Es ist immer Gefährlich, mit Begriffen wie „Grundübel“ oder „fundamentale Schwäche“ zu hantieren. Will ich ein Problem analysieren, stehen solche alles überragende Begriffe gerne im Weg herum. Und doch ist in der innerkirchlichen Debatte so ein Begriff allgegenwärtig: Der Klerikalismus unter Priestern.
Das Wort wird dabei eng mit Papst Franziskus in Verbindung gebracht, sein Satz „Wenn ich einen Klerikalen vor mir habe, werde ich sofort zum Antiklerikalen“ wird immer wieder zitiert, auch wenn er aus einem mehr als dubios geführten Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ stammt. Zuletzt hatte er vor Seminaristen des Bistums Agrigent davon gesprochen, in seiner deutlichen Sprache nannte er den Klerikalismus die „schlimmste Perversion“ des Priesterseins.
„Dann werde ich zum Antiklerikalen”
Aber nicht nur er arbeitet sich immer wieder an dem Begriff ab, auch in anderen Schreiben und Predigten, seit ich mich jung in Jugendarbeit und Pfarrei engagiert habe ist mir das immer wieder begegnet. Nicht zuletzt in der Symboldebatte erst der Priesterkleidung, und dann der Liturgie.
Im Zuge der Debatte um die Missbräuche in der Kirche ist das jetzt noch einmal besonders akut geworden, das sieht auch der Papst so. In seinem Brief an die ganze Kirche nennt er die zersetzende Kraft des Klerikalismus ausdrücklich. Damit greift er den Gedanken auf, den er immer wieder nennt, nämlich den zersetzenden Charakter dieses „-ismus“.
Der Gedanke ist so originell nicht, viele nennen ihn, etwa der Bischof von Münster, Felix Genn; Klerikalismus fördere Missbrauch.
Klerikalismus fördert Missbrauch
Im Zuge der Debatte um die Missbrauchsstudie im September haben wir aber auch viel Kritik an der Kritik des Klerikalismus gelesen, und auch das zu Recht. Wer zu schnell die Schuld dahin schiebe, übersehe individuelle Verantwortung, so die Kritik. Die Klage über Klerikalismus könne so zu einem Abschieben ins Abstrakte, in die Allgemeinheit werden. Und dieser Kritik schließe ich mich an. Das macht das Benennen des Klerikalismus als Ursache nicht falsch, warnt aber vor zu schnellen Schüssen.
Genau das Gegenteil von Abwälzen ist gefordert: Wer auf Klerikalismus hinweist, muss ihn zuerst bei sich selber suchen, es ist also ganz bewusst ein Wahrnehmen von Verantwortung, um die es hier geht. Nicht ein Abwälzen.
War ja gut gemeint
Und was ist das dann, dieser Klerikalismus? Der kann durch aus auch aus gutgemeinten Einstellungen resultieren. Johannes geht zum Herrn und beklagt sich, da sei einer, der nicht zu den Jüngern gehöre und im Namen Jesu Dämonen austreibe, das gehe doch nicht.
Papst Franziskus legte dieses Evangelium (Mk 9) Ende September so aus, dass er auf den Enthusiasmus des Johannes hinwies, das sei also eigentlich was Gutes.
Trotzdem sei das in einer „Haltung des Abschottens“ abgeglitten. Was nicht Teil ihrer Pläne war, wird als Gefahr gedeutet. Jesus dagegen – und hier nennt der Papst das Stichwort – erscheint an dieser Stelle „ganz frei“, offen für die Freiheit des Geistes Gottes, „der in seinem Tun durch nichts begrenzt ist“.
„In gutem Glauben, ja, mit Eifer, möchten wir die Authentizität einer bestimmten, besonders charismatischen Erfahrung schützen, indem wir den Gründer vor falschen Nachahmern bewahren. Aber gleichzeitig gibt es die Angst vor „Konkurrenz”, dass jemand neue Anhänger wegnehmen kann, und dann kann man das Gute, das andere tun, nicht schätzen: nicht gut, weil „nicht von uns ist”. Es ist eine Form der Selbstreferentialität,“ so die Papstpredigt. Und das – wenn es bei Amtsträgern vorkommt – kann man Klerikalismus nennen.
Abschottung unter Priestern
Der Theologe Rainer Bucher nennt zwei Kategorien, die ich hilfreich finde, um das Phänomen zu verstehen. Erstens beginne Klerikalismus da, wo das Interesse sich auf den Priester oder die Priester richtet, auf Struktur und Stand, nicht auf das Volk Gottes, für das Priester ja da sind. Und zweitens gelte für die Einschätzung nicht die Selbstwahrnehmung der Priester, sondern die Fremdwahrnehmung durch die anderen. Klerikalismus ist also etwas, was sich der Priester sagen lassen muss, um ihn zu überwinden.
„Klerikalisten sind Leute, die meinen, ihre besondere Berufung durch Gott sei eine Bevorzugung. Ein Klerikalist fühlt sich durch Gott ausgezeichnet vor allen anderen. Er wähnt sich den übrigen Menschen überlegen. Und deswegen flüchtet er in so eine Sonderwelt und meint, er hätte Anspruch auf Privilegien”: so spricht einer, der es wissen muss, ein Spiritual eines Priesterseminars. Und dieses Zitat finde ich auch deswegen gut, weil es den Ansatz zur Lösung bezeichnet: die Ausbildung.
Papst Franziskus gibt einen guten, wenn auch selten beachteten Hinweis für die eigene Reflexion: „Niemand wurde zum Priester oder zum Bischof getauft. Wir sind zu Laien getauft”, und weiter „Es tut uns gut, uns daran zu erinnern, dass die Kirche keine Elite der Priester, der geweihten Personen, der Bischöfe ist, sondern dass wir alle das heilige, gläubige Gottesvolk bilden.” Und umgedreht: „Der Klerikalismus vergisst, dass die Sichtbarkeit und die Sakramentalität der Kirche zum ganzen Gottesvolk gehören (vgl. Lumen gentium , 9-14) und nicht zu einigen wenigen Auserwählten und Erleuchteten.”
Die Kirche gehört nicht wenigen Auserwählten
Es ist diese Selbstbezogenheit, dieses Abschotten, das zu den Schutzräumen für das Verbrechen des Missbrauchs beigetragen hat. Deswegen darf und muss das auch immer Eingang in die Missbrauchsdebatte bekommen. Nicht als Abschieben auf ein Abstraktum, sondern als Frage an Strukturen, an Ausbildung und an jeden selber.
„Der Klerikalismus ist die Wurzel vieler Probleme. Der Klerikalismus steckt auch hinter den Fällen von Missbrauch, sowie Unreife und Neurose. Wir müssen bei der Ausbildung sehr vorsichtig sein“, sagte der Papst in einem Interview-Gespräch im August.
„Zum Missbrauch Nein zu sagen, heißt zu jeder Form von Klerikalismus mit Nachdruck Nein zu sagen”, formuliert es der Papst es an einer anderen Stelle. Es bleibt ein Thema für die Kirche.
Wir haben Sie zitiert https://caritas-verdi.blogspot.com/2018/12/sonntagsnotizen-gedanken-zu-beginn-des.html
Schauen Sie doch auch noch hier: https://www.hjhaering.de/was-ist-klerikalismus/
Es wäre besser, hier eigene Beiträge, Ansichten und Ideen zu posten anstatt nur einen Link zu jemand anderem. Irgendwie nicht kommunikationsfördernd.
Das mag sein, aber zum Klerikalismus fällt mir nichts Gescheiteres ein, als in dem verlinkten Artikel von Professor Dr. Hermann Häring steht, und dass zum Missbrauch Nein-Sagen heißt zum kategorischen Imperativ Ja-sagen. “Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.” (Immanuel Kant)
Warum wird denn eigentlich eisern der Zusammenhang zwischen Mißbrauch und Zölibat verschwiegen; und jeder, der das anspricht, mit “wissenschaftlichen” Gutachten eingeseift, in denen “bewiesen” wird, daß es einen solche Interdependenz nicht gäbe?
Vielleicht weil die Gutachten wirklich wissenschaftlich sind – ohne Anführungszeichen?
Die Studie der deutschen Bischöfe spricht übrigens darüber, und auch die Klerikalismus-Debatte kommt ohne nicht aus. Nur ist der Zusammenhang eben nicht so ganz einfach, eindeutig.
WJS
Kleiner Kommentar zur Aussage:”der Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat wird verschwiegen”.
Hier scheinen Vermutung und Wirklichkeit sich nicht zu entsprechen.
Bitte lesen Sie:
https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2018-12/limburg-bistum-massnahmen-missbrauch-skandale-kirche.html
Sie können ganz einfach selbst abklären, ob ein starker oder kein/schwacher Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat besteht:
Fragen Sie sich einfach bzw. gehen Sie der Frage nach, ob die Missbrauchshäufigkeit bei EKD und RKK eher ähnlich hoch ist oder ob die Häufigkeit bei RKK viel höher ist.
Wenn Sie zum Ergebnis kommen, dass bei der EKD Missbrauch in ähnlichem Ausmaß vorkommt, dann ist das ein Indiz, dass Zölibat zumindest keine zentrale Rolle für die Häufigkeit spielen dürfte.
Gibt es einen erheblichen Unterschied, ist das ein Indiz, dass Zölibat relevant ist.
Hier eine Meinungen, dass EKD eben auch umfangreich betroffen ist:
https://www.extremnews.com/nachrichten/vermischtes/c65416f1c3d6fe6
“Die Häufigkeit solcher Taten sei “erschreckend”, sagte Bergmann der “Zeit”-Beilage “Christ & Welt”. Nicht nur die katholische Kirche sei schuldig geworden. Auch bei den Protestanten seien Täterschutz und Institutionenschutz vielfach vor Kinderschutz gegangen.”
Da eine evangelische Bischöfin, die auf vergleichende Fragen nach EKD und RKK zumindest nicht behauptet, dass es da in der Häufigkeit drastische Unterschiede gäbe und die auf viele Aspekte verweist, die nichts mit Zölibat zu tun haben:
https://www.evangelisch.de/inhalte/153196/08-11-2018/bischoefin-kirsten-fehrs-sieht-beim-thema-missbrauch-auch-evangelische-kirche-der-pflicht
“Warum wird denn eigentlich eisern der Zusammenhang zwischen Mißbrauch und Zölibat verschwiegen; und jeder, der das anspricht, mit “wissenschaftlichen” Gutachten eingeseift, in denen “bewiesen” wird, daß es einen solche Interdependenz nicht gäbe?”
Vielleicht weil der Zusammenhang eben schwach ist und/oder komplex?
Glauben Sie ernsthaft, dass bei Abschaffung des Zölibats die Zahl der Missbrauchsfälle in der RKK sinken würde?
Die Zahl der Missbrauchsfälle ist bereits gesunken, und zwar deutlich, Grund dafür ist eine zunehmende Prävention auf allen Ebenen.
Um so wichtiger ist es, den Klerikalismus zu überwinden, damit Prävention wirken kann.
Letztlich geht es um Macht und Männerbünde, die sich gegenseitig schützen.
Es lohnt auf jeden Fall, die “Priesterkaste” aufzulockern.
Man hätte zumindest mehrere Spezies, wenn Frauen und Männer mit ihrer Art zu leben Zugang zum Amt hätten.
Auch wäre die Möglichkeit der Erdung des Amtes mehr gegeben.
Insgesamt finde ich es tragisch, dass jahrzehntelange Reformwünsche erst mit dem Problem des Missbrauchs weiter an Dramatik gewinnen.
Mir wäre es auch lieber, wenn beide Themen getrennt angegangen werden könnten – allein schon um der Opfer willen. Es besteht die Gefahr, dass sie für Reformzwecke instrumentalisiert werden.
Weil es keinen Zusammenhang gibt! Schauen wir es uns doch mal außerhalb der Kirche an: Ein heterosexuell orientierter Mann, der -aus welchen Gründen auch immer- längere Zeit enthaltsam lebt, vergreift sich doch nicht an Kindern und Jugendlichen. Eine Neigung in entsprechende Richtung muss schon vorhanden sein.
Ich persönlich glaube auch nicht, dass irgendeine fehlende sexuelle Identität, Unterdrückung derselben usw. dafür ausschlaggebend ist. Wie viele Menschen jeglicher coleur wurden und werden nie wirklich aufgeklärt? Ich würde mal sagen, die große Mehrheit. Oder wer spricht offen, unverklemmt und regelmässig über dieses Thema? Wird man deswegen zum Täter? Nein.
Das kann ich so nicht teilen. Es gibt systematische Gründe, die es in der Kirche möglich gemacht haben, dass so etwas geschehen konnte. In Masse. Dass es vertuscht und damit erst systemisch wurde.
Natürlich gibt es keine monokausalen Erklärungen, aber das, was der Begriff Klerikalismus beschreibt, ist einer der Gründe, weswegen es in der katholischen Kirche so lange und so schlimm dazu kommen konnte. Was übrigens auch die MHG Studie belegt.
Ich wüsste eine Möglichkeit, wie der Klerikalismus überwunden werden könnte:
Entweder die Zugangsbedingungen zum Amt so gestalten, dass grundsätzlich niemend ausgeschlossen wird oder die Weihe, d.h. das “Besondersmachen” abschaffen.
Nur der- oder diejenige soll ein Amt haben, der / die es für eine Orts-Gemeinde ausübt. Also keine Titularbischöfe in der Kurie oder Priester als Professoren (als Beispiel).
Oder wozu braucht ein Nuntius eine Weihe?
Die Schwierigkeit besteht darin, dass ich auf die Kleriker warten muss, die das freiwillig abgeben – ihre Privilegien.
Seit fast einem halben Jahrhundert beispielsweise wird gefordert, den Zölibat von der Pflicht zu befreien, d.h. ihn freiwillig zu machen. Nichts geschah bisher.
Die Frauen sind überhaupt ausgeschlossen.
Und da wundert man(n) sich über Klerikalismus?
Ich kann es nicht mehr hören.
@Jens, genauso sehe ich es auch!
Erst !!! Vor 100 Jahren „durften“!!
Frauen wählen…,
Ich persönlich glaube,dass das PATRIARCHIAT die Keimzelle des ÜbELS ist!!
Ich behaupte die “MATCHOS” hätten nicht so lange gewartet
Aber es steht ja schon in der- eigentlich so Schönen- Schöpfunsmythe…
Das Bild der Rippe-
Haben daher die Männer in der weiteren Entwicklung ihre Macht Fantasien entwickelt..
Nie hätten Frauen diese Ganzen (PHALLUS)- Raketen gebaut…
Pars pro Toto : der schreckliche Nordkoreaniche Diktator UND der FREI!!
Gewählte Präsident der USA haben sich allein dadurch schon lächerlich gemacht
Indem sie öffentlich stritten wer den „größeren Knopf” hat
Und das ist leider keine Realsatire
Aber bitterer Wahrheit/ beide können mit dem Knopf die Phallusse starten und die gedämmte Spezies vernichten..
Man müsste das Thema weiter beleuchten – ich hab jetzt nur den Uranfang der Malaise genannt…
Sorry natürlich: die Gesammte NICHT Gedämmte…!
Das Handy…..!!
Das Problem des Klerikalismus wurzelt noch viel tiefer. Schon die frühe Kirche wandte sich von der Charismenlehre des Apostels Paulus ab, als sich die presbyterale Kirchenverfassung gegen die charismatische durchsetzte. In der Folge bildete sich eine Priesterkirche aus, die sich immer mehr und bei zunehmender Privilegierung von den sog. Laien absetzte. Dieses Schisma ist bis heute nicht wirklich überwunden.
Danke Pater Hagenkord, dass Sie in dem Artikel den Versuch unternehmen, Klerikalismus zu definieren.
Bei vielen anderen Debattenbeiträgen fehlt mir meist die Definition oder zumindest irgendeine Erläuterung, womit ich dann meist keine Ahnung habe, was eigentlich ausgesagt werden soll, denn “Klerikalismus ist ein Problem” ist ja eine Nullaussage, wenn “Klerikalismus” undefiniert ist; z.b. weiß ich auch beim Papst nicht, was er eigentlich mit Klerikalismus meint (was daran liegen kann, dass er es irgendwann schon mal gesagt hat und ich das betreffende nicht kenne).
Und manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass “Klerikalismus” verstanden wird als: Klerikalismus ist das Verhalten von den Priestern, Bischöfen, etc., deren theologische Linie mir nicht passt, während das Verhalten von den Priestern, Bischöfen, etc., deren theologische Linie mir gefällt absolut rein gar nichts niemals nimmer Klerikalismus ist (womit die Debatte über Klerikalismus vollkommen sinnlos ist und nur Alternativ”schlachtfeld”, um die theologischen Differenzen auszutragen).
Aber nach dem Lob, Kritik:
“Und zweitens gelte für die Einschätzung nicht die Selbstwahrnehmung der Priester, sondern die Fremdwahrnehmung durch die anderen. Klerikalismus ist also etwas, was sich der Priester sagen lassen muss, um ihn zu überwinden.”
Klerikalismus muss anhand entsprechender Kriterien in der Selbstwahrnehmung erkennbar sein; andernfalls kann der die Kritik “Sie sind klerikalistisch” hörende Kleriker ja gar nicht feststellen, ob die Kritik berechtigt ist.
“„Klerikalisten sind Leute, die meinen, ihre besondere Berufung durch Gott sei eine Bevorzugung. Ein Klerikalist fühlt sich durch Gott ausgezeichnet vor allen anderen. Er wähnt sich den übrigen Menschen überlegen. Und deswegen flüchtet er in so eine Sonderwelt und meint, er hätte Anspruch auf Privilegien”:”
Haken hierbei ist, dass Kleriker durch das Amt bedingte Priviliegien haben.
Z.b. darf ein Priester die Messe feiern; ich als Laie darf das nicht.
Z.b. darf ein Bischof in seiner Diözese Festlegung hinsichtlich des Gotteslobes treffen, z.b. Lieder, Vorwort, Beschreibung regionaler Heiliger/Märtyrer, etc.; z.b. hat die Gotteslobausgabe für München-Freising ein Vorwort des Bischofs und die Beschreibung der Blutzeugen des 20. Jhd. der Diözese erfolgte wohl auch mit Genehmigung des Bischofs; ich als Laie darf da gar nichts, selbst wenn ich ein viel besserer Vorwortschreiber als der Bischof sein sollte.
Z.b. steht dem Papst das Privileg zu, Lehrschreiben für die ganze Kirche zu verfassen oder – es wurde ja ausführlich diskutiert – Regelungen zum Zugang zu den Sakramenten zu erlassen; ich als Laie darf das nicht.
Ich denke man sollte da präziser sein. Das Problem sind nicht, dass Kleriker überhaupt Privilegien haben (ist unvermeidbar und berechtigt und kann indirekt aus Evangelium begründet werden durch die Wahl der Apostel), sondern welche das sind und wie die Haltung des Klerikers dazu ist, dass er Privilegien hat.
Danke für das Lob.
Zu Ihrer Kritik: was Sie Privileg nennen, möchte ich einfach mit Autorität wiedergeben. Es gibt Autorität in der Kirche, und nicht jede Form von Ausübung von Autorität ist gleich schon Missbrauch derselben, das wäre eine völlige Überdrehung. Messfeier, Leitung im Bistum, das ist Autorität.
Privileg ist davon noch einmal zu unterscheiden, hier geht es um Bevorzugungen, die von der Autorität eben nicht gedeckt sind. Autorität muss nicht bedeuten, dass ich mich überlegen fühle, schon gleich gar nicht, wenn ich diese Autorität verliehen bekomme und nicht selber erworben oder gar erschaffen habe, wie im Fall der Weihe. Dann darf ich mich sogar nicht überlegen fühlen. Oder ich werden eben klerikal.
Und was das Zusprechen durch andere angeht: Das widerspreche ich Ihnen. Um Klerikalismus zu erkennen, muss jeder auf die Wahrnehmung der anderen hören. Rein empirisch gesehen funktioniert kein anderer Weg. Zu viele Generationen habe sich selbst absolviert, weil sie Kritik abgetan und sich selber keinen Klerikalismus attestiert haben. Die Erkenntnis kann nur von außen kommen.
Zum Klerikalismus gehört eine gewisse Blindheit, die ausschließt, dass man diesen erkennt. Deswegen brauch des das offene Ohr für die Kritik durch andere.
Ok, mit der begrifflichen Unterscheidung in Autorität und Privileg, ist dann mein einer Kritikpunkt erledigt.
Der andere indirekt auch, denn mir ging es ja vor allem darum, dass jemand, dem Klerikalismus vorgeworfen wird, irgendworan bewerten können muss, ob die Kritik berechtigt ist.
Und – zumindest nach dem von Ihnen hier geschriebenen – wäre für den mit dem Vorwurf “Klerikalismus” konfrontierten klar, dass er seine eigene Ausübung von Autorität und seines Amtes im Lichte der Kritik betrachten muss, ob er eben etwas macht/einfordert, was über die Autorität des Amtes hinausgeht.
(Bei viel Klerikalismusvorwürfen, auch hier in den Kommentaren, habe ich den Eindruck, dass ein Kritiserter gar nicht wüsste, was ihm überhaupt vorgeworfen wird; und solche Kritik kann nur schwerlich konstruktiv sein; ganz unproduktiv klingt manches fast danach, als seien Priester des Klerikalismus schuldig, weil sie eben Priester sind)
Autorität und Privileg – finde ich auch eine gute Unterscheidung.
Aber wenn die Amtsträger auf Dauer verhindern, dass auch Verheiratete und Frauen ein Amt ausüben und dies nur mit Autorität des Amtes begründet wird, dass man nichts ändert, ist das meines Erachtens auch klerikal. Die Argumente müssen stichhaltig sein, wenn man Menschen auf Dauer ablehnt, weil sie eben Frau oder verheiratet sind.
Und Tradition ist gut, kann aber geändert werden, wenn sie nicht mehr begründet werden kann, sondern eben nur noch per Autorität durchgesetzt wird.
Viele Diskurse über Klerikalismus, Priesterseminare u.s.w. sind absolut wichtig!
Aber was ich nicht verstehe und sehr bedaure, ganz egal von welcher Seite man es betrachten mag, dass man einem Priester sagen muß, wie man als Christ leben soll. Und sich darüber noch in einem Treffen Gedanken über Massnahmen gegen Missbrauch zu machen….
Brigitte
Grüß Gott aus Österreich,
ich verstehe das Wort des Papstes noch nicht ganz, bin aber auch kein Theologe, sondern seit Jahrzehnten Laie und im Brotberuf eher naturwissenschaftlich und wissenschaftlich unterwegs.
Ein paar Gedanken zur Diskussion
1.
Verwirrung und Sünde. So stellen sich für mich auch das Kirchenvolk und die Priester in Österreich dar, leider.
Dann kommt noch die Angst oben drauf.
Wir alle sind verwirrt und es wird noch viele Jahre anhalten. Es wurden in den letzten Jahre wesentliche Päpste des 20. JH HEILIG gesprochen (ich meine. Zu Recht, eventuell zu früh) und wir sollen dann immer mehr lernen, dass vieles oder alles im 20. JH schlecht war? Wo ist die Mitte der Aussagen?
Das kirchenpolitisch relevante Ereignis in der 2. Hälfte des 20. JH war aber doch das 2. Vatikanum. tja, das wurde nie richtig abgeschlossen. Sind wir erst jetzt an dieser Stelle. Weder vor noch zurück, ein lauer Kompromiss war das alles vielleicht, etwas im Einfluss des weltlichen 68-Denken. Haben wir die negativen Folgen nun geerntet?
2.
Zahlen und Statistik anwenden und Mut zur Publikation.
Die mathematische “Wissenschaftlichkeit” zu den Fragen bleibt mir verborgen. Österreich hat derzeit fast noch 4000 aktive Priester. Für alle, die ich näher kenne, würde ich sprichwörtlich die Hand ins Feuer legen. Und für die meisten anderen auch. Nun wäre etwas transparenter aufzubereiten: wie viele Fälle an Päderastie (das ist wohl die Mehrheit) und Pädophilie gab es seit dem 2. Weltkrieg?? Es gab eine Kommission und in den Medien wurde eine Zahl von 1000 über die Jahrzehnte kolportiert. Welche statistische Gruppen werden noch gebildet. Wie viel waren Gewalttaten? (die ohrfeige z.B. war in österr. Schulen bis 1989 rechtlich “erlaubt” wenngleich in guten Häusern nicht mehr praktiziert.
Man muss aber auch den Mut zu haben, ohne zu relativieren, zu sagen: in jedem System mit 4000 Männern (man nehme eine KontrollGruppe, ohne diese geht an sich in der Statistik gar nix) gibt es Gewalt bis hin zu Päderastie und Pädophilie.
Diese statistischen Auswertungen wird man weltweit machen und liefern müssen.
Vermuten würde ich: die Zahlen der Priesterschaft 2. Hälfte 20. Jh (nur diese sind einigermaßen sinnvoll erhebbar) sind um das Doppelte, manchmal dreifache über dem Erwartungswert. Sicher nicht um das Hundertfache, wie das seltsamerweise manche auch interpretieren.
3. PRIESTER Im 21. JH
eventuell sollte man ganz zurück gehen. In das Alte Testament oder davor. Nun, unser HERR, Jesus Christus, war wohl eindeutig Prediger, Spender von Sakramenten, aber auch Heiler und eine Form von Arzt. Im Alten Testament ist das ganz ähnlich. Schon bei Abraham oder eventuell ist es diese mystische doch sehr sympathische Gestalt des MELCHISEDEK, der auf ewig einen Priester darstellt. Einen Vermittler zwischen Gott und Menschen, der auch heilt. Priester und Arzt, die jüdischen Reinheitsgebote gehen ganz klar in diese Richtung.
Die Kirche hat sich zumindest seit dem 20. JH vom Heilen verabschiedet. Oder vielleicht war es so: sie wurde von den Psychologen und Psychiatern ersetzt. War das richtig?
In diesem Sinne finde ich es dann wirklich bezeichnend und bezeichnend falsch, dass die Bischöfe in Deutschland forensische PSYCHIATER zur Aufarbeitung der Misere heranziehen. Aber Angst haben, mit weltlichen Staatsanwälten von Anfang an zusammenzuarbeiten !?
Das Priesterbild ist mE verengt, und darunter leiden Kirchenvolk und Priester.
Muss die Kirche wieder zB mehr von den Naturgewalten und der Schöpfung erzählen und erklären um Menschen, die sich sehr weit dem Evangelium entfernt haben, das Geheimnis des Heiligen Geistes näher zu bringen ( (siehe Problematik des bereits missbräulich verwendeten Klimawandels).
4. Zölibat etc. (an sich eine nachgelagerte Frage)
Es wäre im Sinne der Ökumene einen Gedanken wert, in alle diesen Fragen zumindest versuchsweise auf 1-2 Pontifikate das durchaus logische und sehr alte Regelwerk der Ostkirchen und der Orthodoxie zu übernehmen. Ich meine, das kann nicht schaden.
Nix Neues erfinden, einfach übernehmen.
Russland soll derzeit einen gigantischen PriesterÜBERSCHUSS generieren. Das gab es zuletzt in der KuK Monarchie um 1875. Wer hätte das für möglich gehalten. Nur die Kinder in Fatima eventuell, vor 100 Jahren.
Herzlich
Ich verstehe den Begriff Klerikalismus nicht wirklich. Die Aufgaben des Priesters haben sich in meiner Wahrnehmung im 20. JH immer weiter verengt. War es früher nicht öfter der “Seelsorger und Arzt in einer Gemeinde”. All diese Belange wurden zB auf die Psychologen und Psychiater übertragen. Nur eine Wirkung der modernen Gesellschaft.
Ich meine, die Kirche sollte über die Weite und Tiefe des Priesterberufes neu nachdenken. Wie war es, um ganz vorne zu beginnen, im Alten Testament. Da gibt es den mystischen Melchisedek, das ist doch der erste Priester vor Abraham. All diese nehmen das Heilen und die Erklärung der Natur mit. Dass auch Jesus Christus Heiland war und unbestritten viele Gleichnisse an Natur und Landwirtschaft angelehnt sind, ist unbestritten.
Wenn sich die Priester öffnen und auch im Westen wieder weit mehr in Schulen, Altersheime und Krankenhäuser gehen, dann wird mE der Nutzen ihrer Funktionen unbestritten sein.
Mit welchem Recht kann z.B.ein Papst Johannes P.II jede Diskussion über Frauenpriestertum verbieten?
Das ist meiner Ansicht nach “Klerikalismus” im Reinformat.
Ich hoffe, dass er nicht auch deswegen heiliggesprochen wurde
Es geht doch um Weitergabe des Glaubens! Da ist es ja einerlei ob Mann oder Frau das macht?!
Und , dass Missbrauch auch mit Pflichtzölibat zu tun hat- das einzusehen brauchte es nicht viel Grips-oder?
Wer das nicht einsieht, der missbraucht indirekt den Missbrauch für eigene Reformresistenz.
in meinen Augen war Johannes P II ein großartiger Papst und die Heiligsprechung, auch recht schnell, richtig und nun ja kirchenrechtliches Faktum.
Dass er eventuell eine ganze Dimension, hier gemeint den brodelnden Missbrauch, übersehen (?) hat, zeigt doch nur, dass ein sehr bemühter Mensch und Seelsorger eben auch “Mensch” ist (was sonst) und mit seinen Fehlern angenommen wird. Ich denke, auch das meint dann der aktuelle Papst.
Ich kenne eine Diskussion, man wirft dem Apostel Paulus anhand diverser Briefe in unserer Gegenwart vor, er hätte die Sklaverei verteidigt. Wir schaffen es nicht, den Kontext des 1. Jahrhunderts ganz zu verstehen. Paulus ging es wohl eher darum, einen ganzen Bürgerkrieg etc. nicht gutzuheißen und die Gläubigen auf den Glauben zu fokussieren. Und er hat ja im Einzelfall den Verfolgten sehr wohl geholfen.
In der Sache (Zölibat vs Missbrauch) selbst, würde ich nochmals anregen, zur Entscheidungsfrage PFLICHTzölibat bei den orthodoxen Brüdern und (!!!) Schwestern abzuschauen. Dann wird die Sachlage in meinen Augen klarer.
Herzlichst Dietmar
“Und , dass Missbrauch auch mit Pflichtzölibat zu tun hat- das einzusehen brauchte es nicht viel Grips-oder?
Wer das nicht einsieht, der missbraucht indirekt den Missbrauch für eigene Reformresistenz.”
Aja, gleich mal die potentielle Gegenseite in der Debatte als dumm und amoralisch bezeichnen. Habe ich gern, vor allem da meiner Erfahrung nach dann empfindlich reagiert wird, wenn dann die Gegenseite mit gleicher Münze erwidert.
Um es auch solchen mit wenig Grips verständlich zu machen:
Wenn sich 100 Leute A1 bis A100 hinstellen und öffentlich erklären: “Von nun an werde ich mit niemanden mehr Sex haben als mit B1/B2/..[entsprechend halt jeder nur 1]/B100” also wenn die 100 heiraten, würde jeder vermuten, dass die Chance von da an, dass die doch mit jemand anders Sex haben geringer ist als wenn sie nicht versprochen hätten monogam zu leben, eben weil ein öffentliches Versprechen vor Zeugen im Allgemeinen eher eingehalten wird als ein privater Vorsatz, etc.
Darauf beruht im übrigen auch ein Großteil des Vertragswesens, des Zivilrechts, etc., dass wenn jemand etwas verspricht, dass das im Allgemeinen bedeutet, dass der sich auch eher dran hält.
Priester versprechen bei Weihe mit niemanden mehr Sex zu haben. Das soll aber nun die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie Sex mit Minderjährigen haben.
Das mag zwar möglich sein, aber es bedarf einer Erklärung und auch eines Beleges.
Und jeder, der meint, dass nur solche mit wenig Grips das nicht sofort einsehen, dem fehlt meiner Ansicht nach selber Grips.
Naja, die Logik ist ja eine ganz andere. Indem man die Gegenposition verzeichnet, wie @mig das macht, erwidert man ja schon “mit gleicher Münze”.
Es ist doch klar, dass ein Milieu der Selbstreferentialität bestimmte Menschen anzieht und andere abstößt. Leider sind diejenigen, die sich in so einem Milieu wohl fühlen, oft keine besonders guten Priester im Sinne des Herrn. Mit der Zeit werden derer so viele, dass das Milieu komplett umkippt und nicht mehr zu retten ist. Genau das passiert mit dem Klerus.
Diese Entwicklung wird verstärkt durch die allgegenwärtige Säkularisierung, die dazu führt, dass der Priesterberuf für normal denkende Männer auch aus anderen Gründen nicht mehr so attraktiv ist wie früher, als er noch ein gewisses Prestige besaß und gesellschaftlich anerkannt war. Je weniger normale Männer, die Priester werden wollen, desto stärker wird der Klerus von komischen Kauzen und gescheiterten Existenzen bestimmt und beherrscht, die im selbstreferenziellen Milieu ihre Zuflucht suchen (das sind nicht nur, aber natürlich auch in hohem Maße Homosexuelle, die sich vor der Auseinandersetzung mit ihrer Kondition auf angenehme Weise in Männergesellschaft drücken wollen).
Der Zölibat ist hier wichtig, weil er das Kernelement des klerikalistischen Selbstbetrugs ist: Ich bin rein und von Gott auserwählt und stehe dem Herrn deswegen besonders nah. Es gibt wenige Berufsstände, die für Narzißmus so anfällig machen, wie das zölibatäre Priestertum, und das liegt natürlich auch an der subtil bis in die Spitzen verinnerlichten Reinheits- und Überlegenheitsideologie, und deren Schlüssel ist nunmal der Zölibat.
Ich finde wie der Ausgangsposter, dass man sich das mit ein wenig Grips leicht zusammenreimen kann.
Das ist eine ziemliche Karikatur, die Sie hier zeichnen. In meiner Ausbildung und in meinen Begegnungen mit Ausbildung in Bistümern ist mir diese Karikatur so nicht begegnet. Wenn Sie damit Tendenzen beschreiben wollen, Gefahren, oder auch nur Versuchungen, dann kann ich das Ernst nehmen. Aber Sie behaupten Tatsachen. Und dafür will ich dann erst mal Zahlen sehen. Oder Studien. Oder anderes. Dass das “klar” ist, wie Sie beginnen, ist eben nicht klar. Sondern erstmal nur ein Vorurteil.
Ich finde es ziemlich verwegen was Sie hier zum Zölibat von sich geben, denn wie sieht es mit dem zölibatären Leben der Schwestern aus, die ebenfalls Teil der Kirche sind? Was ist mit Maria die Jesus geboren hat und Josef, der ihrem Glauben seine Liebe schenkt, haben die sich selbst und die nachfolgende Menschheit betrogen? Woran glauben Sie, wenn sie von Enthaltsamkeit schreiben, als wäre sie ein Vergehen?
“Indem man die Gegenposition verzeichnet, wie @mig das macht,”
Wo habe ich die Gegenposition verzeichnet?
“Und , dass Missbrauch auch mit Pflichtzölibat zu tun hat- das einzusehen brauchte es nicht viel Grips-oder?”
Da lese ich nichts anderes, als dass weil nur solche Priester werden dürfen, die zum Versprechen bereit sind, dass sie eben niemals einen Partner im sexuellen Sinne haben werden, dass dieses Missbrauch begünstigt.
Der Rest sind Erklärungen ihrerseits, wie es sein könnte, allerdings kein Beleg. Siehe Antwort von Pater Hagenkord.
(@Pater Hagenkord: Irgendwas stimmt nicht; wir sind hier grad viel zu oft argumentativ auf der selben Seite 🙂 🙂 )
Deine Verzeichnung war der Absatz:
“Priester versprechen bei Weihe mit niemanden mehr Sex zu haben. Das soll aber nun die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie Sex mit Minderjährigen haben.”
Das ist natürlich Unsinn, aber das hatte auch niemand behauptet. Behauptet worden war nur, “dass Missbrauch auch mit Pflichtzölibat zu tun hat” und man dies mit “Grips” leicht einsehen könne.
Das mit den “Grips” finde ich auch eher polemisch und nicht so hilfreich ausgedrückt, aber der Gedanke dahinter, wonach der Zusammenhang doch recht offensichtlich und für Beobachter ohne Scheuklappen relativ leicht erkennbar ist, ist sicher richtig. Das hat nichts damit zu tun, was du geschrieben hattest, sondern es geht um den selbstreferentiellen Dünkel, das durch die zölibatäre Reinheitsmystik gefördert wird und dessen innersten Kern eben der Zölibat ist, weil er das Innerste und Intimste der Person berührt. Das finde ich ganz offensichtlich und dieser Zusammenhang ist schon seit Drewermanns “Klerikern” gut bekannt und erforscht.
“Deine Verzeichnung war der Absatz:
“Priester versprechen bei Weihe mit niemanden mehr Sex zu haben. Das soll aber nun die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie Sex mit Minderjährigen haben.”
Das ist natürlich Unsinn,”
Es gibt nur 4 Möglichkeiten:
– jemand hat keine konkrete Vermutung, ob Zölibat Missbrauch begünstigt oder nicht
So jemand käme nie auf die Idee einen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch als offensichtlich darzustellen, dass es den Leugnern an Hirn oder Anstand fehlt
– jemand vermutet, Zölibat führt weder zu mehr noch zu weniger Missbrauch
So jemand käme nie auf die Idee einen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch als offensichtlich darzustellen, dass es den Leugnern an Hirn oder Anstand fehlt
– jemand vermutet, Zölibat führt zu weniger Missbrauch
So jemand könnte zwar auf die Idee kommen, andere, die den Zusammenhang leugnen als dumm zu bezeichnen; aber so jemand würde Zölibat ja als positiv darstellen und sehen; das scheidet hier somit aus, denn Demetz und Jorge stellen Zölibat ja als was negatives dar
– jemand vermutet, Zölibat führt zu weniger Missbrauch
So jemand könnte auf die Idee kommen, andere, die den Zusammenhang leugnen als dumm zu bezeichnen; und so jemand würde Zölibat als etwas negatives darstellen; dies trifft auf Demetz und Jorge zu
Folglich stelle ich Haltung von Demetz und Jorge nach meinem besten Wissen zu 100% korrekt dar und verzeichne die Position nicht.
Jedenfalls wenn man den Standard anlegt, den Demetz durch die präventive Beleidigung aller, die seine Meinung nicht teilen, vorgegeben hat; wer eine harte Debatte will, der braucht sich nicht zu beschweren, wenn andere eben die eigene Position so scharf negativ darstellen, wie sie sie wahrnehmen.
Wenn man eine nette und zuvorkommende Diskussion haben will, in der z. B. man erst die Position des anderen sauber wiedergibt, bevor man erwiedert, dann sollte man halt nicht so eröffnen.
Noch zur Sache:
“aber der Gedanke dahinter, wonach der Zusammenhang doch recht offensichtlich und für Beobachter ohne Scheuklappen relativ leicht erkennbar ist, ist sicher richtig. Das hat nichts damit zu tun, was du geschrieben hattest, sondern es geht um den selbstreferentiellen Dünkel, das durch die zölibatäre Reinheitsmystik gefördert wird und dessen innersten Kern eben der Zölibat ist, weil er das Innerste und Intimste der Person berührt. Das finde ich ganz offensichtlich und dieser Zusammenhang ist schon seit Drewermanns “Klerikern” gut bekannt und erforscht.”
Also:
Zölibat führt zu einer Reinheitsmystik; Reinheitsmystik führt zu selbstreferentiellen Dünkel, selbstreferentieller Dünkel führt zu mehr Missbrauch; und das ist so vollkommen offensichtlich, dass es erst bekannt wurde, nachdem jemand ein Buch darüber geschrieben und dazu geforscht hat?
Soll ich das Ernst nehmen?
Lange Ursache-Wirkungketten, die erforscht werden mussten, sind ihrer Natur nach NICHT offensichtlich.
Abgesehen davon: Warum in dieser langen Kette beim Zölibat ansetzen? Wäre es nicht sinnvoller erstmal zu fragen, ob man die Reinheitsmystik nicht so weiterentwickeln/modifizieren kann, dass Missbrauch vermieden wird?
Grund ist ganz einfach, auch die lebenslange monogame Ehe, die immer offen für neues Leben ist, begünstigt im Prinzip eine Reinheitsmystik; ergo läuft man wenn man z. B. einfach am Zölibat was ändert, dann trotzdem immer noch eine Reinheitsmystik behält, die Missbrauch begünstigt.
Und ggf. sollte man vielleicht auch besser direkt am “Dünkel” ansetzen.
Ist völlig unverständlich, warum man bei einer komplexen Wirkungskette zum Schutz von Kindern zufälligerweise rational zu dem Schluss kommt, dass man gerade besonders an dem Punkt ansetzen muss, bei dem man für die eigene theologische Sache Boden gut machen kann.
Seit vielen Jahren habe ich ein einfaches Mittel, “gute” von “nicht guten” Priestern zu unterscheiden: Ein Priester muss auf Christus hin durchsichtig sein; durch sein Handeln muss Gott erkennbar sein. Priester, die auf Gott hin opak sind, hören bei sich selbst auf und verdunkeln Gott.
Wenn ein Priester (Mann!) sich an einem Jungen (angehender Mann) vergeht, dann kann das natürlich nichts mit Homosexualität zu tun haben. Deshalb ist es wichtig, die Klerikalismuskarte voll auszureizen.
Ich vermute mal, dass soll Ironie sein?
Hier lohnen sich die Einsichten derjenigen zu studieren, die sich wissenschaftlich mit dem Thema befassen: Missbrauch ist zuallererst eine Machtfrage. Deswegen die „Klerikalismuskarte“.
Wer dagegen nicht bereit ist, wissenschaftliche Erkenntnisse zu akzeptieren, der schaut halt nicht weiter als bis zu seinem Vorurteil.
Ich weiß nicht, was alles unter dem Begriff “Klerikalismus” gemeint ist, aber Pädophilie und sexueller Missbrauch von Kindern kann nichts mit Klerikalismus zu tun haben, denn diese beiden Phänomene kommen auch bei “nicht-klerikalen” Personen vor.
Richtig, das gibt es auch anderswo, aber die Frage bleibt doch, warum es in der Kirche hat passieren können. In einer Gemeinschaft und Institution, die sich Nächstenliebe auf die Fahnen geschrieben hat. Das hat sehr wohl damit zu tun. Es gibt auch andere Gründe und Auslöser für Missbrauch und es würde allen und vor allem den Opfern gut tun, dass darüber gesprochen würde. DIe Kirche muss aber ihre eigenen Anteile aufarbeiten. Und dazu gehört – so der Papst, so viele Bischöfe – der Klerikalismus.
Wenn man den Begriff auf andere Bereiche überträgt, findet sich doch ein Muster. Sind es nicht häufig (wahrscheinlich sogar immer) Personen, die sich in einer Art Machtposition befinden? Eine “besondere” Position zumindest. Das können Trainer und/Jugendbetreuer in Vereinen sein, Vorgesetzte, Ausbilder, Entscheidungsbefugte, Familienangehörige usw.
Ich denke, das ist das Problem. In der Kirche hat man halt ein Wort dafür, letztlich ist es aber doch überall das Gleiche.
Ich würde mir wünschen, dass dieses Thema in allen Bereichen so intensiv behandelt werden würde. Es würde viel weniger Opfer geben, die Bisherigen hätten eine Chance, das Geschehene irgendwie zu verarbeiten und/oder nicht länger leiden zu müssen.
Ich möchte nicht wissen, wieviele Täter ich persönlich kenne. Zumindest nicht, was sexuellen und körperlichen Missbrauch betrifft.
Was psychischen Missbrauch betrifft… Nun, davon können wahrscheinlich noch viel mehr Menschen mitreden – mich eingeschlossen. Aber da gibt es manchmal leider keinen wirklichen Ausweg.
Es ist leider nicht überall das Gleiche. Der Kleriker hat noch einmal einen Sonderstatus, auch dem Trainer gegenüber. Das Unberührbare, das Heilige, das Überhöhte, das ist etwas Eigenes. Sie werden antworten, dass auch Fußballtrainer verehrt werden und Sie haben recht. Aber als Person, nicht per se. Dieses per se gibt es aber im Priester. Und deswegen ist es etwas Eigenes und muss auf die eigenen Gründe hin untersucht werden.
Ergänzend noch zu den Anmerkungen von Pater Hagenkord:
In der Kirche gibt es auch eine ganz andere Hierarchiestruktur, die Kirche ist kaum geografisch lokalisiert und es gibt eine quasi starke Verknüpfung des Lebens der Kleriker mit der Kirche.
So kann z.b. der Rektor einer Schule mit vielleicht 70 untergebenen Lehrern, einen Lehrer höchstens von einer in die andere Klasse versetzen; ihn aber an eine andere Schule zu bringen – eben fern von den hiesigen Opfern um Probleme unterm Teppich zu halten – kann er nicht alleine; dafür braucht er das Ministerium, die zwar für die Schulen zuständig sind, denen aber der Ruf einer einzigen Schule erstmal herzlich egal ist, sofern er nicht politisch auf sie abfärgt; und ggf. bräuchte es auch die Kopperation anderer Schulleiter, denen wiederrum der Ruf der anderen Schule nicht so sehr am Herzen liegt.
Zwar klappt dann immer noch Vertuschung.
Aber z.b. in der Kirche kann der Bischof nahezu nach Lust und Laune innerhalb seiner Diözese Priester von einem an einen anderen Ort versetzen, die Prister sind zu Gehorsam und Verschwiegenheit verpflichtet und sowohl Priester als auch Bischöfe sind alle daran interessiert, dass der Ruf der Kirche möglichst nicht ruiniert wird. Und an letzterem ist auch der Bischof der jeder anderen Diözese interessiert und aufgrund der gleichen Amtsmacht braucht der erstere Bischof sich praktisch nur mit einem einzigen anderen Menschen – nämlich dem zweiteren Bischof einig werden – dass irgendein Priester versetzt werden soll und Verschwiegenheits- und Gehorsamspflichten sowie der Wunsch den Ruf der Kirche zu schützen, wird in beiden Diözesen begünstigen, dass nichts über die Gründe der Versetzung nach außen gelangt.
Somit hat es rein faktisch ein Bischof viel leichter den Fall eines problematischen Priester immer wieder durch geografische Lösung “von seinem Schreibtisch zu bekommen” als ein Schulleiter dies bei einem Lehrer könnte.
In dem Sinne machen die Strukturen der Kirche die Vertuschung leichter als z.b. die Strukturen in anderen Bereichen.
Ich persönlich sehe Klerikalismus nicht als Ursache von Missbrauch, sondern als etwas, das die Vertuschung von Missbrauch begünstigen kann.
Abgesehen davon gibt es auch Formen des Klerikalismus, der nichts mit Missbrauch zu tun har.
Da Pater Hagenkord es ja schätzt, wenn man nicht diffus Dinge andeutet, sondern klar bennent, zwei Beispiele für außer meiner Sicht Klerikalimus im Sinne von unangemessen Privilegien in Anspruch nehmen und sich quasi über den Laien zu sehen, die aber eben nur Klerikalismus sind und nichts mit Missbrauch zu tun haben:
https://twitter.com/antoniospadaro/status/817144723093733377?lang=en
“Theology is not #Mathematics. 2 + 2 in #Theology can make 5. Because it has to do with #God and real #life of #people…”
Wirkt auf mich wie arrogante Überheblichkeit, man steht soweit über den Fragen zur Theologie, die manche haben, dass man nicht erklären braucht, und auch noch so abgehoben (oder eher dem englischen “tone-deaf” entsprechend), dass man wirklich mit “2+2=5” begründet, dass die anderen doch im Unrecht sind und Ruhe geben sollen (Und nein, nichts kann in Debatten, in denen formal die Gläubigen eigentlich alles gläubig anzunehmen haben, was das Lehramt vorgibt, entschuldigen, dass jemand “2+2=5” verwendet, vor allem wenn der Hauptwiderspruch aus den USA kommt, wo 1984 teilweise zur Schullektüre gehört).
http://saltandlighttv.org/blogfeed/getpost.php?id=72516
“Pope … breaks Catholic traditions whenever he wants because he is “free from disordered attachments.” Our Church has indeed entered a new phase: with the advent of this … pope, it is openly ruled by an individual rather than by the authority of Scripture alone or even its own dictates of tradition plus Scripture.”
Noch mehr Klerikalismus geht kaum, der Papst soll befreit von Lästigkeiten wie Tradition oder Schrift als Individuum die Kirche regieren und – ungesagt – die Schäflein haben natürlich zu folgen (der Name des Papstes ist egal, denn ich prangere hier den Klerikalismus des verlinkten Autors an; ein Papst kann ja eher nichts dafür, wenn ihn jemand in so klerikalistischer Weise überhöht).
(@Pater Hagenkord: Sorry, das die beiden besten mir bekannten Beispiele für Klerikalismus, der nichts mit Missbrauch zu tun hat, von Jesuiten stammen)
Naja, ich bewerte mich selbst als Menschen, der jedem anderen Menschen gleichwertig gegenübersteht, auch wenn der andere das vielleicht aus mir mehr oder weniger bekannten Gründen anders sieht. Oft schon vor einem Gespräch, spätestens jedoch während des Gesprächs kann man die Einstellung im Gegenüber zur Gleichwertigkeit als Person wahrnehmen.
Klerikalismus will gehört werden und Kirche lebt vom Zuhören, was im Detail etwas über die Einstellung zum Nächsten aussagt, an der gemeinsam gearbeitet werden kann. Wenn man denn wirklich einen Konsens finden will, weil man ihn braucht, um gemeinsam voranzuschreiten und nicht bloß sein Recht zur Geltung bringt, so muss man sich auch mit Menschen auseinandersetzen, denen man am liebsten aus dem Weg gehen würde, weil sie das Leben einfach nur verkomplizieren. Im Grunde genommen sieht es in diesem Fall der Gegenüber wahrscheinlich genauso und es wäre schön, könnte man sich am Ende eines derartigen Gesprächs zumindest an die Inhalte erinnern, die sich über differenzierte Sichtweisen auseinandersetzten.
Missbrauch ist für mich wenn Gesprächspartner ihre Kompetenz überbewerten, was jedes Gespräch bereits im Keim ersticken kann und damit das Amt/die Position aus dem Gleichgewicht bringt indem es durch Machtgehabe den überlebenswichtigen Dialog erschwert.
Akute Probleme gibt es wohl immer dann, wenn sich ein Gespräch einseitig entwickelt, weil man den Anderen nicht zu Wort kommen lässt oder ihm einfach nicht zuhört. Allein die Motivation zum Zuhören richtet das Leben aus, denn dadurch kann eine Stimme zur Geltung kommen, die sich jedem gleichermaßen anbietet und doch ihre eigenen Inhalte hervorbringt. Im Kampf um die Vorherrschaft in einem System dürfte Gleichberechtigung sehr schwierig sein, doch in der Annahme eines Systems, das auf Gleichberechtigung gebaut ist, wird fast alles möglich, denn es lebt von der Struktur, die eine Entscheidung verlangt und sie nicht selbst in den Raum stellt.
Grüß Gott aus Österreich an alle in dieser intensiven und auch emotionalen Diskussion,
sowohl von der Schrift als auch von der Kirchengeschichte und langen Tradition kann man wohl mal ganz klar und unumstößlich fordern, dass die Kirche den Priester mit einer fundierten akademischen Ausbildung benötigt (vor allem auch schon im Alten Testament. Und Jesus war zwar angeblich Wanderprediger, aber er hat alle jüdischen Rituale im Tempel und den Synagogen eingehalten und wertgeschätzt und hat z.B. schon als Kind Lektorendienste geleistet) .
Nur sollte man die Aufgaben in der modernen Welt schärfen. Mir sagte mal ein befreundeter Priester, in einer urbanen Gemeinde von an die 5000 Bewohner gibt es im Jahr unter 10 wahre Beichten iSV Sakrament. Das zeigt sehr gut, wo es mangelt und wo wir in der westlichen Welt angelangt sind. Null Vertrauen (zu den Mitteln der Kirche).
Wie gesagt: Im Osten ist es deutlich besser. Erstaunlich.
Ich wünsche mir Priester, und ich kenne viele gute lebende Beispiele, die Gottesnähe ausstrahlen, lehren und während der Woche auch viele barmherzige Werke tun.
Und wenn ich in den Vatican News mal las, dass die riesige Diözese Sao Paolo in Brasilien nun auch meldet, dass es nur mehr unter 50% Katholiken gibt, dann macht mich das tief traurig, vor allem wie schnell die Erosion auch in Südamerika um sich greift. Und ich finde es nicht gut, das als Indiz zu sehen, wie brav und modern die nordamerikanischen Evangelikalen predigen und arbeiten. Mein Christentum ist das jedenfalls nicht.
Das klingt jetzt nach Gegenreformation – aber da wird man dagegen halten müssen.
Es ist sicher so, dass die Frauen in der Kirche uns allen weniger Schande bereitet haben. Angeblich hat ja einmal Caterina von Siena in einer ähnlich verzwickten Situation das Kirchenschiff gerettet. Aber ich kenne keine Hinweise, dass sie deshalb unbedingt einforderte, Priesterin zu sein.
Es war aber zumindest im frühen Mittelalter so, dass Äbtissinnen Priester WEIHEN konnten. Das finde ich wieder sehr schön. Und das wäre eine sehr symbolische “Hierarchie” im Positiven.
Die Zeichen stehen auf Diakoninnen. Und dass gottgeweihte Schwestern (gewisse) Sakramente spenden. Das wäre doch eine Verbesserung (die es eben schon mal gab).
Das Priesteramt und die Hierarchie (im Sinne einer guten Ordnung – zuerst des theologischen Wissens; um z.B. Irrwege des überhand nehmenden Aberglaubens oder der Esoterik zu vermeiden) unterscheidet die Katholiken historisch seit der Reformation von den Protestanten und bringt eben in den Fragen der Hierarchie meines Erachtens mehr Verwandtschaft zu den Orthodoxen (die in diesen Fragen aber durchaus fortschrittlich sind; ich würde mich daher daran gerne orientieren wollen und halte das für einen sehr eleganten “Ausweg”).
Katholische Kirche kann nur mit einem selbstbewussten und gesunden Priestertum funktionieren. So verstehe ich es für mich.
Keiner hat das besser positiv ausgearbeitet als der große, glücklicherweise deutschsprachige, Denker Joseph Ratzinger, den vermutlich erst die Zukunft richtig würdigen wird. Und doch konnte er vieles nicht verhindern.
Bei der Aufarbeitung (!) der Missbräuche sollte man sich mE noch deutlich mehr Zeit lassen. Also ich bezweifle, ob wir hier alles wissen (die Formel mit dem Klerikalismus ist daher eine gute populistische Maßnahme, aber sicher nicht die Lösung aller Krankheiten).
Freilich die Opfer schnell entschädigen. Oft tickt die Uhr.
Und ich kenne nachwievor keine sauberen statistischen Zahlen der Weltkirche. Sorry.
Sowas wird man auch nicht ins Internet stellen können, sondern man muss mit STAATSANWÄLTEN und Richtern zusammenarbeiten und kann dann einen abschließenden Bericht liefern. Bitte in juristischen und statistischen Termini und nicht in psychologischen oder forensischen Kriterien, weil das ist eine sehr weiche Wissenschaft (ich will keinem zu nahe treten).
Es gilt da immer die Regel in zivilisierten Kulturen (“in dubio pro reo”). Ja, das mag jetzt hart sein. Aber es gibt keine Sippenhaftung. Wenn mein Bruder und ich schon Taschendiebstahl begangen haben und verurteilt sind, darf das Dorf nicht sagen: der dritte Bruder von denen ist sicher auch ein Dieb, weil die sind ja bekannt. Das macht jeden Rechtsstaat seit der Antike aus und wohl noch davor.
Genau das passiert derzeit vor allem aber in den Deutschen Medien. Viel Sympathie sollte sich die kath. Kirche nicht erwarten. Wobei – wann brachte man ihr diese entgegen. In der Medienwelt niemals. Also sollte man diese meiden oder etwas öfter schweigen.
Wird man etwas dagegen halten müssen. Es beginnt doch jeder Beitrag mit der völlig unwissenschaftlichen Annahme “die Psychologen sagen, das ist nur die Spitze des Eisberges”. Dann kann man gleich den “Pfaffenspiegel” aus dem 19. Jahrhundert lesen und wird erstaunlicherweise den ganzen Zynismus schon vor finden.
Und dann wird einen gegenwärtigen Bischof eingeblendet, der mit Tränen in den Augen sich das zigte Male entschuldigt. Das macht es aber nicht besser, und niemand kann es mehr hören oder sehen, und es “glaubt” auch keiner. Was will man sich in 2018 auch für Fälle in den 60er Jahren entschuldigen, wenn nicht genau ermittelt ist, was da lief. Keine Ausrede, aber ich erwähne nochmals, dass die Ohrfeige zumindest in Österreich in Schulen bis 1989 “erlaubt” war, juristisch. Und praktiziert wurde sie soundso in allen Belangen des öffentlichen Lebens (z.B. Sport)
Kann nur mutmaßen: waren es in Österreich (das mE die Sache extrem früh in dieser Welle ab 2010 und wohl deutlich effektiver als zB Deutschland aufarbeitete) 1000 (???) Fälle von “Missbrauch” gab, bei wie vielen Priestern seit dem 2. WK: 12000 oder 15000?? Und wie viele waren Wiederholungstäter oder gar nicht Priester (sondern Mitarbeiter in Internaten, Schulen, Religionslehrer etc. pp). Was sind schwere und was sind nicht so schwere Fälle. und zu allererst: wo ist die Kontrollgruppe und was ist der Erwartungswert.
An dieser Stelle: Frauen sind Gottlob besser als Männer. Aber frei von Sünde und Fehlern sind sie wohl auch nicht gewesen in der Geschichte. Frauen haben auch ihre Waffen.
Und sexueller Übergriff bis hin zu sexueller Missbrauch vs Gewaltanwendung (z.B. in einem Internat anno 1967) sind wohl unterschiedliche Kategorien. Das erste ist eindeutig indivudell krankhaft bzw. eine Störung einer Einzelperson, das andere (die Gewalt) mag mit Machtmissbrauch zu tun haben.
Wenn man über die historischen Wurzeln der Päderastie liest, dann mag diese sexuelle Störung systematisch was mit Macht zu tun haben. In dem Sinne, dass ein Priester oder Offizier beim Militär sich seinen Ministranten oder Adjutanten so herrichtet (durch körperliche Abhängigkeit), dass er ihm immer gehorcht und dann auch mal sein Nachfolger wird. Das soll es historisch gegeben haben. Vorstellen kann ich es mir heute nicht mehr. Weder in Österreich noch in Südamerika oder anderswo.
Also ist mein Resumee: es fehlt an der wahren Definition bzw. der statistischen Auswertung des MISSBRAUCHS und es fehlt noch immer etwas an der Definition von KLERIKALISMUS. Die Ursachenforschung ist vielschichtiger, würde ich vermuten. Wir brauche Richter (sagte schon Moses) , Staatsanwälte und Statistiker. Ich denke auch, dass man die Fälle z.B. in Chile kaum mit jenen in Österreich vergleichen kann
Herzlich
Lernen im Vergleich zum Priestertum der KOPTEN.
In der Frage “lebendiges Priestertum, Klerikalismus etc.” sollten wir keinesfalls auf die uralte afrikanisch-äthiopische Kirche (antik Alexandria) vergessen, die Kopten, die im übrigen sehr viel fruchtbaren Austausch mit Österreich praktizieren. Wenn ich das richtig gelesen haben, sehen die als ihren ersten Patriarchen/Papst den heiligen Markus (Ev.)
Nun, dass Ägypten ein uralten heiliges Land ist, können wir wohl alle akzeptieren. 12% des so großen Landes bekennen sich trotz Verfolgung noch zum Christentum, wenngleich die meisten Muslime in Ägypten sehr friedlich zu den Kopten sind.
Und dass in Ägypten das Mönchswesen fast seinen Ursprung hat, ist aber auch eine Tatsache (Heiliger Anton und andere). Viele Gläubige leben in Zölibat und Armut.
Dann ist es erstaunlich, dass die Kopten ähnlich wie die Orthodoxen im “weltlichen” Priestertum in den Gemeinden den verheirateten Mann bevorzugen, so hab ich das verstanden. Denn der ist mehr am Puls des Lebens und versteht die Familien. Leitungspositionen haben wiederum die Ordensleute aus den Klöstern.
In Ägypten, was nicht alle wissen, gibt es selbst im 20. Jahrhundert auch die intensivste Marienverehrung. Sogar Muslime akzeptieren das und fahren gerne zu den Marien Wallfahrtsorten. Die Anschläge kommen aus einer Minderheit von Fanatikern.
Über das Leiden der Kopten berichten regelmäßig die Medien, man kann sie in der Gegenwart nur bewundern.
Also die ganze “Misere” in der römisch katholischen Kirche kann uns doch helfen, den Blick auf andere großartige Kirchen/Patriarchate zu öffnen. Es spricht ja der “Führungsposition” Rom von diesen Kirchen keiner was ab. Aber dass es eben auch Konstantinopel/Istanbul oder Ägypten (Alexandria bzw Kairo) oder … Moskau gibt, ist sehr wichtig. Und wenn wir den katholischen Klerikalismus reduzieren sollen, dann werden wir vielleicht schneller die Ökumene dieser Patriarchate erreichen und große Wunden der Kirchengeschichte heilen.
Dass wir in Mitteleuropa bzw. in Nordamerika auch die Ökumene mit den Protestanten voran bringen wollen, ist ja im Laufen und unbestritten.
Priestertum, Klerikalismus etc. kann man mit diesen alten Kirchen/Patriarchaten besser studieren und voran bringen.
Ich meine, in der gestellten Frage dieser Blogseite können die Kopten ganz viel vorleben.
Was ich mich immer und immer wieder frage, im Zusammenhang mit Missbrauch ist, wie Kinder und Erwachsene auf die Idee kommen, sie wären weniger wert als der andere. Es ist doch eine Sache Macht auszuüben, das kennen wir aus der Tierwelt zur Genüge durch die Revierkämpfe, doch es ist noch einmal eine ganz andere Instanz Macht zuzulassen, und darin sollten wir uns als Menschen unterscheiden. Es gibt niemanden, keinen einzigen Menschen, der Macht für sich in Anspruch nehmen kann, denn dadurch wird natürliche Existenz vernichtet, wodurch die auch immer wieder erwächst, wir stehen am Anfang ihrer Menschlichkeit.
In diesem Zusammenhang stellt Gott etwas her, was mir als Frau die Möglichkeit gibt aus diesem Wort den Glauben zu erzeugen, der mich in meinen Worten anleitet und ihren Inhalt bestimmt. Es mag sein, dass sich das für manchen ungewöhnlich anhören mag, doch wodurch sollte jeder verstehen können, was ich formuliere indem ich einen definierbaren Widerstand in mir annehme, der jeden Menschen leitet?
Nachdem Zeit die einzige unveränderbare Größe im Wachsen der Menschheit ist, bin ich überzeugt davon, dass durch sie die Möglichkeit besteht zu produzieren, was es zu erhalten gilt. Mensch zu sein ist etwas ganz Besonderes und jeder der seinen Namen trägt sollte das wissen und damit die Gleichwertigkeit herstellen, die ihm von Rechtswegen als Würde durch das Leben innewohnt.
Missbrauch von Menschlichkeit ist eine Straftat, denn er nimmt dem Leben seine Würde und macht es dadurch zum Opfer seiner selbst. Macht trägt sich einzig aus der Idee einer Differenzierung im Wert des Menschen und hat nichts mit der Würde zu tun, die das Leben aus Menschlichkeit bereits erzeugt hat und durch deren Annahme ich in meinem Herz umsetzen kann, was die Menschheitsgeschichte in sich als Person von Gott prägen lässt.
Glaube erzeugt Menschlichkeit und aus Menschlichkeit tritt die Menschheit hervor, die nur auf die Ankunft ihres Herrn gewartet hat, der dem ewigen Leben seine Dienste anzubieten bereit ist. Gott konfrontiert mit dem Glauben von Menschen, die sich der Unendlichkeit als Gedächtnis anbieten, durch das die Menschheit erwachsen wird und stellt Jesus als seinen Sohn in dessen Auftrag: Wie schafft es ein Mensch allein durch Gott zu existieren? Ich denke wir erhielten mit Jesus eine Lektion für die Ewigkeit, die aus Maria ein neues Leben für Josef erzeugt. Menschlichkeit trägt dieses Leben in Würde und glaubt im Sinn von Gott an die Zeit, die Er umsetzen kann.
Vielleicht hilft dieser Kommentar besser zu verstehen, dass ich Missbrauch als ein Vergehen sehe, das jeden betrifft, der die Würde allen Lebens nicht achtet und damit sein eigenes Dasein zerstört. Dies hat zwar keinen Einfluss auf die von Gott gewollte Menschlichkeit, doch es hinderte sie daran den Weinberg zu bestellen, der ihr von Gott hinterlassen wurde. Wenn jeder seiner ganz persönlichen Berufung nachgehen würde, so wäre damit der ganzen Menschheit gedient, denn das könnte bedeuten, keiner missbraucht Menschlichkeit indem er sie selbst bewertet sondern gibt ihr die Würde mit dem Wert, der bereits mit Jesus in seine Lebenszeit erfüllt ist.
Die deutsche MHG Studie ist ja tatsächlich komplett im Internet veröffentlicht.
Ich möchte mich bei den Lesern und Mitarbeitern dieser Seite auch um Nachsicht ersuchen, wenn meine Formulierungen (sind ja nur Meinungen) zu “flapsig” waren. So war es nicht gewollt. Eitelkeit? Dann sieht man, dass manchmal übermotivierte Laien oder Pfarrgemeinderäte auch klerikal werden , weil sie zu viel reden oder hier schreiben. Die gute Absicht unterstellt man selbst ja immer. Ich hatte die Berichte in den deutschen Medien der letzten Wochen sehr intensiv verfolgt, war wieder betroffen und habe mich über diese mE bösartigen Vereinfachungen sehr geärgert. Also vor allem über das Fernsehen.
Es erinnert mich im Advent aber wenigstens daran, man soll vor Hochfesten wie Weihnachten an die Beichte denken und in unserer Gesellschaft das Praktizieren dieses Sakramentes der Versöhnung wieder vertiefen.
Die Studie ist bestimmt fundierte wissenschaftliche Arbeit. Statistik anhand von untersuchten Stichproben mit plausiblen Gesamtgrößen. Ich habe nicht alles studiert und maße mir nicht an, alles zu verstehen
Ich hab noch immer die Hypothese, dass der Schluss auf die Gesamtmenge der knapp 400.000 weltweiten Priester (und selbst ein relativ kleines Land wie Österreich hat noch 4000 Priester) im Jahr 2018 näher untersucht werden müssen. Und doch praktizieren die Medien umgekehrt jeden Einzelfall mit “Headlines”.
Oder auch ein Schluss/Rückrechnen auf die Situation z.B. während des Konzils im 20. JH, das war ja ein spannendes Zeitfenster. Da ist dann die Frage sehr interessant, warum damals die Fragen des sexuellen Missbrauchs nicht so im Scheinwerfer standen, Gerüchte gab es bestimmt. Oder war das wirklich kein Thema, auch nicht von der Presse, die im ganzen 20. JH wohl nicht als Freund der kath. Kirche bezeichnet werden kann. Die Aufdeckungen erfolgten ja ganz massiv 2010/11. War das wirklich alles Zufall. Warum schwieg die Öffentlichkeit und die Medien, wenn das in den 50er, 60er oder 70er Jahren alles schon da war? Ganz passt das nicht zusammen.
Wahrscheinlicher ist es, die Wahrnehmung in dem damaligen Kontext war eine ganz andere.
Buße / Beichte / schöne wichtige Feiertage wie Hlg. Nikolaus und “Maria ohne Sünde” – 1918 Fatima
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Abschließend doch noch ein Gedanke. Wir feiern am 6.12. Nikolaus, bestimmt ein großer Heiliger als Patron armer und missbrauchter Kinder. Geliebt überall auf dem Planeten. Wie stark waren die Bilder, als Rom Reliquien aus Bari (?) in Moskau ausstellen ließ, welch Verehrung und gute Frömmigkeit. Solche Projekte zeigen, wie intensiv das Christentum weltweit noch lebt.
Und noch wichtiger im Advent ist der 8. Dezember. Kann der Blick auf Maria helfen, dass Priester wie Laien ihre Eitelkeit in Zaum halten? Maria ist irgendwie der einzige Mensch, der fast absolute Heiligkeit erreicht hat.
Alle anderen sind zunächst zur Demut aufgerufen.
Etwas Mystik. Aber sehr konkret. Die kirchenrechtlich anerkannten Wunder und Marienerscheinungen von Fatima. Wie viel ist über die Publikation des dritten Geheimnisses spekuliert worden. Es war wieder Kardinal Ratzinger um 1980, der versuchte, das ins Rationale zu bringen und der dem Kirchenvolk die Formulierung aus dem Geheimarchiv zur Kenntnis brachte.
Dann an einem 13. Mai der Anschlag auf Johannes Paul II. Damit begann doch dessen persönlicher Leidensweg mit Attentatsfolgen und später schwerer Krankheit.
Fatima vor 100 Jahren steht für Buße und die Macht der Beichte, so versteh ich das. Die erste Aussage ist jedoch beinhart, schon im Fatimagebet auf den Punkt gebracht. “Seid sehr vorsichtig. Es gibt universelle Kräfte, die die Menschheit als Ganzes und die Kirche angreifen. Es gibt den Teufel und die Hölle”. Eine eindringliche Warnung. Und das 20. Jahrhundert wird dramatisch verlaufen. also nicht nur militärpolitisch, wohl auch für die Kirche (auf Erden)
Dem Teufel macht es doch am meisten Spaß, wenn er die Kirche vor sich hertreibt und Vertreter des Priestertums zu schwersten Sünden bringt.
Dann im zweiten Geheimnis- daran erinnert heute nochmals der im Osten so wichtige heilige Nikolaus -, die Betonung, wie wichtig der Osten , namentlich Russland, für Europa ist. Und das in Fatima, ganz im Westen des Kontinents.
Das dritte mystische Geheimnis beschreibt doch, wie schwer der Heilige Vater und die ganze Kirche im 20. Jahrhundert leiden werden. Verzweiflung. Bis hin zum Kampf und dem Blut auf der weißen Alba. Sehr konkret. Und es ist das Blut der Märtyrer oder auch das Blut unschuldiger missbrauchter Kinder.
Sollten wir den Missbrauch mal so betrachten. Ich meine das nicht anmaßend.
Letztendlich als Aufruf zur Buße.
Die Menschheit steht weiterhin vor schweren Irritationen und Aufgaben. Es gibt nur einen leibhaftigen Feind. Dem ist der mächtigste Präsident oder wer auch immer hier auf Erden unterlegen.
Kirchenvolk und Priestertum (Kleriker) müssen zusammenstehen, um in diesem Kampf gegen das Böse zu siegen. Die Menschheit kämpft hier auf Erden gegen böse Mächte, und wir Irdischen sind da eindeutig unterlegen, wenn wir nicht auf den Beistand der universellen Gesamtkirche, der Heiligen, Marias, und vor allem des Christkönigs vertrauen.
Und dennoch muss es ganz schnell konkrete rationale kirchenpolitische Maßnahmen geben.
Diese reichen aber nicht. Das als These.
Ich habe einige Beiträge überflogen und bin entsetzt, mit welchen Argumenten hier zum Teil hanhiert wird.
Ich schwanke zwischen Trauer und Wut.
Daher möchte ich versuchen meine Gedanken sachlich zusammen zu fassen.
Ich teile die Meinung vom Herrn Pater, vom Papst und vielen Bischöfen. Klerikalismus ist ein bedeutender Auslöser für den Missbrauch in der katholischen Kirche. Und dieser bedeutende Auslöser muss angeschaut und beseitigt werden. Weil dieser Klerikalismus sehr eng mit dem Kirchesein unserer heutigen Zeit verbunden ist, ist es sehr schwer und schmerzhaft sich damit zu befassen. Denn den Klerikalismus zu enttarnen und ihn zu beheben heißt das Grundverständnis von uns Katholiken Kirche zu sein zu verändern.
Der Weg führt weg von einem Zentralistischen und streng hierarchischen hin die einem gemeinschaftlichen und beteiligten gemeinsam Kirche sein. Das auf “die Priester” und die Hierrarchie vertrrauende und sie maßlos überhöhende Verhalten wurde uns Katholiken seit Jahrzehnten wenn nicht Jahrhunderten anerzogen. Seit dem Konzil sollte aber klar sein, dass die Zeit der Priesterzentrierten Kirche vorbei ist. Zu behaupten, dass ein, wie auch immer gut gemeinter und funktionierender Klerikalismus konstitutiv zur katholischen Kirche gehört ist ein fataler Irrtum! Das Volk Gottes, von dem die Kleriker in ihren jeweiligen Weihämtern ein Teil sind, ist die Größe, die die Kirche der Zukunft bestimmen wird. Alle versuche dies zu ignorieren oder dies zugunsten einer besonderen Hervorhebung der Weiheämter zu verschieben ignoriert die vom Geist gewirkten Impulse des Vat II.
Ich beschäftige mich gerade sehr mit dem Prophetenbuch Jeremia. Die Texte, die mir dort begegnen erinnern mich fatal an unsere heutige Situation. Der Prophet sieht, dass der Glaube im Volk und besonders bei den Repräsentanten (König / Priester) ein völlig inhaltsleerer Glaube geworden ist. Man vollzieht Rituale und meint damit auf die rettende Gegenwart Gottes bauen zu können. Aber der Prophet erkennt, dass das ein fataler Fehler ist. Er verkündet das für die “rechtgläubigen” unmögliche: Nicht das verharren im Tempel und in Jerusalem bringt Rettung sondern die Öffnung der Stadt und das Hinausgehen zu den Babyloniern bringt die Rettung. Er redet sich den Mund fusselig aber die königlichen und klerikalen Machthaber beharren auf ihrer Überzeugung von der Reinheit der Lehre. Und sie tun die, indem sie ihre (klerikale) Macht ausspielen. Und sie haben ja auch (scheinbar) gute Gründe. Profeten treten auf und bestätigen im Namem des Herrn ihre Position. Wer hat also Recht? Jeremia oder die Anderen Propheten des Herrn. Es kommt kein Schriftband vom Himmel, keine Überirdische Stimme erschallt. Das was Jeremia recht gibt, sind die Geschehnisse der Zeit. Und wer weiß, wie Gott tickt, wer weiß, wie sich Gott seit jeher verhalten hat, der erkennt die Zeichen der Zeit.
Im beharren auf einem wie auch immer gearteten Klerikalismus erkenne ich viel von dem, was Jeremia in Jer 7,4f meint.
Wenn Kardinal Müller den Atheismus in die Kirche einziehen sieht, dann erinnert mich das sehr an die Auseinandersetzung Jeremias mit seinen Gegnern in Kap. 27 + 28.
Wenn hier mit den Offenbarungen von Fatima oder Glaubenssaätzen versucht wird, eine Kirche der Vergangenheit am Leben zu erhalten, ist das zwar menschlich verständlich, aber vom Glauben her eine Sünde.
Wir leben im 21. Jhd. und wir können den Satz “Geboren von der Jungfrau Maria” nicht biologisch für wahr erklären. Allein schon logisch. Wenn Jesus wahrer Mensch ist … Zu einem wahren Menschen gehört die biologische Verschmelzung der weiblicher Eizelle und männlichen Spermien! Also ist Jesus jetzt wahrer Mensch oder von der Jungfrau geboren … Das ist doch Schwachsinn das naturwissenschaftlich, biologisch zu verengen! Wenn ich auf diesem Niveau von Menschen verlange ihren Versztand zu missachten, stehe ich auch da und behaupte “Der Tempel des Herrn” Jer 7,4
Der Missbrauch mit seiner ganzen Brutalität und beschämenden Größe ist das Fanal an dem sich der Weg der Kirche in die Zukunft entscheiden wird. Der Klerikalismus ist ein bedeutender Auslöser und wir müssen ihn anschauen und beseitigen. Und wir müssen dafür auf die Welt und die Menschen außerhalb der Kirche hören. Die da draußen werden uns sagen, wie wir in Zukunft glaubhaft Volk und Kirche Gottes in unserer Welt und Zeit sein können. So wie Jeremia er für seine Zeit formuliert hat … Jer 21, 1-10, besonders V8f Zu diesem Volk aber sage: So spricht der Herr: Siehe, den Weg des Lebens und den Weg des Todes lege ich eich vor. Wer in dieser Stadt bleibt, der stirbt durch das Schwert, Hunger und Pest. Wer aber hinausgeht und sich den Chaldäern, die euch belagern, ergibt, der wird überleben und sein Leben wie ein Beutestück gewinnen.
Es geht nicht um einen Kampf gegen die böse Welt da draußen. Es geht um den Kampf gegen das, was in unserem eigenen Laden falsch ist. Und wenn wir uns dafür von außen Hilfe holen, werden wir die zukünftige Form der Kirche gewinnen.
So, jetzt geht es mir besser 😉