Er sieht nicht aus wie ein Großvater: Francisco Paraibo da Silva ist ja auch erst 43 Jahre alt, da vermutet man das auch nicht. Wir besuchen ihn und seine Familie vom Volk der Mura am Fluss Madeirinha. Aber Francisco sieht auch nicht aus wie einer, der eingeschüchtert wird. Das wird er aber, Landwirtschaft bedroht das Leben der Mura.
Landwirtschaft, das bedeutet vor allem Viehwirtschaft durch Weiße. „Eindringlinge“ nennt sie Francisco, der auch der gewählte Kazike der Dorfgemeinschaft von Taquara ist. „Invasoren“ seien das. Als wir ankommen, wird gerade ein Jubiläum in der Schule gefeiert. Der Kazike ist nicht gekommen, er will nicht auf die Vertreter der Regierung treffen, das gäbe zu viele Spannungen. Und das passe nicht zum Fest, sagt er.
Weiße Landwirtschaft bedroht das Leben
Die Familie lebt in einer Doppelhütte am Fluss, einfache Holzbohlen, drei Wände, ein einziger großer Raum für alles, was es im Leben so gibt. Seine junge Tochter kümmert sich um ihr eigenes Kind, andere Töchter kochen Hühnchen, Fisch, Reis und Bohnen, das Essen was wir hier überall bekommen. Und bringen Obst herbei, diese unglaublich schmeckenden Früchte Amazoniens.
Und Francisco erzählt, von den Drohungen, von den Vorladungen die er erhält und die er schon wegen der Distanz nicht wird einhalten können. Und wer soll in den Tagen der Reise dann das Essen herbei schaffen?
Einschüchterungen
Einer seiner Söhne ist verletzt. Eine Machete hat ihm beim Holzhacken getroffen, am Abend nehmen wir ihn dann mit zum nächsten Arzt. Da kann er jetzt nicht weg. Das sei alles Schikane, sagt er.
Aber er weicht nicht. Die Weißen mit ihren Büffeln kommen und trampeln seine Pflanzen weg. Die lokale Regierung sei auf deren Seite oder gar mit ihnen verwandt, da stünden die Indigenen schwer unter Druck.
Er weicht nicht
Aber er weicht nicht. Er kommt eher sanft rüber, aber von sich selber sagt er, dass er Mut habe und auch deswegen nun schon seit zehn Jahren Kazike des Dorfes, immer wieder gewählt. Seine Leute schätzen seine Hartnäckigkeit. Eben weil sie menschlich rüber kommt.
Francisco weicht nicht. Einige aus dem Volk und auch aus dem Dorf machen es wie die Weißen und schaffen sich Büffel an. Andere arbeiten sogar auf den kleinen Rinderfarmen, die Konfliktlinie ist also gar nicht so klar und deutlich. Aber er will sein Volk, sein Dorf, seine Kultur erhalten.
Smartphone und eine Angel
Einen Tag verbringe ich mit der Familie, und mit Gästen, man ist selten allein. Sprachlich geht das fast gar nicht, da müssen die sprichwörtlichen Hände und Füßer her. Aber das ist auch nicht wichtig. Seine Kinder haben Smartphones in den Händen, was merkwürdig aussieht in der sehr schlichten Hütte. Sie tragen Fußballer-Shirts, im Raum steht ein Fernseher, auch wenn die Satelliten-Schüssel gerade nicht funktioniert.

Aber wenige Minuten später sitzen sie unten am Fluss, fischen oder nehmen ein Huhn aus, das gehört so selbstverständlich dazu wie das Smartphone.
Abgeschnitten ist er nicht von der Welt, zurück gezogen lebt seine Familie nicht. Nur weichen wollen sie auch nicht. Nicht dem Büffel, nicht den Einschüchterungen, nicht den Weißen. Sie wollen ihr eigenes Leben leben, sagt mir Francisco.