es. Leute, das war 2014! Da war noch längst keine Rede von Trump und Breitbart und dergleichen. Der sei ein Freund von Steve Bannon. Wirklich?

Außerdem, warum fällt niemandem auf, wie krass dieses Duo ist? Burke der klare Konservative, der bewahren will was war. Bannon der selbsterklärte Zerstörer, das genaue Gegenteil eines Konservativen. Wie das zusammen gehen soll, hat noch niemand erklärt. Kirche und Populismus, etwas komplexer ist das dann doch.

Den meisten reicht es leider, Namen zu nennen. Und Lagerdenken wachzurufen. Und dann kommt er schon, der Schauer auf dem Rücken.

Der Zerstörer und der Konservative

Zweitens: Trisulti, die Kartause. Die ist für 19 Jahre gepachtet, für eine jährliche Pacht von 100.000 Euro, wird berichtet. Hier werde dann der Kampf gegen Säkularismus geführt, gegen Islamisierung, gegen antikirchliche Kräfte, gegen überhaupt alles. Benjamin Harnwell, Vertreter der Stiftung und Brite, von Bannon öffentlich gelobt, erklärt viel und gerne, was er so alles vorhabe. Und gerne bezieht er sich auf Bannon, lobt Bannon, weiß um die Macht, die Bannon über die Vorstellungskraft von Journalisten hat.

Nun gibt es da aber ein Problem. Und zwar hat die Stiftung für den Unterhalt einer Bildungseinrichtung im Kloster gar keine Betriebserlaubnis für das Projekt. Die Idee widerspräche dem Abkommen zur Pacht, erklärte der zuständige Mann des italienischen Kultusministeriums – einer populistischen Regierung – bei einer Anhörung im Parlament. Die Ausschreibung schließt eine Bedingung ein, die nicht erfüllt sei, da geht es um das Betreiben eines Museums, das (nicht erfüllte) Voraussetzung sei. Das ist also noch bar nicht entschieden, ob das Institut das überhaupt darf, was aber die Berichterstattung über Darth Bannon nicht beeinträchtigt.

In einigen Blogs finden in Trisulti schon Veranstaltungen statt, Bannon sei per Video dabei. Außerdem sei das Kloster schon umgebaut und so weiter. Alles Schall und Rauch, alles falsch.

Eine Nebenbemerkung, bevor ich zu meinem dritten Punkt komme: Eine Kritik an Papst Franziskus lautet, er sei zu politisch. Und jetzt wollen genau diese Kritiker ein kulturkämpferisches Institut mit kirchlichem Label bauen. Ironie, wer sie denn versteht.

Das Problem der Betriebserlaubnis

Drittens: und überhaupt. Anfang April gab es in Mailand auf Einladung von Matteo Salvini von der Lega ein Treffen europäischer Populisten. Die AfD war dabei, der ehemalige Front National, und so weiter. Alles, was sich in Europa populistisch bewegt. Wer war nicht dabei: Bannon. Er war offenbar nicht eingeladen.

Anfang Dezember war Bannon noch dabei, jetzt nicht mehr. In der TAZ gab es einen wunderbaren Artikel, in dem dem angeblichen Einfluss Bannons nachrecherchiert wurde. Überschrift des Artikels: „Total Loser“. Mehr braucht es eigentlich gar nicht, aber der Artikel lohnt sich zu lesen. Kurse? Gladiatoren? Fehlanzeige.

Keine Gladiatoren in Sicht

Vor einigen Tagen im Guardian: Bannon habe Salvini geraten, Papst Franziskus anzugreifen, wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen. Die Lega konnte sich gar nicht schnell genug distanzieren. Wie gesagt, keiner will was mit ihm zu tun haben, dem Faszinosum Darth Bannon.

Eine schwache Geschichte, ein überschätzter Gegner, dieser Bannon. Keiner will mit ihm was zu tun haben. Er taucht in Rom auf, lässt sich interviewen in Hoffnung auf den Schauer auf dem Rücken, passieren tut aber nicht viel. Außer Berichten in den Medien, die mit dem Grusel spielen.

Kirche und Populismus ist das nicht. Dieser Kaiser hat keine Kleider an. 

In einem der vielen Interviews sagt Bannons Statthalter Harnwell zum Abschluss, dass er bis vor kurzem völlig unbekannt gewesen sei. Er verstehe die ganze Aufregung nicht.

Ich auch nicht.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Burke, Italien, Kirche, Medien, Politik, Populismus, Steve Bannon, Trisulti11 Kommentare zu Steve Bannon ante Portas? Ein Kloster und die Suche nach dem Bösen

Die Flöte der Populisten

Veröffentlicht am 26. April 201921. April 2019
Identität im Wandel Mao, Moderne und Museum: Warhols kopierte Kopien

Andy Warhols Mao-Bilder sind witzig. Zum einen greifen sie chinesische Macht-Darstellung auf, gleichzeitig unterwerfen sie diese westlichen Werbe-Darstellungen. Und durch die Kopien wird das auch noch ironisiert. Identität im Wandel und in der Brechung, sozusagen.

Wer nun wirklich dieser Mao war, das scheinen uns die Bilder zu sagen, ist nicht klar. Und wir sollten uns da auch nichts vormachen: auch das Ursprungsbild kann uns das nicht sagen. Es ist nicht weniger aufgeladen als die Kopien.

Identität im Wandel

Über Ostern bin ich über einen Essay gestolpert, der schon viel zu lang ungelesen auf dem Schreibtisch lag: das Buch „Es gibt keine kulturelle Identität“ des von mir geschätzten Autors Francois Jullien. Wie immer sehr anregend, auch wenn man nicht immer mit allem einverstanden sein muss. Aber darum geht es ja auch nicht, es geht ums Denken. Warum das mit Ostern zu tun hat, darauf komme ich gleich noch zurück.

Die These und der Titel des Buches sind natürlich provokant gewählt. Sie sind politisch.

Zu viele politische Akteure ziehen mit einer fixierten Vorstellung von kultureller Identität auf Stimmenfang, es ist sozusagen die Flöte aus dem Märchen. Sie sind das Gegenteil zu dem, was Warhol in seinem Spiel mit Identitäten macht. Sie sind Festleger von kultureller Identität, als ob es so etwas gäbe.

Kultur ist nicht fixiert

Dabei ist Kultur nichts, was ich habe oder was es gibt. Nichts Fixiertes. Das zu behaupten führt auf Holzwege. Kultur ist Wandel, war es immer schon und muss es auch sein. „Eine Kultur, die sich nicht länger verändert, ist tot“, lautet Julliens Urteil. Transformation ist Ursprung und Motor des Kulturellen, Fixierungen sind ihr fremd.

Oder in den Worten des Papstes: es handelt sich bei dem Begriff um „die charakteristische Weise ihrer Glieder, miteinander, mit den anderen Geschöpfen und mit Gott in Beziehung zu treten“. „Beziehung“ ist hier das Stichwort, nicht etwa Status (Evangelii Gaudium, 115). So verfüge das Christentum nicht über ein einziges „kulturelles Modell“.

Jullien greift uns hier unter die Arme, er spricht von „Abständen“ und weist die Vorstellung von „Distanzen“ zurück. Letztere würden feste Standpunkte voraussetzen oder entstehen lassen, je nach Perspektive. Abstände hingegen haben was von Interesse, Abenteuer, Neugierde, eben Begegnung. Nur dort entsteht Raum für Neues, und damit Kultur.

Raum für Neues

Was auch bedeutet, dass wir nicht alle gleich sind, gleich denken, und gleich ausdrücken, gleich glauben. Das ist ja das Schöne an Kultur. Eine Kultur kann nicht als Identität besessen werden, sie werde ausschließlich als Ressource genutzt. Für weiteren Wandel.

Und dann kommt noch einmal ein politischer Satz Julliens, nämlich dass Kultur niemandes Eigentum sei.  „Sie gehört dem, der sich die Mühe macht, sie zu aktivieren“. All die Rattenfänger die mit Angst spielen, erdrosseln Kultur, weil sie sich nicht entwickeln darf.

Beim Papst heißt das dann „Sakralisierung der eigenen Kultur“, mit dem Resultat eines Fanatismus, der wirkliche Verkündigung unmöglich macht (EG 117). Und hier sind wird dann beim Osterfest, oder besser bei den Begegnungen mit dem Auferstandenen. Denn nach der Auferstehung gibt es keine Heilungen mehr, keine Lehre, keine Gleichnisse. Nur noch Begegnungen. Und den Auftrag zur Verkündigung. Und das hat mit Kultur zu tun.

Nicht festhalten, nicht in Identitäten fixieren die letztlich leblos sind. Ostern bricht auf, verwirrt, stößt in jeder der Erzählungen auf Unglauben und auf Zögern. Ostern ist das Anti-Populismus-Fest. Das Fest das uns zeigt, dass ich Christentum nicht festlegen darf, nicht benutzen darf. Der Auferstandene kommt entweder durch abgeschossene Türen und durch Wände, oder er sendet aus bis an die Enden der Erde. Abgrenzungen sind das letzte, was dieser Auferstandene uns zeigt.

Eine sehr aktuelle Botschaft für heute.

 

Text: Francois Jullien, Es gibt keine kulturelle Identität. Edition Suhrkamp

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und VernunftSchlagwörter Identität, Jullien, Kultur, Politik, Populismus, Wandel9 Kommentare zu Die Flöte der Populisten

Verlust

Veröffentlicht am 27. Juni 201811. November 2018
Papst Franziskus beim Weltkirchenrat in Genf Papst Franziskus beim Weltkirchenrat in Genf

Verlustangst: Liest man Analysen der Unsicherheit der Gegenwart, der Motive für den Erfolg des Populismus und für anderes, findet man immer wieder diese Begründung. Wir haben Angst, etwas zu verlieren. Abzusinken.

Die automatische Reaktion lautet meistens, dass das ein Gefühl ist, dass man sich die Fakten genauer anschauen muss, dass unterm Strich mehr rauskommt obwohl es sich nach weniger anfühlt und so weiter. Schlicht: dass das Verlustgefühl „nur“ ein Gefühl ist.

Und das ist dann der Moment, in dem die gesellschaftliche Debatte und dann die politische Debatte einsetzt.

 

Kultur, Tradition, Identität

 

Der Schutz des Eigenen, der eigenen Kultur, der eigenen Tradition, ja, auch des eigenen Christlichen, steht hoch im Kurs. Je größer der Druck wird, je mehr man glaubt (und ich benutze das unpersönliche „man“ hier sehr bewusst), desto wichtiger scheint dieser Schutz zu werden. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es echter oder nur wahrgenommener Verlust ist, er ist in jedem Fall ‚wirklich‘, er hat Wirklichkeit, er hat Konsequenzen.

So können denn Menschen sich gegen andere Menschen einsetzen, und als Zeichen das Kreuz wählen. Das Kreuz, Zeichen der Hingabe, wird zu einem Zeichen der Abgrenzung.

Aus der eigenen Logik mag das vielleicht konsequent sein, man verteidigt ja angeblich das so genannte „christliche Abendland“ gegen den Verlust von Identität.

 

Abgrenzung oder Hingabe

 

Die christliche Botschaft wird dabei aber uminterpretiert, das „Mein Nächster ist ein Österreicher“ aus dem Wahlkampf entspricht dabei dem politischen „die italienische Regierung hilft Italienern“ des neuen Innenministers hier in Italien.

Zwei Dinge: erstens der Satz, der hier kommen muss. Mit Christentum hat das wenig zu tun, die Abgrenzung von „wir“ und „die“ sind keine biblischen Kategorien mehr, Paulus macht das sehr klar. Dieser Einsatz (Soldaten an die Grenzen, Staatsversagen, angeblicher „Asyltourismus“) für eine Identität kann sich nicht auf das Christentum berufen. Weiterlesen „Verlust“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Botschaft, Identität, Papst Franziskus, Politik, Populismus, Tradition, Verlust24 Kommentare zu Verlust

Päpstlicher Populismus?

Veröffentlicht am 14. März 201720. März 2017

Die Weltmacht Kirche wird seid vier Jahren von einem Populisten geleitet: der Wiener Journalist Hans Winkler macht sehr klar, wie er die Dinge sieht. Und damit kein Zweifel aufkommt: Trump wird als Vergleich herbei gezogen.

Es war ein Artikel in der Zeitung Die Presse, in der Winkler seine Sicht der Dinge darlegte, es gab eine Menge Aufsehen und viel Reaktion. Abgesehen davon, dass der Vorwurf des Populismus nur durch die Nennung des Namens Trump charakterisiert wird und ansonsten keinerlei Verständnis für dieses doch sehr komplexe Phänomen gezeigt wird, finde ich die dort geäußerten Vorwürfe dann doch lesenswert, weil charakteristisch. Kritik ist gut und wichtig, meistens sehen Kritiker Dinge, die begeisterte Fans nicht sehen.

Außerdem hat es ja Tradition, dass um den Jahrestag der Wahl herum ein dicker Kritik-Artikel veröffentlicht wird. Nehmen wir uns also diesen Artikel einmal vor.

 

Sich selber im Zentrum

 

Papst Franziskus - bitte immer ganz zuhören!
Papst Franziskus – etwas zu kritisieren findet man immer

Kritikpunkt Eins ist die Missachtung des Rechtes im Namen einer selbst definierten Gerechtigkeit.

An die Stelle des Rechts setzt er den Entscheider und eine Unmittelbarkeit zu den Menschen. Das ist zunächst einmal richtig beobachtet, wenn ich auch die Wertungen der Beobachtung nicht teile. Dass der Papst vor allem auf eigene Entscheidungen setzt und nicht auf die Abläufe im Apparat, ist offensichtlich. Das mag man gut finden oder nicht, da es aber beim Vatika nicht um einen Selbstzweck geht, sondern um einen Dienst an Kirche und vor allem Papst, darf das ja so sein.

Daraus aber schon eine Missachtung des Rechts zu folgern, überdehnt die Beobachtung. Das mag man vielleicht bei Trump feststellen, aber beim Papst? Und welches Recht bitte wird da überspielt?

Er spiele seine Unmittelbarkeit zu den Menschen aus gegen das Recht heißt, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das eine ist noch kein Gegensatz zum zweiten, erst die Kritik versucht, daraus einen Gegensatz zu konstruieren.

Kritikpunkt Zwei ist der Umgang mit den Dubia, also den mittlerweile zu Referenzpunkten geronnenen Fragen von vier Kardinälen zum Lehrschreiben Amoris Laetitia. Nicht zu antworten sei unhöflich, außerdem würde kein anderer Chef einer Weltfirma so mit seinem Führungspersonal umgehen. „Stattdessen lässt er Unterläufel los“, meint der Autor zu wissen. Dass der Papst emotional und nicht rational agiere, weiß der Autor allerdings nur durch ein „wird erzählt“ zu beweisen. Für so ein kantiges Stück ziemlich schwach.

 

Umgangsformen einer Weltfirma

 

Eine Leserreaktion in der Zeitung weist richtig darauf hin, dass der Vergleich mit dem Chef einer Weltfirma ziemlich hinkt. Jeder Chef einer Weltfirma hätte einen solchen Mitarbeiter gleich in die Wüste gejagt. Die Sitten sind da etwas rauer. Die Romantisierung der „Weltfirma“ kommt ziemlich weltfremd daher, Chefs von Weltfirmen gehen ganz anders mit ihrem Personal um. Weiterlesen „Päpstlicher Populismus?“

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im Internet, VatikanSchlagwörter Die Presse Artikel, Kirchenreform, Papst Franziskus, Politik, Populismus5 Kommentare zu Päpstlicher Populismus?

Unser Wort!

Veröffentlicht am 14. Februar 20177. Februar 2017

Entsolidarisierung ist der Trend. Immer mehr Wähler interessieren sich für Parteien und Gruppen, die das Eigene gegen den Anderen in Stellung bringen und so Schutz, Sicherheit und vor allem Identität versprechen.

Manchmal geschieht es subtil, andere Male eher brachial: das Andere wird als Gefährdung wahrgenommen, aber anstatt Solidarität dagegen zu setzen, positiv zu bleiben, ist im Augenblick das Gegenteil in Mode.

Manchmal ist es ganz einfach: Solidarität ist Begegnung
Manchmal ist es ganz einfach: Solidarität ist Begegnung

Ich zugeben, dass das Bestehen des Papstes auf Solidarität mich etwas überrascht hat. Bereits 2013 hat er immer und immer wieder darüber gesprochen, und zwar hat er es So-li-da-ri-tät  genannt. Genau so wie ich es schreibe hat er es mehrfach ausgesprochen, jede Silbe einzeln, immer mit voller Betonung. Vielleicht hatte ich etwas naiv angenommen, dass diese Solidarität so etwas wie ein Grundstein unseres zivilisierten Handelns geworden sei, nicht immer perfekt, aber immerhin doch nicht anzuzweifeln. Die vergangenen Jahre haben uns alle eines Besseren belehrt.

Es sei geradezu ein „Schimpfwort“ geworden, diese Solidarität, sagt der Papst. Schauen wir aber genauer hin, woher das Schimpfen kommt: „Für die Wirtschaft und den Markt ist ‚Solidarität’ fast ein Schimpfwort“ hat der Papst gesagt, in einer Videobotschaft war das, in einer kurzen Auslegung der katholischen Soziallehre.

 

Das Eigene und das Andere

 

Hier geht es also um mehr als nur um die eigene innere Haltung. Hier geht es um Dynamiken, die es uns schwer bis unmöglich machen, solidarisch zu sein. Hier geht es um eine Vorstellung von Gesellschaft, die auf der Wirtschaft des Gewinns aufbaut. „Heute gelten Jugendliche und Alte als Ausschuss, weil sie nicht der Produktionslogik einer funktionalistischen Sicht der Gesellschaft gehorchen. Man sagt, sie sind „passiv“, sie produzieren nicht, in der Ökonomie des Marktes sind sie keine Subjekte der Produktion.“

Jetzt könnte man in die Länder schauen, in denen Entsolidarisierung gerade Wahlen gewinnt: sei es in Großbritannien, dass keine Menschen mehr aufnehmen will, sei es auf den Front National, auf Geert Wilders in den Niederlanden, auf Trump und seine Mauer, und und und. Weiterlesen „Unser Wort!“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Arme, Christentum, Glaube, Gotteserkenntnis, Papst Franziskus, Politik, Populismus, Solidarität17 Kommentare zu Unser Wort!

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