Eine Busfahrt in Rom. Ich stehe neben zwei deutschsprachigen Touristinnen, und weil ich weder kurze Hosen noch T-Shirt oder dergleichen Strandkleidung in der Stadt trage, halten die mich für einen Einheimischen. Und reden laut. Bildungstouristen in Kirchen, darum ging es.
Die beiden Damen waren gerade in San Luigi die Francesi gewesen und hatten sich die beiden Caravaggios dort angeschaut. Und sie beschwerten sich, dass man die so schlecht sehen könne, weil sie an den Seitenwänden eine Kapelle hingen. In einem Museum wären die doch viel besser aufgehoben.
Bildungstouristen in Kirchen
Dass die beiden Bilder für die Kapelle gemalt wurden und selbst der Lichteinfall abgestimmt ist, das lassen wir da mal beiseite.
Und dann ging es um eine andere Kirche, dort hatten die beiden eine Darstellung Jesu Einzugs in Jerusalem gesehen. Und die beiden überlegten, ob es da nicht auch sowas wie ein Fest zu gäbe. „Palmsonntag“ wollte ich zurufen, aber habe mich dann doch zurückgehalten.
Nun kommt das jetzt von mir sehr schnöselig herüber, herablassend. Aber mir hat sich da schon die Frage gestellt, wie man etwa Caravaggio richtig sehen will, wenn man nicht weiß, worum es da geht.
Wissen worum es geht
Die Kulturleistungen der Christen sind erheblich. Kirchen, Gemälde, Theater, Literatur, überhaupt Sprache und Bildwelt: Europa ist voll von christlichem Erbe. Muss ich nun das Christliche auch kennen, um das sehen und hören und wertschätzen zu können?
Ja, ich glaube das geht. Man kann das achten, wertschätzen, sogar verstehen, wenn auch notwendigerweise immer eingeschränkt. Vielleicht sehen Menschen, die nicht sofort die christliche Geschichte und vielleicht die Predigten dazu im Kopf haben, auch ganz andere Dinge? Die Christen nicht sehen? Haben einen Zugang zur Kunst wie wir Christen zu nichtchristlicher religiöser Kunst?
Ich bitte also nachträglich um Nachricht für meine Schnöseligkeit.
Nicht nur schnöselig
Trotzdem: Es fehlt was. Ein Altarbild ist eben kein Gemälde und Fresken haben einen Ort und durch diesen Ort einen Sinn. Ein Caravaggio an der Museumswand verliert seinen Ort, die Kirche. Das Christliche ist eben nicht nur der Ursprung, Kunst ist nicht nur Bebilderung oder Vertonung. Sie will genuiner Beitrag sein.
Und: ich kann das Christliche auch nicht allein auf Kulturleistung zurückführen. Ein Bild oder ein Oratorium steht in Spannung zu gelebtem Christentum. Es ist nicht nur Kultur, ohne den Sinn- und Vollzugszusammenhang.
Der Theologe Remi Brague hat den Begriff der „Christianisten“ geprägt. Das sind Menschen, die das Christliche achten, es dabei aber dann auch belassen. „Die Leute, die diese Errungenschaften geleistet haben, waren eben keine Christianisten, sondern echte Christen. Sie taten, was sie taten, weil sie an Christus glaubten und nicht nur allgemein an die westliche oder abendländische Kultur.“ Das steckt in christlicher Kunst eben auch drin.
Für mich gehört zu Kunst immer dazu miteinzubeziehen, ob und was der Künstler darstellen/erfassen wollte.
Wenn ich also vor einem Bild stehe, auf dem irgendwem gerade blutig der Kopf abgetrennt wird, will ich schon wissen, ob da gerade Johannes der Täufer oder die Medusa enthauptet wird. Und wenn einer auf einem Pferd mit Flügeln gen Himmel startet, will ich schon wissen, ob das Perseus oder Mohammed sein soll.
Aber solange Kunst gefällt oder wie man das auch immer nennt, ist das eigentlich egal.
Problematischer sehe ich eher, wenn man bedenkt, dass die beiden „Bildungstouristen“ vermutlich tatsächlich zu den Gebildeten, also denen mit höherer Bildung gehörten. Ich fürchte in ein paar Jahrzehnten könnte das, was man Allgemeinbildung nennt, selbst unter Gebildeten selten werden.
„Christianisten“
Mit dem Begriff aufpassen, denn er wird im englischen Sprachraum momentan teils völlig anders verwendet. Letztlich als Gegenstück zu „Islamist“ eben „Christianists“, die moralisch auf ähnlicher Stufe gesehen werden.
https://en.wikipedia.org/wiki/Christianism
Ein Beitrag von einem in der ein paar Bücher aus dem Bereich Apologetik geschrieben hat mit Erklärung, dass „Christianist“ letztlich einen rassistischen und gewaltliebenden pseudo-christlichen Trump-Anhänger beschreibe.
Der Begriff wird also teils mit drastisch anderer Bedeutung verwendet.
(Und das soll keine Kritik sein; sondern einfach ein Hinweis; ich z. B. kannte die hiesige Verwendung des Begriffs bisher nicht)
Vor drei Jahren war ich ausdrücklich wegen der beiden Caravaggio-Bilder in San Luigi dei Francesi in Rom. Wegen eines besonderen Anlasses wurde mir vor der Reise insbesondere „Die Berufung des Matthäus“ ausführlich erläutert. Diese Erklärungen hatte ich damals und bei einem erneuten Besuch der Kirche heuer im Februar im Kopf. Ohne die theologischen Erklärungen eines befreundeten Pfarrers hätte ich „halt ein Gemälde“ gesehen, „das auch noch in einer dunklen Ecke hängt“. Eventuell wäre es mir so wie den beiden Damen ergangen.
Ich denke, dass es bei Kirchenbildern ganz klar von Vorteil ist, ein christliches Hintergrundwissen zu haben.
Pater Hagenkord, es war nicht schnöselig von Ihnen – das ist einfach so, wenn man sich selber bei einem Thema auskennt, aber bei Gesprächen unerfahrener Dritter mithört. Und ich denke auch, dass die Damen überrascht und erfreut gewesen wären, von einem wirklichen Experten wie Ihnen Erklärungen zum Palmsonntag und den Bildern zu erhalten.
Schöne traurige Sachverhaltsdarstellung. Es gibt eben sehr viel banalen Inhalt auf unserer Welt. In einem Interview bei Seewald gibt es den Abschnitt von BXVI, in dem er sich sehr besorgt zeigt, dass die wenigsten Leute noch Tabernakel oder Monstranz definieren können.
Ein paar Maßnahmen???
In guten Radiosendern werden ab und an seriös, zB durch den lokalen Bischof, die alten Feiertage erklärt. Bei „Pfingsten“ wissen manche noch was, bei „Fronleichnam“ wenige (das Thema hatten Sie mal im Blog dieses Jahr) und dann gibt es die Exoten wie die kleinen Marienfeiertage, mein Liebling „Maria ohne Namen“.
Humor war angesprochen. Medientechnisch super im 20. Jahrhundert „Don Camillo und Pepone“
https://www.youtube.com/watch?v=s2co_tHe97s
Sowas läuft nirgends mehr im Fernsehen.
In den 70ern liefen im Fernsehen in der Karwoche selbstverständlich Filme wie „Jesus von Nazareth“ oder wenigsten Ben Hur. Heute nicht mehr. Warum werden solche Filme nicht mehr gedreht.
VOLKSRELIGION, ja das geht verloren.
Ich meine, wir müssen auch über den Zuschnitt des Religionsunterrichtes reden, von dem es in Österreich noch sehr viel gibt. Aber es gleitet vom Lehrplan etwas ab ins Esoterische und in den Ethikunterricht.
Als Gegenmodell: zumindest Burschen beschäftigen sich mit der Materie intensiver, wenn man beispielsweise die Kreuzigung intensiv behandelt, und die Frage stellt, ob die Römer vier oder drei Militärnägel verwendeten. Das jetzt als provokativen Einwurf.
Freude hat es mir noch gemacht, dass es gute verständliche seriöse Bücher zur Kirchengeschichte gibt. z.B. das sehr verständliche Werk von Manfred Eder
Volksreligion: wenn in Griechenland überall eine Jesus- oder Madonnaikone aufgehängt wird (z.B. in den Taxen) hat das eine gewisse Botschaft, die mir gefällt
…
in Anlehnung an das Credo der Kirchenväter wäre es einen Versuch wert, in Rom an den Hauptkirchen eine Fibel auszulegen, die das Christentum auf 2-3 Seiten erklärt. Woran wir glauben. Das ist bestimmt schwer. Aber nicht unmachbar. VA Medien könnte das schnell machen.
„Und dann ging es um eine andere Kirche, dort hatten die beiden eine Darstellung Jesu Einzugs in Jerusalem gesehen. Und die beiden überlegten, ob es da nicht auch sowas wie ein Fest zu gäbe. „Palmsonntag“ wollte ich zurufen, aber habe mich dann doch zurückgehalten.“
Naja, da hätten Sie – zusammen mit der fachlichen Auskunft – sich vielleicht doch besser als Mitarbeiter von Radio Vatikan und fachkundiger Jesuit vorstellen sollen … Wer trifft im Bus schon Radio Vatikan … Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die beiden Frauen Ihnen dankbar gewesen wären … für diese informative Missionierung … 🙂
Ob diese dann wohl auch auf fruchtbaren Boden gefallen wäre, müssen Sie selbst beurteilen … Sie konnten sich vielleicht einen kurzen Eindruck von den beiden machen. Aber interessiert (am Vorgang und am Fest waren sie scheinbar …
Da sind wir auch wieder beim Thema des vorherigen Posts, jenes über Kardinal Brandmüller, den Amazonas und den Zölibat.
Warum denn kriegt der Kardinal in der FAZ so einen prominenten Platz, um über den Zölibat zu schreiben? Doch auch, weil allzu viele Journalisten, allzu viele Medien von der (katholischen) Kirche heute nicht mehr wissen als die beiden Damen im römischen Bus. Und so wird die ganze Diskussion über die katholische Kirche und deren Reform auf den Zölibat verengt. Den kennt man „außerhalb“ gerade noch; das ist ein Aufreger für Redaktion und Publikum. Den Rest kann man nicht beurteilen, und man lässt ihn weg.
Was mir schon lange ein Anliegen wäre (und eine gute Investition für einen Teil der Kirchensteuer, so lange es dieselbe noch gibt): Macht doch Fortbildungsseminare für Journalisten zum Thema katholische Kirche. Nicht nur Hintergrundgespräche, wo eh immer nur dieselben Insider um immer denselben Bischof herumsitzen und sich geistlich gebauchpinselt vorkommen. Ladet fernstehende und/oder gleichgültige Journalisten ein. Bestecht sie von mir aus mit einer kleinen Zu-Fuß-Pilgertour in ein romantisch gelegenes Kloster (Pilgern ist ja modern und „Urlaub im Kloster“ klingt auch für säkulare Ohren immer noch hinreichend mystisch). Holt authentische Bischöfe als Gesprächspartner hinzu (spontan fallen mir Overbeck und Wilmer ein). Aber macht auch „Volkshochschule“ für die Journalisten: Unterrichtet katholische „Basics“ (heute weitgehend vergessen, siehe oben). So ein Seminar kann ruhig ein paar Tage dauern. Oder auf zwei Wochenenden ausgedehnt werden. In Rom macht sowas die Santa-Croce-Hochschule, das Opus Dei also. Aber es funktioniert sehr gut auch ohne diesen Verein… Hauptsache, es macht mal jemand was in dieser Richtung. Es geht um Multiplikatoren!
@bernard @Pater Hagenkord
„Macht doch Fortbildungsseminare für Journalisten zum Thema katholische Kirche … mit einer kleinen Zu-Fuß-Pilgertour in ein romantisch gelegenes Kloster … So ein Seminar kann ruhig ein paar Tage dauern. … Es geht um Multiplikatoren! …
Holt authentische Bischöfe als Gesprächspartner hinzu (spontan fallen mir Overbeck und Wilmer ein).“
Sehr gute Idee ! Sozusagen (eine Unterstützung für ein gelingendes Leben versprechenden/bietenden) Religionsunterricht für elitäre Erwachsene … mit einem renommierten und allgemein anerkannten (also nicht als „verstaubt“ geltenden) Veranstalter … wie z.B. Radio Vatikan.
Meine Ergänzung zu den teilnehmenden Bischöfen: (Erz-)Bischof Schick aus Bamberg fällt mir noch ein. Er ist jemand, der auf die Menschen zugeht (z.B. geht er an Heiligabend in den Obdachlosen-Treff).
Ergänzung:
Radio „Bayern 1“ veranstaltet seit Jahren Radreisen … in Deutschland. Warum also soll nicht Radio Vatikan Pilgerreisen ins Kloster mit Bewegung, unterhaltsamer Fortbildung und Leben nach Klosterart unternehmen ?
Man darf aber nicht übersehen, dass die modernen Mainstream Medien mE, man verzeih mir den Hang zur Verschwörung, das Christentum subtil als rückständig darstellen und angreifen oder bestenfalls ignorieren.
Heute hab ich im Süden in allen Medien als Leitartikel die Eröffnungsrede zu den Salzburger Festspielen gelesen. ich frag mich zuerst, wie diese Medienmacht, Gleichschalterei überhaupt zustande kommt.
Also Peter Sellars kriegt eine Aufmerksamkeit am Sonntag, alle Achtung. Das schafft weder ein Kardinal, vermutlich nichtmals der Heilige Vater.
https://diepresse.com/home/kultur/feuilleton/5665965/Salzburger-Festspiele-eroeffnet_Kinder-sprecht-weiter-Ihr-habt
Er ist sicher ein ganz Weiser. Seine Rede ist eine Predigt.
Klimawandel, Patriarchat beenden, Frauen an die Macht, den Kindern muss man vertrauen. Und es gibt auch kein Böses, das weiß man aus Hinduismus und Buddhismus, es gibt nur Unwissenheit. Und natürlich muss alles bunt sein, dann werden wir erlöst. Und von den indigenen Völkern lernen. Etc. pp.
Dann noch etwas Konsum- und Kapitalismuskritik. Ich finde da kein einzige Anlehnung an die christliche Kultur. Hellenistische oder sogar ägyptologische Philosophie wird eingeknüpft, das passt.
Ich finde, wenn man diese Rede etwas genauer auseinander nimmt, dann ist sehr viel Widerspruch drin.
Das ist für mich eine neue Form der modernen Religion. Sie hat viele Facetten. Die Kernaussagen sind aber erstaunlich standardisiert. Der Westen, vor allem der urbane Westen, baut sich eine eigene neue Religion. Kann das sein. Eine Form von Deismus, und die Natur und der Klimawandel geben nun eine Basis.
Also was ich sagen will: es ist kein Wunder, wenn moderne (?) Menschen das Christentum nicht mehr wahrnehmen.
Man braucht Langmut.
Die aufgekärten Stadtbürger in NewYork etc. haben für das einfache Christentum nicht nur Schimpfworte wie „Tea Party“ (den liest man nicht mehr so oft), sie sprechen ganz negativ vom Jesusland. Das beginnt irgendwo im Süden von Washington. Dort ist der ländliche Bauer amerikanischen Zuschnitts, der noch sehr verhaftet in alten Glaubensmustern leben würde.
Auch hier driften unsere Gesellschaften auseinander. Die Einwohner von Jesusland sind allerdings in USA in Mehrheit, das übersehen manche der Intellektuellen „an den Küsten“.
Medienmacht, Gleichschaltung, Mainstream Medien: Verschwörung ist als These zu billig und erklärt nichts. Wenn man den Mangel an Variation beklagt, dann muss man schon etwas genauer hinschauen. Es gibt aber niemanden, der in den Redaktionen anruft und abspricht, was denn bitte auf die Seite eins zu kommen hat. Eher ist es ein Problem, dass sozial alle verantwortlichen Redakteure aus der gleichen Schicht kommen. Da ist wenig Variation.
Verschwörungstheorien und -these helfen zum Verständnis nicht weiter.
einigermaßen objektiv kann man sagen, dass die Lehre des Christentums in den modernen Ländern sich einer sehr starken Konkurrenz stellen muss. Das mag ja nicht unbedingt was Schlechtes sein. Aber ich bin neugierig, wann sich zB das moderne (politsch seit mindestens 1789 laizistische) auf einen Entwurf für die Notre Dame einigt. Wie viel Christentum da symbolisch bleiben wird. Der Prozess wird spannend sein.
Ihre beiden Touristen in Rom waren ggf. sehr gebildet und belesen, nur nicht unbedingt in den alten christlichen Themen.
Gut, die Salzburger Festspiele sind in Österreich (und Bayern, wie Bayreuth) ein Riesenspektakel. Die Rede von Sellars muss sehr sehr gut gewesen sein, dass sie dermaßen diskutiert wird. Unseren Gott hat er leider nicht erwähnt, oder ich hab es schlecht gelesen oder verstanden. Auch die sogenannten katholischen Medienhäuser habe das heute als Leitartikel, ich finde das spannend. Alle applaudieren. Die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel wird pseudo-religiös. Wobei ja der „Jedermann“ doch sehr ins Eingemachte geht und Leben und Sterben im klassischen religiösen Sinne thematisiert.
Bei einem alten Landpfarrer hörte ich vor einigen Wochen am Ende einen guten alten Wettersegen. Muss alt sein, weil ein Vers bezieht sich noch auf die Abwehr von Hagel und Pestilienzen, schätze mindestens 17. Jh. An sich finden wir ja in der christlichen Kirchengeschichte wirklich viel.
Die Verschwörung hab ich ja als „Selbstironie“ in die Diskussion eingeworfen.
Wenn die Amazonasynode so viel Medienaufmerksamkeit bekommt wie diese Eröffnung, dann wäre es ein guter Gradmesser.
„Verschwörung ist als These“
Wenn ich mich nicht verlesen habe, ist Dietmars Text hauptsächlich eine Beschreibung, wie es ist.
Also dass oft „das Christentum subtil als rückständig“ dargestellt wird.
Also dass „aufgekärten Stadtbürger in NewYork etc. … ganz negativ vom Jesusland“ sprechen.
Wie sehen Sie diese Behauptungen darüber, wie viele Journalisten/gebildete Städter das Christentum sehen/darstellen?
Völlig unabhängig von der Frage, warum dem so ist. Denn eine solche einheitliche Sichtweise kann sich ja völlig ohne Verschwörung ausbilden.
Es hat sich sicher niemand verschworen, dass die meisten Journalisten in D Trump für unsympathisch und eigentlich ungeeignet für den Job halten; dennoch könnte es eine Mehrheit von Journalisten so sehen.
Ich persönlich denke, dass teilweise das Christentum so gesehen wird und zwar wegen dem Thema Homosexualität; da ist inzwischen verbreitete Meinung, dass eine Unterscheidung zwischen Homo- und Hetero-Ehe eigentlich falsch ist, geradezu diskriminierend; in Teilen des Christentums wird das aber gänzlich anders gesehen, da sind homosexuelle Handlungen sündhaft.
Womit eine einheitliche Meinung unter gebildeten Großstädtern gegen zumindest die entsprechenden Teile des Christentums erklärbar wird, ganz ohne Verschwörungstheorie.
Und das ist natürlich relevant, denn die katholische Kirche ist formal immer noch in dem Teil des Christentums, der Homo- und Heteroehe als unterschiedlich ansieht.
„Ich finde, wenn man diese Rede etwas genauer auseinander nimmt, dann ist sehr viel Widerspruch drin.“
Sollte man nicht den Wortlaut der Rede verlinken, wenn man das sagt?
https://www.3sat.de/kultur/festspielsommer/eroeffnung-der-salzburger-festspiele-2019-rede-peter-sellars-100.html
Aber Sie haben schon recht, da sieht man schon einiges, was bei genauer Betrachtung widersprüchlich sein könnte.
@glaubeohnevertrauen
Zur Klärung von Übereinstimmungen: was wäre „bei genauer Betrachtung widersprüchlich“?
„Jeden Sommer versammeln sich führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und der Finanzwelt, renommierte und aufstrebende Künstlerinnen und Künstler, um hier, an diesem sehr besonderen Ort, den tiefen und brennenden Menschheitsfragen nachzugehen.“
„Salzburger Festspiele“ sind auf der einen Seite Leute, die Aufführungen machen und dafür bezahlt werden wollen, und auf der anderen Seite Leute, die dafür zahl die Aufführungen zu sehen. Die meisten versammeln sich also um zu unterhalten oder unterhalten zu werden.
„Musik und Oper sind Kunstformen, die auf Erfahrung beruhen. Hier finden wir Räume für neue Erkenntnisse und überraschende Einsichten.“
Wenns auf Erfahrung beruht, dann kann es eher keine neuen Erkenntnisse bringen, denn Erfahrungen sind nunmal keine neuen Erkenntnisse.
Sieht man auch am gesamten Tenor der Rede; es wird letztlich versucht das, was in alten Mythologien Griechenlands, Indiens und anderer Regionen gesagt wird als heute zu akzeptierende Wahrheit darzustellen. 3000 Jahre alte Informationen sind keine neue Erkenntnis.
Gibt noch mehr, wäre aber zu umfangreich.
Nur das eine, weil es wirklich weh tut:
„Das antike Theater erfand und vervollkommnete die Kunstform der Tragödie, um aufzuzeigen, dass das Böse an sich nicht existiert. Wie wir auch aus der hinduistischen und buddhistischen Philosophie wissen, gibt es das Böse nicht, es gibt nur die Unwissenheit.“
Kunst kann nicht aufzeigen, dass das Böse nicht existiert; sie kann aufzeigen, dass der Künstler meint, dass Böse würde nicht existieren. Genauso wissen wir nicht aus hinduistischer und buddhistischer Philosophie, dass das Böse nicht existiert; sondern wir wissen daraus, dass die hinduistischen und buddhistischen Denker meinten, dass das Böse nicht existiert.
Erfahrungen können aber zu neuen Erkenntnissen beitragen, wenn sie in einen sinnvollen Austausch führen. Wie oft geschieht es, dass die Erfahrungswerte einem Wissen widersprechen, das sich bereits so etabliert hat, dass fast jeder davon überzeugt ist, außer eben der/die, dessen Erfahrungswerte gegen dieses Wissen sprechen, er glaubt natürlich den Erfahrungswerten und nicht dem Wissen.
Das Wissen muss deshalb nicht falsch sein, nur ist es vielleicht in seiner Anwendung noch nicht so ausgereift, dass es eine für die ganze Menschheit tragbare Information ergibt, mit der dann jeder gemäß seiner eigenen Erfahrungswerte umgehen kann.
Ich glaube es wäre schon sehr hilfreich in diesem Zusammenhang Begriffe wie die Unterscheidung zwischen „das Böse existiert“ oder „das Böse wird durch den Menschen existent gemacht“ zu treffen. Denn wenn man auf die Natur trifft, so unterscheidet sie sehr wohl in brauchbare und unbrauchbare Existenzformen und handelt dabei sehr konsequent im Sinn ihres Überlebens.
@glaubenohnevertrauen
DANKE für den Link von Peter Sellars:
eben das Nachdenken eines Künstlers der sich eben NICHT
mit “ Formel-Kram“ begnügt…..
WANN werden es Christen begreifen, dass sie Entscheidendes zur Entwicklung beigetragen haben und weiterhin tun..,
aber auch BEGREIFEN, dass sie Teil(!) des Ganzen sind aber eben nicht die einzigen sind, die auf dem Weg zur Wahrhaftigkeit sind ,wenn sie auch WESENTLICHES weiterhin einbringen!
Damit meine ich aber ausdrücklich NICHT die -in Teilen- kruden Aussagen zu einer selbstVERANTWORTETEN Sexualität…
„Man darf aber nicht übersehen, dass die modernen Mainstream Medien mE, man verzeih mir den Hang zur Verschwörung, das Christentum subtil als rückständig darstellen und angreifen oder bestenfalls ignorieren.“
Richtig; dem ist so.
Die Medien sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Journalisten kommen aus der Gesellschaft und schreiben/berichten für diese Gesellschaft. Aber gerade die Medien haben ja eine enorme Wirkungskraft auf uns Menschen … und diese Wirkungskraft könnte genutzt werden, wenn ein Umdenken der Medien initiiert werden könnte …
Daher muss die Amtskirche auf die Gesellschaft und die einzelnen Menschen zugehen und dazu sich eines moderneren Stils bedienen. Sie muss den Menschen aufzeigen, dass es sich für die Menschen selber lohnt, Werte in ihr Leben aufzunehmen, weil sie dann glücklicher werden.
6-8 Stunden täglich sich mit irgendwelchen Smartphone-Games zu beschäftigen, macht halt nicht glücklich …, sondern nur süchtig … Oder irgendwelchen kranken „Stars“ aus der Film- oder Musikszene nachzuäffeln, ist halt auf Dauer ungesund …
Die Kirche muss moderner und jünger werden … damit sie gerade die JUNGEN Menschen abholen kann …
Also so ein Programm „Wir von Radio Vatikan erklären Ihnen den Vatikan und MEHR“ und das nicht nur für Multiplikatoren, sondern für alle Menschen, die sich für elitär halten, … das wäre schon etwas, was andere Menschen mitziehen könnte im Laufe der Zeit und Jahre …
Die „Bayern 1 – Radl-Tour 2019“ ist übrigens gerade heute in Oberfranken (Bayern) gestartet mit einem enormen Zuspruch in der Bevölkerung auch dieses Jahr wieder. Und die Radl-Tour feiert dieses Jahr sogar ihr 30 jähriges Jubiläum.
Ich selbst habe dieses Jahr – nach vielen vielen Jahren der Abstinenz – wieder einmal an einer Fußwallfahrt teilgenommen und zwar am Wochenende des Dreifaltigkeitssonntags. Sehr schön wars …
Die Kirche muss Wege beschreiten, die bei den Menschen ankommen … um das Image des Verstaubten zu besiegen und um ihr Leben glücklicher zu machen. Dann denkt auch niemand an Kirchenaustritt.
„… aus der gleichen Schicht …“ – vielleicht kann bei den oben beschriebenen von Milieu-Phänomenen gesprochen werden („aufgekärte(n) Stadtbürger“ ?). Zu beschreibende Milieus (Beschreibung wäre eine – wahrscheinlich schon geleistete – Forschungsaufgabe) definieren in einer Art ‚modernem‘ Katechismus, was heutzutage ‚gut und wohlgefällig‘ (1Tim 5,4) sei, und gewinnen darin allerdings gesellschaftliche Deutungsmacht wenn nicht gar ‚-hoheit‘ (> Mehrheit der Konfessionslosen in D). Sie übernehmen damit eine ehemalige Rolle der Kirche(n).
Soweit eine Vermutung von mir, die zur Diskussion gestellt sei.
Nach längerem Mitlesen ist dies mein erster Beitrag in diesem Blog.
Wenn es, wie ich aus Ihrem Bericht vermute, heute noch so im Bus in Rom ist, wie früher, als das biglietto noch 50 lire kostete, keine Federung, keine Klimaanlage, gefühlte 50 Grad, Festhalten war nicht nötig, weil man eingezwängt war, die Fahrer waren so unterwegs, dass man an so ein christliches Fest dachte, wie heisst das nur nochmal? – Ach so – ja genau: Himmelfahrt, genau, da können Touristinnen und Jesuitenpater schon mal ordentlich durchgerüttelte blöde oder schnöselige Fragen haben. Ich würd’s nicht unbedingt ganz so hoch hängen. Vielleicht haben die hier und da ja auch ein Senfkorn aufgepickt. Jeder, der einen Beruf ausübt, wo er Fremde empfängt, kennt sie, die erstmal das Mobiliar bei einem umrücken. Deswegen sind an manchen Orten, z.B. Kirchen, auch die Möbel festgeschraubt.
Ich habe die Kommentare zu diesem Bericht nicht gelesen. Deshalb weiß ich nicht ob ich mich wiederhole.
Meine Einschätzung zu den Kunstwerken und Bildern in den Gotteshäuser sind bzw. habe ich mal gelernt hat was mit Verkündigung zu tun. Die bildhafte Darstellung des Christentums um Menschen die des Lesens nicht fähig waren die Bibel in Bildern nahe zu bringen.
Und so wie ich das heute so sehe müsste man der Menschen heute die Bilder in der Schriftform näher bringen oder erzählform. Vielleicht hätten Sie lieber Pater den Touristen die Erklärung liefern sollen.
Vieles kommt mir bei diesem Blog ins Bewusstsein. Einige Gedanken zur Ergänzung.
Es ist wieder eine Fülle, wo es mir schwer fällt dies zu kürzen. Pater Hagenkord beschreibt die Fülle christlicher Kunstschätze hier im Block als „Journalist im Vatikan“, umringt von einer Vielzahl großer christlicher Kunstwerke und sakraler Gebäuden, entstanden über Jahrhunderte, häufig auch bzgl. Finanzierung/ Geldverschwendung getadelt.
Er wäre z.B. für bes. Führungen mit anschl. offen gehaltenen Gottesdiensten / Andachten prädestiniert und könnte falsche Annahmen richtigstellen.
Doch zuerst: Bei dieser Blogdiskussion bin ich zunächst über die Überschrift gestolpert. Dass dahinter ein instrumentalisiertes christl. – religiöses Verständnis steht hätte ich nicht gedacht. Nur im Hinblick dieser Frauen über ihre Sichtweise der Kunst konnte ich dieses Phänomen von „Christianismus“ nicht wirklich erkennen. Danke für „glaubeohnevertrauen“ für seinen Hinweis.
Dann kam mir auch ein weiterer Gedanke, den der Historiker Wolfsohn zur Diskussion brachte, indem er ein christlich – jüdisches Europa nicht erkennen könne. Für ihn scheint es nie ein christliches Abendland gegeben zu haben (Halle – Wittenberg 2018). Für mich scheint dies ein Ausblenden von der Blüte christlicher Klöster, Kultur und Kunst in Europa.
Gerade in den Klöstern sind hervorragende Kunstwerke entstanden – aus tiefem Glauben, geförderten Kompetenzen und weitergereichten traditionellem Wissen. Und es gab auch andere Künstler aus dem weltlichen Bereich, die eiferten um ihre Kunst. Aber beide hatten gemeinsam: sie schufen das Beste für den christlichen Gott. Sie dachten nicht nationalistisch sondern waren europaweit unterwegs und haben jahrhundertbestehende Kulturgüter für die Kirche geschaffen.
In den 1870er Jahren gab es u.a. Menschen – auch geschäftstüchtig –die europäische sakrale Kunst und Bauten in Museen brachten. Auch nach Amerika. Vielleicht sind diese beiden Damen von dieser Vorstellung geprägt. Dass wir heute noch an vielen Orten mitten in den „Schätzen der Kunst“ Gottesdienst feiern können – ohne Ansehen der Person und an den Orten, wo sie auch gedacht sind, ist es vor allem eine Errungenschaft der Kirche.
Sakrale Gebäude und Kunstwerke zu bestaunen scheint für viele Reisende ein Muss. Und welches es sein wird, wird häufig an einem berühmten Kunstwerk festgemacht. Säkularisierte Menschen scheinen nicht generell den Wunsch zu haben, zu kritisieren oder christliche Inhalte an Kunstwerken verstehen zu wollen. Vielleicht ist es eher der spontane Wunsch nach Berühmtem, nach Tradition, nach Poesie und spiritueller Nähe ohne Inhalt. Vielleicht gibt es aber ein Stück kollektiven Bewusstseins wie bei Notre Dame? Oder vielleicht auch der Wunsch nach kollektiver Verbundenheit und Transzendenz, losgelöst von jeglicher Bindung an die Kirche oder christlicher Botschaft.
Aber vielleicht scheint hier der Ansatz zu sein, wie in den vorangegangenen Meinungen: die Kunst zu nützen, um über das Eigentliche im Christentum zu reden – jenseits vom Mainstreet. Absichtslos. Christliche Kunst als Einstieg in die Sinnfrage der Menschen und des Christentums. Hierbei könnte es auch ein lebendiger Austausch geben – auch über Religionsgrenzen hinweg. Aber darin liegt natürlich auch eine Gefahr: Missverständnisse, Besserwisserei und Auseinandersetzung einzelner.
Vielleicht wäre es für uns alle hilfreich, vielmehr uns im sokratischen Dialog zu üben und in aktuellen Themen viel näher am Menschen und seiner Wirklichkeit zu sein, als uns in Zurückhaltung und „Weltflucht“ zu üben. Hier wären u.a. christlich fundierte Historiker oder historisch geschulte Theologen gefragt, wie auch wohl immer. Aber es müssen mögliche Rahmen geschaffen werden. Aber es scheint grds. schwierig. Und dann kommt noch hinzu die rechtliche Seite bzgl. öffentlichem Raum, Lehrmeinung etc..
Zum Schluss:
Für mich gibt es einzelne sakrale Darstellungen, deren Ausdruck ich als sentimental kitschig empfinde. Als ich die Bilderskepsis bzw. Bilderablehnung aus dem Mittelalter begriffen habe, war dies für mich schlimm und im Kontext nicht zu verstehen. Denn die Tatsache, dass dies zu kriegerischen Auseinandersetzungen führte, war für mich unvorstellbar. Dass die Reformation biblische Wahrheiten durch das Zerstören von alten Bildern wieder ins richtige Licht rücken wollte, Dies kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht waren da auch „Christianisten“ am Werk – nein, diese Aussage wäre falsch und zu kurz gegriffen. Heute zerstört der IS in seinem religiösen Wahn wertvolle religiöse Kulturgüter, unsinnig und unwiederbringlich.
Somit versuche ich auch meinen Blick auf die verzerrte sentimentale Kunst in ein anderes Licht zu bringen, da es ein Kulturgut der Vorfahren ist. Jedoch sind mir auch moderne christliche Kunstwerke auch an anderen Orten wichtig, die man so nicht vermutet hätte, die auch Bürgermeister zu christlichem Handeln bewegen. Wie z.B. Otto Dix –Gemälde „Krieg und Frieden“ in einem Rathaus nähe Bodensee.