Es ist Kunst, die irgendwie Scheu hat, ihr Objekt anzufassen. Un-Klar, un-deutlich, aber dann doch sichtbar und darstellend. Es sind die Bilder von Gerhard Richter. Im Sommer war eine Ausstellung im Bucerius-Kunstforum zu sehen, ab dem 6. Oktober dann in der Tate Modern in London. Für eine Buchbesprechung habe ich heute den Katalog zur Ausstellung in die Hand bekommen.
Von Gerhard Richter stammt das jüngste Großfenster im Hohen Dom zu Köln. Das ist das Mindeste, was man von ihm kennt. Von ihm stammen viele Bilder von Mutter und Kind, die Madonnendarstellungen durch die Jahrhunderte finden sich in ihnen wieder. Das war mein Zugang zu ihm.
Richter ist ein beunruhigender Künstler. Wer seine Foto-Gemälde-Bilder schon einmal im Original gesehen hat, kennt den Effekt der Klarheit aus der Ferne. Je näher man aber dem Bild kommt, desto unklarer wird es. Von ganz nah ist schon nicht mehr zu erkennen, was das sein soll. Heisenbergsche Unschärferelation der Kunst (ich bitte Physiker, nicht allzu sehr gegen diese Metapher zu protestieren).
Im Katalog zu der Ausstellung werden Arbeiten Richters aus den 60er bis 80er Jahren vorgestellt. Es sind Bilder, die sich nicht so recht einordnen lassen wollen. Sind es Gemälde? Oder doch eher Fotografien? Berühmt ist seine Serie der Mitglieder der Baader-Meinhof Bande, verfremdet und doch wieder erkennbar von den Fahndungsbildern.
Es ist abstrakt, aber dann doch wieder klar. Richter führt unsere Augen in Welten, die sich der Definition entziehen. Klarheit und Präzision liegen eben nicht in der Perfektion des technischen Vorgangs des Malens oder Herstellens, sondern ganz und gar bei uns. Mehr noch als bei allen Künstlern gibt Richter dem Menschlichen Auge die Hoheit über das Bild.
Richter fällt auch keine Urteile. Nichts ist klar, nichts ist eindeutig, nichts verläuft nach den Regeln des öffentlichen Diskurses. Richter ist leise, irgendwie ohnmächtig, er beherrscht seine Objekte nicht, er ist vorsichtig, als ob das Bild Angst hätte, die dargestellte Person anzufassen.
Ob in Richters Bildern Religion steckt? Vielleicht. Aber auch das liegt vielleicht beim Betrachter. Auf jeden Fall sind es sehr menschliche Bilder, ohne die Härte der Klarheit, ohne die Macht einer Botschaft.
Bilder einer Epoche: Erinnerungen an öffentliche Bilder, aber so ganz anders. Angenehmer, menschlicher eben.
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Vorbildlich, dass hier staendig gepostet wird.