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Schlagwort: Identitätspolitik

Geschichten, nicht Regeln: Was Christen zu Christen macht

Veröffentlicht am 20. März 201919. März 2019
Erzählte Identität Passt Christentum noch in unsere Welt: Papst Franziskus vor dem Beginn einer Messe in Lateinamerika

„Lesung aus den Brief des Apostel Paulus an die Römer“: ein Satz, den wir immer wieder hören, wenn wir Gottesdienst feiern. Lesungen sind fester Bestandteil unserer Liturgie. Was wir da tun ist ein faszinierendes Ding: die Römer, die den Brief damals bekommen haben, leben ja alle nicht mehr. Stattdessen sind wir alle an ihre Stelle getreten. Durch das Hören der heiligen Schrift bildet sich die Gemeinde derer, an die sie gerichtet ist. Es ist ein Stück erzählte Identität.

Erzählte Identität

Wer ich bin – meine Identität – ist letztlich narrative Identität, ich erfahre das aus Erzählung, aus Geschichte und Geschichten. Das ist im Alltag nicht anders. Was eine Familie ist, erzählen wir uns, von früher, von den anderen Mitgliedern, von Ereignissen und Erinnerungen. Was eine Nation ist, erzählen wir uns.

Deswegen sind diese Erzählungen wichtig. Und umkämpft, gerade jetzt. In Mode sind negative Identitäten, also Identitäten die sich abgrenzen müssen. Ein Volk wird unterwandert, eine Nation wird abgeschafft oder schafft sich selber ab. Brexit ist ein Beispiel, wie man vorgaukelt, eine angeblich an Europa verlorene Souveränität wieder gewinnen zu wollen.
Negative Identitäten sind giftig, sie verlangen nach Gegenreaktion, nach Rettung, meistens nach einem Held, auf jeden Fall aber nach einem „gegen“.

Giftig

Dahinter liegt ein tiefes Bedürfnis, sonst wären diese negativen Identitäten nicht so stark. Wer wir sind, wird immer weniger selbstverständlich. Es löst sich auf. Die Anonymisierung durch Technik, die Überforderung durch Beschleunigung, die Reduktion von allem auf Konsum und Kauf, die Liste der Faktoren ist lang. Da will man was dagegen halten, was der Identität Stabilität gibt.

Die erzählte Identität gerät dabei ins Hintertreffen. Nicht mehr Umstände, Beziehungen, Erzählungen prägen die Identität, sondern umgekehrt, die Identität soll die Lebensumstände prägen, so jedenfalls wollen es die modern gewordenen negativen Identitäten.

Das hat auch eine katholische Variante: wenn nicht mehr Umstände und Beziehungen Identität prägen, braucht man etwas anderes. Meistens sind dies die Regeln, überhöht als „die Lehre“ bezeichnet.

Überhöhte Lehre

Natürlich lehrt die Kirche. Und es gibt eine Lehre. Aber die Identität als Christ bekomme ich nicht durch ein Lehr-Buch. Wenn ich Christ bin und als Christ lebe, dann hat mein Glaube Konsequenzen. Unser Glaube ist nicht neutral. Und diese Konsequenzen sind beschreibbar und reflektiert, sie stammen aus der Bibel und den 2.000 Jahren der Erfahrung und des Nachdenkens, asu der Tradition. Natürlich gibt es die Lehre der Kirche. Aber Identität gewinne ich nicht von denen. Christliche Identität ist erzählte Identität.

Und deswegen ist auch das Vermitteln dieser Identität, die Weitergabe und der Aufbau von Identität – das was wir Verkünden nennen – mehr erzählen denn einfordern. Wie es Papst Franziskus formuliert: „Eine Seelsorge unter missionarischem Gesichtspunkt steht nicht unter dem Zwang der zusammenhanglosen Vermittlung einer Vielzahl von Lehren, die man durch unnachgiebige Beharrlichkeit aufzudrängen sucht“ (Evangelii Gaudium 35).

Weitergabe und Aufbau von Identität: Verkündigung

Die erzählte Identität der Christen hat immer das Element der Weitergabe, das ist sozusagen Teil der DNA des Christlichen. In Evangelii Gaudium benutzt Papst Franziskus dafür das etwas steife Wort „Evangelisierung“, im Gesamtzusammenhang meint er damit die Weitergabe, die Verkündigung des Glaubens.

„Die gesamte Evangelisierung beruht auf dem Wort, das vernommen, betrachtet, gelebt, gefeiert und bezeugt wird. Die Heilige Schrift ist Quelle der Evangelisierung. Es ist daher notwendig, sich unentwegt durch das Hören des Wortes zu bilden. (…) Das vernommene und – vor allem in der Eucharistie – gefeierte Wort Gottes nährt und kräftigt die Christen innerlich und befähigt sie zu einem echten Zeugnis des Evangeliums im Alltag“ (EG 174).

Ich kann vielleicht eine Identität als Christ negativ aufbauen, in Abgrenzung – Ausgrenzung wie Papst Franziskus es nennen würde – und im Einfordern von Regeln. Das ist aber nicht das, wofür wir stehen. Weitergabe gelingt so nicht. Es ist eine egoistische Identität – wieder mit dem Papst: eine sich selbst umkreisende Identität – die ich so schaffe.

Einsetzungsbericht und Lesungen

Christliche Identität, die missionarisch ist, die verkündend ist und damit dem entspricht, was Jesu Auftrag an uns ist, die entsteht durch Erzählung. Deswegen wird in einer Messfeier auch das Evangelium verlesen, es wird die Geschichte erzählt die uns sagt, wer wir sind.

Und machen wir noch einen Schritt weiter: Die Wandlung selber ist kein magischer Augenblick, mit Brot und dann mit Wein in der Hand spricht der Priester den „Einsetzungsbericht“. Das ist kein dogmatischer Traktat, das ist Erzählung. Und dadurch ändert sich für uns Christen die Identität dessen, was der Priester dort auf den Altar stellt.

Wir glauben, dass diese Erzählungen mehr sind als nur aufgeschriebene Sätze und Reflexionen. Wir glauben, dass die Schrift einen Autor hat, dass sie in Gott selbst fußen, deswegen nennen wir sie das „Wort Gottes“. Unsere erzählte Identität ist also mehr als nur menschlich.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Christen, Christsein, Gechichte, Glaube, Identität, Identitätspolitik, Lehre22 Kommentare zu Geschichten, nicht Regeln: Was Christen zu Christen macht

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