Der synodale Weg – war da was? Verdrängt von Corona fristet er im Augenblick ein Randdasein in der Öffentlichkeit. Und auch in der Kirche. Was schade ist, denn es gibt eine Menge zu bereden. Gerade Corona zeigt der Kirche ja deutlich, wo Schwächen liegen. Etwa im Relevanzverlust. Der synodale Weg ist aktuell.
Es gibt neue Debatten, etwa um Stellenwert und Weise des Eucharistie-Feierns. Aber auch die schon bestehenden Debatten bleiben uns erhalten, unter anderem die fundamentale Debatte, was das Ganze soll und was für eine Bedeutung der synodale Weg haben kann. Das stand ja schon zum Startschuss als Thema an: Fragen von Verbindlichkeit, von Vereinbarkeit mit unserem Kirchenrecht, von Autorität zur Umsetzung der Beschlüsse und so weiter.
Der synodale Weg ist aktuell
Ich habe eine heimliche Schwäche für das Kirchenrecht, mir hat das im Studium immer Spaß gemacht. Deswegen hat es mich gefreut, dass zwei Kirchenrechtler sich diese Fragen nun wieder vornehmen. Und zwar dezidiert unterschiedlich und im Gegensatz. Aber nicht aneinander vorbei, sondern antwortend. In der Zeitschrift „Lebendige Seelsorge“ kann man das nachlesen.
Thomas Schüller, Professor in Münster, macht den Aufschlag, und Markus Graulich SDB, Kirchenrechtler im Vatikan, antwortet. Dann wieder Schüller, und noch einmal Graulich. Einig werden sich die beiden nicht, aber das muss ja auch nicht sein. Aber sie blättern die Weite des Themas auf. Mit Spitzen und im Widerspruch, aber auch mit gemeinsamen Linien.
Artikel Eins (Schüller) endet in einem Wunsch, die erste Antwort (Graulich) in einer Befürchtung: das zeigt schon einmal die Betonungen. Der eine schreibt außerdem sichtlich aus unserer deutschen Perspektive (Schüller), der andere – beruflich und kirchenrechtlich – aus der gesamtkirchlichen und vatikanischen. Wobei: das darf man nicht als Etikett drauf kleben und meinen, damit habe man schon verstanden. Die Argumente sind auf beiden Seiten komplexer. Hier spricht nicht Deutschland gegen den Vatikan.
Einig und einander widersprechend
Die beiden Kirchenrechtler sind sich einig darin, dass die Form des „synodalen Weges“ etwas ist, was das Kirchenrecht so nicht kennt. Einig sind sie sich auch darin, dass der Weg ein geistlicher Prozess bzw. ein Beitrag zur Verkündigung des Glaubens ist, keine parlamentarische Abstimmung. Aber während Schüller vor allem Möglichkeiten für Neues und Entwicklungsspielräume auslotet, definiert Graulich den Weg eher rechtlich absichernd durch bestehende Rechtsinstrumente.
Der eine betont die „Adaptionsfähigkeit [des Kirchenrechts] an gewandelte Sozialgestalten von Kirche und Welt und deren Bedarfe“, der andere die Aufgabe der „kirchlichen Rechtsordnung, die Einheit der Gesetzgebung zu schützen“.
Das hilft
Ich finde diese Debatte ungemein hilfreich. Vor allem für all diejenigen von uns, die eben keine Kirchenrechtler sind, aber verstehen wollen, wo einige der Probleme liegen. Und die dort debattierten Fragen sind ja die Grundierung für alle anderen Fragen. Wenn über Autorität in der Kirche oder priesterliche Lebensform gesprochen wird, dann muss irgendwann die Frage gestellt werden, was mit den Ergebnissen passiert. Und spätestens da wird das Kirchenrecht eben spannend. Und nicht nur Canon 127 CIC (das als mein Gruß an die Autoren!).
Der synodale Weg ist ein Lösen von Knoten, habe ich ja behauptet. Das gilt auch für das Kirchenrecht. Die Debatte in dem Heft hilft auch den nicht-Spezialistinnen und Spezialisten, sich diesen Knoten einmal genauer anzuschauen.
Die Kirche brennt. Sie hat sich ihrer Systemrelevanz entledigt, ihr Kerngeschäft aufgegeben und steht nun vor wirklich leeren Kirchengebäuden. Und in dieser Zeit träumen Sie weiter von Frauenpriestertum, Entwertung der Sakramente, Schwulenehe und den ganzen anderen alten Kamellen, die das Ziel des synodalen Holzweges bilden. So werden Sie den Brand nicht löschen.
Da ist sehr viel falsch drin. Niemand beim synodalen Weg will die Sakramente entwerten, nur um einen Ihrer Vorwürfe aufzugreifen. Und wenn die Kirche in der Krise steckt, soll man dann nicht reden? Über die Art des Weges kann man ja reden, da gibt es viel Kritik dran, aber grundsätzlich zu schweigen wenn wir in der Krise stecken halte ich für den falschen Weg.
Das Problem ist doch gerade: Dadurch, dass von gewissen Greisen in der kath. Kirche diese von Ihnen genannten Themen als “alte Kammellen” oder als nicht zeitgemäß in Zeiten von Carona, als nicht wichtig etc. bezeichnet werden, geschieht doch genau das, was Sie monieren: Je weiter diese Themen immer und immer wieder versucht werden, sie ins Abseits zu stellen, sie als nicht so wichtig abzutun etc., wird der “Brand”, der bei vielen Katholiken gerade über diesen “Reformstau” vorherrscht, nicht gelöscht werden! Und warum: Weil man inhaltliche nie von strukturellen Debatten trennen kann, sind doch immer wieder Strukturen Ausdruck von Inhalten und umgekehrt. Und jetzt könnte ich natürlich den Ball ganz einfach in Ihr Feld zurückspielen: Diese Ablehnungs- und Banalisierungsversuche der genannten Themen sind nun auch wirklich “olle Kamellen”…
Lieber Pater Hagenkord,
wenn Sie einen schon so neugierig machen: Könnten Sie nicht den Echter-Verlag bestürmen, dass er die Debatte Schüller-Graulich für Interessenten frei zugänglich macht? Nicht jeder hier aus Ihrem Publikum wird die “Lebendige Seelsorge” abonniert haben… Und Ihr Link im Blog führt leider nicht über das schnöde Inhaltsverzeichnis hinaus…
Na ja, die haben sich entschieden, einen anderen Beitrag öffentlich zu machen. Und wollen halt auch was verdienen, verdenken kann ich es dem Verlag nicht. Man kann das Heft ja auch online erstehen, ist das keine Alternative?
Lieber Pater Hagenkord,
Danke das Sie das Thema wieder aufgreifen. Wir von Maria 2.0 tun das auch und haben gerade heute dazu ein Pressegespräch. Für uns Frauen tickt die Lebenszeituhr. Wir können uns nicht mehr mit akademischen Gedankenspielen abfinden. Dann streichen wir eben das Evangelium und predigen stattdessen Kirchenrecht und machen die Menschwerdung Gottes endgültig wieder rückgängig. Ein Gott fernen Himmel, als Alphamännchen ist offensichtlich reizvoller und genügt uns. Deutsche gegen Weltkirche finde ich inakzeptabel. Gerade aus Frauensicht. Zu viele Frauen sind in der Menschheitsgeschichte schon mundtot gemacht worden. Wir wollen das nicht mehr hinnehmen .
Es bleibt wie immer der Eindruck, dass man uns mit unseren Forderungen und Mahnungen einfach aussieht.
Das ist nicht die Absicht meines Stücks und das lese ich auch nicht aus der Debatte heraus. Hier geht es nicht um Aussitzen. Die Themen, welche etwa der synodale Weg – um den es ja geht – verhandelt, werden dadurch ja nicht zweitrangig oder so. Aber jede Gemeinschaft hat Regeln und ich persönlich bin dankbar, in einer auf Recht basierten Gesellschaft zu leben. Was auch für die Kirche gilt.
Hier geht es überhaupt nicht über das Streichen des Evangeliums, das hieße Kirchenrecht völlig falsch verstehen. Aber aus dem Evangelium folgt eben was, und das haben wir eben in Recht gegossen. Wenn wir das ändern wollen, dann sollten wir darüber reden, ein Ausspielen gegen das Evangelium hilft da aber gar nicht.
Machen wir doch mal ein Gedankenspiel: die Weltkirche einigt sich auf sagen wir die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, rein hypothetisch. Dann wollten Sie doch auch, dass das rechtlich verbrieft ist und nicht der eine Bischof das nicht macht und die andere Gemeinde eine geweihte Frau nicht akzeptiert. Dazu bräuchte es dann auch das Fassen in Recht.
Lieber P. Hagenkord,
genauso sehe ich das auch. Allerdings vermute ich, dass auch trotz kirchenrechtlicher Absicherung manche Gemeinden oder Teile davon eine geweihte Frau nicht akzeptieren würden. Manche tun sich ja schon mit Pastoralreferentinnen schwer und zeigen das auch deutlich.
Aber um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, Maria 2.0 unterstütze ich aus verschiedenen Gründen nicht.
Aber die Anliegen finde ich persönlich sehr wichtig. Ich kenne viele Geschichten von vielen Frauen aus der Weltkirche, es war mein Glück mit dem Papst viel reisen zu dürfen. Darüber müssen wir reden, und das nicht nur hier in Deutschland.
Lieber P. Hagenkord,
die Anliegen ja, aber die Vorgehensweise ist für mich persönlich nicht akzeptabel.
Meines Wissens nach hätte Maria 2.0 die Möglichkeit gehabt, aktiv beim Synodalen Weg mitzuwirken, hat aber abgelehnt.
Die “Gegenbewegung” Maria 1.0 hingegen hat die Chance der Mitwirkung beim Synodalen Weg ergriffen.
Meiner Einschätzung nach kostet es vielmehr Kraft, sich aktiv in einen solchen Prozess einzubringen als vor der Kirchentür zu demostrieren. Das “Vor der Kirchentür” verstehe ich bezogen auf Ihre Organisation sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne.
Maria 2.0?
Mein Tip für Sie, Frau Humpert: Ahmen Sie einfach die Liebe und die Demut von Maria 1.0 nach, das führt zum Ziel. Sonst landen Sie als Eva 2.0.
Ich glaube nicht, dass man auf Lebenserfahrungen von Christinnen – und Christen – so herablassend reagieren darf. Das bringt niemandem was.
Wow mit welcher jesuanischen Haltung Frauen gegenüber begründen Sie denn dieses Machohafte Verhalten?
Liebe Jutta M.
Das, was sie so lässig mit der Bemerkung “olle Kamellen” vom Tisch wischen wollen, sind zentrale Fragen des Christentums. Als vor langer Zeit die Botschaft an die christlichen Kolonisatoren erging, die “Eingeborenen” sollten missioniert und getauft werden, wurde gleichzeitig festgestellt, daß sie Menschen seien, mit unveräußerlichen Rechten und ihrer Würde.
Der Blick auf jeden einzelnen Menschen, dessen Würde ist essentiell für die Kirche.
Wenn man also fragt, ob nicht auch Frauen insgesamt mehr n der Kirche in verschiedenen Aufgaben berufen sein können, ist das wesentlich. Wenn man homosexuellen Menschen verbietet, ihre Liebe zu leben oder aber ihnen durch Zeichen erfahrbar macht, daß Gott auch ihre Liebe mit Wohlgefallen sieht, ist das wesentlich.
Und ganz sicher ist es wesentlich, daß sich alle Gedanken um ihre Kirche machen.
Die Botschaft Jesu ist zu wichtig, als daß man sie nur Papst, Bischöfen und Priestern überlassen kann.
“Wenn ihr von der Welt stammen würdet, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben. Aber weil ihr nicht von der Welt stammt, sondern weil ich euch aus der Welt erwählt habe, darum haßt euch die Welt.”
Mit dem synodalen Weg möchten die deutschen Kirchenfunktionäre von der Welt geliebt werden. Ob das im Sinne des Herrn ist?
Das sehe ich völlig anders, und habe es auch anders erlebt. Hier geht es nicht um Welt, sondern um Christsein heute, um gelebte Kirche heute.
Das Christsein des durchschnittlichen Kirchensteuerzahlers unterscheidet sich in nichts von Welt. Die heute gelebte Kirche ist leer. Wer daran etwas ändern möchte, muß andere Wege als den synodalen gehen.
Erstens finde ich diese pauschale Abwertung des “durchschnittlichen” Christen als “Kirchensteuerzahler” und dann auch noch als “Welt” daneben, zweitens: welchen Weg denn?
Nur zwei Wege bleiben, um sich in dieser stürmischen Zeit zu retten: die Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria und der Glaube, die Ehrfurcht, die Anbetung des Allerheiligsten und der häufige Empfang der Heiligen Kommunion. Tun wir unser Bestes, um diese beiden Mittel selbst zu gebrauchen, aber auch zu erreichen, daß sie überall und von allen angewandt werden..
Schon mal was von Barmherzigkeit gehört? Ich will das nicht ausspielen gegen andere Formen der Anbetung, aber das aktive Leben der Gebote Jesu gehört doch irgendwie auch dazu, oder? Und Glauben kann man nur gemeinsam, Christentum ist keine Individual-Religion. Mir ist Ihre Engführung ein wenig zu privat.
Weder eine Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria noch die Anbetung des Allerheiligsten müssen ein privates Ereignis sein. Aber sie anzubieten macht Arbeit und kostet Zeit, die dann möglicherweise für die Gremienarbeit fehlt.
Das eine tun und das andere nicht lassen. Ganz biblisch.
Und alle die nicht regelmäßig Rosenkranz beten sind dann wohl schuld … oder nicht katholisch?!?
Von der Weite Jesu spüre ich da nix mehr. Dann bleib ich lieber in der Kirche die man nicht zu retten braucht. Wenn Sie Lust haben kommen Sie ruhig zu uns. Wir haben nix gegen Menschen die Maria verehren oder den Rosenkranz beten. 😉
Welcher Weg? Vielleicht einfach mal katholisch sein, es bleiben und dazu stehen! Und nicht versuchen, mit aller Gewalt auf das sinkende Schiff der Protestanten aufzuspringen.
Bin ich doch. Und dazu gehört nun mal auch das ökumenische Denken. Das haben Sie wohl vergessen, oder?
Nein, das habe ich nicht. Aber das ökumenische Denken verpflichtet mich nicht, falsche Wege zu gehen.
Die Trennung der Christenheit ist ein Ärgernis und auch ein Skandal. Sie zu überwinden ist ein wichtiges Ziel. Das ist mir klar.
Es ist mir auch klar, daß wir dieses Ziel jederzeit dadurch erreichen könnten, indem wir protestantisch werden. Damit wäre die Sache erledigt. Und leider habe ich manchmal den Eindruck, daß es genau das, was im deutschen Katholizismus viele Offizielle wollen.
Mir ging es eher um den mir etwas herablassend vorkommenden Ton. Das Schwinden der evangelischen Kirchen ist Anlass zur Trauer, finde ich. Nicht sich besser zu fühlen.
Dass alle anderen römisch katholisch werden kann wohl nicht die Lösung sein. Das scheint aber Ihre einfache Lösung zu sein.
Das Schiff, das untergeht ist das Schiff der einfachen Lösungen!
Wenn wir alle protestantisch würden, wäre die Trennung der Christenheit doch noch bei weitem nicht beendet. Was ist mit den Orthodoxen, Armeniern, Syrern, Kopten usw. So einfach erledigt sich die Sache nicht!
Etliche Kommentare hier verwundern mich. Gerade heutzutage sollten wir uns untereinander nicht zerfleischen, sondern – jeder in seinem persönlichen Bereich – mithelfen, dass das Schiff nicht untergeht. Jetzt weiß ich, warum ich als bekennender Katholik am Arbeitsplatz anfangs oft misstrauisch beäugt und behandelt wurde, als hätte ich einen leichten Dachschaden. Das hat sich nach vielen Debatten in der Mittagspause insoweit gegeben, dass es akzeptiert wurde. Ja, die Situation ändert sich ständig und der Ausgang ist offen.
Übrigens, auch meine Arbeit im Gremium gehört neben dem Gebet selbstverständlich dazu. Derzeit ist es zusätzlich der Ordnerdienst in meiner Kirche vor Ort, damit überhaupt Gottesdienste stattfinden können. Alles ehrenamtlich und zur höheren Ehre Gottes.
@ Bayer
Ich habe in etwa die gleichen Erfahrungen am Arbeitsplatz sowie im Bekanntenkreis gemacht. Die fragenden Blicke wegen des “Dachschadens” kenne ich sehr gut ☺. Ja, die Situation ist völlig offen, wir können nur jeder selber vor Ort mithelfen. Ich war vorhin ebenfalls im Ordnerdienst tätig, damit das kirchliche Leben hier an der Basis aufrecht erhalten bleibt. Dank der Disziplin fast aller Gottesdienstbesucher kann wieder Gottesdienst gefeiert werden.
Der Psychiater Christian Spaemann (Sein Vater ist Ihnen sicherlich ein Begriff) vertritt eine etwas andere Meinung als Sie und weiß sie auch zu begründen
Grundsätzlich wäre es schön, wenn Sie solche Verweise auch mit einer eigenen Meinung verbinden würden. Nur den Namen zu nennen, bringt keine Debatte in Gang.
Grundsätzlich einig bin ich mit Herrn Spaemann, dass ich jeder Form von Ideologie misstraue. Wenn es denn Ideologie ist. Denn seine Analyse, etwas faktisch Existierendes solle in etwas Normatives überführt werden, die teile ich nicht. So unterkomplex sind die Argumente auch in dem von Spaemann zitierten Papier nicht.