Ein wenig Römerbrief hilft immer. Alle großen Theologen haben mit ihrem Denken beim Römerbrief begonnen. Behauptete jedenfalls meine Exegese-Professorin. Um dann anzufügen: Arius und Pelagius und Luther aber auch.
Was nur heißt, dass der Römerbrief für unser Verständnis von unserem Glauben eine wichtige Rolle hat. Wie auch Papst Franziskus findet. Christus hat uns den Geist geschenkt, der neue Beziehungen mit dem Vater und den Menschen stiftet, so drückte der Papst es heute vor der Vollversammlung der Glaubenskongregation aus. Wir glauben, dass die Erlösung in der Gemeinschaft mit Christus bestehe, „auf diese Weise werden wir eins mit dem Vater, wie Kinder durch den einen Sohn und so werden wir ein einziger Leib in dem Er der „Erstgeborene unter vielen Brüdern“ ist“, letzteres ist das Zitat aus Römer 8:29.
Komplexe Gedanken, abstrakte Gedanken, die normalerweise vielleicht im alltäglichen Beten und Denken nicht immer vorkommen, außer in den formalen Gebeten wie dem Credo. Warum das aber wichtig ist und vor allem auch aktuell ist, hat der Papst in der Ansprache direkt davor gesagt: Unser Verständnis von Erlösung ist wichtig mit Blick auf ein Denken, das den Einzelnen und das Individuum auch als Quelle der eigenen Erlösung sieht.
All die „neo“-Versuchungen
Der Papst nennt seine alten „Gegner“, den neo-Pelagianismus und den neo-Gnostizismus. Pelagius hatte gelehrt, dass es vom Menschen abhänge, ob er sündige oder nicht, die Erlösung durch Gott sei also nicht unbedingt notwendig. „Notwendig“ ist das Schlüsselwort hier, wir Menschen können also auch ohne Gott selig werden, aus eigener Kraft heraus. Das Präfix „neo“ heißt lediglich, dass es moderne Formen dieses Pelagianismus gibt. Die vielbesprochene „Selbstoptimierung“ gehört dazu, also all die Versuche, sich selbst optimal zu gestalten. Eine säkulare Version von Erlösung, ohne Himmel, und „Sünde“ wird eher mit „Kalorien“ übersetzt.
Aber es sind nicht nur die säkularen Pelagianer, die hier her gehören, es gibt auch viele Versuchungen unter uns Christen, alles selber schaffen zu wollen. All das Planen vergisst schon mal das Beten, Erlösung und damit die Gemeinschaft mit Christus wird als etwas zu Schaffendes empfunden, nicht als etwa zu Empfangendes. Das Ganze läuft eher subtil und nicht so offensichtlich wir bei der säkularen Variante, umso schwieriger ist es zu entdecken.
Erlösung kann ich nicht machen
Und meistens gibt es das auch nicht in Reinkultur, sondern eben als Versuchung, als eine Tendenz, als etwas was sich einschleicht. Denn wenn alles von mir abhängt, dann habe ich es wenigstens im Griff oder im Blick, selbst im Fall eines Scheiterns. Ich bin von niemandem anderen abhängig in meiner Lösung vom Schlechten und Bösen als von mir. Das wirkt positiv wie negativ. Weiterlesen „Beim Planen das Beten vergessen“