„Die heutige Globalisierung annulliert die kulturellen, religiösen, persönlichen Identitäten: Alles wird gleich. Eine wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen, wobei aber jeder Einzelne seine Eigenheiten bewahren können müsste.“ Und wieder nimmt Papst Franziskus sich die Welt vor, wie wir sie uns geordnet haben. Und kritisiert.
Am vergangenen Wochenende habe ich in München an einer Tagung teilgenommen, die sich unter anderem Laudato Si’ noch einmal vorgenommen hat, fast fünf Jahre nach ihrem erscheinen. Und es war spannend, mit den frischen Papstworten im Hinterkopf dieses Projekt Franziskus noch einmal durchzugehen.
Wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen
Denn wirklich vollständig anschlussfähig ist das, was der Papst sagt, nicht, zumindest nicht für religiös Unmusikalische. Denn die Welt reicht als Horizont nicht aus. Schon gar nicht die konkrete Welt, die in der wir leben und so wie wir sie uns geordnet haben. Christen können in dieser Welt nicht ganz zu Hause sein. Jedenfalls nicht in einer Welt, die vom globalen Kapitalismus organisiert und geordnet wird. Es kann nicht um eine Nach-Justierung gehen, so dass es weiter gehen kann wie bisher. „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert“, heißt es in Il Gattopardo, einem berühmten italienischen Roman. Dieser „geistliche Gattopardismus“ – ein Franziskus-Wort – will die Änderung letztlich nicht, sondern ein Bleiben. Hier ein wenig Energiewende und E-Mobilität, dort Bäume-Pflanz-Programme, aber grundsätzliche Fragen sind nicht vorgesehen.
Hier liegt das Problem für Christen. Der Theologe Rainer Bucher beschreibt es unter der Frage „Wie im Kapitalismus wohnen, ohne ihm zu verfallen?“ Da ist zum einen die Ausbeutung der Natur über die Maßen hinaus, der Earth Overshot Day war in diesem Jahr am 29. Juli. Dann ist da die soziale Ungerechtigkeit, die Umverteilung, der Zugang zu den die Welt verändernden Entscheidungen. Und dann ist da die kulturelle Hegemonie, die individuelle Vorteilssuche, die bis in die letzten Regionen der Welt vordringt und Kulturen durchdringt und verändert.
Das ist nicht unsere Welt
Das ist aber nicht unsere – christliche – Welt. Unsere Welt wie wir selber auch verdanken uns Gott. Der Papst gibt uns auf, diese „Logik der Schöpfung“ zu verstehen. Das ist eben nicht die Logik des Besitzens. Besitzen, das bedeutet letztlich auf Nutzen abklopfen. Und was nichts nutzt, kommt weg. Kultur des Wegwerfens lautet eine der immer wieder kehrenden Vorwürfe, die Papst Franziskus seit 2013 unseren Gesellschaften vorwirft, Menschen die keinen verwertbaren Nutzen haben, werden weg-geworfen, wörtlich.
Sprechen wir von der Ausbeutung der Natur: Der Schutz der Schöpfung ist für Christen nicht optional. So formuliert es Papst Franziskus in Laudato Si’ (LS, 5, 64, 159). Verschmutzung, Klima, Wasser, Biodiversität, immer wieder bezieht sich der Papst ausdrücklich auf Experten, die er zu Rate gezogen hat. Breit aufgestellt ist die Beschreibung der Probleme, die ich hier nicht zu wiederholen brauche. Aber der Kern ist eben seine nicht in allen katholischen Kreisen beliebte Feststellung, dass der Schutz der Schöpfung nicht optional sei. Und dazu braucht es eben sämtliche Wissenschaften.
Alles ist mit allem verbunden
Sprechen wir über Soziale Ungerechtigkeit: Die Aufzählung der Umweltdesaster in Laudato Si’ geht lückenlos über in die Beschreibung der sozialen Katastrophen. Lieblingssatz des Papstes in seinem Text ist „alles ist ist mit allem verbunden“. Ökologie kann es deswegen nicht ohne Fragen der Gerechtigkeit, der Armut, der Verteilung, der Solidarität und der Geschwisterlichkeit geben. Nachhaltige Ökologie muss zu einem Paradigma der Gerechtigkeit werden (LS 53). An der Flucht-Frage und der Versteppung ist das offensichtlich, aber auch die Themen der Amazonas-Synode im Vatikan haben das noch einmal offen gelegt.
Der Papst sprach und spricht immer wieder von der „Versklavung durch ideologische Kolonisierung“. Dahinter steckt eine Überzeugung, nämlich die dass es für die Welt eben keine „europäische Leitkultur“ geben darf. Dass andere Kontinente Dinge anders wahrnehmen, vom Rande her eben. Die westliche verwertungsorientierte Ordnung der Welt ist eben auch eine Kolonisierung. Wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen, hatte ich gesagt. Nicht den einen den anderen unterwerfen.
Keine europäische Leitkultur
„Der neue Kolonialismus nimmt verschiedene Gestalten an. Manchmal ist es die anonyme Macht des Götzen Geld: Körperschaften, Kreditvermittler, einige so genannte ,Freihandelsabkommen´ und die Auferlegung von ,Sparmaßnahmen´, die immer den Gürtel der Arbeiter und der Armen enger schnallen.“ Gesagt in La Paz, im Laudato Si’ Jahr 2015. Franziskus erwähnte außerdem die „monopolistische Konzentration der sozialen Kommunikationsmittel“, eine spannende Debatte um die Frage, wem das angebliche globale Dorf eigentlich gehört.
Das Schlüsselwort bei Papst Franziskus für jede Form der Veränderung lautet „Bekehrung“. Schon in Evangelii Gaudium, seiner Programmschrift noch aus seinem Wahljahr 2013, was das so. Was aber rein religiös klingt, hat noch eine weitere Sinnspitze. Denn es ist gleichzeitig auch eine Absage an Allmachtsphantasien. An die eine Lösung, die alles ändert. An das Machtwort, die große Geste, letztlich die Politik. Aber auch eine Absage an das stille „weiter so, wird schon gutgehen“.
Wem gehört das globale Dorf?
Die soziale, also zwischenmenschliche Übersetzung von „Bekehrung“ lautet „Dialog“. Der Dialog ist ihm so wichtig, dass das Wort in jeder Zwischenüberschrift des fünften Kapitels („Leitlinien für Orientierung und Handlung“) erscheint. Damit ist aber nicht das überstrapazierte Wort gemeint, das wir im politischen und leider auch kirchlichen Zusammenhang benutzen. Dialog bedeutet offene Augen und die Bereitschaft, sich verändern zu lassen.
Wie Bekehrung im Individuellen ist Dialog im sozialen Raum ein sich-verändern. Die Grundlinie des Dialoges ist ja, nicht über ihn verfügen zu können. „Einen Dialog zu führen bedeutet nicht zu verhandeln. Verhandeln heißt zu versuchen, das eigene ‚Stück’ aus der gemeinsamen Torte zu bekommen. Das meine ich nicht. Vielmehr bedeutet es, das Gemeinwohl aller zu suchen“ (Ansprache in Florenz aus dem Laudato Si’ Jahr 2015). Hier ist Bewegung gefragt.
Eine letzte Anmerkung: es geht auch um Macht. Zuerst ganz praktisch: Die internationalen Abkommen hätten nichts gebracht, Politik sei viel zu sehr mit dem Verschleiern von Problemen beschäftigt, schaue nur auf kurzfristige Wahlergebnisse und so weiter.
Und weil Franziskus Franziskus ist vor allem auf die Menschen im reichen Westen: Es sei Zeit, eine wirtschaftliche Rezession zu akzeptieren, damit sich die armen Länder besser entwickeln könnten. Wir hätten eine „ökologische Schuld“, die den leidenden ärmeren Menschen und Ländern gegenüber abzutragen sei (LS 51, 52). Was wir stattdessen bekämen, sei Verschleierungs-Taktik (LS 26).
Der Papst stellt die Machtfrage
Da stellt Laudato Si’ ganz klar die Machtfrage. Die wird aber auch noch einmal philosophisch gestellt: Durch die Technik – so der Papst – habe der Mensch Mittel und Macht geschaffen, die er nun nicht mehr kontrollieren könne. Im Gegenteil, die Macht kontrolliere ihn. Die Technik sei nicht neutral, sie treibe denen, die Macht und Geld hätten, sie zu nutzen, immer mehr Macht zu. Und das so entstehende technokratische Paradigma – also dass durch technische Fragen alles zu lösen sei – mache alles nur noch schlimmer.
Damit ist die Grundfrage des biblischen Schöpfungsberichtes nach Hüten oder Dominieren angesprochen. Es geht dem Papst um Sorge für die Schöpfung, um das Hüten, es geht ihm um Widerstand gegen die Ausbeutung. Und das ist ein Gedanke, der sich bereits in seiner ersten Predigt findet, bei seiner Amtsübernahme am 19. März 2013. Welche Welt wollen wir hinterlassen? Das ist die Eingangsfrage für die Enzyklika.
Zeit, sich diese Frage zu stellen, ist es allemal, höchste Zeit sogar. Der Papst ist kein Alarmist und auch kein Moralist, aber er macht mit seiner Enzyklika sehr deutlich, dass es aus christlicher Sicht keine Alternative gibt zum Einsatz für eine ganzheitliche Ökologie, keine Alternative zur Sorge um die den Menschen anvertraute Schöpfung.
Es gibt Theologen, die dem Papst bescheinigen, in seinen Dokumenten wie etwa Laudato Si’ auch einer laikalen (und nichtchristlichen) Welt den Mehrwert theologischer Analysen vermitteln zu können und somit Gott als wirklichkeitseröffnendes Moment der heutigen Welt zu bezeugen. Das halte ich für etwas gewagt, aber vielleicht weist es in die richtige Richtung. Wenn Glauben Fragen stellt und nicht gleich die Weltdeutung beansprucht, dann ist Dialog ja vielleicht wieder möglich.
Diese Enzyklika war sehr wichtig. Wo ich nur immer Bauchweh habe: tendenziell träumt die Kirche von der ehrlichen Weltregierung. Das ist eine Illusion.
Heil gibt es nur im Kleinen. Das ist ein ganz großer Widerspruch.
Somit ist die Kirche doch extrem systemkonservierend, denn sie vertraut den Politikern (und auch den Konzernen, das ist ja wunderbar zusammengewachsen alles)
das einfache radikale Gegenmodell zur Globalisierung und zur Politik bzw. den Konzernen, die sich immer mehr Macht nehmen, und dennoch scheitern…
… ist in meinen Augen: die Familie nach christlichen Werten. Da standen Nachhaltigkeit und Bescheidenheit ganz oben. Sowas brauchte man früher keinem lehren. Niemand hat um 1960 Nahrungsmittel einfach weggeworfen.
Und kein Modell hat mehr verloren seit 1965 als die Familie. Alles geht in die großen Strukturen, dort wird das Heil gesucht. Das schafft jedoch Verdruss und viele Gefahren.
Wir haben ein Übermaß an Gier, an Politik, an diesseitsbezogenem “Hedonismus”. Sogar die Marktwirtschaft wurde längst abgeschafft. Es gibt keinen fairen Wettbewerb mehr, sondern Monopole, Oligopole und ein permanentes Suchen nach neuen Machtallianzen.
Früher hat man gespart, um mal ein Haus zu bauen. Das war relativ unschädlich. Die Werbung heute will die Menschen zum permanenten Konsumieren anhalten. 60 neue Textilien im Jahr reichen nicht, und alles mit wenig Qualität. Weihnachten wurde pervertiert, nächste Woche setzt der Onlinehandel mit “black friday” und “black monday” noch eines drauf. Die perverseste Form von Hedonismus.
Ich hab so das Gefühl, der Heilige Geist und Gott präferieren die kleinen stillen Lösungen. Das entspricht auch viel eher dem großen Bild vom Weinberg, den Reben etc.
Die Lösung ganz vieler Probleme liegt in einem radikalen Zurück zu guten Familien auf dieser Welt.
Wir bräuchten so eine Biedermeier-Bewegung, in der die Menschen die Politik und Konzerne einfach ignorieren.
Leider geht das kaum, denn die Kontrollmechanismen wurden zu stark.
Also ich zweifle, ob es den Kampf Marxismus vs. Kapitalismus überhaupt noch gibt. Alles ist eines geworden. Ein großes Ungeheuer.
Heute werden nicht Unternehmen oder Bauernhöfe verstaatlicht, wie vor 50 Jahren. Heute geht es den Mächtigen um mehr: jeder einzelne Mensch kann verstaatlicht werden, oder in ein System eingegliedert werden.
Verschwörung? Mag sein, die Chinesen sind schon sehr weit.
Perverse Kennzahlen gibt es genug. Ein Highlight diese Woche: in Norddeutschland werden Kälber um 9 (neun) EUR pro Tier angeboten.
Es ist nicht falsch, dass der alte Held Lech Walesa vor dem Zusammenbruch unserer Zivilisation warnt.
Das System wird dennoch radikal scheitern. Das ist die Hoffnung. Möge es friedlich sein.
Familien werden bleiben und die Gesellschaft von unten wieder aufbauen.
Biedermeier gab es schon.
@Dietmar,
Zur „Familie 1960“
Ich hab dieses „Familienmodell“
-in Teilen repressive Zeit( Dominanz des Mannes etc. viele (sexuelle Verklemmungen uva.)- selbst erlebt
NEIN, für viele war das keine goldene Zeit..!
Ich bin froh, dass heute mehr sex. Selbstbestimmung gelebt wird (FM- MM- FF – DIVERS)
Das bedeutet eben NICHT ,dass die Sozialkompetenz. Oder einfach Die Liebe nivelliert wird..
GOTT SEI‘S GEDANKT..
Ich hoffe, die Welt bewegt sich in Pendelschlägen. Vielleicht ist das der tiefere Sinn, warum der Heilige Geist irgendwann im frühen Mittelalter in jede Kirche eine Glocke einflog.
Derzeit geht alles in Globalisieren und Zentralisieren, das sehe ich als den wahren Trend. Und schauen wir auf die Staaten. in Europa sind doch die relativ dezentralen Demokratien wie Schweiz, Norwegen oder …. Dänemark noch am besten beinander.
Nicht alles war gut in der alten Generation. Jedoch war das meiste von Bemühen und Ehrlichkeit getragen. Es wurde von den Medien auch sehr ins Lächerliche gezogen. Erinnern Sie sich an den prüden harmlosen Fernsehfilm “die Waltons” oder “Bonanza”. Sowas darf ja heute gar nicht mehr gezeigt werden. Alle Formate, in dem das alte Familienmodell nur halbwegs ehrlich rüberkommt, ist gelöscht. Bonanza war schräg, weil ja die Mutter fehlte. Ich sag aber Freunden immer, die mehr über die Republikaner und Trump verstehen wollen: schaut euch 2 Folgen in YOutube von Bonanza an, und ihr versteht das moralische Setting von 60% der Amis (nota bene: nicht alles ist schlecht dort).
Aber ich finde es schon interessant, unabhängig von Sexueller Freiheit (gemeint: Repression gegen Minderheiten): die UNO, EU wollen nun über neue Ikonen uns ein Lebensgefühl moralisierend lehren, das tief in das Privatleben geht.
Unter dem Strich halte ich diesen Ansatz für extrem lächerlich. Und ich halte dagegen. Also konkret: was Greta über die Medien erzählen darf, hat mir meine Oma 1969 schon plausibel erklärt.
Ich lass mich von denen nicht “missionieren”. Da bin ich stur.
Nur etwas noch zur Sexualität. Ich kenn mich nicht genau in allem aus. AUch wenn Sie mir das nicht glauben, ich halte mich für tolerant. Hab viele Bekannte in NY oder in Köln.
Meine Tochter (< 19) mit Freunden führte anläßlich Geburtstag zuletzt bei uns eine Diskussion. Sie kamen in einer mittleren Stadt mit 100 Tsd Einwohnern auf 17 bekannte Jugendliche im Freundeskreis, die an Geschlechtsumwandlung denken oder in den Prozess schon eingestiegen sind. Die Freunde, nicht ich, diskutierten sehr offen, was das für ein Wahnsinn ist, und wie viel Stress das für die Betroffenen generiert. "Wichtigtuerei" war ein Argument. Also ist dieser Trend "gesund" und wer steuert das? Früher hielt man das für Verstümmelung und Missbrauch. Lesen Sie, sofern auffindbar, einen wikipedia Eintrag anno 2005 zur gigantischen Kinderprostitution in Südasien (bekannt: Bangkog) und lesen sie die heutige, verharmlosende Darstellung. Ich bleibe da gerne streng wertekonservativ (immer mit der Forderung: Toleranz ist ganz was Edles).
Sollte man Jugendlichen in der Krise nicht bis sagen wir 25 (bei Jungs eher bis 30) Zeit geben, bis sie gefestigt sind. ABer: wenn man zu sowas was sagt oder schreibt, dann kommen gleich 100 Wissenschaftler und Halbwissenschaftler, die das eben schon untersucht haben. Das ist nur ein radikales Beispiel. Aber es zeigt, welch verzweifelte Jugend wir teilweise heranziehen. "Verwirrung und Sünde" heißt es in der Liturgie. Die Verwirrung ist das weit schlimmere Übel heute als die effektive Sünde
Und die Psychiater/klin. Psychologen schreiben dann ja wirklich, ein Drittel der Pubertierenden sind chronisch krank. Stimmt das? Beim Militär fallen jedenfalls bei der Stellung ca. 40% raus. Vor allem in USA.
Eine Gesellschaft, die ganz viel chronisch Kranke hervorbringt.
Aber ich will nicht zu moralisierend wirken. Nur vieles ist sehr traurig.
Und eine eindimensionale Diskussion um CO2 (ein Spurengas, gar nicht giftig. Also ca. 0,04% der Atmosphäre besteht aus CO2. Man muss die Propaganda schon "glauben", dass unser Schicksal daran hängt, ob in der Atmosphäre 0,041 oder 0,043% CO2 herumzirkulieren)
kann nicht im Sinne von Laudato Si und tiefer Religion bzw. Religionsphilosophie sein.
Im übrigen verstehe ich jene Leute nicht, die sich jetzt wirklich so aufregen, wenn die Darstellung einer indigenen schwangeren Frau als Götzendienst tituliert wird. Dezentrale Rituale muss man zulassen. Das ist nicht der Gott Baal des Alten Testaments. Meine Sicht. Konsequent und hoffentlich tolerant bleiben
Ich bin 1965 geboren und ich glaube, ich habe hier genug veröffentlich was Ihrem Bild der 60er Jahre ein Gesicht geben kann, das vom Glauben geprägt ist, der sich durch Jesus Christus in jedem Menschen als das reflektiert, was dieser Mensch ist.
Einen Glauben auf persönliche Ansichten zu reduzieren widerspricht Gott und Ihm nicht die Freiheit zu lassen, die er sich selbst erarbeitet, das lässt Jesus nicht zu. Ein Mensch ist immer das, was er selbst daraus macht, mehr Freiheit gibt es nicht. Daraus erwächst eine Ordnung, die sich so zum Ausdruck bringt, das sie in Gott bestehen kann.
Papst stellt die Machtfrage?
Macht gehört zur Sphäre des Politischen und bezeichnet dort den legitimen Gebrauch von physischen Gewaltmitteln. Genau diesen Weg geht Franziskus nicht, sondern stellt in Laudato Si in „Sorge über das gemeinsame Haus“ die Systemfrage: Wie können wir unser gemeinsames Haus bewahren? Darüber möchte er mit allen Menschen, nicht nur mit den Mitgliedern der Kirche, ins Gespräch kommen. Dialog statt Macht, das ist der Weg des Evangeliums. Daraus wird dann Politik entstehen, und erst dann stellt sich auch die Machtfrage.
Mein Eindruck ist, dass die Kirche auf dem Weg des Dialogs mit der Welt einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Sie wird als Global Player erstgenommen, der nicht nur für christlich-ethisches Handeln in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft eintritt, sondern selbstbewusst genug ist, die Systemfrage für die ganze Menschheit zu stellen. Kirche und Gesellschaft sind damit vorerst gleichermaßen überfordert – und das ist ein wunderbares Handlungsfeld für den Heiligen Geist. Genau darauf setzt Papst Franziskus seine Zuversicht.
Diese Definition von „Macht“ ist mir zu eng. Es gibt auch nicht legitime Macht, informelle Macht, und wenn der Papst die Analysen etwa der Verteilung und des Nutzens der Ressourcen in LS anbringt, ist das sehr wohl auch die Frage nach Macht.
Einverstanden: es gibt illegitime Macht, informelle Macht, ungleichen Zugang zu Ressourcen und daraus abgeleitet ungleiche Lebenschancen und die reale Gefahr einer ökologischen Katastrophe. Und warum ändert sich nichts? Weil die kurzfristigen Interessen der globalen Machtbesitzer so sind wie sie sind. Also gilt: entweder innerhalb des bestehenden Systems politische Auseinandersetzungen zu führen, das ist die Aufgabe der Parteien, oder aber das Problem auf eine andere Ebene zu heben und die Legitimität des gesamten Systems mit seinen etablierten Interessenslagen und eingefahrenen Machtstrukturen in Frage zu stellen. Die zweite Variante könnte man Evangelisierung nennen. (Wobei sich beide Strategien natürlich nicht ausschließen, sondern sich wirksam ergänzen können.)
Vielleicht noch ein Nachtrag: das politische System ist offensichtlich mit der Lösung globaler ökologischer Fragen überfordert, da sie im kurzfristigen politischen Geschäft nicht mehrheitsfähig sind. Umso wichtiger ist es, die Systemfrage zu stellen, um von dort her die Legitimität von Interessenslagen neu auszutarieren. Neudeutsch würde man von einem neuen Narrativ sprechen, das gefunden werden muss, um globale Probleme politikfähig werden zu lassen.
MACHT, DIAKONE (ständige im Sinne des II Vatikanums) etc
Sorry, dass ich nochmals poste, ich verspreche auch, dass ich mich über den Advent bzw. bis Weihnachten zurück halte.
Nur gestern ist mir wieder ein Papst-Wort im Newsletter aufgefallen, das versteh ich absolut nicht. Und für mich ist es ein richtiger Widerspruch zur Amazonassynode in Sachen “Sakramentskrisen und ggf. Nachdenken über andere Modelle des Priestertums”.
Gestern sagt unser Papst Franziskus: (wer kann das für mich übersetzen? Ich bin sehr irritiert, hab das heute morgen beim Pfarrcafe einige Theologen gefragt, die konnten mich nur etwas beruhigen)
https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2019-11/papst-franziskus-laien-frau-kirche-klerikal-dikasterium-audienz.html
„Bringt die Diakone vom Altar weg, damit sie zu ihrem eigentlichen Dienst gehen können. Sie sind die Hüter des Dienstes bei den Menschen und nicht einfach erstklassige Ministranten oder Priester zweiter Klasse.“
Ziel der Kirche soll es nicht sein, „klerikale Laien“ zu haben. Das betonte Papst Franziskus an diesem Samstag in einer Ansprache an die Teilnehmer der ersten Vollversammlung des Dikasteriums für die Laien, die Familie und das Leben. Der Papst sprach auch über die Rolle der Frau in der Kirche.
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Hier wird seit Quartalen diskutiert, was klerikal sein soll (eher als negativer Begriff). Die SJ-Definition des Klerikalismus hab ich nicht verstanden. In einem wichtigen Aufsatz war die Ableitung, der Klerikalismus war die tiefe Ursache sogar das Missbrauches.
Wenn ich die Statements lese, kommt bei mir ein gewisses Unbehagen auf. Ich finde es gut, dass bzgl. der Aufgabe des Papstes und die in die Diskussion hineingebrachte „Machtfrage“ noch differenzierter betrachtet werden muss. Sehr schnell kommt hierbei etwas Diffuses zum Vorschein, das mit der aktuellen und globalen Thematik und deren Lösung nicht wirklich was zu tun hat. Ich glaube nicht, dass der Papst für die ökologischen Herausforderungen, für die ökologische Nachhaltigkeit und für globale Umsetzungen der entscheidende Akteur ist. Die Kirche ist nicht der Gestalter der globalen Märkte. Und er kann sich auch nicht über nationale Souveränität hinwegsetzen. Aber dass er die Verschleierungstaktiken aufdeckt wäre schon eine gute Sache. Die anderen Kräfte von Ideologien würde eine Machtdominanz von Rom nicht zulassen.
Kosmopolitische Konzeptionen von Menschenrechten können sich leider nur in einem sehr begrenzten Territorium verwirklichen. Vielleicht hierbei so einen Gedanken von Kant (1795), dass ein Weltstaat die Macht und Gewalt in sich konzentrieren würde und somit zu einem „seelenlosen Despotismus“ führen würde. Vielleicht hätten uns einige aus dem Vatikan auch zu diesem Thema was zu sagen. Doch den Fokus im kirchlichen Personalmanagement vorrangig nur auf die Funktion, Personalauswahl und Leistungsberechtigung zu setzen, schafft nur hierarchische Standards (Klerikalismus!?), aber keine Lösung in der konkreten Umsetzung in der Kirchengemeinde und deren Nachhaltigkeit. Jesus hat immer wieder traditionelle Standards in Frage gestellt.
Sehr wohl kann und soll der Papst in den aktuellen Fragen der Zeit ein Vorbild sein. Kann hier global christliches Denken und Handeln immer zum Thema machen. Und bei Konflikten diplomatisch und lösungsorientiert eingreifen vielleicht auch Plattformen schaffen, auf respektvoller, sozialer und internationaler Ebene. Etwas was schon geschieht, aber nicht ausreichend. Aber in meinen Augen ist es entscheidend, dass er seine Aufgaben und das klare christliche Bekenntnis innerhalb einer heterogenen christlichen und religiösen und kulturellen Vielfalt öffentlich macht, sich einmischt. Und auch uns immer wieder dazu ermutigt.
Noch zum Schluss eine Ergänzung: Dass der Papst sich während dem deutschen Kirchentag als Alternative zu Obama`s religiösen Austausch mit Merkel mit den Trumps im Vatikan getroffen hat, war sicherlich nicht diplomatisch – oder sie weist auf eine Ambivalenz und Nähe hin, die mir so Angst machen würde.
Bezüglich Sicherung der Menschenrechte gäbe es national, international und global viele wichtige Aufgaben für Rom. Um letztendlich die Menschen zu ermutigen, die eigene Heimat so zu gestalten, dass Flucht nicht mehr (überlebens -) notwendig ist und Konzerne und fragwürdige Regierungen nicht mehr die Ausbeuter und Gestalter von Unrecht und langfristiger Zerstörung werden.
zur Macht: da muss man einen Lehrer des 20. JH unbedingt einwerfen
Romano Guardini
ich meine um 1965 in Würzburg erschienen die großen christlichen Schriften von Guardini:
+ Das Ende der Neuzeit
+ die Macht
Da schließt doch Laudato Si an.
Etwas pathetisch: die Strukturen kommen derzeit etwas ins Wanken. 2020 wird soundso ein Jahr des Protests. In Amerika ein völlig emotionaler Wahlkampf, Deutschland muss auch mal einen neuen Kanzler suchen. Hongkong, Paris usw. Alle sind nervös. Fin de Siecle – Ende der Neuzeit?
Die Diskussion der Klimaerwärmung bewegt vor allem die Jugend. Welche Macht kommt dann?
Wenn die Neuzeit, also vor allem die Periode ab Erfindung der Dampfmaschine, sagen wir vereinfacht 1750-2050 zu Ende geht, was folgt dann??
Genau das hat Guardini vorgedacht. Man kann noch andere nennen: Adorno, eventuell Ratzinger
Eigentlich großartig. Nachlesen…
Nun, ich hab nur für mich interpretiert, wir befinden uns kaum mehr in einem richtig christlichen Europa. Provokant: wir haben den totalen Materialismus, und derzeit nimmt in der Soziologie und Politik sogar ein grün angereicherter Eurokommunismus (das ist ein gültiger alter Begriff) Überhand gegenüber dem Kapitalismus.
Nota bene, da darf man Karol Woytila oder Fromm oder Jungk oder oder zitieren: Kapitalismus und Kommunismus sind viel verwandter, als viele oft tun: beide sind streng materialistisch, völlig diesseitig, das Ding ist wichtiger als der Mensch, letztendlich Feinde des Christentums (in dem sie das Christentum bekämpfen)
Ein wichtiges Indiz: die Macht ging von den Familien zum Staat. Die Kirche, z.B. im Rahmen der Konkordate Deutschland und Österreich, kann der Macht des Sozialstaats viel abgewinnen.
Aber ist das richtig?? Das ist eine zentrale Frage. Ich meine, bis 2050 wird der Sozialstaat massiv an die GRenzen kommen. Was dann?? Hat da die Kirche genügend Antworten geliefert.
Immer nur auf das globale Thema zu achten: Nord gegen Süd. Reich gegen Arm. Das ist etwas zu global.
Für den Christenmenschen sollte der Mikrokosmos sehr wichtig bleiben. Und da sind wir mE wieder bei Familien, Freundeskreisen und Gemeinden. Das war meine Frage.
ich meine, die (Re-)Evangelisierung erfolgt auch in den kleinen Gruppen leichter als auf den großen Schauplätzen wie UNO, EU etc.pp. Sofern man das will.
Das Evangelium verstehe ich als Wort für die Millionen kleinen Kreise.
Es ist kein Bauplan für eine Weltregierung, die uns allen Frieden und Wohlstand bringt !?
Anders gesagt: bottom up und nicht top down.
Danke für manche wichtige Aspekte. Das mit den sinnvollen Strukturen von unten nach oben würde ich auch dick unterstreichen.
Übrigens Guardinis “Das Ende der Neuzeit” ist schon 1950 erschienen. Jedoch würde ich einzelne Aussagen und Aufsätze auch nur im Kontext der Zerstörungen und der jungen Nachkriegszeit sehen. Jedoch scheinen einzelne Formulierungen so prägnant, dass sie uns den Spiegel in unseren heutigen noch vor Augen halten.
Hierbei schreibt er sehr wohl im Kapitel “Das Ende der Neuzeit” dass “die Macht sich dämonisiert”. “Das Wort ist zerredet und zerschrieben, wie alle für das Dasein des Menschen wichtige Worte” .
Der Hinweis, dass der Mensch als einmalig und unverwechselbar und selbst stehende Person gilt, im “Du Gottes durch Mitvollzug der Existentialität Christi” so Gurardini schützt den einzelnen vor Machtmissbrauch, Ideologien und der Zerstörung von lebensbejahenden Wirklichkeiten.
… danke für den Hinweis auf das richtige Jahr bei Guardini. Ich hab nur in meinem Buch nachgeschaut. Dort steht: 1. Auflage Würzburg 1965 (ich hab ein Ex der 11. Auflage)
…und da kann die Kirche des 21. JH so viel Gutes tun. Kein Zweifel, dass sie damit beginnt.
Die Philosophen nach dem 2. Weltkrieg haben sich die Ausmaße der MACHT durch EDV und DiGITALISIERUNG nur ausgemalt. der Trend war schon ok “schöne neue Welt”.
Ist die Realität ggf. gefährlicher, als es der große Fromm schon um 1941 beschrieb? Andere auch.
Beispiel: ein sehr intelligenter Wirtschaftsinformatik-professor hat 1986 in einer Vorlesung, in die ich rein stolperte, Szenarien vom Internet und von Laptops dargestellt: “die Leute werden unterm Baum liegen und am Bildschirm ein gutes Buch lesen.” Welch Freiheit für Intellektuelle. Ich hab gezweifelt, dass ich es erlebe.
Und wie kam es: die Kinder vor allem hängen permanent vor drahtlosen Computern und spielen gefährliche Sachen und werden manipuliert.
Gut gemeint, die Wirtschaft bringt dann alles immer an den Rand des Perversen.
Gestern publizierte der Muslim Salman Rushdie in den Medien (um den war es ja still): wenn wir in der Politik und Medien nicht dorthin kriegen, dass wirklich zwischen Wahrheit und Lüge unterschieden wird, werden muss und werden darf, dann ist es wiederum das Ende der Zivilisation.
Also ich als Laie nehme nur mehr die großen Warner wahr und habe den Eindruck, trotz depressiver Verstimmung (nicht wirklich) bald zu den Optimisten für das 21. JH zu zählen
Für die Staaten und Konzerne ist es viel zu verführerisch, mit den Mitteln der Digitalisierung die Menschen zu kontrollieren.
Es gibt einen großen Feldversuch, wo das ja scheinbar super funktioniert: die große Verheiratung von Kommunismus, Kapitalismus und Digitalisierung in China.
Die EU ist da nicht so ablehnend wie zB Kalifornien. Österreich, das war mir in dieser Hinsicht als Pessimist eh schon vorher klar, wird demnächst erste Implementierungen der Gesichtserkennung zulassen. Klar dient alles dem großen Ziel “Sicherheit”. Wir sind bei Testfeldern immer besonders engagiert, zum Leid der Bevölkerung (vor allem der Jugend)
Dennoch sehe ich es am Ende positiv. Um 2050 wird es weit mehr Vernunft auf der Welt geben als heute. Aber vermutlich müssen wir alle mal durch ein reinigendes Gewitter, eine mittlere Sintflut.
Was könnte der Auslöser sein. Ich vermute, wenn sich die demografischen Kurven so ändern, dass wirklich weltweit pro Jahr z.B. 100 Mio Menschen weniger werden, dann ändert das die globale Einstellung (derzeit kommen jedes Jahr 100 Mio dazu)
Derzeit geht noch alles nach oben. Aber vermutlich nicht mehr lange, und das muss ja nicht das schlechteste sein.
Das Pendel ist die Hoffnung. Das kranke Wachstum muss sich vernünftig auspendeln. Letztendlich werden die Throne, Mächte und Gewalten die Menschen ein wenig beschützen.
***
Ich wünsche mir, dass wir alle Guardini und “laudato si” in vielen kleinen Kreisen (z.B. Familie und Freunde) umsetzen. Das wäre die wahre Revolution in der Gesellschaft.
… es kommt doch die Seele (+ ein neuer Körper) des Einzelnen in den Himmel (hoffentlich), UNO / CDU / VW wer auch immer – sie haben keine Seele. Für Frau Merkel oder Herrn Trump muss das eine schwere Wahrheit sein: im Himmel (selbst im Purgatorium) gibt es keine CDU, keine Republikaner, keine Privilegien mit Staatskarossen und Air Force One.
Als kleiner Provokateur: die wahre Konterrevolution begann immer beim Individuum. Absolut fortschrittlich.
Und der tägliche Kampf, den Jugendlichen die Smartfons einzuschränken: es ist ein Heiliger Krieg, von der Industrie auf die Familien delegiert. Führen wir ihn weiter. Halbwegs friedlich. die 4g Schlacht haben wir fast gewonnen. Bereiten wir uns auf 5g und Huawei in den Familien vor. Vermutlich können die Kinder dann wirklich dreidimensional in Schlachten mitspielen.
Die Schlacht gegen 4G?
Warum das denn?
Wenn man damals den Buchdruck verhindert hätte ….. hätte es auch sicher keine Reformation gegeben … 😉