Seine wunderbare und einzigartige Stimme habe ich irgendwann als Kind das erste Mal gehört. Leonard Cohen sagte mir nichts aber der WDR brachte ein Konzert. Sein Markenzeichen schon damals: vor jedem Song sprach er eine Strophe des Textes, quasi als Gedicht. Und das sind seine Texte ja auch, Poesie.
Seitdem war ich Fan dieser großen Künstlers.
Seine wunderbare und einzigartige tiefe, volle Stimme geht einem nie mehr aus dem Kopf. Dass Cohen nun gestorben ist, überrascht bei seinem hohen Alter nicht, ist trotzdem sehr schade. Seine letzte Platte ist frisch auf dem Markt, 2008 habe ich ihn noch im Konzert gesehen, vier Stunden Gesang, ohne dass die Stimme schwankte, und er war damals schon mitte 70.
Seine wunderbare und einzigartige Stimme war immer vorne. Aber was in seinen Liedern dahinter passierte, war mindestens so spannend. Dunkel waren die Texte, ironisch, körperlich, sexuell aufgeladen, frei, poetisch. Dahinter gab es aber immer noch mehr zu hören.
Ich bin erklärter Gegner des Hintergrund-Saxophon Gedudels, das seit den 80er Jahren in alle Popsongs eingedrungen ist. Seltsamerweise funktioniert es bei Cohen. Und auch die von ihm musikalisch zu einer eigenen Kunstform erhobenen Schubiduh-Girls machen das Ereignis nicht flach oder platt, es passt. Auf der Bühne spielt er damit, die Damen stehen nicht einfach hinten, sie sind wichtiger Teil der Performance, sind Grundierung, Spielgefährte, Partner des Sängers Cohen.
„Love is the only engine of survival“: Es sind Sätze wie dieser, die hängen bleiben. Immer leicht ironische packende Lebensweisheiten haben uns geprägt. Einem Lied über ein Orchester in einem KZ den Titel „Dance me to the end of Love“ zu geben, das konnte nur ehr.
Überhaupt, die Liebe. Die war immer sehr körperlich bei ihm, nie ideal. Die war gebrochen, vorbei, hoffend, immer voller Dynamik. Man konnte in seinen Liedern nie sicher sein, was da als nächstes um die Ecke kam.
Auf der Bühne trug er zuletzt Anzug und Hut, wie ein in die Jahre gekommener Gentleman Typ Humphrey Bogart. Den Hut zog er immer wieder, zur vollendeten aber nie zu tiefen Verneigung. Diesen Hut ziehe ich jetzt auch. Danke, Sir, dass sie so lange bei uns waren.