Ambition ist gut. Auch theologische Ambition ist gut. Davon gibt es viel zu wenig, meistens geben sich Kirche und Theologie mit maßvollen eine gesunde Vernunft bezeugende Aussagen zufrieden.
Eine gute Ambition spricht aus den Worten von Wolfgang Huber, dem ehemaligen EKD-Vorsitzenden und Bischof von Berlin-Brandenburg, wenn er über die Entwicklung der Ökumene spricht. In einem Interview zu seinem 75. Geburtstag sagt er, dass er sich den nächsten ökumenischen Kirchentag, also 2021, nicht vorstellen kann, „ohne dass im Bereich der eucharistischen Gastbereitschaft ein Durchbruch erzielt worden ist oder bei diesem Anlass erzielt wird.“
Das kann man nur als ambitioniert bezeichnen. Ähnlich hatte sich im Dezember vergangenen Jahres Kardinal Walter Kasper geäußert, allerdings bezog sich dieser nur auf Paare aus verschiedenen Konfessionen, nicht gleich auf die ganze Lösung. Aber wie gesagt, Ambition ist gut.
Es mag jetzt zwar wieder Mal Erwartung geweckt werden, die dann vielleicht enttäuscht wird, aber Huber hat schon recht: Der Kirchentag wird vom Thema Abendmahl überlagert werden, wenn sich nichts tut. Und wenn man nicht mal ab und zu mutig auf den Mond fliegen will und den Bedenken und Abwägungen das Feld überlässt, dann darf man sich nicht wundern, dass es dann auch bei denen bleibt. Also, Ambition in Ökumene ist gut.
Kirchentag und Abendmahl
Allein, der Weg zum anvisierten Ziel des Durchbruchs in Sachen Eucharistie/Abrndmahl lässt mich zögern. Im Interview spricht Huber erst über die Lutherdekade, also die zehn Jahre zur Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum in diesem Jahr, die er selber eröffnet hatte. Dann ging es um den Papst und den ökumenischen Gottesdienst in Lund im vergangenen Jahr. Und dann sagt er, dass die nächsten Schritte in Sachen Ökumene – und er meint ganz bewusst die Eucharistie und das Abendmahl – eher „dezentral“ passieren werden. Und wie das? Dadurch das Papst Franziskus die Spielräume für Bischofskonferenzen erweitert.
Und dann geht das Interview über zur Frage des Kirchentages, die ich eingangs beschrieben habe.
Mich ärgert das ein wenig. Schon wieder ist hier eindeutig geklärt, wersich hier zu bewegen hat: die katholische Kirche. Der Papst. Sehr geehrter Herr Huber, das ist nicht der ökumenische Dialog, wie ich ihn verstehe. Papst Franziskus hatte sehr bewusst in Lund eine Ökumene der Solidarität und der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit angesprochen, hier liegen viele Gemeinsamkeiten der Konfessionen, die wir ausloten können und wo wir feststellen können, wie nahe wir uns sind und dass wir gemeinsam für den Glauben einstehen können. Auch hier kann man ambitioniert sein.
Dezentral gelöst?
Jetzt wieder zu sagen, die Katholiken müssen sich bewegen, damit der ökumenische Kirchentag überhaupt sinnvoll ist, ist nicht sehr ökumenisch. Es verrät die Ambition, denn die nimmt einen ja immer selber in die Pflicht. Sehr geehrter Herr Huber, sie verschieben diese Ambition aber auf einen der Handelnden, auf die katholische Kirche. Das ist nicht Ambition. Das ist Selbstentschuldigung.
Eucharistie ist für Katholiken nicht nur eine Frage von wer darf und wer darf nicht, auch wenn wir selber die Debatte gerne darauf verkürzen, siehe wiederverheiratete Geschiedene. Es ist eine Frage von Sakrament und Amt, und darüber müssen wir reden. Das ist keine Frage, die ein Papst an Bischofskonferenzen delegieren kann.
Diese Einstellung des ‚wenn-die-Katholiken-nur-wollten’ ist bekannt und sie ist einfach. Aber falsch. Wenn sich bis 2021 was bewegen muss, dann hier.