Wie beim letzten Blogbeitrag schon eingeleitet, will ich hier die zweite der kurzen Ansprachen bei der Vorstellung des Inhabers des Lehrstuhls für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München wiedergeben: Meine eigene.
Als ich in den frühen 90er Jahren Ethik an der Hochschule gehört habe, ging das in etwa so: Zuerst wurde man in die Grundprinzipien eingeführt, die abstrakten Begriffe, anhand derer die Kriterien gewonnen werden, mit deren Hilfe man ethische Bewertungen unternehmen kann. Da kommen dann Begriffe vor wie „antecedenter“ oder „contomitanter“ etc.. Der Professor ging vorne auf und ab und führte uns in die Kunst des Unterscheidens und Bewertens ein. Ethik ist aber eine praktische Sache, es geht um konkrete Dinge, also müssen dann die gewonnenen Prinzipien angewandt werden.
Man braucht zur Erläuterung und zum Ausprobieren also konkrete Probleme. Da das Leben aber im allgemeinen nicht so komplex ist, dass es auch noch die allerfeinsten Unterscheidungen der Ethik bräuchte, muss der Dozent kreativ werden und Situationen erfinden: Dilemata. Die haben meist mit Entführungen im Dschungel oder anderen Dingen zu tun, die so vertrackt sind, dass es kaum einen ethisch verantwortbaren Ausweg gibt. Sie sind so konstruiert, dass jeder Schritt Konsequenzen hat, die man dann wieder gegen andere abwägen muss und so weiter.
Spätestens dann wird dem Studenten langweilig. Diese konstruierten Dilemata haben doch nun wirklich gar nix mit meinem Leben zu tun, geht es ihm durch den Kopf. Das stört doch eher beim Denken, denkt er sich.
Und hier sind wir bei einem ersten Kriterium der Ethik, die ich auch der Medienethik an der Hochschule für Philosophie wünschen würde: Sie stört. Ethik stört. Weiterlesen “Medienethik, II: Sie stören!”