Was werden wir davon haben? Über zwei Jahre sitzen einige hundert Katholikinnen und Katholiken zusammen beim synodalen Weg, in Themengruppen und in Vollversammlungen, aber was zu erwarten ist, ist noch nicht völlig klar. Der synodale Weg beginnt, und zwar an diesem Sonntag, dem 1. Advent. Aber weil nicht klar ist, was genau es sein wird, das zeichnet sich noch nicht ab.
Das ist ein Problem. Weil es eben nicht klar ist, gibt es wenig Interesse. Viele Meinungen, viele kluge Ratschläge, viele Warnungen, aber noch nicht wirklich eine klare Perspektive. Es gibt zum Beispiel Kritik an der Unverbindlichkeit, eine richtige, kanonische (kirchenrechtlich eingerichtete) Synode wäre besser. Weil verbindlich. Damit wäre ein Quelle der Erwartungsunsicherheit beiseite geräumt.
Der synodale Weg beginnt
Schwächen können aber auch Stärken sein. In den vergangenen Wochen durfte ich mich ja länger damit beschäftigen, ich werde einer der beiden geistlichen Begleiter des Prozesses sein. Natürlich wäre auch mir eine klare Vorgabe einfacher. Aber ich sehe auch die Chance, die in der eher anstrengenden weil unbestimmten Vorgehensweise liegt.
Es hat etwas vom Lösen von Knoten. Einen gemeinsamen synodalen Weg wolle man gehen, haben Bischöfe und Laien gemeinsam beschlossen, angestoßen von den Bischöfen nach der MHG-Studie. Weil aber nicht klar ist, wie genau mit den einzelnen Problemkomplexen umgegangen werden kann und soll und darf, ist vielleicht die offene Form besser. Weil offen gesprochen werden kann, ohne auf das Ziel zu peilen.
Das Lösen von Knoten
Das Knotenlösen habe ich natürlich mit dem Verweis auf das oben abgebildete Gemälde zitiert. Knoten lösen braucht Geduld. Die kann man nicht machen, die sollte man auch auf keinen Fall anmahnen, weil das schnell als übergriffig rüber kommt. Aber trotzdem ist ein gehöriges Quantum davon nötig. Nicht um Dinge zu verschieben. Sondern der Sorgfalt wegen. Vor dem ersten Treffen der geistlichen Begleiter in Augsburg war ich deswegen in der Kirche Sankt Peter und habe die „Maria Knotenlöserin“ meditiert. Wer Knoten lösen will, ist mit Hektik schlecht beraten. Eben weil es nicht hilft. Hartnäckige Geduld aber führt weiter.
Manch einem mag die Versuchung begegnen, zum Schwert greifen zu mögen, um den Gordischen Knoten zu durchschlagen. Diese Geschichte wird ja in der Knotenlöserin zitiert. Viele Wortmeldungen, die nach Macht klingen, haben wir leider schon gehört. Komischerweise auch von Leuten, die damit gar nichts zu tun haben. Macht bringt aber nicht weiter.
Macht bring den Prozess nicht weiter
Christsein heißt ausgehen von seiner eigenen Schwachheit, nicht von der Stärke. Zuletzt hat diese zutiefst christliche Einsicht Papst Franziskus in seinem Schreiben Gaudete et Exsultate beschrieben. Er benutzt Metaphern vom Kampf, das ist richtig, aber es ist nicht der eine alles entscheidende Kampf der Superhelden, sondern tatsächlich eher der Kampf gegen die Knoten. Und genauso hat er selber das Bild von der Knotenlöserin interpretiert, bei einer kleinen Audienz für Mitarbeiter in der er das tat durfte ich mit dabei sein, da hat er das Bild erklärt.
Und dann wird da auch ein geistlicher Prozess draus. Über die Geduld. Ja, das bedeutet, unsichere Erwartungen. Das ist vielleicht im Augenblick nicht zu vermeiden. Mein Mitbruder Pater Stefan Kiechle bringt das so auf den Punkt:
„Ein geistlicher Prozess setzt voraus, dass alle, die teilnehmen, indifferent hineingehen; dieses Schlüsselwort ignatianischer Spiritualität meint zunächst ergebnisoffen, aber tiefer noch: von persönlichen Vorlieben, Vorurteilen, Vorfestlegungen so frei, dass man ganz auf den Geist hören kann, der vielleicht ganz Neues wirken will. Ein solcher Prozess muss abgeschirmt stattfinden, damit er nicht schon im Ansatz von Lobbyisten, Machtkämpfern und doktrinären Struktur-Bewahrern manipuliert wird – diese sind ja nicht indifferent und wollen es nicht sein. Vetorechte darf es keine geben. „Geistlicher Prozess“ bedeutet auch, dass alle Beteiligten mit Freimut und Ehrlichkeit auf die „Regungen“ achten, also auf geistliche Gedanken, Gefühle und Stimmungen, und dass sie durch die Unterscheidung von Trost und Trostlosigkeit entdecken, wohin der Geist sie führt.“
Der Prozess muss abgeschirmt stattfinden
Da stecken alle Chancen und alle Gefahren schon drin. Der synodale Weg beginnt nämlich nicht abgeschirmt. Das kann er auch gar nicht, sollte er auch gar nicht. Das ist aber ein Problem für die Teilnehmenden, die immer auch die öffentliche Wirkung ihrer Statements klugerweise bedenken müssen. Unter diesen Bedingungen trotzdem ergebnisoffen denken und hören zu können, das wird die Herausforderung.
Dazu braucht es die Geduld, die ich mit dem Knotenlösen meine. Da ist dann die Schwäche der unklaren Erwartungen vielleicht eine Hilfe, eben weil es offen ist. Was werden wir davon haben? Das wird sich erweisen. Das können wir nicht vorher definieren.
…
Zum Thema geistlicher Weg darf ich an dieser Stelle eine Erklärung per Video verlinken, welche P Franz Meures SJ, geistlicher Begleiter der Synode des Bistums Trief, zu Beginn des Weges dort gegeben hat. Da steckt sehr viel drin.
Nach 6, 5 Minuten habe ich das Video gestoppt. Ich fühle Druck im Kopf. Das tut mir nicht gut.
Ich brauche frische LUFT.
Ich gehe in den GARTEN.
Ich bin dankbar dafür.
Ich habe mich ehrlich bemüht, das verlinkte Video ganz anzuschauen. Ich bin allerdings nicht mal so weit wie @ Elvira gekommen. Es liegt eventuell auch an folgenden Umständen, dass ich während des Schauens immer verärgerter wurde:
Davor war ich nach zwei Stunden ehrenamtlicher Arbeit in einer dörflichen Pfarrei in der bayerischen Fläche nach Hause gekommen: Aufgabe war das Absägen, Transportieren, Aufstellen und Schmücken eines ca. fünf Meter hohen Tannenbaums vor der Kirche mit Hilfe einer Frau (ich), vier Männern, eines Traktors, Motorsäge und Gerüst. Drei Personen inklusive mir sind aktiv im Pfarreiengremium tätig, die beiden anderen immer freiwillig zur Stelle, wenn man sie braucht. Die Gerätschaften wurden übrigens alle von uns Privatpersonen zur kostenlosen Benutzung von zu Hause mitgebracht. Die Lichterketten und Kabel sind im Kircheneigentum.
So, und dann sehe ich mir im Video an, wie die Arbeit der engagierten Laien doch leicht ins Lächerliche gezogen wird. Ich hoffe nicht, dass dies im Bistum Trier der Normalfall ist – das wäre doch gerade jetzt wegen der Problematik der Großpfarreien sehr fatal!
Auch wir haben vor jeder Sitzung einen „geistlichen Impuls“. Bei uns i s t das ein Gebet oder „Komm, Schöpfer Geist“. Wir singen alle oder unser Pfarrer (Leiter der Pfarreiengemeinschaft mit sieben (!) Pfarreien) spricht das Gebet sowie den Segen.
Das zum Zeichen, dass nicht nur wir (Laien und Geistliche z u s a m m e n) die Arbeit machen, sondern jemand anderer von oben zum Gelingen mithelfen muss.
Übrigens, diese Quintessenz habe ich auch in Besinnungstagen in einem bayerischen Benediktinerkloster diese Woche mitgenommen. Es ist das Wirken des Hl. Geistes nötig, obwohl wir uns auch anstrengen müssen.
Ich musste diese Sichtweise aus der Praxis einfach loswerden. In einer Stadtpfarrei sind viele Dinge oft einfach anders, weil Dinge gegen Bezahlung von Firmen erledigt werden oder gar nicht anfallen. Auf dem Land sieht Arbeit zur höheren Ehre Gottes halt wie beschrieben aus.
Lächerlich gemacht? Wo passiert denn das?
Lieber Pater Hagenkord,
nach nochmaligem teilweisen Anschauen des Videos mit Laufzeit sind es mehrere Stellen, die mich persönlich verärgert hatten:
1:04 – 1:20: Die Erwähnung der Pfarrgemeinderatssitzung mit „business as usual“;
1:39: Gremien;
1:48: Parlament;
2:07: Von der Basis her beraten;
2:17: Die von der Basis.
Die erwähnten Beispiele mögen von Ihrem Mitbruder nicht so gemeint gewesen sein, bei mir sind sie jedoch definitiv anders angekommen. Deshalb habe ich ausführlich von der Laienarbeit in meinem Gremium berichtet.
Der nächste Termin zum großen Schmücken i n unserer Kirche ist einen Tag vor Weihnachten; abends nach einem beruflichen Arbeitstag. Wir machen es gerne und auch als Überzeugung, aber Laien sollten sich in keinem „Prozess“ als das fünfte Rad am Wagen vorkommen.
Die Lage in unserer Kirche braucht die Zusammenarbeit von Geistlichen u n d Laien. Weder Laien, die im Alleingang nur tolle Feste organisieren noch Geistliche, die den Sachverstand vieler Gremiumsmitglieder unterschätzen.
Dem angestoßenen SYW werden Erfolge gewiss sein.
Die KK wird auf ihrem Weg auch mit gänzlich abgestimmten Veränderungen fortfahren müssen.
Sie ist in der Welt die EINZIGE moralische Kraft der zugehört wird.
Sich im tiefen Glauben verwurzelt zu sehen bedingt nicht zwingend
die im Beitrag angesprochenen „Dienste“.
Dazu zwei Anmerkungen:
1.
Wir sind nicht Mitglieder der Kirche, um die Strukturen und die Kirchen-Institutionen besser
zum Funktionieren zu bringen, sondern um uns an dem Projekt Jesu Christi zu beteiligen,
das da heißt: die Menschen sollen das Leben in Fülle haben.“
Bischof Jacques Gaillot
2.
„….. gab um die Mitte des 19. Jahrhunderts der spanische Gesandte in Paris einen Hinweis. Don Juan Donoso Cortés schrieb: „Betrachtet man die päpstliche Würde isoliert, so scheint die Kirche eine absolute Monarchie. Betrachtet man ihre apostolische Konstitution in sich, scheint sie eine machtvolle Oligarchie. Betrachtet man einerseits die Würde, die den Bischöfen und Priestern gemeinsam ist, und anderseits den tiefen Abgrund zwischen Priestertum und Volk, so scheint sie eine unermeßliche Aristokratie. Richtet man die Augen auf die unermeßliche Menge der über die Welt hin zerstreuten Gläubigen und sieht man, daß Priestertum, Apostolat und Papsttum ihnen zu Diensten sind, daß in dieser wundervollen Gesellschaft nichts zugunsten der Herrschenden befohlen wird, sondern zum Heil derer, die gehorchen; wenn man das tröstliche Dogma der wesenhaften Gleichheit der Seelen betrachtet; wenn man sich erinnert, daß der Retter des Menschengeschlechtes die Kreuzesqualen für alle und für jeden Einzelnen der Menschen erlitten hat; wenn man den Grundsatz verkündet, daß der gute Hirt für seine Schafe sterben soll; wenn man überlegt, wie das Ziel des Wirkens all der verschiedenen Dienste in der Sammlung der Gläubigen besteht: so scheint die Kirche eine unermeßliche Demokratie im glorreichen Sinn dieses Wortes, oder mindestens eine Gesellschaft, die auf ein wesenhaft volkhaftes und demokratisches Ziel hin eingerichtet ist. Und das Einmaligste an der Sache ist: die Kirche ist alles das was sie scheint.“ [Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus«, I. Buch, 3. Kap. gg. Schluß, übersetzt aus der Ausgabe Madrid 1946 (II,372 f)] „
Dem Pater vom Video scheint selbst sehr gut zu gefallen, was er sagt und wie er spricht, er scheint seinen eigenen Worten in langen Pausen ausgiebig nachzulauschen und quält einen damit beim Zuhören. Das weckt Ärger!
Synode beim Knotenlösen
Die Synode als Prozess des Knotenlösens. So entsteht die Vorstellung, als käme es in der Synode darauf an, einen Knoten (welchen?) schrittweise aufzulösen. Damit wird unterstellt, dass das Problem zwar groß und kompliziert sei, dass es aber eine Lösung gäbe, die mit Geduld und der richtigen Fingerfertigkeit (Technik) auch gefunden werden könne. Die Systemtheorie spricht hier von trivialen Problemen.
Die Probleme der Kirche in Deutschland (welche?) sind aber nicht trivial, sondern komplex, nicht durch lineare Kausalität, sondern durch rekursive Wechselwirkungen geprägt. Um im Bild zu bleiben: es handelt sich nicht um einen Faden, der sich verknotet hat, sondern um ein Gewebe von Fäden, die zu einem Netzwerk mit vielen Knotenpunkten verknüpft sind. Wer an einem Netzwerk arbeitet, muss damit rechnen, dass jeder Faden, an dem er zieht, unvorhersehbare Auswirkungen auf das gesamte Netz haben kann. Deshalb die Angst vieler, nur ja nicht an einzelnen Fäden zu ziehen: das Netz könnte seinen Zusammenhalt verlieren.
Systemtheorie und konservative Kritiker stimmen darin überein, dass ein sequentielles Vorgehen, Faden für Faden, wohl nicht zielführend ist. Während die einen aber aus Furcht vor dem möglicherweise ausbrechenden Chaos alles beim alten lassen wollen (wo bleiben dabei die Probleme der Kirche?), empfiehlt die Systemtheorie ein mutiges Vorgehen: Wenn die Probleme schon nicht trivial, sondern komplex sind (deshalb können sie auch noch nicht klar genug erkannt werden), dann können auch die Lösungswege nicht trivial, sondern nur komplex sein. Die Empfehlung lautet also, sich im Problemlösungsprozess selbst hinreichend komplex aufzustellen. Die Erkenntnis der Probleme wird dann gemeinsam mit Ihrer Lösung zum Gegenstand des Prozesses.
Wie kann sich die Synode verkomplizieren? Laden Sie doch die Zielgruppe ein, um die es eigentlich geht: Menschen, die sich der Botschaft Jesu Christi innerlich verbunden fühlen, der Kirche jedoch enttäuscht den Rücken gekehrt haben. Und dann gilt es, den Dialogprozess abzuwarten. Was passiert, kann keiner wissen, aber es wird mit Sicherheit Überraschungen, Transparenz (Erleuchtung?) und damit Erkenntnisgewinn und Handlungssicherheit geben. Man mag dann von der Wirkung des Heiligen Geistes im synodalen Prozess sprechen.
Ich glaube, dass Sie das Bild vom Knoten etwas zu eindeutig sehen. Das ist tatsächlich nicht ein einziger Knoten, auch ist das Problem nicht trivial, weder im umgangssprachlichen noch im systemtheoretischen Sinn.
Nachdem ich einige Beiträge gelesen habe, bin ich neugierig geworden. Wollte nun selbst den Beitrag mir anhören. Und ich konnte einzelne Kritikpunkte von einzelnen BloggerInnen so nicht sehen. Das Bild von den 3 Polen als lebendiger Prozess ist vereinfacht der Text, der oben v. P. Kiechle aufgeführt wurde
Hierbei auch der für mich doch sehr nachdenkliche Hinweis von Pater M., dass etwas in Bewegung geraten soll. Vermutlich im Sinne einer hörenden „Bewegung“: Inhalte neu denken.
Aber: Synode als hörende Bewegung? Was sind die definierten Planpunkte? Vor dem 2. Vat. Konzil ist man hergegangen und hat die Herausgabe einer textkritischen Ausgabe der Beschlüsse aller bisherigen ökumenischen Konzilien vorbereitet. Von daher ist meines Erachtens neben dem Hören eine geeignete Modellierung der Aktualität und der textkritischen Sichtung früherer Synoden /Beschlüsse die Voraussetzung für die nächsten Schritte in die Zukunft.
Ja die Krise in der Kirche ist groß – das Bild mit dem Gewebe von Fäden finde ich sehr zutreffend – auch die Überlegung was geschieht, wenn an einem Faden gezogen wird.
Dies verlangt viel Achtsamkeit und Konzentration auf das Wesentliche, auf die Fortschreibung der Kirchengeschichte, auf die Sinnfrage der Kirche von Heute. Es scheint, dass auch die Perspektivlosigkeit, die Schuldfragen (nicht nur in der Mißbrauchsdebatte) und die neg. Betrachtungsweisen geklärt werden müssen, auch verzerrte Kognitionen in Frage gestellt werden müssen. Um letztendlich in einem klaren sichtbaren Horizont der Kirchengeschichte Perspektiven für die Zukunft zu erkennen. Geöffnete Türen und Lösungen für die Menschen zu erkennen, denen Jesus besonders nahe war. Dies kann die Vorstellung von persönlichen Vorlieben und Vorfestlegungen sehr wohl sprengen.
Manchmal verlieren wir unsere Kraft in Traditionen und Aktionen, die starr geworden und nur noch für Insider erkennbar sind. Die Männer und Frauen haben nach dem 2. Weltkrieg ein beachtliches Werk des GG geschaffen. So wünsche ich mir auch das Engagement für etwas, wo die christliche Sozialethik sich konkret wiederfindet. Die einzelnen Gemeinden ein „Werkzeug“ in die Hand bekommen, das sie im christlichen der Theologie des Lebens, das „Christliche“ im Christentum.
Ich kann gut verstehen, dass engagierte und ausgebrannte Kirchenleute kritisch mit Äußerungen von Klerikern umgehen, sie sich in ihrer eigenen schwierigen Situation nicht mehr widerfinden. Geglaubte Ideale zerplatzt sind. Kritik, Hilflosigkeit und Resignation sich breitmachen. Der Glaube inhaltsleer wird.
Hier eine weitere Frage: Wer und wie wird der Mensch in der Kirche beschrieben? Als Homo Deus, als Jünger Christi, als Missionar unter Ungläubigen, als ein Volk unter einer klerikalen Führungsriege, oder als ein wichtiger Teil der unterschiedlichen Gesellschaften mit christlichen Handlungsoptionen? Anders formuliert: ist es möglich und auch gewünscht, liberalen, heterogenen oder diktatorischen Systemen das Gesicht und das Gewissen Christi zu geben? Gibt es verstärkt nur noch den Priester und weitere Einzelkämpfer und an Bedarf und Erwartungen sich empörende Individuen oder Knotenknüpfer? Oder wissen wir um die Gemeinschaft in Christus und das Wissen um eine christliche Primärgesinnung?
Danke für Hr. Compes wichtige Aspekte. Noch so einen theoretischen Gedanken zu Knotenentstehungen und Mehrdimensionen:
„Eine Entscheidungssituation ist nun in dem Maße sachlich komplex, als mehr Alternativen berücksichtigt werden; sie ist sachlich komplexer in dem Maße, als verschiedenartigere Alternativen berücksichtigt werden; und sie ist sachlich komplexer in dem Maße, als die berücksichtigten Alternativen voneinander abhängen, indem zum Beispiel die Bewertung der einen von der anderen abhängt oder indem die jetzige Realisierung der einen die spätere Realisierung der anderen ausschließt bzw. erschwert.“ Luhmann
Vielleicht würden noch andere systemische Theorien hilfreich sein, Fehlentwicklungen zu erkennen. Hier kann ich Hinweise erkennen, dass der Prozess des Organisierens an die Stelle der Organisation als Struktureinheit sich stellt. (Gidden). Ist dieses auch für die Kirche übertragbar und sinnvoll? Wie würde dieses Modell konkret aussehen?
Wenn ich die katholische Kirche sehe, verstehe ich darin, dass in den komplexen Situationen nicht einfach die Kirchenleitung / die leitenden Gremien selbst als die Organisation auftritt, sondern das Handeln von Akteuren (JüngerInnen) als die elementare Einheit von kirchlichen Strukturen im tiefsten beinhaltet.
Auf der Basis der Kirchengeschichte und nicht nur auf einzelne Dogmen beharrend, scheint dieser Blick notwendig zu sein. Die Kirchengeschichte scheint auch häufig nur auf eine Klerikergeschichte reduziert zu sein – jenseits von der Vielfalt christlicher Lebensentwürfe und weltweiter kirchlicher Beheimatung.
Der Geist macht lebendig, macht offen und lässt auch Neues entstehen, auch in dieser schwierigen Zeit. Nur alte Knoten zu lösen scheint mir zu wenig. Und sekundäre Motivlagen scheinen auch nicht immer geisterfüllt zu sein. In der Universalität Gottes können wir uns sehr wohl als welche erkennen, die einander brauchen – auch wegen der eigenen Begrenztheit.
Der geistliche Prozess ist angestoßen. Hoffentlich mehr an der Wahrheit und am christlichen Menschenbild als an vermeintlichen Offenbarungen oder an diffusen Quellen des Leidens oder Ausgrenzungen, die in religiöser Absicht auch in die Irre oder in den Ruin führen können. Oder neue Knoten schaffen. Und manche Wege werden erst beim Gehen klarer.
Vielen Dank für die wunderbaren Worte. 🙂
Ich habe mich in dem Bereich angesprochen und verstanden gefühlt, wo es um das Hören der „Leisen“ geht. In einem Gemeindetreffen sage ich kaum Worte, weil mich die vielen Worte der Anwesenden erdrücken, die so wenig mit dem Verständnis um unseren großen und wunderbaren Gott zu tun haben. Manchmal empfinde ich die Worte als schmerzhaft, weil ich der Meinung bin, dass Gott sich unsere Kirche so nicht gedacht hat und dass wir es unnötig verkomplizieren. Eigentlich ist der Weg ganz einfach und Viele sehen dies nicht so. Das macht mich sehr traurig und dann ziehe ich mich in mich zurück und bete.