Es ist als ob man gleichzeitig zwei Romane liest. Zwei Welten, die aufeinandertreffen. Heute Morgen beim Lesen der Zeitung. Da ist zum einen eine Karikatur von AKK, wie sie durch die Mangel der „Spaß-Kontrolle“ genommen wird. Weil sie einen Witz gemacht hat, von Oben auf Kosten von denen da Unten. Daneben ein Kommentar zur Frage, ob man sich vorschreiben lassen kann, Lieder eines Mannes zu hören, der unter dem Verdacht steht, Kinder missbraucht zu haben. „Wer will sich diese Entscheidung ernsthaft vorschreiben lassen?“, fragt der Kommentar.
Geht’s noch?, frage ich. Sich tagelang über einen Witz aufregen, aber bei einem Verdacht auf Missbrauch Kunstfreiheit besprechen, da stimmt doch was nicht. Da geht doch irgendwas in unserer Debatte schief, und zwar mächtig. Und das nicht nur im Journalismus.
Werte und Konsum
Zur Klarstellung: ich habe diese Zeitung im Abo, weil ich sie für gut halte, und das auch deswegen, weil sie die Debatten sehr gut und informiert abbildet und hinterfragt. Aber genau deswegen treffe ich da auf diesen Widerspruch. Das ist nicht gegen diese Zeitung konkret, im Gegenteil, ich bin dankbar, dass die das sichtbar macht. Und lese sie weiter. Und bezahle auch für meine Abos. Leider sind die Stücke aber zur Zeit des Schreibens (noch) nicht online.
Wenn ein Witz danebengeht, dann gibt es ein ganz einfaches Mittel: nicht lachen. Das ist die größte Strafe für den, der den Witz gemacht hat. Ende der Geschichte. Das ist Kunstfreiheit.
Debatte um Kunst von Idolen
Die Debatte um Kunst von Idolen, die dem Verdacht von Missbrauch ausgesetzt sind, ist dagegen keine Kunstfreiheits-Frage. Das betrifft nicht nur Michael Jackson, das betrifft auch Roman Polanski, der nach Bekanntwerden der Geschichte immer noch Preise für seine zugegeben super eingeheimst hat. Das ist eine Frage nach dem Wertesystem des Kultur-Konsum-Betriebs. Es geht um Werte und Kosum. Da ist nicht Freiheit die Frage, sondern ob das Beschaffen von Geld und das Anhimmeln ausreichen, um anderes zu verdecken.
Für diesen Blog habe ich mal beschlossen, nie nur negativ zu sein. Sondern immer auch konstruktiv. Also zum Thema Werte und Konsum:
- Ich nehme mir die Freiheit raus, nicht alle Debatten mitzumachen. Wenn ein Witz nicht komisch ist, lache ich nicht.
- Kunstfreiheit ist ein großer Wert. Die Frage, wie der Charakter des Künstlers die Kunst beeinflusst oder bestimmt, ist wichtig. Aber auch die Frage, ob man Kunst vom Künstler lösen kann. Das ist eine Debatte, die wir führen müssen.
- Dahinter steckt die Frage des Konsums. Kunstfreiheit ist keine Berechtigung, alles für den Konsum zu tun. Das ist auch eine Anfrage an den Kulturbetrieb.
Danke also erst mal der SZ dafür, das so offen gemacht zu haben. Wir bleiben dran.