„Ich rufe alle auf, weiter zu beten, damit der Herr den Völkern und den Verantwortlichen dieser Gebiete die Weisheit und die notwendige Kraft schenkt, um entschlossen auf dem Weg des Friedens voranzugehen. Im Mittelpunkt aller Entscheidungen dürfen niemals Sonderinteressen stehen, sondern das Gemeinwohl und die Achtung eines jeden Menschen: Alles ist mit dem Krieg verloren, und nichts verliert man mit dem Frieden!“ Papst Franziskus, am vergangenen Sonntag auf dem Petersplatz. Mit diesem Zitat wiederholte er einen Ausruf von Papst Pius XII. vom 24. August 1939, wenige Tage vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Es komme darauf an, „jeden Streit mit beharrlichem Dialog und mit Verhandlungen und mit der Kraft der Versöhnung anzugehen“, so Franziskus weiter.
Es gibt eine lange und ehrenvolle Traditon von Päpsten, die sich gegen den Krieg wenden, den modernen, industriellen, maschinellen, von Ideologien und Fanatismen gefütterten Krieg. Johannes Paul II. hat mich in seinem Einsatz gehen den Krieg im Nahen Osten als Student fasziniert, das zornige „jamais plus la guerre, jamais plus la guerre“ Papst Pauls VI. Vor den Vereinten Nationen in New York habe ich erst hier in Rom kennen gelernt, als ich mich näher damit beschäftigt habe. Aber Paul VI. steht in der Tradition, in der vor ihm Johannes XXIII. in seinem Einsatz in der Kuba-Krise und nach ihm Johannes Paul II. standen.
Und da ist der erste in dieser Reihe, den ich hier an dieser Stelle noch einmal zitieren will, Benedikt XV. Das habe ich ja in meinem letzten Post schon getan. Aber zitieren wir nicht den Papst, sondern einen des Katholizismus unverdächtigen, den unvergleichlichen Karl Krauss. Er hat ein Stück geschrieben, „Die letzten Tage der Menschheit“. Entstanden direkt unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges hat dieser brilliante Polemiker und von mir hoch geachtete Sprachkritiker setzt in dem Stück Sätze und Szenen zusammen. Und er fügt O-Ton Benedikt XV. ein.
Die 27. Szene im Ersten Akt besteht ganz aus einem Text des Papstes, die Regieanweisung lautet: „Im Vatikan. Man hört die Stimme des betenden Benedikt.“
„Im heiligen Namen Gottes, unseres himmlischen Vaters und Herrn, um des gesegneten Blutes Jesu willen, welches der Preis der menschlichen Erlösung gewesen, beschwören wir Euch, die Ihr von der göttlichen Vorsehung zur Regierung der kriegführenden Nationen bestellt seid, diesem fürchterlichen Morden, das nunmehr seit einem Jahre Europa entehrt, endlich ein Ziel zu setzen.
Es ist Bruderblut, das zu Lande und zur See vergossen wird. Die schönsten Gegenden Europas, dieses Gartens der Welt, sind mit Leichen und Ruinen besät. Ihr tragt vor Gott und den Menschen die entsetzliche Verantwortung für Frieden und Krieg.
Höret auf unsere Bitte, auf die väterliche Stimme des Vikars des ewigen und höchsten Richters, dem Ihr werdet Rechenschaft ablegen müssen. Die Fülle der Reichtümer, mit denen Gott der Schöpfer die Euch unterstellten Länder ausgestattet hat, erlauben Euch gewiß die Fortsetzung des Kampfes. Aber um was für einen Preis? Darauf mögen die Tausende junger Menschenleben antworten, die alltäglich auf den Schlachtfeldern erlöschen.“
Der ebensowenig katholischer Sympathien verdächtige Kurt Tucholsky hat das dann 1931 gegen die Nazis und die Kriegsgefahr, die er dort witterte, angeschärft, so ist das berühmte Zitat entstanden „Soldaten sind Mörder“. Das wird zwar den Soldaten nicht gerecht, zeigt aber wo Tucholsky Texte suchen musste, die sich gegen Krieg und Militarismus wendeten. Und in Benedikt XV. fand er einen authentischen Zeugen.
In der Redaktion meinte neulich eine Kollegin, sie sei jetzt schon über zehn Jahr bei Radio Vatikan, aber so eine dichte Zeit – Ukaine, Irak, Gaza, Nigeria (Boko Haram), Nigeria (Ebola) und so weiter habe sie noch nie erlebt. Den Wahnsinn einzuschätzen und sauber zu recherchieren ist eine Sache. Zu sehen und nachzulesen, welche klarsichtigen Worte schon gesagt wurden und immer wieder gesagt werden, finde ich aber genau so wichtig. Und beeindruckend.
Sehr geehrter P. Hagenkord, Karl Kraus wurde 1911in die katholische Kirche aufgenommen. 1922 entschloß er sich “ … einem Verband zu entfliehen, der seine Lokalitäten neu einweiht, wenn dort die Seele eines Selbstmörders der Qual dieser Welt entfloh, aber nicht, wenn daselbst ein elender Theaterhandel mit Resteln von Gnade effektuiert wurde“ (Vom großen Welttheaterschwindel, Die Fackel, November 1922).
Herzliche Grüße!
Gewalt in Nigeria
Wole Soyinka wird im Interview folgendes gefragt:
„Was versucht die Terrorgruppe Boko Haram zu signalisieren und wem? Wie groß ist die Tragweite solcher Aktionen? Sind sie Provokation, Aggression oder wollen sie eine politische Botschaft kommunizieren?
Und antwortet:
„Das ist eine Frage, die sicher alle denkenden Individuen bewegt, nicht nur Nationen, nicht nur Regierungen, sondern alle empfindenden Menschen. Wie interpretieren wir einen derartigen Angriff auf unsere Menschlichkeit? Ich betrachte ihn als einen extremen Ausdruck von Größenwahn unter dem Deckmantel religiöser Motivation. Hierbei sind starke psychische Störungen im Spiel, deren physische Symptome denen eines tollwütigen Hundes nicht unähnlich sind“
http://www.taz.de/Wole-Soyinka-ueber-Gewalt-in-Nigeria/!143199/
Zum Umgang mit der Verschleppung der nigerianischen Schülerinnen:
„Lassen Sie uns mit zwei entscheidenden Momenten beginnen, die verpasst wurden. Erstens: Es gab keine gezielten Maßnahmen innerhalb der ersten Stunden der Entführung, noch bevor sich die Entführer mit ihrer menschlichen Beute verschanzen konnten. Alle Berichte deuten an, dass Präsident Jonathan erst einmal die Realität der Entführung anzweifelte.
Er war sicher, es handle sich um Machenschaften seiner politischen Gegner, um seine Regierung zu stürzen. Dann machten die Entführer anscheinend den Vorschlag eines Austausches: die Mädchen gegen etwa 100 der Inhaftierten, die nur ein geringfügiges Risiko darstellen – Ehefrauen, Verbindungsmänner, Menschen, die als Sympathisanten verdächtigt und von den nigerianischen Sicherheitskräften festgehalten werden.
Zu diesem Zeitpunkt wäre nichts Beschämendes an einem Austausch gewesen. Geschmacklos ja, aber nicht demütigend. Allen Berichten zufolge gab es keine Forderung zur Freilassung von hochrangigen Boko-Haram-Mitgliedern. Diese beiden Momente gingen vorüber. Präsident Jonathan schuldet der Nation – ja der Welt – eine Erklärung, warum er diese Momente, in denen es eine Handlungsmöglichkeit gegeben hätte, nicht ergriffen hat. Jetzt ist die Situation deutlich komplizierter, und sie wird jede Minute drängender.
Ich sehe keine andere Lösung mehr als einen militärischen Eingriff durch ein Spezialkommando. Es wird dann Opfer unter den Entführten geben. Ich beneide niemanden um die Entscheidungen, die man in solchen Momenten treffen muss, aber ich sympathisiere in keiner Weise mit einer politischen Führung, die sich selbst in eine ausweglose Situation manövriert hat. Ich fürchte mich sehr vor dem Ausgang der ganzen traurigen Angelegenheit, in der es nur Verlierer geben wird.“
Im Krieg gibt es immer viele Verlierer. Möglicherweise wird sogar ein Ölkonzern dazugehören http://www.fr-online.de/politik/nigeria-shell-zahlt-fuer-tod-saro-wiwas,1472596,3318892.html
Gerade jetzt, wo Putin das Gas teurer macht und uns der Nahe Osten um die Ohren fliegen könnte.
Hoffentlich können sich die Vernünftigen und Besonnenen gegen die Gierigen und Impulsiven durchsetzen.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
…“Hoffentlich können sich die Vernünftigen und Besonnenen gegen die Gierigen und Impulsiven durchsetzen…“
Es ist wie es bisher immer war Gut gegen Böse. Das Gute wird sich durchsetzen, so wie es bisher war und in jeder Generation wird es neue Formen geben. Da jede Generation ihren eigenen Weg hat.
Gut ist gleich Gott oder Höhere Macht oder wie auch immer man es nennen mag.