
In diesem Jahr findet auch wieder ein Katholikentag statt. Spätestens seit dem Weltjugendtag 2005 in Deutschland läuft die Diskussion, ob solche „Events“ für die Kirche in Deutschland hilfreich sind oder nicht. Ein Interview im „Sinnstiftermag“ mit einem der Verantwortlichen für den ‚Event’ Katholikentag, dem Generalsekretär des ZdK, Stefan Vesper.
Wer möchte in der Kirche den Event als Gemeinschaftskick?
Der Event ist eigentlich ein prägendes Element der sogenannten Jägerkultur.
Ist die Kirche also eine “Jägerkultur” oder eher eine “Bauernkultur”?
Sogenannte Bauernkulturen sind gekennzeichnet durch nachhaltiges, langfristiges, kontinuierliches und unspektakuläres Denken und Handeln. Zielsetzung dieser Kultur ist regelmäßiger Ertrag, der ein proportionales Wachstum ermöglicht.
Sogenannte Jägerkulturen sind geprägt von punktuellen Ereignissen, auf die konzentriert hingearbeitet wird. Der Einzelertrag wird als spektakulär und außergewöhnlich wahrgenommen, nimmt in der Folgezeit dann kontinuierlich ab, bis die Jagd nach neuem Ertrag wieder von vorn beginnen muss.
Jäger- und Bauernkulturen sind sich gegenseitig in der Regel nicht wohlgesonnen. Jäger bevorzugen den Kick des Jagderfolges und die heldenhafte Anerkennung durch die zugehörige Gruppe, Bauern bevorzugen dagegen Kontinuität und Langfristigkeit.
Der Event als großes Einzelereignis ist Teil der Jägerkultur. Zu bedenken ist, dass der Kick immer größer werden muss, um zu befriedigen, d.h. ein Mamut, das erlegt wird, ist der Gruppe lieber, als immer nur ein Wildschwein.
Die Ereignisse, d.h. die Events, müssen also in der Kirche immer größer werden, um als “erfolgreich” wahrgenommen zu werden. Die Katholikentage müssten also auch immer toller und attraktiver werden, um noch mehr und vor allem neue Leute anzulocken.
Wie sich die zwei Kulturen mit der christlichen Lehre vereinbaren lassen, kann ich schlecht beurteilen, da ich kein Theologe bin. Da in der Kirche aber eher Werte wie Treue, Beziehungsfähigkeit und Hinwendung zu den Schwachen und Armen gelehrt wird, ist sie nach ihrem eigenen Selbstverständnis wohl eher eine sogenannte Bauernkultur. Wobei auch Bauernkulturen regelmäßige Feste kennen, in denen erfolgreiches Wirtschaften bzw. Arbeiten gefeiert wird, auch in Form der Danksagung.
Zeitweise kann ein katholischer Event wahrscheinlich das Glaubensleben anregen, da er als außergewöhnliches Ereignis, das aus dem Alltag rausfällt, erlebt wird. Aber der Alltag stellt sich danach unweigerlich wieder ein, und wenn dieser Alltag als religiöses Niemandsland ohne tragfähige Glaubenspraxis wahrgenommen wird, das zudem kein geistliches Fundament hat, verpufft der Event als religiöses Erlebnis auch recht schnell.
Event Kirche? Event sonstwas? Eine typisch deutsche Frage. Die Menschen freuen sich und es wird gefragt, ob es was gebracht hat und wie teuer.Es gibt ja immer irgendwo jemanden, der das Geld dringender braucht.Es werden auch den Teilnehmern unedle Motive unterschoben.Events schaffen Arbeitsplätze für kurze Zeit..dass man da auch mal sein Leid vergessen kann, bzw seine Mitmenschen auf andre Art oder überhaupt kennenlernt, ist offensichtlich kein Thema. Die Menschen sind verschieden, der eine weiß Events zu schätzen und der andere will lieber seine Ruhe. Wer in einer großen Stadt oder gar Hauptstadt wohnt, will schon mal eher seine Ruhe..ich kann mir in Berlin meine Events aussuchen, auch in der Kirche. Woanders ist man froh, wenn überhaupt etwas stattfindet. Es geht bei Kirchenevents wirklich nicht drum, ob das mehr Gottesdienstbesucher bringt. Bringt es nicht.Es geht auch hier um Freude und Kennenlernen.Sollte jemand auf die Idee kommen, das Denken zu unterlassen aufgrund zu vieler Events, würde ich höflich nachfragen, ob das der richtige Weg ist..ich habe aber noch niemanden getroffen.
Hinzufügen will ich noch, dass die Berliner Jugendlichen bei diesen sogenannten Events sehr gut betreut waren von Priestern. Und dann in den Gemeinden Berichte abgegeben haben. Ich sehe da nicht höher, weiter, besser…und Rausch sowieso nicht.Der Papstgottesdienst im Olympiastadion wurde genauso runtergemacht.Vorzugsweise von Menschen, die nicht dort waren.Wer die Harmonie dort miterlebt hat, fragt nicht nach “hat es sich gelohnt”. Nebenbei gefragt, hat Gott bei der Erschaffung des Menschne gefragt, ob es sich lohnt?Ob es was bringt? Hat Jesus gefragt, ob es sich lohnt auf die Erde zu kommen? Für den ist es ja nun erstmal sehr teuer geworden.
Bei diesen christlichen Events kommt Weltkirche zusammen. Nicht Deutsche, Italiener, Franzosen, sondern Christen. Je eher man das begreift als Mensch, desto einfacher wird es.Völkerverständigung.So war es auch beim Pontifikalamt am 8. Dezember in Berlin.Danach gab es die übliche Begegnung im Lichtenberghaus.Von Normalmensch bis Diplomat und Erzbischof hatte jeder mit jedem zu tun.
Was aber bleibt von dem allem im Alltag? Ist ein solches ” Feuer” wirklich von Dauer oder nur ein hin und wieder aufloderndes Strohfeuer?
Wo sind im Alltag diese “Christen”? Wo sieht und spürt der Nächste dieses Zeugnis für die Wahrheit? Oder verstecken diese sich ängstlich hinter “Mauern”?
Erkenne ich die Christen nur am (sonn-)täglichem Kirchgang oder als ” Eventteilnehmer?
Vielen Dank für den Link zu diesem interessanten Interview. Mir gefällt, dass dort dem Thema Event und seiner Ausdifferenzierung so viel Platz eingeräumt wird und nicht nur emotionalisierende Stichworte genannt werden wie in anderen Medien. Es ist sehr einleuchtend, wenn Herr Vesper die tiefe Dimension der Erfahrung bei Kirchenveranstaltungen den weltlichen Events wie Musicals gegenüberstellt, wo es offensichtlich beim ganzen Drumherum nur um Kommerz geht.
Aber kirchliche “Events” wie Wallfahrten, Osternachtsfeiern, Katholiken- und Weltjugendtage sind nunmal “unbezahlbar” und da sie Themen wie Gott und Sinn behandeln, können einfache Eventmanager, die nur auf Zahlen programmiert sind, ihren Wert nicht ermessen 😉 Die Vielfalt der katholischen Kirche, die sich bei Katholikentagen präsentiert, kann zu einer lebenslangen Verbundenheit zu einem bestimmten Orden oder einer karitativen Organisation führen, den/die man am Heimatort nie kennengelernt hätte.
Am dankbarsten bin ich aber Herrn Vesper für die Sätze: “Landauf landab können Sie wunderschöne, große oder kleine, laute oder leise, fröhliche oder besinnliche, festliche oder einfache Gottesdienste erleben … Es gibt viele brechend volle Gottesdienste! Und das überall! Und die Menschen kommen freiwillig.” – Ich weiß nicht, warum wir Deutschen alles immer so schlecht reden. Natürlich hab ich ab und zu schlechte Gottesdienste mit lustlosen Predigten erlebt, aber die positiven Erfahrungen überwiegen bei weitem. Wenn ich da an grauenvolle Messfeiern und wirklich leere Kirchen in dem angeblich so katholischen Südeuropa denke… Wo zum Beispiel ein Pfarrer in Barcelona deutschen Schülern erzählt, dass mangels Gemeindemitgliedern nur alle paar Jahre Erstkommunion gefeiert werden kann – oder Länder, wo auf Orgel und Kirchenmusik auch am Sonntag verzichtet wird – oder Italien, wo es nur ein abgeschmacktes NGL-Lied zu geben scheint, das im ganzen Land als “Sanctus” heruntergeleiert wird… Eigentlich war ich nach jedem Urlaub froh, wieder in Gottesdienste in “Good old Germany” zu können!
-Alles in allem ein gutes Interview mit einem Mann, der sehr intelligent und ausgewogen zu sein scheint.
Die Jugend hat ihren eigenen Weg. Ich war heute im Event Pontifikalamt und was mir das für den Altag bringt, ist unermesslich. Kommt immer drauf an, wer noch dort ist.Erzbischof Woelki macht aus seinen Events ein Glaubenszeugnis. Wie gesagt, die Events von Berlin aus sind allerbestens betreut. Von und mit Jugendlichen, die sich durchaus in den Gemeinden betätigen.Ganz besonders das Taizetreffen.Die Events, die ich sonst noch aufsuche in Maria Regina Martyrum, Kirche der Martyrer des 2. Weltkriegs sind, wenn Jesuiten sie halten ,auch etwas Besonderes und das nehme ich ebenso in die ganze Woche mit.Oder die Gottesdienste der charismatischen Erneuerung. Die Seele braucht auch etwas.Wer kann schon seinen Alltag ausschalten oder so tun, als gäbe es nur Events?Die 9 Prozent Berliner Katholiken sind schon “anständig” in dem Sinne, dass sie nicht schmarotzen und den schäbigen Rest anderen überlassen. Können wir uns gar nicht leisten.