Noch einmal Klosterleben, noch einmal Seelsorge, noch einmal die Frage, wie sich Pfarrpastoral und Ordens-, bzw. präziser gefragt Klosterleben zueinander verhalten. Das hatte ich in meinem vorherigen Post schon mal angesprochen: Was der Mönch in der Seelsorge zu suchen hat. Papst Franziskus will die Beziehungen zwischen Bistümern und den Orden neu verhandelt sehen. Wenn man wissen will, wo das ganz besonders intensiv gepflegt wird, dann gehe man nach Österreich.
Klösterreich, so heißt ein Werbespruch, und wer die Donau entlang fährt, weiß warum. 45 % aller Pfarreien zum Beispiel im Erzbistum Wien werden von Orden betreut, das hat Auswirkungen. Außerdem gibt es in Österreich ganz besonderen Rechtsformen, da gehören nämlich Pfarreien zum Kloster und nicht zum Bistum bzw. unterliegen einer doppelten Rechtsstruktur. Das soll uns hier nicht weiter stören, aber es zeigt, dass Österreich ein wunderbares Studienland ist. Und deswegen habe ich mich dort einmal umgetan und zwei Spezialisten gefragt, wie das so ist mit den Orden und der Seelsorge.
Narrenfrei
„Was mir vor allem auffällt ist, dass wir ein Stück Narrenfreiheit haben.“ Christian Haidinger OSB ist Altabt des Klosters Altenburg im Waldviertel, außerdem ist er Vorsitzender der Superiorenkonferenz des Landes. „Wir können uns in einem Bereich bewegen, in den Bischöfe und nie oder kaum reinreden.“ Gutes zu berichten weiß er aus dem eigenen Bistum, Sankt Pölten und seinem Bischof, Klaus Küng. Der sei froh über den Einsatz der Ordensleute in der Seelsorge, er betone aber immer wieder, wie wichtig es sei, dass Ordenshäuser geistliche Zentren seien, so Haidinger.
Wenn man heute nicht mehr kleinflächig Seelsorge betreiben könne, dann seien diese geistlichen Zentren besonders wichtig, so Abt Christian. Man wolle sich als Stifte nicht ausbluten, sondern für lebendige Gemeinschaften in den Klöstern sorgen. Aber natürlich gebe es auch Spannungen, gerade aus den Bistümern erwarte man sich eine Beteiligung, besonders in Zeiten des Mangels.
Geistliche Zentren, immer wieder geistliche Zentren
„Wir merken, dass sich die Pfarrstrukturen auflösen oder zumindest vergrößert werden, da haben die Stifte und Klöster auch die Aufgabe, sich neu Gebiete zu suchen, wo sie auch eine gemeinschaftliche Seelsorge leisten können.“ Maximilian Fürnsinn CanReg ist Probst des Augustiner Chorherrenstiftes Herzogenburg, er ist Vorgänger Abt Christians als Vorsitzender der Vereinigung der Ordensoberen in Österreich. Auch er sieht ganz deutlich den Bedarf, dass Klöster sich immer mehr zu geistlichen Zentren entwickeln müssen: Beichtkirchen, Gebetsschulen, Angebote für Mitarbeiter in den Pfarreien und vieles mehr, hier werde es eine große Verschiebung geben.
„Die erste Aufgabe von Klöstern ist es, miteinander zu leben und ‚ein Herz und eine Seele zu sein’, um die Apostelgeschichte bzw. die Augustinusregel zu zitieren. Das miteinander Leben und miteinander Beten, das ist eine erste vorrangige Aufgabe.“ Das müsse ausstrahlen und gehöre dann auch in das Pastoralkonzept der Bistümer hinein.
„Das glaube ich ist das Prophetische [am Klosterleben heute]: Sie müssen wieder Signale geben, sie müssen wieder zu Freiräumen für Gott und die Menschen werden. Das soll keine Ablehnung der Pfarrseelsorge sein, da würde man mich missverstehen. Gerade in Österreich haben wir eine Tradition von 1.000 Jahren von Klöstern, die Pfarren gehabt haben. Aber wir müssen uns den Gegebenheiten von heute anpassen. Wir müssen neue Formen in der Pfarreiseelsorge insgesamt finden. Das ist das Gebot der Stunde.“
Ich meine auch, dass es aus der Not heraus geistige Zentren geben muss, da die Seelsorge vor Ort nicht mehr gestemmt werden kann (Priestermangel/Kirchensteuereinnahmen sinken) .
In Frankfurt ist ein solches geistiges Zentrum für Beichte (Liebfrauenkirche) in der man sich den Tag nach seinen persönlichen Umständen aussuchen kann, wann man beichten geht (http://www.liebfrauen.net/page.php?view=&lang=&si=52e134a48352a&k1=top&k2=gdienst&k3=&k4=). Die Hemmschwelle ist sicherlich geringer, beichten zu gehen, wenn der Priester schon auf einen wartet und man sich nicht erst anmelden muss (übrigens Kapuzinermönche)….
Es gibt in Frankfurt auch ein geistiges Zentrum für Trauerseelsorge (http://www.st-michael-nordend.de/). Mir persönlich macht es nichts aus, in einer “fremden” Pfarre beichten zu gehen, im Gegenteil, in diesen Zentren beichten viele Menschen – stehen teilweise “Schlange”. In der Heimatgemeinde fühlt man sich als “Störenfried”, wenn man zur Beichte gehen will (man ist dort eh ein Exot). Ich denke in Afrika bzw. in den Freikirchen gibt es oft Gottesdienste, wo Tausende daran teilnehmen. Das befeuert eher den Glauben, als wenn man sonntags mit 10 “Muttchen” in der Kirche sitzt (ich habe nichts gegen die treuen Kirchengängerinnen ;O)). Ich habe dieses “Feeling” bei meiner ersten Wallfahrt nach Lourdes erfahren dürfen. Klasse! Für die Älteren ist das natürlich nichts – die sind ja auch noch die kleine überschaubare Pfarre gewohnt. Mir scheint das Österreich-Modell sehr gelungen.
Wir dürfen sehr gespannt sein, was auf uns noch zukommt….
da, wo Männerklöster, in denen Priester leben, am Ort sind, ist das ein gutes Angebot. Aber wenn nicht, was dann?
In meiner Stadt gibt es ein Frauenkloster, das auch Einiges anbietet. Aber beichte dürfen die Schwestern natürlich nicht anbieten, und für die Eucharistiefeiern des Klosters müssen sich die Schwestern selbst “einen Mann besorgen”, einen geweihten natürlich. Sie selbst sind ja auch “nur” Frauen die angeblich nicht geweiht werden dürfen……
Ein schöner Bericht über Klösterreich, der Plattform österreichischer Klöster, Orden und Stifte, der jetzt auch schon von Klöstern in der Tschechischen Republik, aus Ungarn und Bayern/Deutschland angehören. Nähere Informationen: http://www.kloesterreich.at, http://www.facebook.com/kloesterreich
Herzliche Grüße, Hermann Paschinger
Alle zwei Wochen bin ich mit anderen Gästen zur Hausmesse in einer kleinen Schwesternwohngemeinschaft, zu deren Assoziierten als Zeichen ein Weltpriester eingetreten ist. Er wollte ein Zeichen setzen, dass sich Männer auch für die gleiche Wertschätzung von Frauenspiritualität in seiner katholischen Kirche einsetzen. Auch andere Weltpriester sind dort turnusgemäß zu Gast und zum Glück nicht – wie sonst auch schon beobachtet – als Herablassung, wenn spirituellen Ordensfrauen und Laien in Gemeinden der wohlverdient rentenreife und übermüdete Weltpriester “vor die sonntägliche Nase gesetzt wird” im Sinne von oben gesteuert. Hier ist es das Modell einer gegenseitigen Wahl, ganz fruchtbar
und gemeinschaftsfördernd für alle Teilnehmenden der Messe! Für mich eine mögliche, künftige Form von Kirche!
Leider lebe ich in einer Gegend, wo die Orden sehr ausgedünnt sind, so dass es
mit den Zentren seine organisatorischen Schwierigkeiten hat. Aber der Grundgedanke ist für mich goldrichtig: Spirituell interessierte Christinnen und Christen, die mit den Ordensleuten und Weltpriestern auf Augenhöhe ihren
Glauben leben, einen Weg gehen. Mit der Vielfalt der Berufungen, ohne Berührungsängste. Dies könnte m.E. sogar ein Weg aus dem Ordenssterben
werden, wenn man/frau sich zur Flexibilität des Denkens entschlösse und nicht
starr auf überlieferten evangelischen Räten und exklusiven Gemeinschaftsregeln beharrte. Diese dürfen sein, aber warum nicht die Vielfalt zulassen? Der prophetische Heilige Geist muss auch wehen dürfen…
Wunderbar und spannend, diese Entwicklung, die ich in diesem Artikel und auch in den Kommentaren finde! Ich denke, so mancher durchgetaktete Gemeinde(n)-Pfarrer, der in seinem Riesenpfarrverband von Termin zu Termin eilt und “Seelsorge” am Fließband machen muss, wird selber diese Einkehr in geistlichen Zentren brauchen.
Und noch ein Gedanke: In unserer Ortsbibliothek gibt es ein Regal mit der Überschrift: “Religion/Esoterik”. Ein Viertel davon ist belegt mit christlichen Titeln, drei Viertel mit Büchern übers Pendeln, über Bachblüten, Meditationen, die Kraft der Steine etc. Mitten in diesen drei Vierteln fand ich neulich Bücher von Pater Anselm Grün und auch etwas über das Naturheilwissen von Hildegard von Bingen. Prima, habe ich gedacht, nicht nur, dass Pater Anselm Grün z.B. viele heutige Menschen anspricht, sondern dass damit auch Bedürfnisse und Weisheiten und Inhalte, die in christlichen Ritualen, christlichem Wissen und Glauben zutiefst vorhanden sind, bewusst und öffentlich werden.
Ich selber habe bei meiner inneren Suche schon Mantras gesungen, um darüber doch wieder zum Rosenkranz zu finden.
Ich habe als Reiki-Schülerin sowieso die Christus-Energie in mir gespürt und nicht die irgendeines Universums.
Ich habe Mond, Kerzen und die Wand anmeditiert und fühle doch umso viel inniger vor einer Mutter Gottes Figur oder vor dem Allerheiligsten.
Ganz zu schweigen von dem menschlichen Bedürfnis nach Mystik. Wieso muss ich die der Indianer entdecken, wenn meine Kultur selber eine Jahrhundertealte hat?
Hier können auch für die Neuevangelisierungen noch viele viele zukünftige Aufgaben der geistlichen Zentren, der Klöster, liegen.